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Benutzername: 
minjo
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Reutlingen

Bewertungen

Insgesamt 57 Bewertungen
Bewertung vom 12.07.2025
Nu Jork, Nu Jork!
Lüthen, Alexandra

Nu Jork, Nu Jork!


sehr gut

"Nu York, Nu York! - Warum es klug ist an Wunder zu glauben" ist ein absolut ungewöhnliches, aber nichtsdestotrotz zauberhaftes Buch, welches einen besonderen Platz in meinem Bücherregal bekommen wird.

Heldin der Geschichte ist Henni, ein cleveres Huhn mit großen Träumen von Freiheit und Fliegen und fernen Ländern. Auf ihrem Bauernhof ist es ihr längst zu eintönig, immer dasselbe Gegacker und dieselben Gestalten. Als der Fuchs ihr eines Abends von New York erzählt - einer Stadt, die niemals schläft und in der alle Wünsche in Erfüllung gehen - gibt es für Henni kein Halten mehr und sie macht sich auf die Reise. Eine vorbeiziehende Gans nimmt sie mit nach Hamburg, wo Henni als blinder Passagier auf einem Transatlantikschiff nach New York reist.
Auf ihrer Reise erlebt Henni erstaunliche Dinge, sie lernt das Meer und neue Menschen kennen, die ihr auch am Ziel den Weg zu ihren Träumen ebnen...

Henni ist einfach ein sehr spezielles Huhn, mit der man sich selbst als Mensch gut identifizieren kann. Sie ist anderes als andere und möchte sich nicht an den für sie vorgesehenen Lebensweg halten, sie sehnt sich nach Abenteuer und hat Träume, sie ist liebenswert, lebensklug und neugierig. Ihre Sicht auf die Dinge und generell auf das Leben regen zum Nachdenken an, ob man wirklich so viel zu einem glücklichen und erfüllten Leben braucht und ob es nicht eher die simplen Dinge sind, die das Leben lebenswert machen.

Die Dialoge und Sprache sind sehr einfach gehalten und somit gut für Jung und Alt verständlich. Die jüngere Generation wird sich vermutlich eher an der Geschichte und den passenden Illustrationen erfreuen, während man als erwachsener Leser auch die Botschaften zwischen den Zeilen erfasst und darüber nachsinnen kann.
Die unterschiedlichen Figuren sind liebenswert und interessant beschrieben, die zauberhaften Illustrationen von Peter Gaymann ergänzen die Geschichte auf geistreiche und witzige Art.

Fazit:
Dies ist ein ganz besonderes Buch, welches nicht nur durch seine Geschichte um Henni bezaubert, sondern auch mit seinen versteckten Botschaften besticht und mit außergewöhnlich treffenden und humoristischen Illustrationen beeindruckt. Ein Buch zum liebhaben, lesen, anschauen, zum behalten, zum verschenken, für Jung und Alt. Eben für alle.

Bewertung vom 12.07.2025
Himmelerdenblau
Hausmann, Romy

Himmelerdenblau


ausgezeichnet

"Erinnerungen sind wie Schmetterlinge -
sie fliegen fort, aber ihre Farben bleiben."

Im September 2003 verschwindet die damals 16-jährige Julie Novak spurlos. Einer Lösegeldforderung folgen keine weiteren Kontaktaufnahmen des potentiellen Entführers. Zwanzig Jahre später ist Julie immer noch verschwunden, ihre Mutter Vera inzwischen verstorben, ihr einst als erfolgreicher Herzchirurg weltweit angesehener Vater Theo lebt inzwischen in bescheidenen Verhältnissen und kämpft zunehmend gegen Demenz. Doch eins hat er nicht aufgegeben: die Hoffnung, zumindest das Schicksal seiner Tochter Julie zu klären, bevor das Vergessen auch seine letzten Erinnerungen an sie nimmt. Längst wird der Fall bei der Polizei unter den Cold Cases geführt, doch die Podcaster Liv und Philip, die unter dem Namen TwoCrime einen erfolgreichen Podcast über ungelöste Altfälle betreiben, nehmen sich anlässlich des Jahrestags diesen Fall vor und sind fasziniert. Liv möchte Theo interviewen und stößt tatsächlich im Laufe ihrer Recherchen auf Hinweise, die darauf hindeuten, dass Julie noch leben könnte...

