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Insgesamt 1261 Bewertungen
Bewertung vom 03.09.2025
Neutralität und Kaiserschmarrn
Dalos, György

Neutralität und Kaiserschmarrn


ausgezeichnet

Geschichte des (denkt man ans ‚Pickerl‘ und Tunnel- und Brückengebühren…) diebischen Bergvolkes

Das Buch beleuchtet Österreichs Geschichte ab dem Jahr 1945 und verfolgt dabei den roten Faden der politischen Neutralität. Die das „Land der Berge, Land am Strome, Land der Äcker, Land der Dome“ nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erreichen konnte. Wohlgemerkt, erreichen konnte, obwohl nicht nur Österreich in vier Besatzungszonen der Alliierten aufgeteilt war. Vergleichbar mit Berlin war auch Wien in solche Zonen unterteilt…

Das Buch verbindet historische Ereignisse, politische Entwicklungen und kulturelle Eigenheiten zu einer verständlichen Darstellung. Ziel ist es, die Nachkriegszeit, den Wiederaufbau, den Kalten Krieg und den Wandel hin zur modernen Republik greifbar zu machen, ohne dabei in trockene Datenmassen abzudriften.
Der Schreibstil ist anfangs etwas ‚hölzern‘ zu lesen. Was sich im Laufe der Lektüre gibt. Stil ist sachlich, aber gut zugänglich. An manchen Stellen blitzt auch ein trockener Humor auf. Beispiel Seite 159 f., es geht um die aus Ungarn einströmenden Einkaufstouristen, nachdem die Grenze zwischen den beiden Ländern durchlässig wurde:

„Allerdings galten auch ziemlich strenge Einfuhrbeschränkungen. Jeder Reisende durfte nur Waren im Wert von 10 000 Forint (damals ca. 300 DM /2230 öS) nach Ungarn einführen. Diese Verordnung konnte man allerdings umgehen, indem die ganze Familie einschließlich Säugling und Oma mitreiste […]. Diesen Sonderfall hatte man vor Augen, wenn man etwa eine zahnlose Großmutter in inniger Umarmung mit einem Computer vor dem Trabant am Kunsthistorischen Museum in Wien erblickte.“

Die Kapitel sind klar gegliedert und bauen sinnvoll aufeinander auf, sodass auch Leserinnen und Leser ohne Vorkenntnisse der Historie folgen können. Wenn für das Verständnis unabdingbar notwendig und angebracht, geht der Autor auch mal in die Jahre vor 1945.
Hierzu als Beispiel die bis in die späten 1960er Jahre andauernden auch mit Attentaten geführten Auseinandersetzungen zwischen Österreich beziehungsweise den Süd-Tirolern und Italien geführten Auseinandersetzungen wegen der Zugehörigkeit dieser malerischen Region südlich vom Brenner.

„Bonaparte, der sich 1805 zum «König von Italien» hatte krönen lassen, hatte ein Auge auf Tirol geworfen, und 1809 trotzte er den Österreichern im Waffenstillstand von Znaim das Land ab, und zwar gemeinsam mit dem von ihm kreierten Königreich Bayern. Gegen die französisch-bayerische Doppelbesetzung richtete sich der Volksaufstand unter der Führung des Gastwirtes und Pferdehändlers Andreas Hofer. Die Tiroler Miliz gegen die Grande Armée – keine besonders aussichtsreiche Idee, und nach der Niederlage in der letzten Schlacht am Bergisel im November 1809 ergriff Hofer die Flucht. Eines seiner Verstecke wurde jedoch von seinem Mitstreiter Franz Raffl für 1500 Gulden Kopfgeld an die Franzosen verraten Diese verschleppten den Freischärler nach Mantua und machten mit ihm dort kurzen Prozess: Das Todesurteil wurde am 20. Februar 1810 durch Erschießen vollstreckt.“ (S. 94)
„Im Mai 1915 gab das Königreich Italien seine bis dahin behauptete Neutralität auf und erklärte auf Seiten der Entente der k. u. k. Monarchie den Krieg, im August 1916 dann auch dem Deutschen Reich. Diese Kehrtwendung, die vor allem Österreich-Ungarns militärische Lage schwächte, war die Konsequenz eines in London unterzeichneten Geheimabkommens, in dem auch das «Kopfgeld» für den Frontwechsel genannt wurde: «Beim kommenden Friedensschluss soll Italien erhalten: Das Gebiet des Trentino, ganz Südtirol bis zu seiner natürlichen geographischen Lage, als welche der Brenner anzusehen ist.» So kam es dann auch, und der Kuhhandel wurde sowohl durch den Frieden von Saint-Germain-en-Laye 1919 als auch das Gruber-e-Gasperi Abkommen von 1946 bekräftigt und von Österreich ratifiziert.“ (S. 95)

Bei seiner Argumentation und Perspektiven legt György Dalos den Fokus auf die Balance zwischen Neutralitätspolitik, europäischen Verbindungen und nationaler Identität. Verschiedene Perspektiven – Politik, Wirtschaft, Gesellschaft – werden berücksichtigt, wodurch ein umfassendes Bild entsteht.
Die Stärken des Buches sind die verständliche Sprache und die klare Struktur, die gelungene Verbindung von Politikgeschichte mit Kultur- und Alltagsgeschichte. Eine verständliche Einführung in die Nachkriegszeit, der jüngeren Vergangenheit einschließlich dem Aufstieg des extremen und extrem erfolgreichen FPÖ-Rechtsaußenpopulisten Jörg Haider, dem (leider nur) vorübergehenden Absturz der ‚Blauen, ausgelöst durch Straches Ibiza-Affaire bis hin zur Gegenwart

