Hannah Musgrave is on the run: from her adoring parents, her many lovers, even from herself. As a young woman she worked for a Boston terrorist group which has put her on the FBI's most wanted list, forcing her to flee to Liberia in West Africa. There she marries an ambitious young politician and settles down. But Hannah can never quite bridge the differences between herself and her African husband. Liberia is a country on the verge of explosion and the threat of civil war is ever present. The violent events that follow touch everyone close to Hannah and, once again, she has to flee. This time, though, the past won't disappear.
Auf Montage: Russell Banks und sein neuer Roman
Ein weißer Schatten liegt über dem gutsituierten Amerika. Er wird "White Guilt" genannt, ein Schlagwort, wie es hierzulande vielleicht "Gutmensch" wäre: das kultivierte schlechte Gewissen der reichen Vorstädter gegenüber den Minderheiten. Es ist durchaus auch ein ironischer Begriff, das macht ihn so perfide - weil man sich diese Ironie eben leisten können muß. Also ein gefundener Stoff für Literatur. Wie schade, daß Russell Banks, dank Büchern wie "Das süße Jenseits" einer der besten amerikanischen Erzähler von heute, nun solch einen plakativen Roman über das Phänomen geschrieben hat.
In "Der weiße Schatten" erzählt Hannah Musgrave ihr Leben: eine höhere Tochter, die in den sechziger Jahren, als Amerika mit sich selbst um die Bürgerrechte ringt, in den Untergrund geht, mit den Eltern bricht, Bomben baut, Pässe fälscht, vom FBI gesucht wird und auf der Flucht 1976 in Liberia landet. In Monrovia betreut sie Schimpansen, deren Blutplasma in amerikanische Labors exportiert wird. Hier lernt sie ihren Ehemann kennen, den stellvertretenden Gesundheitsminister Woodrow Sundiata, mit dem sie drei Söhne haben wird und der im Bürgerkrieg 1984 stirbt. Geköpft von Häschern des Präsidenten Samuel Doe, der um sein Leben fürchtet - und Angst hat vor Charles Taylor, der ihn aus dem Amt putschen will. Hannah flieht, läßt ihre geliebten Schimpansen zurück, die sie "Träumer" nennt, und erzählt uns all das, Jahre später, als sie eine Ökofarm in den Adirondacks hat.
"Ich mochte Charles und hatte mich lange erotisch zu ihm hingezogen gefühlt", sagt Hannah an einer der wenigen Stellen, wo einem kurz der Atem stockt - weil Banks sich traut, Taylor, der noch immer wegen seiner Kriegsverbrechen von UN und Interpol gesucht wird, für seine Zwecke nachzudichten. Der Diktator ist im Roman ein Freund Woodrows, Hannah verhilft ihm zur Flucht, als er in einem Gefängnis in Massachusetts sitzt.
Banks läßt dabei auch die amerikanische Regierung die Hände im Spiel haben, was das Komplott komplett macht: "Der weiße Schatten" ist ein Roman der Interessen. Er kennt nur weiße und schwarze Schuld. Hannah will für ihre Rasse büßen und verstrickt sich kaltherzig in ihren guten Taten. Die eingekerkerten Schimpansen liebt sie, weil die Tiere sie an alle Verdammten dieser Erde erinnern. Sie liebt sie mehr als Menschen. Aber weniger als ihr eigenes Gewissen.
Leider vergißt Banks, das bei allem politischen Eifer zu erzählen. Er faßt lieber zusammen. Er rekapituliert. Bilanziert und rafft. Die Affenwärter, notiert Banks irgendwann, sprachen "über das Zahnziehen und die Biopsien, als wären sie Automechaniker". Warum läßt er sie denn nicht einfach zu Wort kommen? Dafür ist aber keine Zeit in diesem langen Roman. Er wirkt selbst wie montiert, aus vorgefertigten Teilen, mit zu vielen Schrauben ohne Spiel.
TOBIAS RÜTHER
Luchterhand-Verlag, 512 Seiten, 23,95 Euro
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