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SueWid

Bewertungen

Insgesamt 35 Bewertungen
Bewertung vom 09.03.2025
Erdbeeren und Zigarettenqualm
Docherty, Madeline

Erdbeeren und Zigarettenqualm


sehr gut

Titel: Eine Reise durch Schmerz und Freundschaft.

Kurzmeinung: Der Kampf um Identität, Sexualität verbunden mit den Herausforderungen einer chronischen Erkrankung – wie Endometriose.

Der viel gelobte Roman von Madeline Docherty „Erdbeeren und Zigarettenqualm“ wurde mit dem Preis der North Literary Agency der Universität Glasgow geehrt.

Mich persönlich hat der interessante und vielschichtige Titel angezogen.
Retrospektiv ist er eine spannende Metapher für Genuss und Vergänglichkeit. Immer wieder gab es berauschende, intensive Augenblicke im Buchgeschehen, die durch einen abrupten Absturz in Rauch sich auflösen.
In der Geschichte folgt man, der namenlosen Protagonistin, welche taumelnd durch das Erwachsenwerden geht, völlig im Unklaren, was ihre eigenen Gefühle, Bedürfnisse oder Wünsche angeht. Sie ist sich ihrer eigenen Sexualität genauso wenig klar wie der ihrer körperlichen Bedürfnisse, insbesondere im Zusammenhang mit einer chronischen Erkrankung. Dabei wirkt sie nicht immer sympathisch, bleibt aber in weiten Teilen authentisch. Hervorzuheben ist die besondere Frauenfreundschaft zwischen Ella und ihr. Es macht auch sehr deutlich, dass auch platonische Beziehungen Arbeit bedeuten.

Direkt auf den ersten Seiten spürt man die stimmungsvolle Atmosphäre.
Dies wird durch den introspektiven Schreibstil originell und sehr erfrischend hervorgehoben. Durch ihn kann man noch tiefer in die Geschichte eintauchen. So konnte ich ihren aufreibenden Schmerz und ihre Verzweiflung noch besser nachfühlen, auch wenn sie mir mit manchen Entscheidungen doch fremd blieb. Die Sprache ist sehr modern und trotzdem eloquent.

Ich fand, es war eine spannende Erzählung über eine Freundschaft, die stark von den inneren Konflikten der Protagonistin und der aufkeimenden Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt geprägt ist.
Sicherlich hätte es Potenzial gegeben, noch besser auf eine so schwerwiegende Erkrankung wie Endometriose einzugehen. Es wäre wichtig gewesen, nicht nur die Schmerzen und damit verbundenen Probleme zu thematisieren, sondern auch Wissen zu vermitteln.
Vielleicht erkennt sich im Geschriebenen die ein oder andere Leserin darin wieder.
Was allerdings, meiner Meinung nach, definitiv gefehlt hat, war eine Triggerwarnung am Anfang des Buches. Die Autorin beschreibt die Schmerzen, Blutungen und Komplikationen, die mit einer chronischen Erkrankung einhergehen, sehr intensiv, was definitiv auch eine triggernde Wirkung haben könnte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.02.2025
Alles, was ich weiß über die Liebe
Alderton, Dolly

Alles, was ich weiß über die Liebe


gut

Titel: Mit Vorsicht zu genießen, die prolligen Briten sind unterwegs!

Kurzmeinung: Ein bisschen Trash-TV in Buchform - man kann mag es nicht so hundertprozentig, ein weglegen der Lektüre ist auch keine Option.

Dolly Alderton ist eine erfolgreiche britische Autorin, Journalistin und Podcasterin.
Ihr Buch „Alles, was ich weiß über die Liebe“ ist besonders in Großbritannien ein grandioser Erfolg geworden und wurde als Fernsehserie verfilmt.
In Deutschland ist es bereits 2019 im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen. Heute im Jahr 2025 erhält es eine Neuauflage, welche mit einem rosa Farbschnitt, einem neuem Vorwort und einem neuem Abschlusskapitel aufwartet.

