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Trackliste
CD
1Black Shuck00:03:22
2Get Your Hands Off My Woman00:02:46
3Growing On Me00:03:31
4I Believe In A Thing Called Love00:03:36
5Love Is Only A Feeling00:04:20
6Givin' Up00:03:34
7Stuck In A Rut00:03:18
8Friday Night00:02:55
9Love On The Rocks With No Ice00:05:57
10Holding My Own00:04:59
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.11.2003

Sag niemals Parodie
Aus dem Giftschrank: Der Heavyrock von "The Darkness"

Auch in der Rockmusik kehrt das Verdrängte stets mit Macht zurück. Daß der lange Jahre als peinlich angesehene theatralische Heavyrock der Siebziger sowie der pompöse Kommerzrock der Achtziger es irgendwann ebenfalls schaffen müßten - darauf hätte man ein erkleckliches Sümmlein wetten können, gerade weil die Revivalwellen der vergangenen Dekade bislang um jene von Punk und seinen Nachfahren nachhaltig aus dem Konzept gebrachten Gattungen einen großen Bogen machten. Die Neunziger hatten wenig anzufangen gewußt mit prätentiösem Hardrock, der vom großen Publikum als Pop goutiert werden soll, mit seinem Pathos, seinem Habitus und den Texten, die juvenilen Größenwahn und seine Alltagsfluchten feierten, ohne tatsächlich einen Bezug zu irgendeiner lebenden Jugendkultur aufweisen zu können.

"The Darkness", die Band um den mal wie ein "Queen"- und mal wie ein "Def Leppard"-Mitglied ausstaffierten Sänger Justin Hawkins und seinen im "Thin Lizzy"-T-Shirt posierenden Bruder Dan an der Gitarre, stellt indes ein ermutigendes Zeichen für den Ausbruch der übermütigen Instrumental- und Verkleidungsexzesse aus dem Giftschrank der Rockgeschichte dar. Ihr Debütalbum "Permission To Land", dessen Erscheinen nach mehrwöchigem Aufenthalt an der Spitze der britischen Charts auch hierzulande mit Neugier erwartet wurde, ist nämlich sehr gut und stößt mit bemerkenswertem Geschick in eine pophistorische Erinnerungslücke vor. Dabei ist das Vorgehen von Ambivalenz gekennzeichnet.

Der tüchtig vorwärtsstampfende Opener "Black Shuck" setzt noch ganz auf "AC/DC"-Riffs und "Led Zeppelin"-Soli, um die Hörgewohnheiten des guten Rockgeschmacks nicht allzusehr zu verstören. Die jauchzende, grunzende und sich in melodramatische Höhen emporschnörkelnde Stimme des Sängers bereitet allerdings schon den Boden für die kühnen Geschmacklosigkeiten der folgenden Lieder. Zu denen zählen Songstrukturen, die an "Asia" und John Farnham gemahnen, melodiöse und selbstverständlich zweistimmige Gitarrenparts, in denen man Brian May von "Queen" oder Tom Scholz von "Boston" rauszuhören glaubt; des weiteren bizarr ranschmeißerische Backgroundchöre ähnlicher Herkunft und Balladen, die mit vervielfachten Akustikgitarren und Mandolinenchören à la "Styx" oder "Hooters" hochfrisiert werden. Selbst die überladensten und eklektizistischsten Songs aber werden hier mit einer Freude am frivolen Spiel vorgetragen, die, neben der kapriziösen Stimme von Justin Hawkins, den Bandsound überzeugend amalgamiert. Derart druckvoll und selbstsicher poliert die Gruppe die Versatzstücke der Vergangenheit auf, daß sie manchmal die Illusion erzeugt, der Hardrock der Siebziger hätte an der Stelle weitermachen können, an der ihm Punk die Energie und die Jugend stahl.

Hawkins' effeminiertes Organ ist es jedoch auch, das den großmäuligen Songs über Drogen, Eifersucht und weiteres Ungemach jenen Machismo nimmt, der die härteren Rockgenres der alten Schule großteils isoliert und aus den Charts verbannt hat. Daß "The Darkness" es aber just auf die Herzen der Frauen und eben die Hitparaden abgesehen haben, zeigt die phantastische Singleauskopplung "I Believe in a Thing Called Love", ein bezwingender Ohrwurm, dessen Refrain seine Silben so schnell und in so hoher Tonlage ausspuckt, daß man sich jetzt schon auf die Versuche jedes Stadionpublikums freuen kann, die Passage adäquat mitzugrölen.

Outfit und Referenzen der Band haben manchen dazu verleitet, "The Darkness" für ein parodistisches Unternehmen zu halten. Das sind sie gewiß nicht, auch wenn Auftritte im Vorprogramm von "Meat Loaf" den einmal gefaßten Verdacht nicht vollends zerstreuen können. Fest steht jedenfalls, daß der Verzicht auf unterproduzierten Garagensound, Kunsthochschulen-Minimalismus und Punk-Gestus "The Darkness" von der guten Tradition des vor Urzeiten von Leuten wie Lou Reed und Iggy Pop geprägten und derzeit im Mainstream so einflußreichen Untergrunds abschneidet, der dort allerdings auch nicht gerade Revolten zu entfachen scheint. Vielleicht ist ja unter anderem deshalb die Zeit mal wieder reif für eine idealisierte Vorstellung von Rockstartum samt operettenhafter Laune, grober Übertreibung und großen Hits.

MARK-STEFAN TIETZE

The Darkness, Permission To Land. Atlantic/Eastwest Records 5050466-7452 (Warner)

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