Andrea Camilleri nimmt uns mit auf eine Entdeckungsreise in seine Heimat Sizilien:Der Dorfpolizist soll eine Prostituierte in Gewahrsam nehmen und nimmt sie statt dessen zur Frau. Man erfährt, wie man mit Fliegenfang den Jackpot gewinnt. Oder wie ein hungriger Priester das Gesetz umgeht. Spiele und Tischsitten werden erklärt: Die Kinder lösen aus gekochten Eiern das Eigelb und zielen damit auf den geöffneten Mund des Vaters. Wer trifft, bekommt einen Kuss.Von Puppenspielen und Kinobesuchen ist die Rede, von anarchistischen Hutmachern, streikenden Hafenarbeitern, fleißigen Fischern und strengen Müttern. Und von Onkel Emanuel, der in einem gewaltigen Gewitter sein Boot verliert und in ein nicht endendes Gelächter ausbricht. Lauter Menschen, die sich anders benehmen, als es vom Staat und seinen Erziehern vorgesehen ist. Leonardo Sciascia und Luigi Pirandello treten auf und bestätigen Camilleris Weltsicht: Auf Sizilien ist alles anders.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Von den "Beschwerlichkeiten der Moderne" erholen konnte sich Rezensent Winfried Wehle bei der Lektüre dieser "Miniaturen für zwischendurch". Manchmal erinnerten sie ihn "an Kalendergeschichten von früher". Beeindruckt haben Camilleris Geschichten ihn dann erst auf den zweiten Blick. Als nämlich ihre "große, irritierende Ruhe" durchgedrungen ist. Camilleris Buch, meint er, ist auch ein "Taschenlexikon von Redensarten, geflügelten Worten, Aussprüchen, Spitznamen und Flüchen" aus Sizilien. Und auch eine "Anthologie menschlicher Grundreaktionen". An den "urwüchsigen Sprachspielen" des Buches hätte auch Wittgenstein seine Freude gehabt. Auf eine Weise, meint Wehle, hat Camilleri auch Landsleute wie Pirandello oder Natalia Ginzburg im Blick. Gott sei Dank allerdings habe er seine "literarischen Ambitionen diskret" behandelt. Sonst wäre es wahrscheinlich aus gewesen, mit der Wehrles Erholung von den Beschwerlichkeiten der Moderne.
© Perlentaucher Medien GmbH
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