„Alles, was ich weiß über die Liebe“ ist ein autobiografischer Coming-of-Age-Roman, der von Dolly Aldertons frühester Jugend bis zu ihrem 30. Geburtstag erzählt. Darin ist Frau Alderton nicht zimperlich; sie beschreibt ihre ausschweifenden Jahre, die von Alkoholexzessen, Drogenkonsum und Promiskuität geprägt sind, bis sie in ihren späten Zwanzigern (scheinbar) zu sich selbst findet.
Nichts scheint ihr dabei unangenehm. Dabei kommt sie oft rotzig daher, nur um dann wieder so verletzlich und tief verwundbar dazustehen.
Dies ist mit Sicherheit, der bemerkenswerteste Aspekt dieses Buches.
Durch ihre authentische Ehrlichkeit, die ihre eigenen Unsicherheiten, Fehler und Missgeschicke beschreibt, bekommt dieses Buch etwas sehr authentisches.
Der Schreibstil ist dabei gut verständlich und bringt durch einen gewissen Humor immer eine Leichtigkeit mit ins Geschriebene.

Ich selbst bin sehr zwiegespalten nach dieser Lektüre.
Die offene und ehrliche Art der Selbstdarstellung fand ich bewundernswert, vor allem weil es am Ende keine Liebeserklärung an die verschiedenen Männern in ihrem Leben war, sondern an all die Frauen, allen voran ihre beste Freundin Farly, die ihr Leben bereichert und beeinflusst. Das hat mich sehr berührt.
Was mich jedoch mindestens genauso abgestoßen hat, sind die verantwortungslosen und gefährlichen Aktionen, in die sie sich immer wieder begibt. Sei es das Glorifizieren exzessiver alkoholbedingten Abstürze, das unbedarfte Wechseln von Intimpartnern oder das Leben über ihre finanziellen Mittel hinaus. Dolly Alderton scheint alles mitnehmen zu wollen, was ihr geboten wird. Das kann man gut finden oder nicht, das es allerdings immer so glimpflich abgelaufen ist, mag ich zu bezweifeln.

Am Ende liest sich „Alles, was ich weiß über die Liebe“ wie das Tagebuch einer wirklich überdrehten Freundin, bei der man gerne den Kopf schüttelt und liebevoll sagt: „Ach Dolly, echt jetzt?!“. Mit Sicherheit ist es kein Buch für jeden Lesenden, aber es erscheint mir trotzdem als nette Abwechslung auf dem deutschen Buchmarkt zu sein.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.02.2025
Wenn wir lächeln
Unterlehberg, Mascha

Wenn wir lächeln


gut

Titel: Die Komplexität von Schwesternschaft

Kurzmeinung: Eine bewegende Geschichte mit interessanten Figuren, die leider unter ihren Möglichkeiten bleiben.


Immer mehr Verlage bemühen sich um ein ausdrucksstarkes Cover, welches allein durch seine Intensität die geneigte Leserschaft anzuziehen vermag. So ist es auch bei dem Debütroman von Mascha Unterlehberg „Wenn wir lächeln“.

In „Wenn wir lächeln“ geht es um eine intensive, stellenweise schon toxisch-abhängige Freundschaft zwischen Jara und Anto. Die Autorin flechtet dabei gekonnt Themen wie patriarchale Gewalt, Klassenunterschiede, Sexismus und die eigene Identitätssuche ein. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen die beiden Jugendlichen Jara und Anto, die sich anfreunden und versuchen, gemeinsam ihre eigene Identität zu finden. Es handelt sich um eine Freundschaft, die über das Gewöhnliche hinausgeht . Manche Leserin wird sich vielleicht erinnert fühlen und wiedererkennen: Es gab in der Jugend diese eine Freundin, die man so sehr mochte, dass man sich eher als Schwestern fühlte. Nichts war tabu, alles wurde geteilt. Doch auch diese ersten Beziehungen im Leben durchlaufen einen Wandel, besonders wenn vieles ungesagt bleibt.