Zum Buch:
"Himmelerdenblau" ist der vierte Thriller von Romy Hausmann, die bereits mit ihrem Debüt "Liebes Kind" einen weltweiten Erfolg verbuchen konnte. Nicht ohne Grund, denn ihre Geschichten gehen jedes Mal unter die Haut, weil sie Figuren schafft, die einem nahe gehen und lange beschäftigen. Ihre Thriller bauen nicht auf blutrünstige Effekte, sondern auf Themen, die jeden von uns (be)treffen können und deshalb psychologisch besonders fesselnd sind. Nun also das Thema Demenz - keine leichte Kost und ehrlich gesagt, möchte man sich eigentlich gar nicht vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn das Leben und die Lieben zunehmend in Vergessenheit geraten und man absolut nichts dagegen tun kann. Romy Hausmann hat ihre Figur Theo Novak für mein Empfinden absolut authentisch dargestellt, denn man fühlt mit ihm, wie die alltäglichen Dinge und Erinnerungen durcheinandergeraten und wie ihn diese Hilflosigkeit wütend macht. Manchmal hat es auch etwas tragisch-komisches, wenn dabei unpassende Worte aus ihm purzeln, die einen trotz allem schmunzeln lassen. Theo denkt und berichtet aus der Ich-Perspektive, wodurch man als Leser noch näher an ihm dran ist.
Die Geschichte wird alternierend aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt: Außer Theo sind da natürlich noch die Podcasterin Liv, Julie's Ex-Freund Daniel und natürlich "Lara", die irgendwo von irgendwem seit Jahren festgehalten und mit Tabletten ruhiggehalten wird. Die ganze Geschichte braucht etwas Zeit, um Fahrt aufzunehmen, die Spanung entsteht erst nach und nach. Doch der flüssige und bildstarke Schreibstil der Autorin macht das mehr als wett, denn sie schafft von Anfang an eine düstere Atmosphäre, in der man die Bedrohung und Gefahr spüren kann.

Persönliche Meinung:
Mich hat vor allem die Darstellung von Theo sehr berührt:
- wie ihm einfachste, alltägliche Verrichtungen immer mehr entgleiten und seine Tochter Sophie ihm durch ihre Post-it's in der Wohnung kleine Hilfestellungen gibt
- wie Vergangenheit und Heute immer mehr miteinander verschwimmen und er sich immer wieder orientieren muss
- seine ständige Suche nach Worten und Namen
- seine Hilflosigkeit und die daraus resultierende Wut, auf andere angewiesen zu sein und sich ständig bevormundet zu fühlen
- die Angst, auch seine geliebte Frau und Töchter zu vergessen
All das hat die Autorin sehr einfühlsam und überzeugend vermittelt, was der ganzen Geschichte noch viel mehr Tiefe verleiht. Auch die anderen Figuren sind glaubhaft und authentisch ausgearbeitet, so dass man gut nachvollziehen kann, was die damaligen Ereignisse rund um das Verschwinden von Julie mit der ganzen Familie gemacht hat. Was mich ebenfalls beschäftigte, war die zu Recht kritische Beschreibung von Journalisten und Podcastern, die nur auf Bekanntheit und Steigerung der Leser- bzw. Hörerzahlen aus sind und denen es egal ist, was das für die Opfer und deren Angehörige bedeutet.

Cover:
Das Cover schließt sich von der Optik mit seinem Negativbild einer vierköpfigen Familie - wie es die Novaks einst waren - an die bisher veröffentlichten Thriller an.
Durch das verwaschene Bild sind keine Gesichter mehr zu erkennen, was natürlich gut zum Thema Demenz passt, ob das nun beabsichtigt ist oder nicht.

Fazit:
'Himmelerdenblau' ein sehr intensiver Thriller, der vor allem durch die psychologischen Aspekte besticht. Es ist allein schon durch das Thema Demenz keine leichte Kost, auch was das Verschwinden eines Kindes mit einer Familie macht, ist teilweise bedrückend. Nichtsdestotrotz ein absolut fesselnder Thriller, der unter die Haut geht - und dort noch lange bleibt!

Bewertung vom 23.06.2025
Reset
Grandl, Peter

Reset


ausgezeichnet

Filmreifer Pageturner mit aktueller Relevanz

Selten habe ich mir so schwer getan, eine Rezension zu schreiben, die diesem Buch auch nur annähernd gerecht wird!

