Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Dani
Wohnort: 
Wiesbaden

Bewertungen

Insgesamt 79 Bewertungen
Bewertung vom 20.07.2025
Girls
Capes, Kirsty

Girls


gut

Die große Künstlerin Ingrid Olssen ist tot, ihre zwei Töchter und ihre Enkelin sind gezwungen ihr Leben neu zu ordnen. Auf einem Road Trip durch die USA wird nicht nur die Asche der verhassten Mutter verstreut und eins ihrer Hauptwerke im Ozean versenkt sondern werden auch alle offenen Wunden und Konflikte aufgebrochen, ein Happy End gibt es nicht...

Ich bin mit wenig Vorfreude an den Roman gegangen da ich aus Erfahrung mit amerikanischen Roadtrips immer wenig anfangen kann. Diese Sorge war jedoch unbegründet da der größere Teil des Buches in England spielt. Die Lektüre erfordert einiges an Geduld, 200 Seiten weniger hätten auch gereicht und dem Fokus gut getan.
Ingrid ist ein egozentrisches, kaputtes Monster, ihre Töchter blieben mir jedoch auch durchgehend fremd.
Zwischen den Kapiteln finden sich immer wieder Auszüge aus Interviews mit den Protagonistinnen, wirklich viel Mehrwert haben mir diese Stellen nicht gebracht außer an "Daisy Jones and the Six" zu erinnern und damit vielleicht einem gewissen Zeitgeist zu folgen.
Insgesamt war mir die Handlung zu einseitig problembeladen und ich hätte mir auch mal die ein oder andere Nebenhandlung gewünscht.
Empfehlenswert wenn man auf extrem dysfunktionale Familiengeschichten steht und etwas Lesegeduld mitbringt, ich musste mich streckenweise doch ziemlich abmühen.

Bewertung vom 30.05.2025
Was ich von ihr weiß
Andrea, Jean-Baptiste

Was ich von ihr weiß


sehr gut

Ich muss gestehen, mit zuviel Euphorie habe ich mich nicht an die Lektüre dieses Wälzers gemacht denn anhand des Klappentextes hörte sich die Geschichte doch recht konventionell an. Ein kleinwüchsiger Junge aus armen Verhältnissen wird zum gefeierten Bildhauer und anhand seiner Geschichte erlebt der Leser quasi die ganze Geschichte Italiens im 20. Jahrhundert.
Das Kernthema ist seine Freundschaft und tiefe Verbundenheit zur adligen Viola Orsini obwohl sie (mal mehr mal weniger) Welten zu trennen scheinen.

Ich war überrascht wie gut lesbar und "einfach" dieses Epos daherkommt da ich anhand des gewonnenen Prix Goncourt eigentlich mit etwas doch sperrigerem gerechnet habe. Ein richtiger Schmöker zum Eintauchen und immer weiter lesen. Für mich persönlich hätten es auch ein paar Seiten weniger sein dürfen denn auch wenn alles interessant und gut aufgebaut ist, so ist es doch kein wirklich spannendes Buch.

Die eigentliche Auflösung der Handlung kommt erst auf den allerletzten Seiten - man versteht, dass es vielleicht alles mehr die Geschichte der geschundenen Viola ist die immer im Schatten der Erwartungen der Gesellschaft und ihrer selbst stehen musste und Protagonist Mimo ein Vehikel dafür ist. Unnahbar bleiben sie jedoch alle.

Habe es gerne gelesen, es muss sicherlich auch noch etwas in mir "abhängen" aber doch auch kein Buch welches mich umgehauen hat.

Bewertung vom 08.05.2025
Der Tote in der Crown Row / Sir Gabriel Ward ermittelt Bd.1
Smith, Sally

Der Tote in der Crown Row / Sir Gabriel Ward ermittelt Bd.1


sehr gut

Ein ermordeter hoher Richter im geheimnisvollen Londoner Temple Bezirk, ein historischer Krimi der mal in eine wirklich andere und den meisten Menschen doch verborgen bleibende Welt entführt.
Dadurch, dass die Autorin selbst aus dem Bereich der Londoner Gerichtsbarkeit und Anwaltsszene kommt, verfügt sie über einiges an Wissen um dieses Buch wirklich informativ und lehrreich zu gestalten.
Sprachlich habe ich mir oft das englische Original herbeigesehnt indem wohl der ein oder andere Wortwitz besser und schärfer rüberkommen wird wobei es sich auch in der deutschen Übersetzung gut und flüssig liest.
Insgesamt braucht die Handlung etwas um in Gang zu kommen und wird auch nie wirklich hochspannend. Die Charaktere sind oft Typen aber bleiben einem doch recht fremd beim Lesen.
Trotzdem mochte ich dieses Sittengemälde einer anderen Epoche und einer in sich quasi abgeschotteten Welt voller eigentümlicher Charaktere sehr gerne und könnte mir gut weitere Teile und auch eine Verfilmung vorstellen.