Geeignet sind die 206, mit Zeittafel 213 Seiten für Leserinnen und Leser, die sich einen Überblick über Österreichs offiziell verlautbarter Neutralität und seiner Identität wünschen

Bewertung vom 28.08.2025
Samsung Galaxy A - Serie, A06, A16, A25, A26, A36, A56 Smartphone
Immler, Christian

Samsung Galaxy A - Serie, A06, A16, A25, A26, A36, A56 Smartphone


ausgezeichnet

Ein sehr vernünftiges Buch zu einem sehr vernünftigen Smartphone...

Wer von einem anderen Smartphone auf eines der Samsung Galaxy A-Serie umsteigt oder gar als erstes Smartphone mit einem dieser technischen Wunderwerke zu tun bekommt, wird vermutlich erstmal überfordert sein. Derart viele Einstellungen, Funktionen und Apps! Die ‚Bedienungsanleitung‘ von Samsung ist da nicht gerade hilfreich. Googeln führt oft in Foren, die von Fachausdrücken überladen sind. Also auch nicht unbedingt der Kracher.

Christian Immler's "Samsung Galaxy A-Serie" für knapp 20,00 Euronen kann in solch einem Fall die Rettung sein. Da sich die Geräte je nach Modell aktuell (09/2025) im Preisbereich zwischen ca. 180,00 bis 420,00 € bewegen und dafür mehr als zufriedenstellende Möglichkeiten bieten, macht sich das Buch schnell bezahlt.

Mit einer einfachen, verständlichen Sprache erklärt der Autor alles Schritt für Schritt. Eher unbekannte Fachbegriffe setzt er erst dann ein, nachdem er diese erklärt hat. Er warnt ausdrücklich vor Kostenfallen, die viele Mobilfunkanbieter aufstellen. Damit meine ich die Tatsache, dass die Funkverbindung in der Nähe zur Schweizer Grenze ratz-fatz von einem Schweizer Provider ‚eingefangen‘ wird. Und da die Schweiz (noch) nicht zum Gebiet gehört, in dem die EU-Roaming-Verordnung gilt, läuft der Gebührenzähler des deutschen Providers rasend schnell…

Kleine Anmerkung aus eigener negativer Erfahrung: unser Nachbar im Westen, also Frankreich gehört bekanntlich zur EU. Also gelten dort die gleichen Verbindungspreise wie in Deutschland. Wer bei einer Reise an die Riviera meint, alles klar, die üblichen Kosten wie zu Hause, der irrt. Monaco gehört nicht zur EU, dort rattert der Gebührenzähler in einem sehr flotten Tempo…
Wäre schön gewesen, hätte Christian Immler derartige kostensparende Hinweise untergebracht.

Aber ansonsten merkt man, dass er weiß, wovon er spricht. Und dieses Wissen bereitet er für "Normalverbraucher" auf.
In der bei den Büchern von markt + technik gewohnten Aufmachung gibt es zu fast jeder Erklärung einen farbigen Screenshot. So lässt sich auf dem eigenen Galaxy sofort nachvollziehen, was gerade erklärt wird. Kein Ratespiel, ob jetzt auf "Einstellungen" oder doch auf "Display" getippt werden soll – man sieht es einfach.

Das Buch ist voller nützlicher Tipps, die das Leben leichter machen. Es geht nicht nur um "Wie mache ich ein Foto?", sondern auch um "Wie speichere ich meine Fotos sicher in der Cloud?" oder "Wie kann ich meinen Akku schonen?". Auch diese alltäglichen Fragen werden super beantwortet.

Die Sorge, ob das Buch zu einem konkreten Modell passt, ist hinfällig. Der Autor erklärt die Gemeinsamkeiten der gesamten A-Serie und geht auch auf Unterschiede zwischen den Modellen ein. So findet man immer die richtige Anleitung.

Für Einsteiger, Umsteiger und alle, die kein Technik-Profi sind ist das Buch geeignet. Wer sich mit seinem neuen Galaxy A-Smartphone unsicher fühlen und die Möglichkeiten, die diese Samsung-Serie bietet, ausnutzen möchte ohne stundenlang YouTube-Tutorials zu gucken oder komplizierte Foren zu durchforsten, dann ist dieses Buch genau das Richtige.

Also eine absolute Empfehlung für alle, die sich fälschlicherweise als Experte verstehen. Sondern ihr Samsung Galaxy A-Serie Smartphone endlich richtig verstehen und nutzen möchten.

Bewertung vom 17.08.2025
Das Mädchen und der Totengräber / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.2
Pötzsch, Oliver

Das Mädchen und der Totengräber / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.2


ausgezeichnet

Alles andere als ein gewöhnlicher Krimi...

Denn:

außergewöhnlich schön zu lesen...
außergewöhnlich wendungsreich...
außergewöhnlich gut, extrem gut recherchiert...
außergewöhnliche Handlungsstränge, die ineinander verflochten sind...
außergewöhnlich spannend...