Für mich blieben Anto und Jara schwer greifbar. Vieles fühlte sich so nah an: das Aufwachsen mit Popmusik, Filmen und Serien aus den 2000er Jahren, Cherry Cola und Lipgloss, der erste Alkohol, das Verschweigen, wo man sich aufhält vor den Eltern und über all dem diese verschlungene Schwesternschaft. Doch dann verlor mich das Buch wieder. Vieles blieb für mich nicht nachvollziehbar. Stellenweise fühlte ich mich durch den Text gehetzt. Insbesondere durch die verschiedenen Zeitebenen. So musste ich mich immer wieder neu orientieren. Dabei blieben mir die eigentlich sehr interessanten Figuren Jara und Anto viel zu oberflächlich und in sich gefangen um eine emotionale Verbindung herzustellen.

Insgesamt hatte das Buch für mich einige starke Ideen, leider hat es jedoch unter seiner eigenen Komplexität zu leiden. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn die Autorin den Charakteren mehr Tiefe verliehen hätte, um die emotionale Resonanz der Geschichte zu verstärken.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.01.2025
21 Dinge über deine Finanzen, die du wissen solltest
Kowalski, Matthias

21 Dinge über deine Finanzen, die du wissen solltest


sehr gut

Titel: Weil Geld eben doch glücklich macht.
Kurzmeinung: Einstiegsratgeber um eine solide Basis zu schaffen.

„21 Dinge über deine Finanzen, die du wissen solltest“ ist ein Ratgeber von Stiftung Warentest.
Stiftung Warentest ist wohl seit ihrer Gründung 1964, die mit Abstand bekannteste Stiftung Deutschlands. Viele Verbraucher richten sich nach ihren Einschätzungen, denn sie gelten als objektiv und unabhängig.

Mit diesen Buch wird den Lesenden das schwierige und oft mit Hemmschwellen verbundene Thema der Finanzen vermittelt.
In einundzwanzig klar strukturierten Kapiteln geht es unter anderem um Themen wie das sinnvolle Anlegen von Ersparnissen in Tagesgeldkonten, Fonds und ETF's. Aber auch um Schuldenmanagement, Risikoprofile. Dazu werden wichtige Erinnerungen wie zum Beispiel die eigenen Schufa Auskunft einzuholen eingeflochten.

Besonders positiv ist dabei, der positive Grundtenor, dass egal wann man mit diesem komplexen Themengebiet startet, man immer noch gute Chancen hat sich ein gutes Geldpolster aufzubauen.

„[...] Das zeigen unsere Untersuchungen aller möglichen Einstiegszeitpunkte der vergangenen 30 Jahre. Wichtig ist, dass du überhaupt beginnst. Denn dann hast du den stärksten Verbündeten auf deiner Seite: die Zeit.“
Seite 28

Der Autor schafft es in leichter und verständlicher Sprache, den Lesenden die komplexen Finanzthemen zu eröffnen. Am Ende der jeweiligen Kapitel gibt es zudem eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Sachverhalte. Für meinen Geschmack gab es innerhalb der Kapitel allerdings zu viele Wiederholungen. Das kann aber auch zur Verstetigung beitragen – reine Geschmackssache.
Beachten sollte man außerdem, dass es einige Querverweise für eine weitere Recherchen gibt, welche aber immer zu kostenpflichtigen Angeboten von Stiftung Warentest selbst führen.

Insgesamt empfand ich dieses Buch als guten Einstiegsratgeber. Wer jedoch bereits mit der Materie tiefer vertraut ist, wird hier wenig neues dazulernen können.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.11.2024
Das kleine Café der zweiten Chancen
Ota, Shiori

Das kleine Café der zweiten Chancen


ausgezeichnet

Titel: Eine Tasse Kaffee, die das Leben verändern kann.

Kurzmeinung: Ein Roman über die Möglichkeit neue Perspektiven zu entdecken. Wer wünscht sich nicht eine zweite Chance?!

„Das kleine Café der zweiten Chancen“ kommt ganz im Zeichen großartiger japanischer Literatur, wie das „Das Mondscheincafé“ von Mai Mochizuki oder „Frau Komachi empfiehlt ein Buch“ von Michiko Aoyama. So reiht es sich wunderbar in diese Wohlfühl-Literatur ein.
Dabei weiß dieser Roman durch seine originelles Setting ganz eigenständig zu überzeugen.

