Bilder einer Epoche »Für Rembrandt wie für Shakespeare war die ganze Welt eine Bühne, und er wusste bis in die kleinsten Einzelheiten, nach welcher Taktik die Vorstellung lief: das großspurige und das gezierte Auftreten; die Kostüme und Masken; das ganze Repertoire an Gesten und Grimassen; das Gestikulieren der Hände und das Rollen der Augen; das vollbauchige Lachen und das halberstickte Seufzen. Er wusste, wie es aussah, wenn jemand verführte, einschüchterte, schmeichelte oder tröstete; wenn sich einer in Positur setzte oder ein Gebet sprach; wenn einer jemandem drohte oder sich an die Brust schlug; wenn einer eine Sünde beging oder bereute; wenn einer einen Mord oder aber Selbstmord beging. Kein Künstler war je so fasziniert von der Ausstattung seiner Charaktere, angefangen bei seiner eigenen Person. Kein Maler schaute je mit so schonungsloser Intelligenz und so abgrundtiefem Mitgefühl auf unsere Auftritte und unsere Abgänge und das ganze dazwischen liegende Spektakel.« Simon Schamas Buch verbindet auf ganz ungewöhnliche Weise Biografie und Kunstgeschichte. Er macht seine Leser anhand der Bilder Rembrandts mit dessen Welt vertraut, mit ihren Figuren und Gedankenentwürfen, aber auch mit ihren Geräuschen und Gerüchen oder mit den großen politischen Strömungen des siebzehnten Jahrhunderts: dem Krieg der protestantischen Niederlande gegen das katholische Spanien, dem extremen Calvinismus in Rembrandts Geburtsstadt Leiden, mit den Forderungen seiner Auftraggeber und mit seinen Zeitgenossen. Schama zeigt, welche Schlüsselrolle Rembrandts geliebte Frau Saskia und, nach ihrem Tod, seine Geliebte Hendrijcke Stoffels einnahmen. Er zeigt den Einfluss von Peter Paul Rubens, von dem Rembrandt sich später löste. Seite für Seite schafft Schama in seinem glänzend geschriebenen Buch Rembrandts Leben neu. Er sieht die Welt mit Rembrandts Augen.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Als Anreiz für einen Rekurs auf Rembrandt will Fritz Göttler zwei bereits im vergangenen Jahr erschienene Bücher in Erinnerung rufen: "Rembrandts Augen" von Simon Schama und Bernard Baas' Studie "Die Anbetung der Hirten oder Über die Würde des Helldunkels". Leider hat Göttler nichts als Kino im Kopf. Und so fällt ihm zu der an sich höchst spannenden Doppel-Signifikanz der von Baas mit Lacan, Heidegger und Valéry in Augenschein genommenen Radierung neben ein paar dem Band entliehenen Zitaten nur ein taubes "Gemaltes Kino eben" ein. Wirklich nicht viel.
Schama dagegen findet Göttler richtig "cool, weil er in seinem Riesenwerk immer wieder in die Close-up geht." Getipptes Kino eben, samt "Vertigo-Effekt", was heißen soll, dass "Schama sich in die Bilder hineinschraubt" oder der Leser - in die Bilder oder den Text. Denn in jedem Fall ist Schama "ein Suchender eher als ein Wissender." Genau wie der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
Schama dagegen findet Göttler richtig "cool, weil er in seinem Riesenwerk immer wieder in die Close-up geht." Getipptes Kino eben, samt "Vertigo-Effekt", was heißen soll, dass "Schama sich in die Bilder hineinschraubt" oder der Leser - in die Bilder oder den Text. Denn in jedem Fall ist Schama "ein Suchender eher als ein Wissender." Genau wie der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