Oliver Pötzsch gelingt es einmal mehr, das Leben, die positiven und negativen Aspekte der Großstadt Wien in den 1890er Jahren zu schildern, in seinen zweiten Roman der Totengräberreihe zu integrieren. Man erfährt faktisch nebenher nicht nur Vieles über diese Zeit. Sondern das, was der Autor schildert, entspricht weitestgehend den Fakten. Seien es die Lokale und Kaffeehäuser (bspw. Café und Conditorei Sluka, auf Seite 295 erwähnt), Marx Augustin, auf den das bekannte Lied "Ach Du lieber Augustin" zurück geht, Seite 284. Die toxische Strophantus-Pflanze, die ebenfalls toxischen Paternoster-Erbsen (S. 464), Skioptikon (S. 261), alles existiert bzw. existierte.

Eduard Ritter von Hofmann, wie er mit vollständigem Namen heißt, war ein bedeutender österreichischer Mediziner und gilt als Pionier der modernen forensischen Pathologie.
Das 1893 erstmals erschienene "Handbuch für Untersuchungsrichter, Polizeibeamte, Gendarmen, usw." ist ein Meilenstein in der Geschichte der Kriminalistik. Hans Gross, selbst jahrelang Untersuchungsrichter, schuf mit diesem Werk die Grundlage für eine systematische, wissenschaftliche Verbrechensaufklärung. Auf diese erstmals erwähnten kriminalistischen Untersuchungsmethoden bezieht sich Leopold von Herzfeld stellenweise, zum Beispiel mit der Daktyloskopie.

Einige Personen sind Oliver Pötzschs Phantasie entsprungen. Wobei ich der Meinung bin, selbst der Name des hauptamtlichen Totengräbers des Wiener Zentralfriedhofs Augustin Rothmayer hat einen realen Bezug: Joseph Rothmeyer, auch Joseph Rothmayer, geb. 1764, gest. 17.11.1809 war ab 1802 hauptamtlicher Totengräber am St. Marxer Friedhof und wurde wegen dem "Mozart Schädel" bekannt.

Zusammengefasst: eine excellente Unterhaltungslektüre, die nicht nur unterhält, sondern die auch viel Reales, bisher Unbekanntes vermittelt.
Einfach nur gut!!!

Bewertung vom 06.08.2025
Microsoft Copilot und Copilot Pro - Einstieg und Praxis
Gieseke, Wolfram

Microsoft Copilot und Copilot Pro - Einstieg und Praxis


ausgezeichnet

He did it again…

Wolfram Gieseke, der bekannte Autor zahlreicher Fachbücher im Bereich IT-Anwendungen, hat mit "Microsoft Copilot und Copilot Pro" ein Buch verfasst, das sich einer der aktuellsten und faszinierendsten Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz widmet: der Integration von KI in alltägliche Anwendungen und Arbeitsprozesse.
Das Buch ist bei Markt + Technik erschienen. Dieser Verlag ist für seine leicht verständlichen und gut illustrierten Werke bekannt. Und auch dieser Titel weicht nicht von der M+T-Linie ab: es richtet sich an ein breites Publikum, von neugierigen Einsteigern bis zu versierten Anwendern, die die Möglichkeiten von Copilot voll ausschöpfen möchten.

Die Struktur, der logische Aufbau des Buches macht den Einstieg in die Anwendung, den Nutzen von Copilot leicht. Der Autor beginnt mit den Grundlagen und führt den Leser Schritt für Schritt in die Welt der generativen KI ein. Von der Recherche über Texte generieren, Bilder erstellen lassen bis hin zum Finanzberater. Er erklärt, was Copilot ist, wie es funktioniert und welche Rolle die verschiedenen Modelle wie ChatGPT-4 dabei spielen. Dieser einführende Teil ist besonders wertvoll für Leser, die sich bisher wenig mit dem Thema befasst haben. Die Erklärungen sind klar und ohne unnötigen Fachjargon formuliert, was das Verständnis bedeutsam erleichtert.

Nach der Einführung taucht Gieseke tief in die praktischen Anwendungen von Copilot ein. Er widmet sich detailliert der Integration von Copilot in die Microsoft 365-Suite. Sukzessive zeigt er auf, wie Copilot in Word, Excel, PowerPoint und Outlook genutzt werden kann, um die tägliche Arbeit zu erleichtern. Die Beispiele sind praxisnah und leicht nachvollziehbar. So erfährt der Leser beispielsweise, wie man mit Copilot in Word Entwürfe erstellt, Texte umschreibt oder zusammenfasst, in Excel Daten analysiert oder Formeln generiert und in PowerPoint Präsentationen aus Texten erstellt.

Besonders gut hat mir die Berücksichtigung Copilot und Copilot Pro gefallen. Gieseke erläutert mit Hilfe zahlreicher Prompts (Fragestellungen an Copilot), wie bereits eine leichte Abänderung der Prompt-Formulierung zu sehr unterschiedlichen Antworten führt. Wolfram Gieseke gibt eine Unmenge Tipps für die Erstellung effektiver Prompts. Dieses Thema, das sogenannte "Prompt Engineering", ist ein zentraler Bestandteil des Buches und Gieseke widmet ihm viel Platz. Er erklärt, wie man Anweisungen so formuliert, dass man die bestmöglichen Ergebnisse von der KI erhält.