Die Protagonistin ist Himari Misaki, sie ist zwölf Jahre alt und besucht die Mittelschule in Sapporo. Seit einen Unfall kann die talentierte Klavierspielerin leider nicht mehr spielen und bereut diesen zu tiefst. Durch einen Zufall kommt sie in das kleine und charmante Café Tacet Yuguredo. Die Besitzer dieses Café bieten nicht nur köstlichen Kaffee an, sondern auch einen Zufluchtsort mit der Chance auf eine Reise in die Vergangenheit.
Gemeinsam mit den Café-Besitzern fängt sie an Menschen eine zweite Chance zu ermöglichen, damit diese ihrem Leben eine neue Wendung geben können.

Mit das „Das kleine Café der zweiten Chancen“ veröffentlicht Shiori Ota ihren ersten Roman in Deutschland. Der Droemer Verlag wählt dabei ein wunderschönes Cover, welches mit seiner ruhigen Farbgebung und dem angedeuteten japanischen Flair zu überzeugen weiß.
Als kleiner Kritikpunkt muss, ich allerdings einfließen lassen, dass mich der Bucheinband eher an eine japanische Teezeremonie als an ein Kaffeehaus denken lässt.

Nach Beendigung dieser Lektüre, wird mir klar, dass es so vieles mehr zu bieten hatte als auf den ersten Blick erkennbar. Neben einem geschickten Fantasy-Einschlag, schafft es die Autorin gekonnt, einen Bezug auf die reale Welt zunehmen ohne das es dabei störend oder aufgesetzt wirkt.
Frau Ota nimmt sich Themenkomplexen wie zum Beispiel Vereinsamung, Mobbing, aber auch den allgegenwärtigen Leistungsdruck auf Kinder an. Sie thematisiert kaputte Familien, toxische Freundschaften und den Wunsch einen Moment im Leben eine neue Richtung zu geben. Die dabei ermöglichten „zweiten Chancen“ können mal kleine, aber auch mal große Auswirkungen haben. Dadurch gewinnt die Geschichte an philosophischen Aspekten und ermöglicht eine faszinierende Betrachtung des Themas.
Hervorheben möchte ich, dass auch kleinere Randfiguren eine interessante eigenständige Persönlichkeit und Geschichte erhalten haben, was dem Roman meines Erachtens nach viel mehr Substanz verleiht.
Einzig mit dem Verhalten der noch sehr jungen Protagonistin Himari, hatte ich anfangs meine Probleme. Das lies aber im Verlauf der Geschichte nach, da Frau Ota es schafft, dem Lesenden die jugendliche Gefühlslage glaubhaft zu vermitteln.

Mir hat der leichte Schreibstil und die gut ausgearbeiteten, verschiedenen Figuren sehr gefallen. Es ist zwar ein schlankes Buch, welches mich durch seine Vielschichtigkeit vollends überzeugen konnte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.10.2024
A Song to Drown Rivers
Liang, Ann

A Song to Drown Rivers


gut

Titel: Der äußere Schein kann trügen.

Kurzmeinung: Legende in neuem Gewand mit verschenkten Potential. Dieser Liebesgeschichte aus alten Zeiten fehlt es an Tiefgang.


Ann Laing gibt einer alten Legende mit „A Song to drown Rivers“ ein neues Gewand und erweckt die Geschichte rund um das junge Mädchen Xishi zum neuen Leben.
Aufgewachsen ist Xishi im ärmlichen, vom Krieg zerrütten Yue, einem Staat im damaligen China. Als eines Tages Fanil, der Minister von Yues König Goujian in ihr Dorf kommt, ändert sich ihr Leben schlagartig.
Es wurde ein Plan geschmiedet, dass sie durch ihre übernatürliche Schönheit den feindlichen König Fuchai ablenkt und schwächt, so dass Yue sich gegen das feindliche Königreich zur Wehr setzen kann.

