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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.08.2019

Eile, mich zu retten
Das Dunedin Consort mit Monteverdis Marienvesper

Drei Zinken und Posaunen, eine riesige Theorbe, eine Truhenorgel, sechs Streicher: Mit ihnen war das Dunedin Consort angereist, dessen Aufführung von Monteverdis Marienvesper in der Basilika von Kloster Eberbach mit einhelliger Begeisterung aufgenommen wurde. Das schottische Barockensemble hatte keinen Chor mitgebracht, dafür zehn ungemein klangmächtige Gesangssolisten. Zusammen kamen die drei Frauen und sieben Männer nur im "Nisi dominus" zum Einsatz, drum herum boten sie in kleineren Besetzungen abwechslungsreiche Klangfarben, von laserstrahlähnlicher Präzision bis zu warmer Emotionalität.

Im wenig feierlich wirkenden gregorianische Ruf des Werkbeginns spürte man auf sympathische Weise die Aufregung in diesem hochprofessionellen Kollektiv, das John Butt nur in großbesetzten Abschnitten dirigierte, in den kammermusikalischen aber ganz sich selbst überließ. Dass die sechs Instrumentalisten im Eingangssatz hinter dem granitblockhaften "Domine, ad adiuvandum me festina" der sechs starken Gesangssolisten kaum zu hören waren, mag nicht auf allen Plätzen der Basilika so empfunden worden sein. Die eindringliche Bitte an den Herrn, herbeizueilen, um den Rufenden zu retten, spiegelte die Lebenssituation, in der Monteverdi seine Vesper schrieb. Nachdem seine Frau an der Pest gestorben war, fehlten ihm unter anderem ihre Einkünfte, um sich und die beiden Kinder durchzubringen. Über drei Jahre hinweg schrieb er seine "Vespro della Beata Vergine", weniger ein liturgisches Werk als eine kompositorische Bewerbungsmappe, in der er den Reichtum seines Könnens zeigte: polyphone Sätze, Raumklangexperimente, humorvolle Effekte, herzhafte Tanzweisen. Und die Avantgardemusik seiner Zeit, der teils virtuose, teils schlichte einstimmige Gesang über einer harmonisierten Basslinie, mit Verzierungen zum unmittelbaren Ausdruck von Gefühlen.

Hohen Anteil an der Begeisterung des Publikums trug das Werk selbst als Kompendium der Klangkunst und Textausdeutung. Weitere Faktoren waren die schlanke Führung und reine Intonation der Gesangsstimmen, die spürbare Klangkultur und ansteckende Wachheit sämtlicher Künstler sowie die allgemeine Musizierhaltung des Dunedin Consorts: religiös im umfassendsten Sinne des Wortes, als Rückbindung an etwas über alles Weltliche Erhabenes.

DORIS KÖSTERKE

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