Ein weiterer Pluspunkt ist die Gestaltung des Buches. Viele Screenshots und Abbildungen illustrieren die beschriebenen Schritte und machen es dem Leser leicht, die Anweisungen direkt am eigenen Bildschirm nachzuvollziehen. Das Layout ist übersichtlich und die Texte sind in gut lesbare Abschnitte unterteilt, was die Lektüre nicht langweilig werden lässt.

Der Schreibstil von Wolfram Gieseke ist, wie von ihm gewohnt, sehr verständlich und direkt. Er schafft es, komplexe Sachverhalte einfach und anschaulich zu erklären. Seine Begeisterung für das Thema ist spürbar und wirkt motivierend. Man merkt, dass er nicht nur die Technik beschreibt, sondern auch das Potenzial der KI für die Steigerung der persönlichen Produktivität und Kreativität aufzeigen möchte.

Das Buch ist nicht nur ein reines Handbuch, sondern bietet auch Denkanstöße. Gieseke geht zumindest kurz auf die ethischen Aspekte und die Zukunft der KI ein, was dem Leser eine breitere Perspektive auf das Thema ermöglicht.

Fazit: "Microsoft Copilot und Copilot Pro" von Wolfram Gieseke ist ein gelungenes Werk, das als unverzichtbarer Wegweiser in der Welt von Microsofts KI-Assistenten dient. Es ist ein Buch, das sowohl Einsteiger als auch Fortgeschrittene gleichermaßen abholt und ihnen wertvolles Wissen vermittelt. Durch die klare Struktur, den an der Alltagspraxis orientierten Beispielen, den Illustrationen und dem leicht verständliche Schreibstil ist das Buch für jeden geeignet, der die Möglichkeiten von Microsoft Copilot nicht nur kennenlernen, sondern ausschöpfen möchte. Sei es im beruflichen, sei es im privaten Einsatz. Wer sich fragt, wie die KI die Arbeitswelt verändert und wie man selbst davon profitiert, findet in diesem Buch die Antworten.

Bewertung vom 05.08.2025
Der Totengräber und die Pratermorde / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.4
Pötzsch, Oliver

Der Totengräber und die Pratermorde / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.4


ausgezeichnet

Band 1 der bisher vier Krimis umfassenden Reihe von Oliver Pötzsch zufällig entdeckt...


... und seitdem freue ich mich darauf, jeden weiteren Fall von Leopold von Herzfeldt lesen zu können.

Wobei es sich empfiehlt, die vier Krimis in der Reihenfolge ihres Erscheinens zu lesen. Stellenweise wird doch ein kleiner Rückgriff auf eine Begebenheit aus einem vorhergehenden Fall genommen.

Die korrekte Reihenfolge lautet:

- Das Buch des Totengräbers (Band 1, erschienen 2021)
- Das Mädchen und der Totengräber (Band 2, erschienen 2022)
- Der Totengräber und der Mord in der Krypta (Band 3, erschienen 2023)
- Der Totengräber und die Pratermorde (Band 4, erscheint 2025)

Was Oliver Pötzschs Krimireihe so interessant macht, das sind nicht nur die außergewöhnlichen Kriminalfälle. Es ist ebenso der Schreibstil des Autoren. Der das Leben in Wien während der k.u.k-Monarchie vor dem Ersten Weltkrieg bestens und nachempfindbar beschreibt. Dazu kommt, dass der Autor herausragend gut recherchiert hat und neben den fiktiven Protagonisten und Antagonisten die damals aufkommende Technik (Gasleuchten und die ersten elektrischen Straßenleuchten in Wien, die ersten benzingetriebenen Autos in Konkurrenz mit den Fiakern, den von Pferden gezogenen 'Straßenbahnen', die ersten 'bewegten Fotos', also kurze Filme als neueste Sensation bei Schaustellern auf dem Pratergelände).
Wer weiß schon, dass auf dem Prater einer der weltweit ersten Vergnügungsparks entstanden war: ein verkleinerter Nachbau verschiedener Bezirke von Venedig. Inklusive Kanälen, aus Italien eingeführter Gondeln mit echt italienischen Gondolieri. Auch die ersten 'Forschungsarbeiten' des Totengräbers Augustin Rothmayer, den Todeszeitpunkt eines Menschen anhand der Larven- und Insektenentwicklung in der Leiche annähernd zu bestimmen, ist verifizierbar.

Also nicht nur reine Unterhaltungslektüre, sondern insgesamt auch informativ. Es lohnt sich, den einen oder anderen Namen, den einen oder anderen Begriff im Netz zu recherchieren. Nächste Frage: wer weiß schon, was ein Pompfüneberer ist? Ein Bestattungsunternehmer.
Diesen Ausdruck haben sich seinerzeit die Einwohner Wiens aus dem Französischen entliehen. Er leitet sich vom französischen Begriff „pompes funèbres“ ab, was so viel wie „Begräbnisprunk“ bedeutet. Dieser Ausdruck wurde im Laufe der Zeit in Wien verballhornt und fand als Pompfüneberer Eingang in den lokalen Sprachgebrauch.
Mich fasziniert es immer, wenn ein Autor neben seiner Phantasie auch überprüfbare Fakten zu Papier bringt - einfach super.

