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Juti
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HD

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Insgesamt 782 Bewertungen
Bewertung vom 18.12.2025
Die Holländerinnen
Elmiger, Dorothee

Die Holländerinnen


sehr gut

Im Konjunktiv zum Buchpreis ****

Letztes Jahr war ich tief enttäuscht vom Deutschen Buchpreis. Dieses Jahr habe ich die Preisträgerin als drittes Buch gelesen nach Thomas Melle und Christine Wunnicke. Wie die beiden anderen ist auch dieses Buch lesenswert, wenngleich nicht überragend. ****

Offenbar überzeugt man eine Jury, wenn man das ganze Buch im Konjunktiv schreibt. So erinnert es an Kehlmann „Die Vermessung der Welt“. Der Preis für die ständige indirekte Rede ist, dass der rote Faden verloren geht. ****

Eigentlich ist die Handlung auch schnell erzählt. Ein Theaterprojekt ist zwei Holländerinnen auf der Spur, die im mittelamerikanischen Urwald verloren gingen und vermutlich ums Leben kamen. Klar könnte man daraus einen Krimi machen, letzte Augenzeugen, Fundsachen und weitere Spuren – das geschieht auch, aber viel wichtiger erscheint das Gespräch der Mitglieder der Theatergruppe. ****

So wird viel zusammenhangslos erzählt, jedenfalls scheinbar zusammenhangslos, vielleicht müsste ich das Büchlein ein zweites Mal lesen. Viele Anekdoten, düstere Anekdoten habe ich bereits vergessen. Aber zuletzt wird von einem Wohnungsbrand in Leiden erzählt, wo die Holländerinnen herkamen. Bei dem Brand spielte ein Kühlschrank eine nicht unwesentliche Rolle. Reste eines Kühlschranks fand man auch im Urwald in Amerika. Ganz schön spooky! ****

Die Rezension zeigt klar und deutlich, dass 4 Sterne angebracht sind.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.12.2025
Baedeker Reiseführer Salzburger Land, Salzburg, Salzkammergut
Spath, Stefan

Baedeker Reiseführer Salzburger Land, Salzburg, Salzkammergut


gut

schwieriges Terrain ***

Möglicherweise ist die große Zeit der gedruckten Reiseführer vorbei. Von Bad Gastein hatte ich einen schöne Architektur und Geschichtsführer. Den Baedeker brauchte ich also nur noch für die Umgebung. ***

Wer aber über Bad Gastein berichtet, der darf das Parkhaus nicht vergessen, dass dem Fremden doch Auf- und Abstieg erheblich erleichtert. In meiner Ausgabe sah es diesbezüglich sehr mau aus. Vielleicht ist ja Besserung in Sicht. 3 Sterne ***

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.12.2025
Reise Know-How Reiseführer Österreich
Krasa, Daniel

Reise Know-How Reiseführer Österreich


weniger gut

zu groß **

Das Alpenland Österreich ist für einen Band zu groß. Mein Adventsurlaub in Bad Gastein wäre nicht viel mehr als eine Seite gewesen. Da kann ich den Reiseführer gleich zu Hause lassen. ** 2 Sterne

Bewertung vom 11.12.2025
Bad Gastein
Eiblmayr, Judith;Balga, Philipp

Bad Gastein


ausgezeichnet

besser als ein Reiseführer *****

Ein ganzes Buch über ein Dorf mit gerade einmal 4.000 Einwohnern. Klar, dass das Besondere in der Geschichte liegen muss. Und so beginnt das Buch auch mit den Römern, legt einen Schwerpunkt auf den Goldabbau im Gasteiner Tal im Mittelalter und auf die beginnenden Badeaufenthalte, die bis ins 18. Jahrhundert aber mit Holzbauten an der Stelle des heutigen Luxushotels Straubinger standen. *****

Dann folgt ein Abschnitt mit wirklich schönen Fotos, die die Hanglage Bad Gasteins verdeutlichen. Insbesondere der Felsen, auf dem das Hotel Viktoria steht, hat es mir angetan. *****

Doch der Schlüsselsatz steht auf S.138: „Es ‚wurde in Bad Gastein planlos gebaut.‘“ So entstanden hier höhere Hochhäuser als in Wien und als das „Manhattan der Alpen“ Problem bekam, seine Luxushotels rentabel zu halten, wurde auch abgerissen. *****

1848 wollte man eine Platz bergwärts errichten, doch in der Belle Epoche wurde alles zugebaut, planlos eben. Die Schweizer mit ihrem Hotel auf dem Rigi sollten übertroffen werden. 1878 gab es den Bahnanschluss nach Norden, 1905 den Tauerntunnel, doch schon mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs war die Glanzzeit vorbei. *****

Einzelne investierten nach dem Zweiten Weltkrieg, doch ab den 60er Jahren setzte der Dornröschenschlaf ein. 1968 schuf Gerhard Garstenauer das Felsenbad am Bahnhof, das inzwischen zur Felsentherme umgebaut wurde. Wer Brutalismus liebt, wird es sehenswert finden. Derselbe Architekt schuf auch das inzwischen geschlossene Kongresszentrum mitten im Ort, das ich als weit störender empfinde, aber vermutlich bald unter Denkmalschutz gestellt werden soll. *****

