Eine solche Bewertung wie die meines Vorredners kann tatsächlich nur von jemandem kommen, der keine Ahnung vom Pilgern hat. Pilgern ist nichts, was man macht, um mal einen schönen Wellness- oder Abenteuerurlaub zu erleben. Und nicht jeder pilgert, um „mit sich ins Reine zu kommen“, Gott zu finden,
einen Schicksalsschlag zu verarbeiten oder was man sonst noch für Schubladen im Kopf hat. Letztlich…mehrEine solche Bewertung wie die meines Vorredners kann tatsächlich nur von jemandem kommen, der keine Ahnung vom Pilgern hat. Pilgern ist nichts, was man macht, um mal einen schönen Wellness- oder Abenteuerurlaub zu erleben. Und nicht jeder pilgert, um „mit sich ins Reine zu kommen“, Gott zu finden, einen Schicksalsschlag zu verarbeiten oder was man sonst noch für Schubladen im Kopf hat. Letztlich spielt es auch keine Rolle, warum oder mit welchem Ziel die Autorin gepilgert ist. Fakt ist: Pilgern ist kein Zuckerschlecken! Es ist nicht immer schönes Wetter. Ich kenne niemanden, der sich über Blasen an den Füßen freut, die nun mal dazu gehören. Häufig sind die Nachtlager und Hygieneeinrichtungen nur auf das Nötigste beschränkt, was bedeutet, man schläft oft schlecht und stinkt. Man trifft nicht nur nette Menschen und auch die Gegenden sind nicht immer schön. Das ist einfach so! Warum sollte jemand in einem Pilgerbericht schreiben, wie toll alles ist, obwohl es nicht stimmt? Ist es die Aufgabe der Autorin, ihre Erfahrungen so darzustellen, dass andere plötzlich auch losgehen wollen? Ist das der Sinn eines solchen Berichts? Wer pilgern möchte, der tut es! Und wer was von eitel Sonnenschein lesen möchte, greift womöglich lieber nicht zu Pilgerberichten, denn ich habe tatsächlich noch KEINEN gelesen, in dem es nicht größtenteils um die unangenehmen Seiten des Pilgerns ging. Allerbestes Beispiel ist H.P. In dem Buch wird zu 95% gemeckert! Wie konnte es bloß so erfolgreich sein UND einen Pilgerboom auslösen? Lieber Rezensent: Thema nicht verstanden, sechs, setzen!
Zum Buch: Ja, der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig, aber man liest sich schnell ein. Und ja, die Autorin betitelt sich selbst als „Rotzgöre“, was ich nach dem Lesen dieses Buchs definitiv bestätigen kann - teilweise hart an der Grenze... Aber es war schön, an ihren Erfahrungen und Eindrücken teilhaben zu dürfen. Das Kapitel von ihrem Geburtstag hat mir mehrfach Tränen in die Augen getrieben und ich dachte: Genau DAS ist pilgern, mit allen Hochs und Tiefs, mit allen Niederschlägen und Glücksmomenten - zusammengefasst auf wenigen Seiten! Und es hat mich gefreut, die Entwicklung des Menschen Nati Rasch auf dieser Reise miterleben zu dürfen, die sich in der Wandlung der Ansichten, des Umgangs mit dem Pilgeralltag und der ganzen inneren Einstellung zeigt.
Das Buch beweist ein Mal mehr, dass wer sich erst auf das Pilgern eingelassen hat, es im Herzen trägt, auch nach dem Ende der Reise. Vielen Dank, Nati!