Da immer wieder mal der Wiener Schmäh, also die speziell in Wien gebräuchlichen Ausdrücke verwendet werden: im Glossar Seite 543f. ist die 'Übersetzung' einiger für Wien typischen Begriffe ins 'Piefke'-Deutsch zu finden.

Bewertung vom 31.07.2025
Nachtkommando / Dunkles Berlin Bd.2
Scarrow, Simon

Nachtkommando / Dunkles Berlin Bd.2


ausgezeichnet

Berlin, Januar 1940 – ein eisiger Winter, ein toter SS-Arzt, ein vermeintlicher Abschiedsbrief. Doch was wie ein Suizid aussieht, entpuppt sich bald als möglicher Mord. Kriminalinspektor Horst Schenke, ein Ermittler mit Gewissen in einem unmoralischen, mörderischen Regime, nimmt sich des Falls an – gegen den ausdrücklichen Willen seiner Vorgesetzten. Was folgt, ist ein atmosphärisch dichter, spannungsgeladener Thriller, der tief in die dunklen Schatten des NS-Staates eintaucht.

Simon Scarrow gelingt es, die beklemmende Stimmung des Dritten Reichs eindrucksvoll einzufangen. Die Handlung ist rasant, die Dialoge präzise, und die Figuren – allen voran Schenke – glaubwürdig und vielschichtig. Egal, ob es sich um Nazi-Trittbrettfahrer oder um den eiskalten Reinhard Heydrich handelt. Besonders hervorzuheben ist die moralische Zerrissenheit des Protagonisten, der versucht, in einem System voller Angst und Unterdrückung das Richtige zu tun.
Die historische Genauigkeit und die dichte Atmosphäre machen Nachtkommando zu mehr als nur einem Krimi – es ist ein Zeitporträt, das zeigt, wie gefährlich es war, in Nazi-Deutschland Fragen zu stellen. Die Auflösung ist erschreckend plausibel und bleibt lange im Gedächtnis.

Einziger negativer Kritikpunkt: die Schilderung, die Wortwahl, der Textstil des ‚ShowDowns‘ gegen Ende des Buches erinnert stark an die Jerry Cotton-Hefte der 1970er Jahre.

Das ist aber wirklich alles, was ein wenig an dem ansonsten absolut lesenswerten, auf Fakten beruhenden Thriller stört.

Mit „Nachtkommando“ (im Original „Blackout“) präsentiert der Bestsellerautor Simon Scarrow einen fesselnden historischen Thriller, der den Leser tief in die dunkelsten Ecken der Nazi-Diktatur entführt. Scarrow, bekannt für seine präzise Recherche und seine Fähigkeit, lebendige Charaktere zu erschaffen, liefert hier einen Roman, der nicht nur durch seine historische Authentizität, sondern auch durch seine Spannung besticht. Wer eine packende Geschichte sucht, die auf realen Ereignissen basiert und gleichzeitig mit psychologischem Tiefgang überzeugt, ist hier genau richtig.

Bewertung vom 20.06.2025
Office 2024 und Microsoft 365 - Das Praxishandbuch
Gieseke, Wolfram

Office 2024 und Microsoft 365 - Das Praxishandbuch


ausgezeichnet

Bereits Bekanntes/Bewährtes und jede Menge grandioses Neues

Wolfram Giesekes Buch „Office 2024“ ist mit den in sieben Kapitel unterteilten 662 Seiten ein umfassender und praxisnaher Ratgeber für alle, die sich mit der neuesten Version der Microsoft-Office-Suite vertraut machen möchten. Der Autor, bekannt für seine verständlichen und detaillierten Technikratgeber, liefert auch in diesem Werk eine gelungene Mischung aus Grundlagenwissen und weit fortgeschrittenen Anwendungsmöglichkeiten.

Das Buch deckt alle zentralen Office-Programme ab – Word, Excel, PowerPoint, Outlook und im letzten Kapitel kommt auch die weiterentwickelten Cloud-Lösung sowie die KI-Tools wie Microsoft Copilot. Besonders hervorzuheben ist die klare Gliederung des Buches: Nach einer Einführung in die Neuerungen von Office 2024 sowie den Hinweisen zur programmübergreifend einheitlichen Bedienung aller Office-Bestandteile folgen thematisch sortierte Kapitel. In der Reihenfolge Word, Excel, PowerPoint und Outlook. Also je eines, welches stets sowohl Einsteigern als auch erfahrenen Nutzern wertvolle Tipps bieten.

Gieseke geht nicht nur auf klassische Funktionen ein, sondern widmet sich auch den modernen Arbeitsweisen wie dem gemeinsamen Bearbeiten der Dateien über die Cloud, Automatisierung mit Power-Query in Excel oder der Nutzung von KI-Features zur Textoptimierung bei der Arbeit mit Word. Die Schritt-für-Schritt-Anleitungen sind anschaulich illustriert, was das Nachvollziehen erleichtert.