Ich lese normalerweise keine Bücher mit Endzeitszenarien, aber diese Geschichte fühlte sich gerade zu Beginn so erschreckend real an, da wir alle inzwischen ständig dabei sein, Nachrichten auf ihre Echtheit zu hinterfragen und nicht auf Fakes oder gar fiese Deep Fakes hereinzufallen. Was ein Computervirus und KI weltweit anrichten könnte, führt uns dieses Buch anschaulich vor Augen.

Peter Grandl hat hier einen Thriller geschaffen, der unheimlich gut recherchiert ist und dem Leser geballtes Wissen aus verschiedensten Bereichen vermittelt. Auch das Ermittlerteam kommt aus unterschiedlichen Bereichen und alle bringen ihre ganz eigenen Geschichten mit. Vier Figuren sind dabei von zentraler Bedeutung: Seiko Ito ist eine Cybercrime-Expertin des japanischen Geheimdienstes. Camille Milloz ist die leitende Kriminalhauptkommissarin der deutschen Bundesanwaltschaft, Valentine O'Brien ist ein britischer Counter Terrorism Inspector von Scotland Yard. Jill Jones, eine der tragenden Säulen der New York Times, die dafür sorgt, dass die alten analogen Druckmaschinen reaktiviert werden, um mithilfe von Amateurfunkern aus ganzer Welt wieder wahrheitsgetreue Nachrichten unter die Menschen zu bringen. Und es gibt noch zahlreiche Nebenfiguren, die nicht minder interessant sind und wesentlich zur Geschichte beitragen. Der Autor haucht seinen Figuren so gekonnt Leben ein, dass ich sie sehr schnell ins Herz schloss und mit ihnen mitfieberte. Die persönlichen Geschichten und Gefühle der einzelnen Figuren kamen hier ebenfalls nicht zu kurz und führen abseits des Plots zu einem befriedigenden Ende. Grandls bildstarker Schreibstil trägt dazu bei, dass das Kopfkino läuft und läuft und läuft. Ich konnte dieses Buch kaum aus der Hand legen, die Spannung hatte mich von Anfang bis Ende gepackt und auch wenn ich das Ende eher unwahrscheinlich empfand, fand ich es doch sehr schade, Seiko, Akira, Camille, Valentine, Jill, Coffee und auch den Kampfpiloten Wolf wieder loszulassen, zu sehr hatte mich jede(r) von ihnen mit ihren ganz eigenen Erlebnissen ergriffen.

RESET ist nicht nur ein mega Thriller, sondern beinhaltet sogar Parallelen zu Faust. Ein Buch voller Tiefgang, welches sehr deutlich macht, wie weit wir Menschen von der digitalen Technik abhängig sind und wo es hinführen könnte, wenn diese Kommunikationsnetze zusammenbrechen und wir nichts und niemandem mehr glauben können.

Da Peter Grandl auch als Regisseur und Drehbuchautor arbeitet, hoffe ich sehr, dass er sich schon an die Arbeit gemacht hat, das Drehbuch zu schreiben und RESET zur Verfilmung vorzubereiten. Diese Geschichte gehört ins Kino!

Mein Fazit:
Dieser Thriller enthält erschreckend realistische Szenarien, die aktueller nicht sein könnten. Es ist temporeich und grandios geschrieben, anspruchsvoll und nicht mit Gesellschaftskritik geizend. Als Leser wird man mitgenommen auf eine spannende Reise, die Realität und Fiktion verschwimmen lässt.
Absolute Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.06.2025
Die Nacht / Art Mayer-Serie Bd.3
Raabe, Marc

Die Nacht / Art Mayer-Serie Bd.3


gut

Dana Karasch, Art Mayer's Nachbarin, ist seit fast 1 1/2 Jahren verschwunden. Deren Tochter Milla ist inzwischen 8 Jahre alt und Art kümmert sich viel um sie, denn ihre Großmutter, bei der sie nun lebt, leidet zunehmend unter Demenz. Es besteht die Gefahr, dass Milla ins Heim muss, sollte die Schule und Jugendamt auf diese Situation aufmerksam werden. Da sich in Dana's Vermisstenfall inzwischen nichts mehr bewegt, ermittelt er auf eigene Faust weiter und bittet sogar den Bundeskanzler um Hilfe. Kurz darauf überschlagen sich die Ereignisse, als Art und Nora in einem längst verlassenen Trailerpark im Wald die Leiche eines hohen Richters finden und weitere Leichen auf dem Gelände gefunden werden...