Was als allererstes bei diesem Buch auffällt, ist die unglaublich stimmige Covergestaltung, welche es in der Erstauflage mit einem aktuell so begehrten farbigen Buchschnitt gibt. Das macht dieses Buch natürlich zu einem Blickfang in jedem Regal!
Durch die poetische Sprache, welche sehr gut das Setting der Geschichte aufnimmt, entstehen eindrückliche Bilder. Es ist ein leichtes in die Erzählung abzutauschen und ihr zu folgen.
Dabei scheut die Autorin nicht davor zurück immer wieder zu moralisieren, wenn es um Krieg und dessen Folgen für beide Seiten geht. Das lässt sie allerdings so geschickt einfließen, dass es den Lesefluss niemals stört.

Leider gab es einige Kritikpunkte für mich an diesem Buch.
Zunächst einmal fand ich, dass die meisten Figuren, allen voran die Protagonistin Xishi, leider sehr schablonenhafte Charaktere sind, ohne Tiefgang oder Entwicklungspotenzial neben ihren fest definierten Rollen.

Auch geht Frau Laing nicht genauer auf die Gebräuche oder den eigentlichen Palastalltag genauer ein. Viele Nebenfiguren werden nur einmalig erwähnt, bekommen aber selbst überhaupt keine Chance das Buch zu bereichern. So verschenkt sie sehr viel Potenzial die Geschichte weiter auszuschmücken und ihr einen verständlicheren Rahmen zu geben.

Am meisten hat mich allerdings folgender Aspekt gestört:
„A Song to drown Rivers“ wirbt damit, dass es eine feministische Neuinterpretation einer alten Legende ist. Meiner Meinung nach ist das allerdings nicht der Fall. Die Protagonistin ordnet sich deutlich in das vorherrschende patriarchale System unter. Die tragisch sehnsuchtsvolle Liebesgeschichte rund um Xishi spielt sich dabei immer wieder in den Vordergrund, lässt sie allerdings wenig eigenständig wirken. Eher wie die Jungfer in Nöten, die immer auf die Rettung durch ihren strahlenden Helden wartet. So bleibt sie bis zum Ende ein Spielball der Männer in ihrem Leben.

Für mich blieb „A Song to drown Rivers“ hinter den Erwartungen zurück. Wer hier Tiefgang oder gar eine überraschende Neuinterpretation sucht, ist hier falsch. Was nicht bedeutet, dass es ein schlechtes Buch ist. Es ist eine leichte Liebesgeschichte, eingebettet in einer Legende aus alten Zeiten. Mehr leider auch nicht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.10.2024
Der längste Schlaf
Raabe, Melanie

Der längste Schlaf


sehr gut

Titel: Alles schläft, einsam wacht.

Kurzmeinung: Ein Roman, der dich um den Schlaf bringen könnte.


Die Autorin Melanie Raabe ist schon seit fast zehn Jahren eine etablierte und sehr erfolgreiche Autorin aus Deutschland, die immer wieder durch ihre Romane zu begeistern weiß. Mit „Der längste Schlaf“ stellt sie einmal mehr ihr Können vor.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Schlafforscherin Mara Lux, welche ironischerweise selbst unter ständiger Schlaflosigkeit leidet. Aber auch wenn der ersehnte Schlaf zu ihr kommt, so hat sie große Angst vor ihm. Denn Träume von Mara können prophetischer Natur sein und scheinen ihre Wurzeln immer mehr in die Realität zu schlagen.
Als ihr eines Tages eine mysteriöse Erbschaft in Aussicht gestellt wird, ist sie zwar zunächst skeptisch, aber die Neugierde doch zu groß. Damit setzt sich etwas in Bewegung, mit dem Mara so wohl nicht gerechnet hätte.

