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Trackliste
CD
1"Lunge da lei" - "De' miei bollenti spiriti" (ZWEITER AKT)00:04:14
2"O mio rimorso!" (ZWEITER AKT)00:02:52
3"O figli miei...Ah, la paterna mano" (Act 4)00:03:46
4Questa o quella (Act 2)00:01:43
5Ella mi fu rapita!...Parmi veder le lagrime! (Act 2)00:04:58
6Duca, Duca (Act 2)00:02:17
7Possente amor mi chiama (Act 2)00:03:04
8La donna è mobile (Act 3)00:02:12
9"Quanto è bella, quanto è cara!" (ERSTER AKT)00:02:27
10"Tombe degl'avi miei" - "Fra poco a me ricovero" (DRITTER AKT)00:06:54
11"Oh meschina!" (DRITTER AKT)00:04:12
12"Tu che a Dio spiegasti l'ali" (DRITTER AKT)00:04:43
13La dolcissima effigie sorridente (Act 1)00:02:33
14E la solita storia (Act 2)00:04:23
15Addio fiorito asil (ZWEITER AKT)00:02:08
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.04.2004

Wo die schönen Ströme tönen
Aber Joseph Calleja ist ein Tenor, der auch den Weg vom Lauten ins Leise kennt

Wieder ist ein Tenor entdeckt worden, und alles ruft hurra. Der Jubel über neue Tenöre tönt zwar immer etwas lauter als beispielsweise der über Bassisten oder Mezzosopranistinnen, selbst solche, die sich eventuell an der ungekrönten Königin des Fachs, Vesselina Kasarova, messen lassen könnten. Tenöre stehen dem Herzen der lieben Bestie Publikum nun mal am allernächsten. Die vom Heldenfach, weil sie gladiatorenmäßig stimmtodverachtend Übermenschliches leisten müssen, etwa das hohe C stemmen und einfach durchhalten, auch bei den größten Brocken (Lohengrin). Die lyrischen, weil sie allezeit schnulzenkompatibel sind (O sole mio). So oder so werden sie also zu Recht bejubelt - wenngleich viele spektakulär entdeckte Nachwuchstenöre dann über kurz oder lang ehrenvoll ein- und wieder untergehen im Strom der Opernalltäglichkeit.

Das wird diesem Tenor hier aller Voraussicht nach nicht passieren. Noch singt der fünfundzwanzigjährige Joseph Calleja vorwiegend im lyrischen Fach. Er stammt aus Malta und tat den ersten Schritt auf die Opernbühne erst vor sechs Jahren mit der Verdischen Partie des Macduff am Astra-Theatre auf der kleinen, Malta benachbarten Insel Gozo. Zur Erinnerung daran hat er das tremoloreiche Klagelied des Macduff über seine von Macbeth gemordeten Kinder "O figli miei" mit aufgenommen in sein erstes Arien-Album, das, anders als sonst üblich bei solchen international einsetzbaren "Visitenkarten", keineswegs nur die üblichen Highlights und gängigsten, am leichtesten vermarktbaren Stücke enthält. Ein Lamento wie "O figli miei" verlangt vom Sänger ein ebenmäßig gestaltetes Legato, aber auch elegische Intensität. Diese Arie ist deshalb bestens geeignet, die Stärken dieser charakteristischen und kräftigen neuen Stimme herauszustellen, die auf Anhieb so gerade gewachsen wirkt und sich so organisch fließend verströmt wie eine Naturstimme, an der noch nicht viel gearbeitet worden ist. Doch der erste Eindruck trügt.

Calleja verfügt über eine Tenorstimme mit auffallend unverwechselbarem Timbre, vergleichbar vielleicht am ehesten dem sonnig-wonnigen Strahlen des jungen Pavarotti, der für Calleja, wie er bekennt, in Knabenjahren das größte Vorbild gewesen war. Aber selbst bei den Schlagern des Repertoires ("La donna è mobile") treffen die Stichworte "Schmelz" oder "Strom" nicht ausschließlich zu. Weder ist Calleja die naive Nachtigall noch einer jener jungen Krafttenöre, die musikboxartig möglichst viele möglichst schöne Töne abdröhnen. Er scheint direkt von der Bühne ins Studio zu kommen. Gestaltet seine Partien lebendig, dramatisch, mit einer geschmeidig ausdifferenzierten Dynamik und wortnaher Diktion sowie einem die komplette Farbenpalette zwischen betörender Süßigkeit und kühler Metallschärfe ausschöpfenden Espressivo. Eine Frage von Begabung zunächst - in zweiter Linie aber auch das Resultat einer guten Ausbildung und ein sicheres Zeichen für Sängerverstand.

Denn erstens klingt Callejas Organ keineswegs glatt und ausgeglichen, quer durch alle Register. In der Höhe stark und glänzend, wirkt die Stimme bei gleichbleibend voller Durchschlagskraft in der Tiefe eher verhangen und mit etwas Luft verbunden, was auch bei Licht-Schatten-Wechseln in der Dynamik zum Tragen kommt. Etwa, wenn Calleja in der zweiten Strophe der Herzogs-Arie aus "Rigoletto", sich zurückschraubend auf ein Mezzopiano, einen raffiniert ausdrucksstarken Farbwechsel wagt. Beim Übergang vom Lauten ins Leise ist das Metall verschwunden, dafür liegt ein gefährlich schöner, erotischer Schleier über der Stimme.

Zweitens ist Calleja (noch) kein Tenor für das hohe C. Die Höhe ist zwar vorhanden, aber nicht ganz mühelos; er schleift sie zuweilen kaum merklich an. Drittens steht Callejas Plattendebüt auch noch unter dem guten Stern, daß man ihm nicht die nächstbeste (und nächstbilligste) Sängerbegleitcombo untergejubelt hat, wie sonst leider häufig der Fall, wenn der Nachwuchs den ersten Exklusivvertrag bei einem großen Label bekommt. Vielmehr stehen Calleja in dieser Aufnahme ein ausgewiesenes Opernorchester zur Seite, ein erstklassiger Opernchor und einer der besten Verdi-Dirigenten unserer Tage. Riccardo Chailly gestaltet die erste Szene aus dem zweiten "Rigoletto"-Akt mit räumlich abgestufter Raffinesse. Auch in der dramatischen Finalszene aus Donizettis "Lucia" wird der Tenor vom Dirigenten auf Rosen gebettet.

ELEONORE BÜNING

"Tenor Arias". Szenen und Arien aus Opern von Verdi, Donizetti, Puccini und Cilea. Joseph Calleja, Orchestra Sinfonica e Coro di Milano Giuseppe Verdi, Riccardo Chailly. Decca 475 250 (Universal)

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