Der neue Thriller "Die Nacht" von Marc Raabe ist der 3. Teil der Art Mayer-Serie.
Dieser ist Ermittler beim BKA und wird von Nele Tschaikowski tatkräftig unterstützt. Marc Raabe hat einen bildhaften, detailverliebten und atmosphärischen Schreibstil. Die Geschichte ist gut aufgebaut und von Anfang an tempo- und wendungsreich, der Spannungsbogen zieht sich bis zum Ende hin strammer, so dass man das Buch kaum noch aus der Hand legen mag. Durch die Rückblicke in Dana's Vergangenheit bekommt man eine Ahnung davon, was damals geschah und welche Auswirkungen dies auf das Leben der Beteiligten hatte. Die Auflösung empfand ich nicht ganz schlüssig und hat auch nicht alle meine Fragen beantwortet.

Die Hauptperson Art Mayer wird als legendärer, aber gebrochener Ermittler dargestellt. Ein tougher, grantliger, unfreundlicher, oft ziemlich arroganter Typ, der sich nicht mal von vertrauten Personen wie Nele in die Karten schauen lässt und sich schon gar nicht an Regeln hält. Auch wenn er durchaus ein Herz hat, wie seine Zuneigung zur kleinen Milla beweist. Mich hat es aber zunehmend gestört, dass Art und auch Nele ständig ihr eigenes Ding durchgezogen haben und sich auch immer wieder wider besseren Wissens in gefährliche Situationen ohne Backup (bzw. wenigstens vollem Akku) begeben haben. Mich persönlich nervt es zunehmend, dass immer mehr Krmi- und Thrillerautoren ihre Ermittler so ähnlich darstellen wie Art Mayer und Nele Tschaikowsky: unangepasste "Helden", die ihr eigenes Ding durchziehen und auf Regeln pfeifen. Sie sind die einzig Cleveren und ihre Kollegen, die sich an Recht und Ordnung halten, sind das gemeine Fußvolk, die sie für Informationen und letztendlich zum Aufräumen anfunken. Ist das wirklich das Bild, dass als Vorbild vermittelt werden soll?

Was mir auch bei diesem Buch wieder aufgefallen ist, sind die vielen Rechtschreib- und Tippfehler, einmal sogar in der Titelüberschrift, z.B. S.355 "Dana - Am Tag ihres Verwindens". Können sich auch namhafte Verlage keine Korrekturleser mehr leisten? Sollten einem Lektoren wenigstens die groben Schnitzer nicht auffallen?

Insgesamt aber ein solider und spannender Thriller.

Bewertung vom 22.05.2025
Aschesommer / Gruppe 4 ermittelt Bd.2
Cors, Benjamin

Aschesommer / Gruppe 4 ermittelt Bd.2


sehr gut

(Über)Leben und Sterben ... ein ewiger Kreislauf und eine überzeugende Buchidee

Auch der zweite große Fall der noch recht neuen Ermittlungsgruppe 4 hat es in sich: Durch eine Zeitungsannonce stoßen Mila und Jakob auf die Spur des vermissten Daniel Wissmer und finden kurz darauf in einer künstlich erstellten Eiskammer seine tiefgefrorene Leiche, gemeinsam mit dem in Asche geschriebenen Hinweis "Das Sterben hat begonnen". Innerhalb weniger Tage jagt ein Mord den nächsten, alle stehen unter jeweils einem Motto der fünf Massensterben der Erdgeschichte und alle Spuren führen zu dem seit Jahren in einer geschlossenen Anstalt sitzenden Mörder Jan-Christian Bode. Die Zeit tickt unerbittlich und die Ermittler gehen bis ans Limit, um das sechste Sterben zu verhindern: Mensch gegen Mensch.