Mir hat „der längste Schlaf“ insgesamt gut gefallen. Der Roman ist sehr rund, das fängt bei der grandiosen Covergestaltung mittels der eingearbeiteten Symbolik (Ibisse, schlafende Frau oder das rote Gras) an und endet mit einer in sich schlüssigen Storyline.
Frau Raabe hat zum Thema Schlaf intensiv recherchiert. Dadurch hat sie dieses Themengebiet so aufbereitet, dass es einem breitem Publikum zugänglich ist.
Der Schreibstil ist leicht, ohne dabei zu seicht zu sein, des weiteren erlaubt er ein flüssiges Lesen.
Mara als Hauptfigur, aber auch alle Nebenfiguren waren sympathisch und man konnte ihren Handlungen meistens gut folgen (nur warum hat diese Frau so gar keine Angst vor Käfern & Spinnen?!).

Als Kritikpunkt möchte ich anführen, dass die Autorin sich meiner Meinung nach etwas zu sehr in ihrer Mystik verliert.
Es war, als hätte Frau Raabe etwas viel Weichzeichner benutzt, was dieses Buch gar nicht gebraucht hätte. Ich mochte den fiktionalen Anteil sehr, aber es hätte einfach nicht so gewollt enden müssen.

Insgesamt hat mir das Buch rundum gefallen. Die Figuren waren passend ausgearbeitet und das Thema Schlaf wurde sehr gut recherchiert.
Wer etwas genreübergreifende Mystik in einem Roman nicht scheut, ist hier genau richtig.
Ich könnte mir diesen Roman auch sehr gut verfilmt vorstellen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.08.2024
Ava liebt noch
Zischke, Vera

Ava liebt noch


ausgezeichnet

Titel: Gesellschaftlicher Druck – ein Spagat zwischen der Rolle als Mutter & Frau.

Kurzmeinung: So viel mehr als nur ein Liebesroman, eine Geschichte über die Emanzipation der eigenen Wünsche.

Angezogen durch die wunderschöne Covergestaltung und den vielversprechenden Klappentext bin ich auf Vera Zischke‘s Debütroman „Ava liebt noch“ gestoßen und hatte große Erwartungen. Ich hoffte auf keine simple, romantische Komödie, sondern auf ein spannendes Drama mit vielen Höhen wie Tiefen.
Und ich wurde nicht enttäuscht!
„Ava liebt noch“ ist so viel mehr als ein großartiger Liebesroman über eine tabubehaftete Liebe einer Frau zu einem wesentlich jüngeren Mann. Dieser Roman zeigt, wie schwer es sein kann als Frau, aber vor allem als Mutter, gegen gesellschaftliche Normen anzuschwimmen. Viele Beziehungen sind in unserer heutigen Zeit immer noch von den Vorstellungen geprägt, dass eine gute Mutter und Ehefrau Zuhause bleibt, ihre Karriere und eigenen Bedürfnisse aufgibt. So wird sie ganz allmählich zu einem stillen und guten Geist ihrer Familie.

So ergeht es auch der titelgebenden Protagonistin Ava. Sie ist Mitte Vierzig, dreifache Mutter und Hausfrau. Die Ehe zu ihrem Mann Ralf ist über die Jahre immer mehr eingeschlafen. Ava fragt sich zunehmend, ob es das jetzt für immer gewesen ist. Sie will das Unmögliche, sie will Frau und Mutter gleichzeitig sein!
„Liebe, Erschöpfung, Hingabe, Zwang, Selbstaufgabe, Erfüllung, das ewig schlechte Gewissen – all das vermischt sich in Mütterherzen [...]“ S.295
Als sie den wesentlich jüngeren und sehr attraktiven Kieran kennenlernt, stürzt sie sich gegen alle Vernunft in eine leidenschaftliche Affäre, die sie alles kosten könnte, was sie sich aufgebaut hat und ihr doch so viel mehr geben kann, als sie je gewagt hatte zu hoffen.

