Im Frühjahr 1959 erschien in Epoch, der Literaturzeitschrift der Cornell University, unter dem rätselhaft schönen Titel Mortality and Mercy in Vienna eine Erzählung, deren Autor, 22 Jahre alt, wenige Jahre später mit den Romanen V. (1963) und Die Versteigerung von No. 49 (1966) berühmt werden sollte. Es war seine zweite Veröffentlichung, und auch wenn Thomas Pynchon damals noch nicht der Autor war, den heute alle Welt kennt, ist darin doch schon Vieles von dem angelegt, was uns an seine späteren Bücher erinnert. Sterblichkeit und Erbarmen in Wien - der Titel ist ein Zitat aus Shakespeares Maß für Maß - erzählt von einer bizarren Party, auf der ein Schweinefötus ebenso eine Rolle spielt wie ein Original von Paul Klee, von einer Party voller kurioser Begebenheiten und Begegnungen mit Leuten, denen »man die Absolution erteilen oder Buße auferlegen, aber keinen praktischen Rat geben konnte«.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
"Ein Fest für Exegeten" nennt Rezensent Jérôme Jaminet die Erzählung "Sterblichkeit und Erbarmen in Wien" von Thomas Pynchon, die nun in neuer Übersetzung auf Deutsch vorliegt. Die Doppelgängergeschichte um einen amerikanischen Diplomaten auf einer Party hat der sagenumwobene Eremit Pynchon im Alter von 22 Jahren geschrieben, lässt der Rezensent uns wissen, und behandelt schon viele der später im Werk relevanten Themen und Motive. Ein Beispiel dafür ist für ihn der Pynchon-typische Witz, der gelegentlich in Wahnsinn umschlägt, jeder Satz ermöglicht neue Interpretationen, neue Querverweise, neue Panoramen der Postmoderne und stellt sich so in eine Reihe mit Romanen wie "Die Enden der Parabel", staunt er. "Ein unendlicher Spaß", zitiert Jaminet David Foster Wallace, und resümiert so seine Leseerfahrung.
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