Zum Buch:
"Aschesommer" von Benjamin Cors ist der zweite Thriller um die Ermittler Jakob Krogh und Mila Weiss. Der erste erschien 2024 unter dem Titel "Krähentage" und wurde schnell - und völlig berechtigt - zum Bestseller.
Der Spannungsbogen wird bereits gleich zu Beginn strammgezogen und baut sich von Kapitel zu Kapitel immer mehr auf. Die Kapitel sind von angenehmer Länge, mal kurz, mal länger, aber meistens mit einem Cliffhanger am Ende, der es dem Leser sehr schwer macht, das Buch aus der Hand zu legen. Der Schreibstil und die Dialoge sind lebendig und bildstark, die Geschichte an sich nachvollziehbar und glaubhaft, wenn auch natürlich ziemlich abgefahren, was das vermeintliche Motiv um die Massensterben der Erdgeschichte anbelangt. Aber gut, man(n) muss sich auf dem weiten Feld der Thrillerwelt ja auch etwas einfallen lassen, was es im besten Falle noch nicht gab. Die Erzählperspektive alterniert zwischen dem manipulativen Psycho Jan-Christian Bode und den Ermittlern, was die Spannung steigert und das Tempo hoch hält. Die Charaktere sind angenehm kantig und interessant - manchmal vielleicht etwas übertrieben kantig wie z.B. dem gehässigen Profiler Bender und der doch etwas anstrengenden Lucy Chang. Doch man lernt im Laufe der Story auch die softeren Seiten besser kennen und verstehen, was einem die Protagonisten immer mehr ans Herz wachsen lässt. Auch der Rest des Teams ist interessant und es zeigt sich wieder einmal auf's Neue: Der Spaßfaktor an einer gute Serie steht und fällt mit den Ermittlern und ihrem Team.

Auch der zweite Fall dieser neuen Serie hat mich von Beginn bis Ende gefesselt.
Das Verständnis für die Dämonen, die Jakob und Mila umtreiben, ist tiefer geworden und man kann sich besser in sie hineinversetzen. Jakobs Schicksal um den Verlust seiner Frau und seines Sohnes wurde bereits am Ende des ersten Bandes aufgelöst und nun erfuhr man auch den Grund für Mila's Albträume. Gleichzeitig ist am Ende von "Aschesommer" auch schon klar, dass es eine Fortsetzung geben wird, was mich persönlich natürlich freut.

Was mich (wieder) gestört hat:
Auch in diesem zweiten Thriller geht nicht namentlich hervor, in welcher Stadt dieser verortet ist. Auch die Umgebung wird nicht näher benannt. Zwischen den Zeilen glaube ich herausgelesen zu haben, dass es oben im Norden sein müsste, nicht allzu weit weg von der Nord- oder Ostseeküste.
Ich verstehe den Sinn nicht, warum ein Autor keine Stadt und auch keine Städte in der Umgebung oder zumindest die Region benennt. Nun kann man natürlich diskutieren, ob das überhaupt wichtig ist. Ich für meinen Teil mache mir gerne ein Bild von der Stadt und Umgebung, in der sich eine Geschichte abspielt, da ich mir dann alles noch bildhafter vorstellen kann. Habe ich das nicht, fehlt mir ein für mich wichtiges Puzzlestück zum Gesamtbild.
Weiterhin fielen mir auch in diesem Buch wieder zahlreiche kleine Fehler auf.
Schade, dass Autoren und Verlage vor dem Druck nicht sorgfältiger korrigieren.

Fazit:
Ein Thriller, wie er sein soll: frisch, unterhaltsam und spannend bis zum Schluss mit interessanten Ermittlern und einem ziemlich abgründigen, sehr manipulativen Bösewicht.

Bewertung vom 21.04.2025
Vorsehung
Moriarty, Liane

Vorsehung


ausgezeichnet

Der Verstand sagt "Unsinn!"
Das Unterbewusstsein flüstert "Und wenn es vielleicht doch stimmt?"
(Seite 92)

Eine bizarre und unheimliche Vorstellung, wenn man ungefragt gesagt bekommt, in welchem Alter und wie man sterben wird! Es ist noch einmal etwas völlig anderes, wenn man es wissen will und eine Wahrsagerin deshalb aufsucht. Doch wenn man es eben nicht wissen will oder wie die Buchfiguren nicht damit rechnet - wie lebt man nach so einer unerwünschten Auskunft dann weiter? Denn eins ist klar: das Leben wird danach nicht mehr dasselbe sein, so sehr man vielleicht auch versuchen wird, das Gehörte zu verdrängen oder gar zu vergessen. Es zu vergessen, wird den meisten sicher unmöglich sein, also stellt sich die Frage: was macht man nun damit? Lebt man sein Leben dann bewusster, versucht man verkrampft, das vermeintliche Schicksal abzuwenden und in die Gegenrichtung zu steuern?

Auf dem Flug von Hobart nach Syney geht eine ältere Dame - die später von den Medien als die "Todesdame" bezeichnet wird - durch den Mittelgang, zeigt auf jeden Passagier und nennt diesen dann ungefragt Todesart- und Alter. Manche verschlafen ihre persönliche Prophezeiung glücklicherweise oder nehmen es mit Humor, wenn sie erfahren, dass sie ein hohes Alter erreichen werden.