Bewertung vom 30.04.2025
Schwebende Lasten
Gröschner, Annett

Schwebende Lasten


ausgezeichnet

Annett Gröschner ist die neue Mainzer Stadtschreiberin und deshalb war ich besonders neugierig darauf etwas von ihr zu lesen bevor ich sie sicherlich auf der ein oder anderen Lesung live erleben werde.

Der Roman beschreibt anhand des Lebens der Blumenbinderin Hanna Krause die deutsche Geschichte in Magdeburg von Beginn bis zum Ende des 20. Jahrhunderts hin. Ein einfaches Leben, kein besonders glückliches, kein "besonderes".

Die Sprache ist wundervoll - oft sehr detailgetreu, trotzdem immer klar und trotz der Blumen als einleitendes Thema eines jeden Kapitels (und ihres Lebens) nie "blumig".
Manche Zeiten in ihrem Leben werden nur skizziert, andere mit brutaler Direktheit erzählt, es ist oft keine leichte Lektüre.

Es werden viele (Frauen)Namen erwähnt und da alles oft recht kurz angerissen wird, hatte ich gerade zu Beginn öfters Probleme alle richtig zuzuordnen. Alle Charaktere bleiben auf ihre eigene Art unnahbar.

Die letzten Kapitel, die mit der alten Hanna nach der Wende, haben mich besonders berührt. Dieses lange und bewegte Leben versandet schleichend in einer ihr noch fremder gewordenen Welt. Die Szene als ihr Gärtchen vorm Plattenbau eingeebnet wird, hat mich zu Tränen gerührt. Schwer zu beschreiben warum mich gerade dies so ergriffen hat aber die letzten Kapitel sind es die den Roman für mich vom guten zum sehr guten Buch gemacht haben.

Bewertung vom 17.03.2025
Hier draußen
Behm, Martina

Hier draußen


ausgezeichnet

Ein norddeutsches Dorf, alle heißen Enno, Tove und Sönke. Hamburg scheint weit weg, man geht auf Dorffeste und backt Kuchen für die Landfrauen.

Nicht die Welt in der ich zu Hause bin und trotzdem hat mich der Roman mit der ersten Seite abgeholt und mich mit hineingezogen in diesen Mikrokosmos der irgendwie funktioniert und irgendwie auch wieder nicht.
Man kann eine Verfilmung quasi schon vor sich sehen, die störrischen und wortkargen Bauern und die bemühten und doch vom Leben enttäuschten Frauen mit den praktischen Kurzhaarfrisuren und Adler Moden.

Alles ist sehr gut beobachtet und beschrieben wenn auch nicht mit dem literarischen Anspruch und der Dichte von den Romanen von Dörte Hansen, der Härte von "Unterleuten" oder der Skurilität von "Was man von hier aus sehen kann" die ja alle auf ihre Art und Weise ähnliche Themen verarbeiten.

Ein paar Seiten weniger hätten dem Fluß gerade in der Mitte auch nicht geschadet aber insgesamt ein wirklich lohnenswertes Buch welches zum Nachdenken anregt und welches trotzdem auch unterhält.

Bewertung vom 10.03.2025
Der große Riss
Henríquez, Cristina

Der große Riss


sehr gut

Der Panama Kanal - eine technisch und wirtschaftlich wirklich gigantische Unternehmung die ich bisher immer als irgendwie "gegeben" angesehen habe und mir herzlich wenig Gedanken dazu gemacht habe.
Nicht erst jetzt, da die Thematik durch Trump wieder neu in den Nachrichten auftaucht ein Thema welches genauere Betrachtung erfordert.

Erzählt werden die Geschichten der unterschiedlichsten Menschen aus unterschiedlichsten sozialen Schichten die direkt und auch indirekt mit dem Bau in Berührung kommen, Menschen die vom Bau profitieren und Menschen die daran zugrunde gehen.

Auch wenn es sich um ein so bedeutendes Ereignis in der Geschichte handelt so war es doch kein Thema das mich unmittelbar angesprochen hat da doch alles auch sehr fern scheint.
Und trotzdem hat mir der Roman gut gefallen!
Es gab im Erzählfluss einige Längen und es kam nun nicht direkt Spannung auf aber insgesamt war ich doch positiv überrascht und konnte meinen eigenen Horizont durch die Lektüre erweitern.

