
Autor im Porträt
Annie Ernaux
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Ich komme nicht aus der Dunkelheit raus
Gebundenes Buch
Annie Ernaux erzählt von ihrer Mutter und dem aussichtslosen Kampf gegen die Alzheimer-Erkrankung, von einer großen Liebe und der Zerstörungskraft des Vergessens. Und sie verewigt so, im Moment ihres Verschwindens, den Menschen, der ihr das Leben geschenkt hat.
Die Mutter verliert das Gedächtnis - mehr und mehr scheinen ihr die Familie, die Welt, das Leben abhandenzukommen. Annie Ernaux hält die Gespräche mit ihr fest, schreibt sie auf, intuitiv, aus der existenziellen Angst vor dem Verlust, wie gejagt von der Gewalt des Verfalls und der Erinnerungswucht an diese Kranke, die noch immer ihre Mutter ist. Mehr als ein Jahrzehnt bleiben diese Aufzeichnungen in der Schublade.
Und doch entschließt sich Ernaux später, diese Seiten zu veröffentlichen, weil es nicht nur ein Bild ihrer Mutter geben soll: sondern die Vielheit der Wahrheiten. So wird die Chronik eines langsamen Abschieds und einer schrecklichen Zerstörung lesbar - aber auch die Pionierleistung Annie Ernaux`, die schmerzhafte Suche nach der Sprache für eine Krankheit, die damals noch kaum beschrieben war.
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Die Mutter verliert das Gedächtnis - mehr und mehr scheinen ihr die Familie, die Welt, das Leben abhandenzukommen. Annie Ernaux hält die Gespräche mit ihr fest, schreibt sie auf, intuitiv, aus der existenziellen Angst vor dem Verlust, wie gejagt von der Gewalt des Verfalls und der Erinnerungswucht an diese Kranke, die noch immer ihre Mutter ist. Mehr als ein Jahrzehnt bleiben diese Aufzeichnungen in der Schublade.
Und doch entschließt sich Ernaux später, diese Seiten zu veröffentlichen, weil es nicht nur ein Bild ihrer Mutter geben soll: sondern die Vielheit der Wahrheiten. So wird die Chronik eines langsamen Abschieds und einer schrecklichen Zerstörung lesbar - aber auch die Pionierleistung Annie Ernaux`, die schmerzhafte Suche nach der Sprache für eine Krankheit, die damals noch kaum beschrieben war.
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22,00 €
Eine Leidenschaft
Broschiertes Buch
Annie Ernaux erzählt von einer alles verzehrenden Leidenschaft für einen irritierend teilnahmslosen Mann - unerschrocken gründlich sucht sie nach der Wahrheit hinter einer Existenz, in der sie sich zusehends aufzugeben droht.
Mit ruhiger Selbstverständlichkeit berichtet Annie Ernaux von einer schmerzlich langen Episode ihres Lebens; wie sie sich immer heftiger in eine Affäre verstrickt, einem verheirateten osteuropäischen Geschäftsmann verfallen, der eine vage Ähnlichkeit mit Alain Delon hat und schnelle Autos und Alkohol mag. Sie beschreibt einen Schwebezustand, worin jedes Wort, jedes Ereignis und jede andere Person entweder eine dringliche Verbindung zu diesem Mann hat oder aber von ihr mit kalter Gleichgültigkeit beschieden wird. Zu einem Mann, der ihr fremder nicht sein könnte.
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Mit ruhiger Selbstverständlichkeit berichtet Annie Ernaux von einer schmerzlich langen Episode ihres Lebens; wie sie sich immer heftiger in eine Affäre verstrickt, einem verheirateten osteuropäischen Geschäftsmann verfallen, der eine vage Ähnlichkeit mit Alain Delon hat und schnelle Autos und Alkohol mag. Sie beschreibt einen Schwebezustand, worin jedes Wort, jedes Ereignis und jede andere Person entweder eine dringliche Verbindung zu diesem Mann hat oder aber von ihr mit kalter Gleichgültigkeit beschieden wird. Zu einem Mann, der ihr fremder nicht sein könnte.
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Statt 20,00 €****
12,00 €
Annie Ernaux
Die Französin Annie Thérèse Blanche Ernaux wurde 1940 in der Normandie geboren. Ihre Kindheit und Jugend, die sie in einer kleinen Gemeinde verbrachte, gelten als prägend für ihr literarisches Schaffen. Ernaux hatte eine Schwester, die jedoch noch vor ihrer eigenen Geburt verstarb. So wuchs Annie Ernaux als Einzelkind auf, behütet und in bescheidenen Verhältnissen. Ihre Eltern erzogen sie nach katholischen Grundsätzen. Ihre schulische Ausbildung erhielt sie an einem Mädchenpensionat, anschließend studierte sie Literaturwissenschaften. Nach ihrer Promotion war sie als Gymnasiallehrerin und Dozentin tätig. 1974 veröffentlichte sie ihren ersten autobiografischen Roman. Bis heute umfasst Ernaux' Werk über 20 Bücher - jedes davon ist ein bedeutender Teil ihrer Selbstfindung, literarisch umgesetzt.Die Auszeichnung des Nobelpreiskomittees erhielt Ernaux 2022 "für ihren Mut und den klinischen Scharfblick, mit denen sie die Wurzeln, Entfremdungen und kollektiven Beschränkungen der persönlichen Erinnerung bloßlegt". Unter den 118 Personen, die seit 1901 mit dem Nobelpreis für Literatur geehrt wurden, ist Annie Ernaux die 17. Frau.