Meines Erachtens wäre hier ein Dorfplatz, auf dem auch ein Weihnachtsmarkt stattfinden könnte, sinnvoller. Ohnehin gibt es wohl zu viele Hotel, insbesondere im vom Bahnhof weit entfernten Gastein Ost. Das Parkhaus mildert den Höhenunterschied zum Bahnhof etwas, doch sollte sich die Gemeinde in der Tat überlegen, wie man ohne Mühe vom Wasserfall zum Bahnhof kommt. *****

2021 stellte die Unesco die großen Kurstädte Europas unter Welterbe. Bad Gastein sollte sich mit Leukerbad und Meran zusammentun und für die Alpenkurorte einen eigenen Welterbeantrag stellen. Dieses Buch bietet dafür Stoff genug, jedenfalls für Bad Gastein. 5 Sterne

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.12.2025
Herscht 07769
Krasznahorkai, László

Herscht 07769


schlecht

Ohne Punkt und Komma *

Nein, das stimmt nicht, es gibt Kommas, aber nur auf Seite 409 eine einzigen Punkt. Zwischendurch gibt es Überschriften, die als Regenbogenbänder bezeichnet werden. Abschnitte sind sonst genauso Fehlanzeige. *

Nein, liebes Nobelpreiskomitee, das war wieder Mal ein Fehlgriff, wie bei der Polin mit den Jakobsbüchern. Ich habe mich nur darauf eingelassen, weil es meine Urlaubslektüre meiner Adventsreise war und ich immer wieder in den „Redeschwall“ – wie es Andreas Isenschmidt in der Kulturzeit nannte – interessantes fand, doch habe ich diese Anekdoten längst vergessen. Im Zug lässt sich ohnehin nicht gut lesen. *

So schaffte ich es ohne viel Freude bis Seite 232, doch nach Urlaubsende ist es endlich an der Zeit sinnvolleres zu lesen. 1 Stern

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.12.2025
Haus zur Sonne
Melle, Thomas

Haus zur Sonne


sehr gut

tolle Irreführung ****

Lange, sehr lange habe ich geglaubt, dieses Buch sei wirklich eine Fortführung seines autobiografischen Werkes „Die Welt im Rücken“. Lange, sehr lange habe ich alles für bare Münze genommen und mich erst gewundert, dass es eine so schöne - sagen wir mal – Reha-Station wie das Haus zur Sonne gibt. ****

Mit der Erfüllung aller Wünsche kamen erste Zweifel, selbst wenn diese in den Träumen geschehen. Und dass die Patienten nicht als geheilt entlassen werden, sonder quasi per Tod nach Verlangem ihr Zimmer räumen, machte mir endgültig klar, dass hier über eine Diktatur gesprochen wird. Zumal der Patientenwunsch sich ändern kann und dann liegt Mord vor. ****

So erscheint der nette Arzt auf einmal als neuer Mengele. Und wer glaubt, dass das Ende des Buches eine Fluchtgeschichte aus dem Haus zur Sonne wird, der irrt. Ebenso wenig endet das Buch mit dem Tod. ****

Wer depressive Stunde erleben will, dem sei das Buch ans Herz gelegt. Mir war es etwas zu hoffnungslos und auch das Ende war irgendwie unbefriedigend. Deshalb 4 Sterne.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.11.2025
Zerstörungslust
Amlinger, Carolin;Nachtwey, Oliver

Zerstörungslust


sehr gut

Warum AfD ****

Eigentlich ist dieses das erste Buch, das ich lese, dass sich mit dem Aufstieg der AfD beschäftigt. Und da sind die Gründe umfangreich:
Von der Rede von alternativen Fakten über angebliche konstruierte Sachzwänge: „Eine besonders vergiftete und vergiftende Variante der politisch konstruierten Sachzwänge war und ist die Austerität […] Historisch lenkte Austerität wiederholt Wasser auf die Mühlen der extremen Rechten.“ (84f) ****

So werden die Probleme hinreichend beschrieben: „Es sind die unerwarteten [..] Einbrüche in den Alltag, die die Zerbrechlichkeit des Lebens vor Augen führen. Überschwemmungen, Dürreperioden, eine globale Pandemie, ein Angriffskrieg in Europa, marode Infrastruktur und nicht zuletzt: politische Instabilität.“ (131) ****

Im sonst fußnotenreichen Buch fehlt auf Seite 140 die Quelle, warum es ausgerechnet 36 Geschlechter geben soll und nicht nur 2. ****

Nach verheißungsvollen Beginn wir der Dekonstruktivismus beschrieben:„Wenn ich nicht haben kann, was ich will, dann soll es niemand haben.“ (178f) und ein italienischer Autor zitiert: „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, muss alles sich ändern.“ (214) ****

Im vierten Kapitel wird die neue Rechte mit dem Faschismus verglichen, aber nochmal bestätigt, dass der Liberalismus nicht die Demokratie als Hauptziel hatte: „So muss man sich immer wieder vor Augen führen, dass der Liberalismus historisch weniger auf eine egalitäre Demokratie als vielmehr auf den Schutz des Privateigentums zielte.“ (267) ****