Die Stärken des Buches liegen in der Aktualität: Das Buch berücksichtigt die neuesten Funktionen von Office 2024, einschließlich der tiefgreifenden KI-Integration. Des Weiteren der Praxisbezug mit den vielen Beispielen und Anwendungen, die zeigen, wie sich die Programme effizient im Berufsalltag einsetzen lassen.

Wie von ihm bereits seit langer Zeit gewohnt schreibt der Autor präzise, aber nicht technisch überladen – dementsprechend sowohl für Laien als auch Profis geeignet.
„Office 2024“ ist bestens als Nachschlagewerk für alle geeignet, die die Möglichkeiten der Office-Suite ausschöpfen möchten. Es überzeugt durch die klare Sprache, die fundierte Aufbereitung der Informationen und den hohen Bezug zur Praxis

Das Buch ist für Einsteiger, die Office 2024 von Grund auf lernen möchten, ebenso wie für Umsteiger von älteren Versionen, die die Neuerungen verstehen wollen und auch Profis, die nach Optimierungsmöglichkeiten und den besser versteckten Features suchen, geeignet.

Bewertung vom 10.06.2025
Samsung Galaxy S25, S25 Plus und S25 Ultra mit Android 15:
Immler, Christian

Samsung Galaxy S25, S25 Plus und S25 Ultra mit Android 15:


sehr gut

Für Samsung-Smartphone-Kenner ist auch was dabei…

Christian Immler, bekannt für seine verständlichen und praxisnahen Ratgeber zu Technikthemen, legt mit „Samsung Galaxy S25“ einen umfassenden Begleiter für Nutzer des neuen Samsung-Flagschiffs vor. Das Buch richtet sich sowohl an Einsteiger als auch an fortgeschrittene Anwender und bietet einen guten Mix aus Grundlagenwissen, Tipps und Tricks sowie tiefergehenden Funktionen.

Das Buch ist klar strukturiert und in thematische Kapitel unterteilt, die den Leser Schritt für Schritt durch alle Funktionen des Galaxy S25 führen. Immler beginnt mit den Grundeinstellungen – vom ersten Einschalten über die Einrichtung von Konten bis hin zur Anpassung des Home-Screens. Dabei erklärt er nicht nur das „Wie“, sondern auch das „Warum“, was besonders für technisch weniger versierte Nutzer hilfreich ist.

Im weiteren Verlauf werden wichtige Funktionen wie die Kamera-Einstellungen, der Always-On-Display-Modus und die Energieoptimierung detailliert behandelt. Besonders ausführlich ist das Kapitel zur Fotografie, in dem der Autor auf die noch weiter verbesserten KI-Funktionen der S25-Reihe eingeht und praktische Tipps für bessere Fotos gibt.
Für Fortgeschrittene gibt es Abschnitte zu versteckten Einstellungen, zur Integration mit anderen Samsung-Geräten wie Smart-TVs oder Tablets. Auch Sicherheitsthemen wie Biometrie, Verschlüsselung, ‚verstecktem‘ Ordner etc. werden verständlich erklärt.

Wie in seinen anderen Büchern auch schreibt Christian Immler locker und vermeidet technischen Jargon, was das Buch auch für ‚Neulinge‘ sehr gut lesbar und verständlich macht. Komplexere Themen werden mit Beispielen und Screenshots veranschaulicht, sodass auch weniger erfahrene Nutzer folgen können. Die Schritt-für-Schritt-Anleitungen sind präzise und nachvollziehbar, und wichtige Hinweise sind in Kästen hervorgehoben.

Das Buch eignet sich besonders für Einsteiger der Samsung-Welt, die ihr Gerät von Grund auf verstehen möchten. Aber auch erfahrene Samsung-Nutzer, die vom Vorgängermodell auf ein Gerät der S25-Reihe umsteigen, finden wertvolle Informationen zu neuen Features wie dem durch Microsofts ‚Link zu Windows‘ ersetzten Dex-Modus, dem erweiterten Multitasking oder den neuesten Software-Updates.

Ein kleiner Kritikpunkt: Wer bereits Immler’s Bücher zu älteren Galaxy-Modellen kennt, wird einige Wiederholungen feststellen. Dennoch lohnt sich die Lektüre aufgrund der aktuellen Anpassungen und neuen Funktionen der S25-Klasse.

Bewertung vom 02.06.2025
Die ultimative FRITZ!Box-Bibel - Das Praxisbuch
Gieseke, Wolfram