Bewertung vom 11.02.2025
Tod auf Madeira / Comissário Torres Bd.1
Bento, Tomás

Tod auf Madeira / Comissário Torres Bd.1


gut

"Tod auf Madeira" ist ein recht konventioneller Krimi der ganz auf Lokalkolorit und Urlaubsatmospäre setzen möchte.
Eine deutsche Reisegruppe landet auf der Insel, schon bald stirbt ein Mitglied und nach und nach werden fast alle verdächtig.
Das liest sich zwar flüssig und angenehm aber mir drängte sich mehr und mehr der Verdacht auf der Autor (oder die Autorin? Handelt es sich hier doch wohl aller Wahrscheinlichkeit nach um ein Pseudonym) müsste eine Strichliste mit typisch madeirensischen Dingen abhaken. Viel Bica trinken? Check! Christiano Ronaldo erwähnen? Check! Fado hören und generell melancholisch sein? Check!
Originell wirkt das alles nicht und zum direkten Kofferpacken verleidet es mich auch nicht aber insgesamt ist es als leichte Unterhaltung nicht zu verachten und würde sicherlich auch verfilmt für das deutsche Fernsehen gut funktionieren.

Bewertung vom 04.02.2025
Gefährliche Betrachtungen
Eckardt, Tilo

Gefährliche Betrachtungen


weniger gut

Ein historischer Kriminalroman mit Thomas Mann im Fokus, ganz passend zum aktuellen Thomas Mann Jahr. Ich kann leider (noch) nicht behaupten mich bisher viel mit dem Schriftsteller auseinandergesetzt zu haben und habe nur zwei seiner Romane gelesen. Insofern dachte ich mir hier auf unterhaltsame Weise mehr über ihn zu erfahren denn historische Krimis gehen ja eigentlich immer...eigentlich...denn hier kam ich leider so überhaupt nicht rein in die Geschichte. Alles ist angenehm zu lesen, denke auch den historischen Figuren wird mit dem nötigen Respekt begegnet und die Zeit und das Küstensetting sind stimmungsvoll dargestellt. Leider ist die Handlung unheimlich langweilig, als Roman für mich schon kaum lesbar und als Krimi vollkommen ungeeignet. Ich habe mich über Wochen bis zur Seite 100 gekämpft und habe mehr als einmal ans Abbrechen gedacht, schade.

Bewertung vom 24.01.2025
Dancing Queen
Fabbri, Camila

Dancing Queen


weniger gut

Paulina ist 35 und hadert mit ihrem Leben. Ihre Beziehung ist schon länger kaputt und wird nur noch durch sporadische Sextreffs irgendwie lauwarm gehalten, ihr Job macht weder Spaß noch einen großen Sinn für sie und auch der gesellschaftliche Anspruch "Frau ist dafür gemacht eine glückliche Mutter zu werden" führt zu noch mehr innerer Aufruhr und Widerwillen.
Alles Themen die aktuell und absolut relevant sind und in die ich mich eigentlich sehr gut reinversetzen kann...eigentlich...denn die Autorin macht es mir hier richtig schwer auch nur ansatzweise so etwas wie Empathie oder Sympathie empfinden zu können.
Paulina ist ein Fiesling und auch wenn ich diese künstlerische Entscheidung respektiere und fast schon etwas bewundere so macht es einem die Lektüre doch schwer, da mag das Buch auch noch so kurz gehalten sein.
Sprachlich reizvoll aber inhaltlich für mich leider eine Enttäuschung.

Bewertung vom 02.01.2025
Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben
Decker, Anika

Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben


sehr gut

Der sperrige Titel ist humorvoll und auch der Covergestaltung nach zu urteilen wird es sich hierbei eher weniger um die ganz große Schnulze als um Humor handeln.
Stimmt auch zum Teil, aber:

Ich erwartete eine ungewöhnliche Dating- und Liebesgeschichte und bekam letztlich sehr viel mehr. Der Fokus liegt eigentlich ebenso so sehr auf dem alten und doch auch leider sehr heutigem Themenkomplex "Me too/Feminismus/female empowerment" und geht damit doch über die übliche Romanze weit heraus. Der Schreibstil ist flüssig und unterhaltsam, die Beobachtungen oft beissend und den Nagel auf den Kopf treffend.
Manchmal wird mir dieser Stil für die schriftstellerische Langform etwas zu viel und ich komme mir vor wie bei Zeitschriftenkommentaren auf der letzten Seite im Magazin. Fans von Ildiko von Kürthy kommen hier voll auf ihre Kosten.
Insgesamt totzdem einereine runde Sache die ich sehr schnell und gerne gelesen habe und bei der ich mich gut amüsiert und informiert gefühlt habe. Ein Zeitgeist Roman der vermutlich keine lange Lebensdauer haben wird aber aktuell den Punkt trifft.