Im „Museum der Einsamkeit“ findet der Leser neun „Ausstellungsstücke“, die dem Leser unterschiedliche Menschen zeigen: Alte, Junge, Männer, Frauen, Berufstätige, Lehrlinge, Rentner, Gesunde, Kranke, Alleinlebende und Paare. Alle Portraits – um im Bild des Museums zu bleiben - sind durch das Thema
der Einsamkeit miteinander verbunden.
Es sind alltägliche Menschen, denen der Leser begegnet, und es…mehrIm „Museum der Einsamkeit“ findet der Leser neun „Ausstellungsstücke“, die dem Leser unterschiedliche Menschen zeigen: Alte, Junge, Männer, Frauen, Berufstätige, Lehrlinge, Rentner, Gesunde, Kranke, Alleinlebende und Paare. Alle Portraits – um im Bild des Museums zu bleiben - sind durch das Thema der Einsamkeit miteinander verbunden.
Es sind alltägliche Menschen, denen der Leser begegnet, und es sind meistens auch alltägliche Situationen, in denen sich aber für den Protagonisten sein Leben entscheidend ändert. Alle Geschichten hallen im Leser nach. Das gilt auch für die Geschichten, die mich nicht zufrieden zurückgelassen haben. Da ist die Geschichte des einsamen und pflegebedürftigen Rentners, der mit seiner albanischen Pflegerin zusammenlebt, Eines Tages tauchen die Söhne seiner Geliebten auf und erfüllen mit Goldkettchen, teuren Autos, Erpressung und ihrem Macho-Gehabe alle mafiös-kriminellen Klischees. Ähnlich verhält es sich in der letzten Geschichte, in der der Lagerleiter des Durchgangslagers Westerbork seine Grausamkeiten und die seiner Geliebten in altbekannter Schönfärberei weinerlich verteidigt. Die Geschichte lässt Subtilität und Hintersinn vermissen, es gibt nichts zu entdecken. Außer vielleicht die Figur der Etty, die sich an die historische Etty Hillesum anlehnt, die von Westerbork aus nach Auschwitz deportiert wurde.
Andere Geschichten dagegen sind inhaltlich anrührend. Ob das der Pfarrer ist, der seiner sterbenden Tochter keine Hilfe ist, sondern sich selber mit Witzen und platten Sprüchen belügt, oder der Junge, der seinen ungeliebten und behinderten Bruder beaufsichtigen muss und sich aufopfernd eine Nacht um die Ohren schlägt. Oder der alternde Ben, der eine Jugendsünde bereinigen will und damit erst neues Unglück heraufbeschwört. Sehr schön die titelgebende Geschichte „Abschied von Baden-Baden“: Mutter und Tochter, die sich gegenseitig quälen und beherrschen wollen. Die Mutter verkauft ihr Haus, das „Museum der Einsamkeit“, wie es die Tochter scharfzüngig nennt. Sie will in eine Seniorenresidenz am Meer ziehen und der Einsamkeit entfliehen, aber sie kommt vom Regen in die Traufe.
Das alles erzählt Rothmann in einer gewohnt unprätentiösen Sprache, immer treffend und kurz.
Ein Museum soll nicht nur zeigen, sondern auch verstehen lassen. Das musss nun der Leser selber entscheiden, ob Rothmanns „Museum“ ihm hilft, die Realität der Einsamkeit besser zu verstehen.
Fazit: Eine Sammlung von neun Geschichten, die dem Leser nachgehen und ihn nachdenklich zurücklassen. Trotz der genannten Einschränkungen: absolute Lese-Empfehlung!