Die ultimative FRITZ!Box-Bibel - Das Praxisbuch


ausgezeichnet

Fritz!Box Bibel 7te Auflage: das sagt alles…

In einer Zeit, in der das Internet und das Heimnetzwerk aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind, ist die FRITZ!Box das zentrale „Nervensystem“ in vielen deutschen Haushalten.Nicht nur Modem und Router, auch als Telefonanlage, Medienserver und Smart-Home-Zentrale dient sie. Doch um die Funktionsvielfalt einer Fritz!Box beziehungsweise des Betriebssystems FRITZ!OS auszunutzen, ist ein sehr gründlicher Blick auf die gebotenen, teils gut versteckten Möglichkeiten dieses Systems von Nöten. Genau hier setzt die "FRITZ!Box Bibel" an, die nun in ihrer 7. Auflage erschienen ist und den Anspruch erhebt, der ultimative Begleiter für Einsteiger und Fortgeschrittene zu sein.
Die "FRITZ!Box Bibel" hat sich über die Jahre hinweg einen festen Platz in den Bücherregalen von FRITZ!Box-Besitzern erobert. Mit jeder neuen Auflage wird das Werk aktualisiert und erweitert, um den stetigen Weiterentwicklungen von AVM und dem FRITZ!OS gerecht zu werden. Die 7. Auflage bildet hier keine Ausnahme und geht detailliert auf die neuesten Funktionen und Modelle ein, die mit FRITZ!OS 8.0 und darüber hinaus eingeführt wurden. Das Buch berücksichtigt die aktuellsten FRITZ!Box-Modelle, von der FRITZ!Box 7590 AX bis zur FRITZ!Box 6690 Cable, und bietet somit eine breite Abdeckung für verschiedenste Anschlussarten und Bedürfnisse.

Der Aufbau der "FRITZ!Box Bibel" ist logisch und durchdacht. Sie beginnt, wie es sich für ein umfassendes Handbuch gehört, mit den Grundlagen. Die Installation und Ersteinrichtung der FRITZ!Box werden Schritt für Schritt erklärt, sodass auch technisch weniger versierte Nutzer problemlos das Gerät in Betrieb nehmen können. Dabei werden nicht nur die Basiseinstellungen, sondern auch die verschiedenen Anschlussarten (DSL, Kabel, Glasfaser) ausführlich behandelt.

Internet und WLAN: Hier werden nicht nur die grundlegenden Einstellungen für den Internetzugang erläutert, sondern auch fortgeschrittene Themen wie WLAN-Optimierung, Gastzugang, Mesh-WLAN und VPN-Verbindungen. Besonders hervorzuheben ist die detaillierte Behandlung des Mesh-Systems von AVM, mit dessen Hilfe eine optimale WLAN-Abdeckung im gesamten Haus möglich ist.

Telefonie und Smart Home: Die FRITZ!Box ist mehr als nur ein Router, sie ist auch eine vollwertige Telefonanlage. Das Buch erklärt detailliert die Einrichtung von IP-Telefonie, die Anbindung von DECT-Telefonen und die Nutzung des integrierten Anrufbeantworters. Darüber hinaus wird die Integration von Smart-Home-Geräten, wie zum Beispiel Heizkörperreglern und schaltbaren Steckdosen, leicht nachvollziehbar erklärt.

Netzwerkfunktionen und Sicherheit: Dieser Abschnitt behandelt Themen wie NAS-Funktionen, Portfreigaben, DynDNS und Kindersicherung. Auch die Sicherheit der FRITZ!Box und des Heimnetzwerks wird ausführlich behandelt, inklusive Tipps zur Absicherung gegen externe Angriffe.

Praxis-Tipps und Problemlösungen: Ein großer Pluspunkt der "FRITZ!Box Bibel" sind die zahlreichen Praxis-Tipps und Anleitungen zur Problemlösung, die Wolfram Gieseke gibt. Von der Optimierung der DSL-Leitung bis zur Behebung von WLAN-Problemen – hier findet der Leser Antworten auf häufige Fragen und Lösungsansätze nicht nur für die typischen Fragen.

Die "FRITZ!Box Bibel" ist leicht lesbar. Auch komplexere technische Sachverhalte werden verständlich und ohne unnötigen Fachjargon erklärt. Zahlreiche Screenshots, Grafiken und Tabellen verdeutlichen, wovon der Autor spricht beziehungsweise schreibt. Damit wird das Nachvollziehen der Anleitungen erheblich erleichtert. Das Layout ist klar und übersichtlich, wichtige Informationen sind hervorgehoben und Querverweise ermöglichen ein schnelles Springen zwischen relevanten Abschnitten. Dies trägt maßgeblich dazu bei, dass das Buch nicht nur als Nachschlagewerk, sondern auch als Lernbuch funktioniert. Die "FRITZ!Box Bibel" ist das umfassende Werk, welches sowohl für Einsteiger als auch für fortgeschrittene Nutzer sinnvoll ist.

Trotz der vielen positiven Aspekte gibt es, wie bei jedem umfassenden Werk, auch kleinere Kritikpunkte. Aufgrund der ständig fortschreitenden Entwicklung des FRITZ!OS kann ein gedrucktes Buch naturgemäß nie zu 100 % aktuell sein. Kleinere Detailänderungen in der Benutzeroberfläche des FRITZ!OS können dazu führen, dass einzelne Screenshots nicht exakt mit der aktuellen Version übereinstimmen. Bei der hier aktiven 6690 ist die Beta-Version 8.10-121001 am Werke. Vor den Betas warnt der Autor zwar. Aber bei meinen bisher genutzten Fritz!Boxen hat noch keine Beta ein Problem verursacht. Diese im Vergleich zu den gedruckten leicht geänderten Bildschirmdarstellungen sollten kein Problem sein. Soweit das Buch gelesen und nicht nur über den Daumen laufen gelassen wird. Diese Unterschiede zwischen Druck und tatsächlicher Monitordarstellung ist jedoch kein Mangel des Buches, sondern eine systembedingte Herausforderung. Das grundlegende Verständnis und die Funktionsweise bleiben trotzdem stets erhalten.