Kundenbewertungen
Der junge Mann
Er ist Mitte 20, Student, wohnt bescheiden und hat sich sie in den Kopf gesetzt. Sie ist Mitte 50, an einem anderen Punkt und lässt sich fallen in diese Leidenschaft.
Im gewohnten Ernaux-Stil erkundet die Autorin diese Episode ihres Lebens, legt mehr ihre als seine Motive, Reaktionen und Emotionen frei. Ernaux vermittelt Neugier an dem Altersunterschied, erfreut sich an einer überwundenen Scham. Sie zeigt Lust, Konventionen zu brechen, sich immerzu zu entwickeln, diesen Bruch literarisch zu verarbeiten und in ihr Gesamtwerk einzufügen, denn »Der Junge Mann« erzählt auch die Geburt von »Das Ereignis«.
Mit »Der Junge Mann« bricht Ernaux nicht nur mit thematischen Konventionen, sondern auch formal mit einer Konvention, die uns Leser:innen wichtig ist. Ein Roman sollte schon 300 bis 400 Seiten lang sein, weniger als 200 bitte nicht. Hat er aber weniger Seiten, winden wir uns, ihn Roman zu nennen. Und unter 100 Seiten, da hadern wir, so wenig Seiten, was ist das und ja, das ist teuer pro Seite sozusagen. Gerade jetzt, wo die Preise steigen und die Buchpreise zu steigen drohen, wirkt »Der Junge Mann« wie eine Provokation, denn er ist nur 41 Seiten lang, effektiv nur 32, groß geschrieben auch noch.
Natürlich irritierte auch mich die Kürze, in gut einer halben Stunde bin ich durch diese leidenschaftliche und zugleich lakonische Miniatur gestürmt, denn Tempo hat sie auch noch. Doch »Der Junge Mann« lohnt sich sehr, sowie der Inhalt als auch die radikal kurze Form haben meine Erinnerungen wie Haltungen provoziert und in einem neuen Licht gezeigt.
Ernaux erzählt mit »Der junge Mann« eine Geschichte, die mit jedem Wort mehr zu einer anderen würde. Der Nachhall würde sich mindern, ich wäre wahrscheinlich weniger inspiriert, je mehr Ernaux den Text in die Länge gezogen hätte. Vielleicht hinterfrage ich nun den Drang, Kunst an ihrer Seitenzahl messen zu wollen.
Die leeren Schränke
»Klar sehen, zwischen zwei Krämpfen alles erzählen. Sehen, ab wann alles den Bach runter ging. Ich bin ja nicht mit dieser Wut zur Welt gekommen, ich habe sie nicht immer gehasst, meine Eltern, die Kundschaft, den Laden... Die anderen, die Kultivierten, die Professoren, die ehrbaren Leute hasse ich mittlerweile auch. Ich habe den Bauch voll von ihnen. Ich kotze auf sie, auf die Kultur, auf alles was ich gelernt habe. Von allen Seiten gef**ckt...« |17
Die 20jährige Literaturstudentin und Krämerstochter Denise Lesur beendet in »Die Leeren Schränke« ihre Schwangerschaft. Sie löst sich von der schamvollen Selbstunterordnung gegenüber ihrem Geliebten, dem standesbewussten Zahnarztsohn Marc und Seinesgleichen. In der Wartezeit auf den Abbruch erzählt sie sich wütend und emotional die Ausschlüsse der bürgerlichen Welt, der starren Klassengrenzen und von ihrem Klassenaufstieg, der ihr nur in Scham und Selbstverläugung möglich war. Ihr hungerndes Begehren nach Sexualität liest sich als Symbol für ihre Klasse. Die begrenzende Beschämung weiblicher Lust setzt zusätzlich Schranken, doch Lesur wird zu Befreiung und Selbstbestimmung finden.
Zu ihrem Stil hatte Ernaux in ihrem nun auch im Deutschen vorliegenden Debüt noch nicht gefunden. Die Sprache ist viel direkter, wütender, aufbegehrend, fast roh. Entgegen ihrem späteren Werk wählt Ernaux mit Lesur eine fiktionalisierte Figur, die wie wir heute wissen, viel mit der autofiktionalen Figur Ernaux und mit ihrer später kultivieren Archäologie ihrer Selbst zu tun hat. Es gibt hier noch keinen nüchternen sezierenden Blick, der von außen auf die Figur schaut.
Doch thematisch ist schon alles angelegt. »Die Leeren Schränke« läuft auf »Das Ereignis« zu, auf das die Literaturnobelpreisträgerin in ihrem späteren Werk zurückkommen wird. Es streift das Verlangen und die Scham der »Erinnerung eines Mädchens« und ist schon in der Stimmung von »Der Platz« »Die Scham« und »Eine Frau«.
