Die Britin Kerry Drewery widmet sich mit diesem Roman gleich zwei Themen von immenser Bedeutungsschwere: Zum einen beschreibt sie die unfassbare Tragödie, die der Atombombenabwurf der Amerikaner Ende des zweiten Weltkriegs auf Hiroshima verursachte. Als Leser erlebt man den 6. August 1945 aus Sicht
des 17jährigen Protagonisten , seines gleichaltrigen Freundes und dessen fünfjähriger Schwester.…mehrDie Britin Kerry Drewery widmet sich mit diesem Roman gleich zwei Themen von immenser Bedeutungsschwere: Zum einen beschreibt sie die unfassbare Tragödie, die der Atombombenabwurf der Amerikaner Ende des zweiten Weltkriegs auf Hiroshima verursachte. Als Leser erlebt man den 6. August 1945 aus Sicht des 17jährigen Protagonisten , seines gleichaltrigen Freundes und dessen fünfjähriger Schwester. Drewery lässt die Distanz auf ein Minimum schrumpfen, man ist als Leser mittendrin. Was in Schwarz-Weiß-Reportagen über das japanische Trauma zwar erschüttert, doch zugleich ,zeitlich wie räumlich, weit entfernt wirkt, ist plötzlich nah, direkt erfahrbar. Ich habe mich inmitten der Szenerie gefühlt, auf einen anderen Kontinent und um 75 Jahre (zurück) versetzt.
Zudem behandelt die Geschichte, wie man ein Leben voller Schuld leben kann. Wie ein junger Mann in dem Glauben lebt, ein junges Mädchen nicht gerettet zu haben. Und wie er daran fast zerbricht.
Das Buch ist eine Ausnahmeerscheinung, in mehrfacher Hinsicht: Die sprachliche Virtuosität hat mich förmlich umgehauen. Anfang und Ende, beides Erzählstränge in der Gegenwart, sind in Versform gehalten und rahmen den mittleren Prosateil ein, der am Tag der Atomkatastrophe beginnt. Die verschiedenen Stile sind keineswegs ein Bruch, sondern greifen wunderbar ineinander. Neben Autorin Drewery gebührt auch Übersetzerin Meritxell Janina Piel besondere Anerkennung, denn Poesie zu übertragen ist eine besondere Herausforderung, die Piel hat großartig gemeistert hat. Und auch Illustratorin Natsko Seki hat diesen Roman zu etwas Einzigartigem werden lassen. Ihre farbigen Zeichnungen ergänzen und betonen den Text aufs Eindrucksvollste, wirklich sehr gelungen!
Die Erzählung greift - wie der Titel schon andeutet - die japanische Legende auf, nach der ein Wunsch in Erfüllung geht, wenn man 1.000 Papierkraniche nach der Faltkunst des Origami gefaltet hat. Und so ist als kleine Zugabe für den Leser eine Faltanleitung für einen Papierkranich als Anhang enthalten.
Das Buch wird vielerorts dem Genre Jugendbuch zugeordnet, eine Systematisierung, die ich nicht teile. Meiner Meinung nach spricht die Geschichte (und auch die Form) alle Leser ab etwa 14 Jahren an. Drewery stellt damit die wichtigen Fragen, was wir aus der Geschichte gelernt haben, und ob wir Gefahr laufen, zu vergessen. Und völlig zu Recht stellt sie fest: "Falls Geschichten nur von denjenigen erzählt werden, die sie durchlebt haben, dann wird mit der Zeit alles aus unserer Erinnerung verschwinden." So ist es, und daher mein Aufruf: Kauft das Buch, lest es, verschenkt es, redet darüber!