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Der ungarische Schriftsteller István Örkény (1912-1979) hat eine literarische Form erfunden: die Mininovelle, deren Lektüre nicht mehr als eine Minute beansprucht und deren Titel unmißverständlich sein muß wie die Nummer einer Straßenbahn. Er schrieb sie »während der wenigen freien Stunden, die er der Geschichte abtrotzen konnte« - einer Geschichte, die ihm vor allem Verfolgung, Krieg, Gefangenschaft und den unberechenbaren Alltag in einer repressiven Gesellschaft zugedacht hatte. In diesen »Märchen aus dem 20. Jahrhundert« (György Konrád) lesen wir von einem kleinen Mädchen in Rußland, das…mehr

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Produktbeschreibung
Der ungarische Schriftsteller István Örkény (1912-1979) hat eine literarische Form erfunden: die Mininovelle, deren Lektüre nicht mehr als eine Minute beansprucht und deren Titel unmißverständlich sein muß wie die Nummer einer Straßenbahn. Er schrieb sie »während der wenigen freien Stunden, die er der Geschichte abtrotzen konnte« - einer Geschichte, die ihm vor allem Verfolgung, Krieg, Gefangenschaft und den unberechenbaren Alltag in einer repressiven Gesellschaft zugedacht hatte. In diesen »Märchen aus dem 20. Jahrhundert« (György Konrád) lesen wir von einem kleinen Mädchen in Rußland, das fasziniert die neue Leica-Kamera betrachtet, mit der die Hinrichtung seiner Mutter aufgenommen wird; von einer Tulpe, die sich vom Fensterbrett stürzt, weil sie keine Tulpe mehr sein will; oder von der Pförtnerin eines Unternehmens, die vierzehn Jahre lang die selbe Auskunft gibt, bis sie eines Tages einen unerhörten Satz spricht und für Sekunden ein Loch in die Welt schlägt.
Die Minutennovellen, deren Humor und Rätselhaftigkeit an Kafka erinnern, gehören längst zu den Klassikern der osteuropäischen Moderne. In wenigen Zeilen die Essenz eines Lebens, in einem simplen Dialog die Absurdität einer Epoche festzuhalten - das ist die hohe Kunst dieses Autors, der seine Texte gern mit Brühwürfeln verglich, aus denen der Leser sich eine Suppe kochen soll.
Autorenporträt
Örkény, IstvánIstván Örkény, 1912 in Budapest geboren, war Apotheker und Chemiker. 1938 debütierte er mit der Erzählung Ringelreihen, die seinem ersten Novellenband von 1941 den Titel gab. 1942 wurde Örkény eingezogen. Weil er Jude war, mußte er in einem Arbeitsbataillon an der russischen Front dienen. Nach fünf Jahren in sowjetischer Kriegsgefangenschaft kehrte er nach Budapest zurück. 1953 veröffentlichte er seinen ersten Roman Eheleute. 1955 folgte der Novellenband Im Schneesturm. Seit 1956 zu einem mehrjährigen Schweigen verurteilt, wurde er erst Mitte der sechziger Jahre einem größeren Publikum bekannt. Im Ausland nahm man ihn als den bedeutendsten ungarischen Dramatiker seit dem Zweiten Weltkrieg wahr. Er schrieb Kurzromane und Erzählungen. Als Schöpfer einer neuen erzählerischen Gattung, der "Minutennovelle", gilt er heute als Klassiker der Moderne. Erste Auswahlsammlungen der Minutennovellen, übersetzt von Vera Thies, erschienen in der DDR: Der letzte Zug (1973) und Gedank

en im Keller, (1977). Sein Roman Rosenausstellung erschien zunächst in der DDR, 1982 u.d.T. Interview mit einem Toten bei Suhrkamp (Übersetzung: Hildegard Grosche). Seine Stücke, vor allem Katzen-Spiel(1966), Familie Tót (1967) und Pischti im Blutgewitter (1969) wurden auf allen großen Bühnen gespielt und liegen ebenfalls in deutscher Übersetzung vor. Terezia Móra, 1971 in Sopron/Ungarn geboren. 1990 Übersiedlung nach Berlin. Sie studierte Theaterwissenschaft und Hungarologie und erwarb das Drehbuch-Diplom der Deutschen Film- und Fernsehakademie. 1999 erschien ihr Erzählband Seltsame Materie. Zahlreiche Übersetzungen aus dem Ungarischen, zuletzt Harmonia caelestis von Péter Esterházy. Für ihre literarischen Arbeiten wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis 1999.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Istvan Örkeny hat selbst einmal von sich behauptet, berichtet Sybille Cramer in ihrer Rezension, seine Lebensgeschichte, die eng mit dem politischen Schicksal seines Landes verknüpft war, hätte ihn immer zur Kürze gezwungen. Örkeny, Jahrgang 1912, verbrachte Jahre im Krieg, in Gefangenschaft, im Arbeitslager, später hatte er Schreibverbot. Insofern passt der Titel "Minutennovellen" bestens auf seine Erzählminiaturen, findet Cramer. Nicht alle "Minutennovellen" seien hundertprozentig geglückt, behauptet Cramer, manche hätten deutlich einen "Sachlichkeitsüberschuss", um die Affekte bei so viel Schicksalsschlägen in Schach zu halten. Richtig gut findet Cramer Örkeny dort, wo er seine Stoffe verfremdet, zu Parabeln umschreibt wie etwas in der Erzählung "Ostmann". Vortrefflich sei auch die Übersetzung von Terezia Mora, lobt Cramer, das Nachwort von György Konrad steuere Erinnerungen an den 1979 verstorbenen Autor bei.

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