Der Roman „Water Moon“ von Samantha Sotto Yambao, erschienen am 14. Januar 2024 im Limes-Verlag, erzählt auf wundersame Art von Schicksal, Vorbeistimmung, und inwiefern es unsere Leben beeinflussen kann. Oder eben nicht.
Wir begeben uns mit Hana und Keishin, einem hilfsbereiten Fremden, auf die
Suche nach ihrem plötzlich verschwundenen Vater. Dieser leitete ein Pfandhaus, das jedoch weder…mehrDer Roman „Water Moon“ von Samantha Sotto Yambao, erschienen am 14. Januar 2024 im Limes-Verlag, erzählt auf wundersame Art von Schicksal, Vorbeistimmung, und inwiefern es unsere Leben beeinflussen kann. Oder eben nicht.
Wir begeben uns mit Hana und Keishin, einem hilfsbereiten Fremden, auf die Suche nach ihrem plötzlich verschwundenen Vater. Dieser leitete ein Pfandhaus, das jedoch weder Antiquitäten noch besonders wertvolle Schätze enthält. Stattdessen tauschen seine Kunden Entscheidungen ein, die sie bereuen und erhalten so ihren Seelenfrieden zurück – in Form einer kleinen Kiste Tee. Als unsere Reise beginnt, soll Hana eigentlich das Pfandhaus übernehmen, findet es aber vollkommen verwüstet vor. Und das Schlimmste: eine Entscheidung aus dem Tresor ist ebenfalls unauffindbar. Wurde etwa eingebrochen? Aber falls nicht, wieso sollte Toshio ein solches Chaos hinterlassen, nur um dann zu gehen? Hana entscheidet sich zum ersten Mal in ihrem Leben aktiv für etwas: Sie muss ihren Vater finden, und zwar bevor es zu spät ist. Dann stolpert jedoch ein Kunde herein, der darauf besteht, ihr zu behelfen, und sie in das waghalsige Abenteuer zu begleiten, das ihr bevorsteht. Dabei begeben sie sich immer tiefer in eine Welt, in der der Lebensweg eines jeden bereits in der Kindheit gezeichnet wird und es schwerwiegende Konsequenzen bei Regelbrüchen gibt.
Das Buch präsentiert sich in innovativer Form: nicht nur das wunderschön gestaltete Cover überzeugt, sondern auch der Buchumschlag selbst: Dieser ist faltbar und verwandelt sich mithilfe der Anleitung im Vor- und Nachsatz in ein Origami-Schiffchen, wie wir ihnen zu hunderten im Laufe der Geschichte begegnen werden. Eine spannende Neuerung, die das Lesen noch ein wenig mehr Immersion verleiht. Viele werden sich jedoch schwer daran tun, den schönen Umschlag auf diese Art und Weise zu „zerstören“. Die Sahne auf der Torte wäre hier ein zusätzlicher Umschlag gewesen, sodass jeder Leser ohne Hemmungen falten kann, das Buch allerdings trotzdem geschützt bleibt.
Die Autorin sticht durch einen besonders blumigen Schreibstil hervor, welcher der Geschichte eine gewisse Leichtigkeit und Eleganz verleiht. Es fällt schwer, den Rhythmus der Handlung zu beschreiben, jedoch gestaltet sich das Leseerlebnis sehr flüssig und harmonisch, ohne irgendwelche Brüche, trotz etwaiger Ortswechsel und Zeitsprünge. Die Geschichte entfaltet eine besonders entspannende Wirkung, auch wenn die Spannung durchaus nicht zu kurz kommt. So kommt es, dass man das Buch gar nicht erst aus der Hand legen möchte, aber trotzdem keinerlei Aufregung aufkommt. Unvorhersehbare Wendungen finden sich trotzdem.
Auch der Einfallsreichtum ist bemerkenswert: Yambao überrascht immer wieder mit originellen Fantasy-Elementen, die jedoch allesamt perfekt mit der malerischen Schönheit der Handlung harmonieren. Der Nachtmarkt, der verloren gegangene Gegenstände wie einzelne Socken und Erinnerungen verkauft, bildet da nur ein Beispiel. Ganz nebenbei lernt man auch einige japanische Wörter und setzt sich mit der faszinierenden Kultur des Landes auseinander. Zu Beginn eines jeden Abschnitts finden wir dabei ein japanisches Sprichwort in Kanji samt deutscher Übersetzung.
Damit ist der Roman nicht nur für Fans von Manga, Anime und asiatischem Essen eine Empfehlung, sondern darüber hinaus für alle, die dringend einmal alles um sich herum loslassen und sich in einer anderen Welt treiben lassen wollen.
Am ehesten lässt sich die Geschichte als whimsical, cozy Romantasy beschreiben, die zur Reflexion über das eigene Leben anregt. Der Roman lädt zum Träumen ein und weiß den Leser mit seiner Tiefsinnigkeit zu verzaubern. Ein fantastisches Setting, welches uns andererseits allerdings auch vor Augen führt, dass jede scheinbar unwichtige Entscheidung Folgen hat – und das in der Fähigkeit, diese Entscheidungen zu treffen, die Freiheit liegt.