Die dänische Ethnologin Inger Sjírslev, die in Kopenhagen an der Universität lehrt und mehrere Jahre die ethnographische Abteilung des Nationalmuseums in Kopenhagen leitete, gibt in einem sehr persönlichen Bericht Einblick in ihre Feldforschungen während eines zweijährigen Aufenthaltes in Brasilien. Im Laufe ihrer Begegnungen mit Priestern, Priesterinnen und Adepten der Candomblé-Religion sammelte sie reichhaltiges Material über die brasilianische Variante des Voodoo-Glaubens. Nach dem großen Erfolg unseres Bandes "Voodoo in Haiti" von Alfred Métraux stellen wir mit diesem Werk eine Arbeit der nachfolgenden Ethnologen-Generation vor.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Da sich der Rezensent Hanno Zickgraf meist in der komplexen Begrifflichkeit der Ethnologie bewegt, soll sein entscheidender Satz zur Methode der dänischen Autorin, die sich mit der Bedeutung der afro-amerikanischen Religionen als „Freistatt für Außenseiter und Form der Therapie für seelisch und psychisch Kranke“ beschäftigt hat, hier ganz zitiert werden: „Die täglichen Begegnungsschocks, denen Sjorslev als Nordeuropäerin mit protestantischer Erziehung ausgesetzt war, hat sie produktiv zu machen verstanden für den Blick auf das Fremde als Variante des Allgemeinen und mithin des Eigenen.“ So ist auch sein Satz zu verstehen, dass die Lektüre des Buches durchaus ein Gang durch die „Mühen selbstreflexiver Ethnografie“ ist, und jedes „Gemunkel“ über Magie und Mythos verschmäht. So liegt die Erkenntnisskraft dieses Buches vor allem im Begreifen einer uns Europäern fremden Praxis als einer Sprache „von Handlungen und Bewegungen“, die komplexe Seelenzustände artikuliert. Wer diese Sprache entziffert, kann sehen, dass selbst das Individuationsprinzip, „diese eifersüchtig gehütete Domäne des Abendlandes“, den Anhängern der Candomblé-Praxis „Grundbedingung des Glücks“ ist, soweit der Einzelnen im Ritual der „Besessenheit“ seine Trennung vom Kollektiv als zwar leidvoll aber dennoch im Konsens mit allen tanzend akzeptieren kann. Und insofern ist „Besessenheit“, so referiert Zickgraf, dann eben kein „Außer-Sich-Sein“ sondern vielmehr Darstellung und Beherrschung einer Regel, die auf „Klarheit und Versöhnung“ aus ist.
© Perlentaucher Medien GmbH
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