Alles in allem ein sehr lesenswertes Buch, dessen Bedeutung im 4.Kapitel aber abnimmt. 4 Sterne ****

Zitate: [Es] sind Ungleichheiten dann legitim, wenn Chancengleichheit herrscht und sie zum größtmöglichen Vorteil der am wenigsten Begünstigten wirken. Im Neoliberalismus ist es geradezu umgekehrt: Alles, was dem ohnehin Begünstigten zum Vorteil gereicht, ist angeblich auch für die weniger Begünstigten gut, weil der Reichtum nach unten durchsickert. Das erweist sich allerdings regelmäßig als Ideologie, zumal die Flut in Zeiten stagnierenden Wachstums kaum noch steigt, während die verbliebenen Zuwächse vor allem in die Taschen der Oberschicht gelenkt werden. (52)
****
Wir wollen […] nicht bestreiten, dass es so etwas wie strukturelle Zwänge gibt. Aber wir wollen doch unterstreichen, dass das diskursive Insistieren auf Sachzwänge antiaufklärerisch sein kann, da [..] Alternativen herausgefiltert und gar nicht zur öffentlichen Diskussion gestellt werden. Das politische Misstrauen, das uns in Gesprächen mit AfD-Wähler:innen entgegenschlug hat hier erklärtermaßen eine seiner Quellen. (84)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.11.2025
Sputnik
Berkel, Christian

Sputnik


gut

zu früh und zu viel Theater ***

Wann beginnt eine Autobiografie? Frühstens mit der Geburt, wirst du sagen. Berkel beginnt mit der Zeugung und widmet dem Leben in der Gebärmutter ein ganzes Kapitel. Klamauk möchtest du sagen, das stimmt. Ich hatte es schwer in die Handlung zurückzukommen. ***

Aber spätestens in der Pubertät hatte er mich wieder, wo gerubbelt wurde, was das Zeug hält, hatte er mich wieder. Auch die Zeit in Paris las ich gerne. ***

Doch gegen Ende des Buches werden mir die Themen zu sehr auf das Theater beschränkt. Ich dachte an die Bücher von Joachim Meyerhoff, die wenigstens witzig sind. Das Kapitel über seine fehlende Beschneidung ist nicht witzig, sondern peinlich. ***

Mit jedem Buch bekommt Berkel von mir einen Stern weniger. Bei dieser Autobiografie bleiben 3. Damit ist er noch gut bedient.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.11.2025
Schwebebahnen
Ortheil, Hanns-Josef

Schwebebahnen


gut

bieder ***

Ortheil ist einer, der Bücher über das Schreiben schreibt. Da denkt man, es müsse ja ein guter Roman dabei herauskommen. Dann habe ich ihn sowohl auf der Buchmesse als auch bei Denis Scheck gesehen, der den Anspruch hat, auf gute Literatur hinzuweisen. Ob dieser Roman das auch ist? ***

Ich habe ihn gelesen, teilweise im Zug, weil es für mich mehr wie eine Aneinanderreihung von Kurzgeschichten wirkte. Als dann das Josef ohne seinen Vater mit der Schwebebahn losfuhr, hoffte ich, dass nun eine spannende Geschichte eines einsamen Kindes im neuen Wuppertal beginnt, aber nach der nächsten Überschrift war das Thema gegessen. ***

So bleibt die Geschichte eines Heranwachsenden in der Nachkriegszeit mit etwas Schule, viel kindlichem Katholizismus und besonders viel Klaviermusik. Nicht zu vergessen ist die Freundin Mücke, die vorher ihre Schwester verloren hat. Ein kritischer Moment im doch eher biederen Heile- Welt Epos. ***

Ein Buch, das schnell zu lesen ist, aber außer für Ortheil-Fans wegen seiner autobiografischen Bezüge keinen bleibenden Nachklang hinterlässt. 3 Sterne ***

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.11.2025
Heidelberger Erzählungen
Schmitthenner, Adolf

Heidelberger Erzählungen


sehr gut

historische Legenden ****

Nach dem Buch „Das kalte Herz“ bin ich im Netz auf dieses Werk gestoßen. Es enthält längere Kurzgeschichte, die direkt in Heidelberg spielen. ****
Da ist zunächst die Geschichte mit dem „Ehe-Examen“. Es wird behauptet, dass in der Kurpfalz nur noch derjenige heiraten darf, der den Katechismus kennt. Und der Pfarrherr von Heiliggeist legt die Regel zunächst streng aus.

**** Auch bei „Tilly in Nöten“ geht es letztlich ums Heiraten. Der große Feldherr wünscht die Heirat von Susanna mit seinem Obristen, doch sie liebt den Apotheker mehr. Natürlich darf bei Tilly auch ein Bezug auf die Bibliotheca Palantina nicht fehlen.

**** Der Autor lässt etwas zu sehr den moralischen Zeigefinger als evangelischer Pfarrer heraushängen, ansonsten sind die Geschichten für Heidelberg- Interessierte eine lohnenswerte Lektüre. 4 Sterne

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.