Meiner Meinung nach ist die große Stärke dieses Buches, das es nie ins Kitschige abdriftet oder die Figuren zu eindimensional sind.
Nicht immer muss man mit jeder Entscheidung von Ava oder Kieran mitgehen, um ihnen nachfühlen zu können.
Vor allem Ava ist eine facettenreiche Figur, welcher man die innere Zerrissenheit glaubt. Sie hadert mit ihrer Rolle als Mutter und Hausfrau ohne sie dabei zu verteufeln oder zu bereuen. Kieran als wesentlich jüngerer Liebhaber wird nicht als simpler Toy Boy dargestellt, sondern bekommt auch genügend Raum um eine Persönlichkeit zu entwickeln. Ich konnte mit beiden mitfiebern, ihre Glücksmomente, sowie ihre Zweifel teilen.

Das Einzige was ich beim Lesen zunächst als störend empfunden habe, war der plötzliche Wechsel zwischen Ava und Kieran. Beide Protagonisten berichten in abwechselnden Kapiteln ihre Sicht aus der Ich-Erzähler-Perspektive, was mich beim Übergang abrupt aus dem Lesefluss gerissen hat.

Es ist ein großartiges Buch mit nahbaren und vor allem fehlbaren Figuren. Man muss nicht in Ava‘s Lage sein um zu verstehen, wie schwer es sein kann als Mutter perfekt performen zu müssen und sich dabei als Frau selbst zu verlieren.
Eine klare Leseempfehlung für alle, die mehr wollen als nur „Standard- Liebesromane“.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.08.2024
Kleine Monster
Lind, Jessica

Kleine Monster


ausgezeichnet

Titel: Die langen Schatten der Vergangenheit.
Kurzmeinung: Tiefgründiges Psychogramm über eine Mutter-Sohn-Beziehung.


Jessica Lind, bekannt für ihr Debüt Roman „Mama“, erschafft mit ihrem zweiten Roman „Kleine Monster“ erneut ein sehr diffiziles Psychogramm einer Familie.

„Kleine Monster“ startet direkt mit einem Konflikt. Die Eltern des kleinen Luca werden in die Schule gebeten – es gab einen Vorfall mit einer Mitschülerin. Was genau passiert ist, darüber schweigen sich alle Beteiligten aus. Die Eltern versuchen es auf unterschiedliche Weise aus Luca herauszubekommen, allerdings ohne Erfolg. Während der Vater Jakob sehr entspannt mit der Situation umgeht und nichts Böses in seinem Sohn sieht, wird Pia als Mutter immer unruhiger. „Jakob sieht nicht, was ich sehe. Weil er das Dunkle nicht kennt. Aber ich kenne es, und wenn Luca auch so ist, dann wegen mir. Wegen meiner Familie.“ S. 146

Die Geschichte wird aus Pias Blickwinkel erzählt, ebenso werden kurze Rückblenden eingefügt, in welchen die Kindheit von Pia und ihren Schwestern beschrieben wird. Unterschwellig wird dabei der ständige Druck von außen auf Pia als Mutter beschrieben. Dieser findet durch ihr eigenen Anspruchsdenken, die Eltern der anderen Kinder, aber auch durch die „Heile Welt“- Ansicht ihres Mannes statt. Zunehmend zerreibt sich Pia an der Sprachlosigkeit ihrer Vergangenheit und dem Wunsch im Hier und Jetzt für ihr Kind vorbehaltlos da zu sein.

Für mich konnte die Autorin sehr gut die Zerrissenheit einer Mutter in dem Wunsch, ihr Kind vollkommen zu lieben, zu beschützen, aber auch der Angst davor, dass etwas nicht stimmt vermitteln. Von Anfang an verfügt dieser Roman über einen äußerst atmosphärischen Kern.
Der Schrecken wird hier nicht platt dem Lesenden aufgedrängt, sondern er ist sehr subtil.
Für mich macht die Autorin etwas sehr Spannendes, sie beleuchtet nicht nur eine dysfunktionale Familie, ferner deren Sprachlosigkeit, sondern sie betrachtet das Verhalten eines Kindes zusätzlich zu dem Blickwinkel der Mutter darauf. Das finde ich unglaublich interessant. Dabei mussten die Figuren nicht durchgehend sympathisch sein, um mit ihnen mitfühlen zu können.