Bewertung vom 01.06.2025
Zukunft der Erinnerung
Benz, Wolfgang

Zukunft der Erinnerung


ausgezeichnet

„Wer die Vergangenheit nicht kennt, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“

Dieses Zitat von George Santayana könnte über Wolfgang Benz’ Buch „Zukunft der Erinnerung stehen.

Doch Benz geht noch weiter: Einerseits beschreibt er, wie die damals noch junge Bundesrepublik Deutschland mit der jüngsten Vergangenheit, also den Jahren zwischen 1933 und 1945, der Nazi-Diktatur mit den unzähligen für den normalen Menschenverstand nicht nachvollziehbaren Gräueltaten umgegangen ist. Dem stellt er die von der Thematik her identische Frage hinsichtlich der DDR gegenüber. Die Existenz von Alt-Nazis wurde von der dortigen Staatsführung zwar kategorisch negiert, die ‚Segnungen‘ des Sozialismus/Kommunismus als der Weisheit letzter Schluss angepriesen. Das dem nicht so war und mit der offensichtlichen Existenz von Jung-Nazis nicht so ist, erschließt sich bei Betrachtung von Wahlergebnissen sofort.

Wolfgang Benz stellt nicht nur die Frage, wie wir uns erinnern, sondern auch, wie sich Erinnerungskultur in einer digitalen, globalisierten Welt verändert – und warum das gerade für junge Menschen wichtig ist. Das Foto auf dem Buchumschlag verdeutlicht die Wichtigkeit dieser Frage: eine junge Frau hüpft im Areal des „Denkmals für die ermordeten Juden Europas“ in Berlin, bestehend aus 2711 quaderförmigen Beton-Stelen von einer Stele zur nächsten – und unten steht offensichtlich eine junge Frau mit einem Smartphone, um ein Foto des Sprunges zu machen. Vermutlich zur Veröffentlichung auf einem der (a-)sozialen Medien, Facebook, Instagram, TikTok?

Wolfgang Benz, Historiker, unter anderem Mitherausgeber der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, untersucht in seinem Buch, wie sich unser Umgang mit Geschichte wandelt.

Früher wurden Erinnerungen durch Bücher, Denkmäler oder Familienerzählungen weitergegeben. Heute dominieren soziale Medien, Algorithmen und digitale Archive. Doch was bedeutet das für unsere kollektive Erinnerung? Verlieren wir den Bezug zur Vergangenheit, wenn alles nur noch ein Klick entfernt ist? Oder entstehen neue Chancen, Geschichte lebendig zu halten?

Benz spannt einen weiten Bogen: Von Holocaust-Überlebenden, die ihre Geschichten in virtuellen Archiven hinterlassen, bis hin zu TikTok-Videos, die historische Ereignisse in 60 Sekunden erklären (oder zumeist verfälschen). Er zeigt, wie Erinnerung politisch instrumentalisiert wird – etwa in Debatten um Denkmäler oder Schulcurricula – und warum es gefährlich ist, wenn Algorithmen bestimmen, welche Geschichte wir sehen.

Die meisten Jugendlichen kennen Geschichte nicht mehr aus dicken Schulbüchern, sondern aus YouTube-Dokus, Instagram-Stories oder Games wie „Assassin’s Creed“. Benz macht klar: Das ist nicht per se schlecht – aber wir müssen verstehen, wie diese Medien funktionieren. Wenn TikTok-Clips komplexe historische Ereignisse vereinfachen oder rechtsextreme Gruppen Geschichte im Netz verzerren, dann geht das uns alle an.

Besonders spannend ist das Kapitel über „digitale Denkmäler“: Sollten wir Holocaust-Gedenken in Virtual Reality erleben? Kann ein Instagram-Account, der Tagebücher von NS-Opfern postet, junge Menschen mehr berühren als ein Museum? Benz liefert keine einfachen Antworten, sondern regt zum Nachdenken an: Wie wollen wir in Zukunft erinnern?

Das Buch ist keine trockene Analyse, sondern liest sich wie eine packende Reportage. Benz erzählt von Begegnungen mit Zeitzeugen, von Besuchen in Archiven, die wie Science-Fiction anmuten, und von Gesprächen mit Jugendlichen, die Geschichte völlig anders wahrnehmen als ihre Eltern. Seine Sprache ist klar, stellenweise humorvoll. Er scheut sich nicht vor provokanten Fragen:

„Was passiert, wenn der letzte Holocaust-Überlebende gestorben ist – und wir nur noch ihre Avatare befragen können?“

„Zukunft der Erinnerung“ ist kein Buch, das man mal schnell nebenbei liest, auch wenn es gut und leicht zu lesen ist. Der Autor zeigt, dass Erinnerung kein staubiges Pflichtprogramm ist, sondern etwas, das uns alle betrifft. Wie wir mit Geschichte umgehen, entscheidet mit darüber, wie unsere Zukunft aussieht.

223 Seiten für alle, die skeptisch sind, wenn Instagram & Co. bestimmen, was „wichtig und richtig“ ist.

Ein kluges, wichtiges Buch, das zeigt: Erinnerung ist nicht vergangen, sondern angesichts des Erstarkens rechter Populisten zutiefst gegenwärtig.

Es ist absolut notwendig, sich zu erinnern!