Wem »Der Junge Mann« zu dünn war in Seiten und Inhalt, »Die Leeren Schränke« ist ein "richtiger Roman" und sowohl vom Inhalt spannend und vielschichtig, als auch für Ernaux-Kennerinnen interessant zu betrachten, wie ihr literarisches Werk begann, was schon angelegt war und was sich später erst entwickelte. Mich hat »Die Leeren Schränke« überzeugt.
Der junge Mann
Nobelpreiswunder – besser Antiwunder
Der SZ gelingt das Wunder über dieses Büchlein eine längere Rezension zu schreiben als das Buch selbst. Dies gelingt dank Verweisen auf ähnliche Liebesgeschichten.
Schon vor ihrem Nobelpreis habe ich gewarnt, dass der Autorin in ihrem autobiografischen Schreiben der Stoff ausgeht. Dies ist nun geschehen.
Wenn das Werk eine sehr kurze Novelle sein sollte, dann gehört dazu eine unerhörte Begebenheit. Dies soll das Verhältnis der Ich-Erzählerin mit einem 30 Jahre jüngeren Mann sein. Allein in heutigen Zeiten sagt man: „Wenn es beiden gefällt.“ Unerhört ist das nicht.
Ernaux schreibt selbst, der Mann könnte ihr Sohn sein. Dass fremde Menschen gucken, mag ja so sein, aber sind Beziehungsverhältnisse so offensichtlich? Und an anderer Stelle steht, dass ein Homopaar weniger Aufmerksamkeit bekommen hätte, bleibt aber jeden Beweis schuldig, dass dies nur ein subjektiver Eindruck ist.
Dieses Büchlein braucht nur der Suhrkamp-Verlag, der sich damit eine golene Nase verdienen kann. Ohne Nobelpreis wäre es nicht erschienen. Da es in einer knappen Stunde zu lesen ist – und ich nur für abgebrochene Bücher 1 Stern gebe – erhält es 2 Sterne. Meine schlechteste Berwertung für ein Buch von Annie Ernaux.
Der junge Mann
Das kleine "Bändchen" besteht aus 31 Textseiten und das auch noch mit sehr großen Absätzen im Text.
Dafür ist der Preis für 15,00 € ordentlich hoch.
Ich habe jetzt alle Bücher von Annie Ernaux gelesen. Ihr letztes Werk "Der junge Mann" hätte sie sich aber sparen können. Es reicht jetzt mit ihren biografischen Erzählungen. Nicht wegen des großen Altersunterschiedes zwischen ihr und dem "jungen Mann", ihre Erzählungen erschöpfen sich ganz einfach, auch wenn diese als pointiert und prägnant angepriesen werden.
Der junge Mann
Bewertung von Aischa am 08.02.2023
Man muss wohl Literaturnobelpreisträgerin sein, um eine drei Jahrzehnte zurückliegende Affäre zu einem deutlich jüngeren Mann auf gerade einmal 48 Seiten abzuhandeln und für dieses schmale Büchlein auch noch gefeiert zu werden.
Mich hat diese autobiografische Erzählung sehr enttäuscht. Ja, Ernaux ist nicht nur sich selbst, sondern auch ihrer Leserschaft gegenüber ehrlich. Sie benennt klar, dass die finanzielle Abhängigkeit des Studenten von ihr zu einem Ungleichgewicht der Macht innerhalb der Beziehung führte und sie gesteht, dass sie auch deshalb mit einem Jüngeren zusammen war, um sich selbst jünger zu fühlen, sie erlebte mit ihm ihre eigene Jugend erneut. Aber mal ehrlich, ist dies heutzutage noch eine bahnbrechende Offenbarung? Ja, es hat sicher Mut erfordert, in den 1990er Jahren als Mittfünfzigerin mit einem Toyboy in der Öffentlichkeit aufzutreten. Aber wie dies nun literarisch verarbeitet wurde, überzeugt mich nicht ansatzweise.
Ernaux zeigt Standesdünkel, wenn sie vom "dauerhaften, ererbten Geldmangel" ihres Lovers spricht. Und dass andere im Sex zu einem deutlich Jüngeren eine Art Inzest gesehen haben sollen, ist mir zu weit hergeholt. Der Erzählstil ist fast durchweg extrem nüchtern, geradezu emotionslos. Die Beziehung wird literarisch ausgeschlachtet, auf unsympathische Weise wird Persönliches instrumentalisiert. Ernaux benutzte Sex mit dem Jüngeren, um ihren Schreibprozess in Gang zu setzen. O.k., aber ehrlich gesagt interessiert mich die Motivation einer Schriftstellerin nicht die Bohne, solange sie sich im Rahmen der Legalität bewegt.
Ja, Ernaux ist bekannt dafür, das eigene Leben für andere erfahrbar zu machen und dabei auch noch gute Literatur zu produzieren. Doch hier ist das leider missglückt.
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