Für mich ist es eine klare Leseempfehlung, welches durch seine großartige Covergestaltung zusätzlich bei mir punkten konnte. In der Danksagung fasst es die Autorin sehr gut zusammen, sie schreibt, dass es die Seele des Romans einfängt. Und nach Beendigung des Buches stimme ich ihr da vollkommen zu.
Wer sich traut, sollte es unbedingt lesen und sich eine eigene Meinung bilden!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.07.2024
Co-Fucking
Weiss, Anna

Co-Fucking


sehr gut

Titel: Bekannte Beziehungsstrukturen neu gedacht.
Kurzmeinung: Ein offenes und ehrliches Plädoyer für eine andere Art der Liebe.


Angezogen durch das schreiend pinke Cover bin ich auf „Co-Fucking“ gestoßen. Darin beschreibt die Autorin Anna Weiss, wie sie nach 20 Jahren monogamer Ehe mit ihrem Mann Alex diese neu gestaltet.

Anna und Alex sind auf den ersten Blick ein glückliches Paar, nach Jahren ist die Ehe allerdings etwas eingefahren. Der Sex bleibt immer mehr aus und gerät, wenn er doch stattfindet, eher zur Monotonie als zum lustvollen Spiel. Hinzukommt das Alex bisexuell ist. Diese Seite an sich hat er jahrelang immer unterdrückt. Nun möchte er sie aber gerne erforschen. Sein Problem dabei, er möchte Anna nicht hintergehen. So fragt er sie, ob sie über eine offene Beziehung nachdenken würde. Zunächst geschockt und voller Widerwillen fragt sich die Autorin, was brauchen wir, um glücklich miteinander zu sein? Reicht unsere Liebe dafür aus oder zerstören wir alles, was wir haben? Zwängen wir uns eigentlich nur in ein Korsett aus moralischen und gesellschaftlichen Vorstellungen, die längst überholt sind? Braucht es wirklich nur Treue für die Liebe oder doch viel mehr eher Vertrauen, Kommunikation sowie Ehrlichkeit?
Und so wagen letztlich Anna und Alex diesen Schritt gemeinsam zu gehen.

Die Autorin berichtet dabei sehr offen und schonungslos über ihre Ehe, ebenso über ihr Sexualleben. Das Ganze macht sie äußerst humorvoll, ohne dabei ins Alberne abzugleiten. Zeigt das Auf und Ab, welches eine offene Ehe mit sich bringt. Redet über misslungene Treffen, über grandiosen Sex mit fremden Menschen, Eifersuchtsdramen zwischen ihr und ihrem Mann, aber auch über die Gefahr von Sexuell übertragbare Infektionen (STI).
Das Geschriebene wirkt dabei auf mich weder zu sachlich noch voyeuristisch. Es zeigt einfach die Perspektive und Erlebnisse eines Paares.
Man sollte, meiner Meinung nach, beim reflektieren dieser Lektüre trotzdem differenzieren, denn diese Erfahrungen lassen sich nicht eins zu eins auf andere Paare übertragen. Allerdings könnte es einen guten Ansatz für ein spannendes und ehrliches Gespräch mit dem eigenen Partner oder Partnerin bieten.

Ich denke es braucht vielleicht in der heutigen Zeit vielmehr mehr originelle Denkanstöße, wie wir Beziehungen führen können. Das heißt nicht, dass wir grundsätzlich alle zu einer anderen Form von Beziehung kommen müssen! Aber es könnte neue Bereiche eröffnen und eingefahrene Strukturen aufweichen. Denn wie schnell wird sich heute getrennt, als über andere Möglichkeiten nachzudenken, wenn die grundlegende Basis doch stimmt.

Für mich war es ein sehr gelungener Einblick in eine andere Beziehungsstruktur, die ich so noch nicht kannte. Ich mochte die leichte Art der Autorin über ein nicht ganz so einfaches Thema zu schreiben, welches selbst heute noch in unserer Gesellschaft so tabuisiert wird.
Damit macht sie einen spannenden Aufschlag.
Ich bin gespannt, was sich da in den nächsten Jahren in der Gesellschaft und deren Ansichten verändert.