Doch diejenigen, die prophezeit bekommen, dass sie angeblich bereits in absehbarer Zeit sterben sollen, bleiben davon nicht unberührt. Als Leser begleitet man diese Menschen und sieht, was so eine Prophezeiung bei ihnen und ihren Angehörigen auslösen kann.

Da ist Leo (42), Bauingenieur. Ethan (29), verliebt in seine Mitbewohnerin. Sue (63), der in drei Jahre ein Krebstod vorausgesagt wird. Eve, die gerade erst geheiratet hat. Paula, deren Baby Timmy im Alter von 7 ertrinken soll. Die Stewardess Allegra, die an diesem Flugtag 28 wird und angeblich das 29. Lebensjahr nicht erreichen wird...

Jeder von ihnen geht anders damit um, aber keinen lässt es unberührt. Und auch nicht die, die ihnen am nächsten stehen und diese Prophezeiungen ebenfalls nicht vergessen können ... vor allem, als die ersten Todesfälle publik werden und die innere Unruhe steigt.

Auch die sogenannte Todesdame, mit bürgerlichem Namen Cherry Hetherington, lernt man zwischendurch näher kennen, auch wenn man bis zum Schluss rätselt, warum sie diese Prophezeiungen ausgesprochen hat. Die Kapitel alternieren zwischen Cherry und den o.a. Passagieren, mal sind die Kapitel kurz, mal länger, aber jedes nimmt einen mit und berührt. Die Autorin Liane Moriarty schreibt prägnant, bildstark und so direkt und unverblümt, dass man nicht anders kann, als mitzufiebern. Durch die persönliche Ansprache durch Cherry fühlt man sich als Leser direkt angesprochen und schwankt zwischen Verständnis für sie auf der einen und Mitgefühl für die Betroffenen auf der anderen Seite hin und her.

Spätestens nach dem Ende dieser Geschichte fragt man sich selbst: wie würde mein eigenes Leben nach so einer Prophezeiung weitergehen, wie würde ich reagieren, was würde ich daraus machen, wie würde meine Familie damit umgehen?

Dieses Buch ist wie ein Sog, ich konnte es nicht mehr aus der Hand legen und habe jedes Kapitel genossen. Es ist wirklich toll geschrieben und nimmt einen auf eine Reise mit, von der man mit etwas mehr Nachdenklichkeit zurückkommt.

Für mich eines der Buch-Highlights 2025. Unbedingt lesen!

Bewertung vom 13.04.2025
Der Tote in der Crown Row / Sir Gabriel Ward ermittelt Bd.1
Smith, Sally

Der Tote in der Crown Row / Sir Gabriel Ward ermittelt Bd.1


sehr gut

Schön, wieder einmal einen historischen Krimi zu lesen, der im London der Jahrhundertwende spielt, wo durch die Straßen noch Pferdedroschken rumpelten. Mitten in der Innenstadt, zwischen Fleet Street und der Themse befindet sich der Temple Bezirk, eine kleine, abgeschirmte Welt des Rechts, in der Barrister, Kronanwälte und Richter ihrer Arbeit nachgehen. Im Buch befindet sich eine anschauliche Skizze, wie Inner- und Middle Temple zu jener Zeit angeordnet waren. Heute sieht dieser Bezirk etwas aus, da große Teile im zweiten Weltkrieg zerstört wurden und danach anders wiederaufgebaut wurden.

Die Autorin Sally Smith weiß, wovon sie schreibt, denn sie ist selbst Kronanwältin und hat ihr gesamtes Berufsleben im Temple Bezirk verbracht, wo sie lebt und arbeitet. Dieser Roman ist ihr erstes Werk - und absolut gelungen!

Sir Gabriel Ward, die Hauptfigur, lebt und arbeitet als Kronanwalt im Temple und wird vom Schatzmeister nach der Ermordung des Lordoberrichters Dunning mit den Temple-internen Ermittlungen beauftragt. Ihm wird vonseiten der Polizei ein junger Constable zur Seite gestellt, der zwar sehr wach und engagiert ist, aber doch deutlich im Schatten des klugen Sir Gabriels steht. Dieser wirkt gerade zu Beginn noch ziemlich kauzig: er lebt allein mit seinen Büchern und hat ausgeprägte Spleens, die mich sehr an die Filmfigur "Monk" erinnern. So kann er schwer mit Emotionen seiner Mitmenschen umgehen, hat penible Ordnungsriten (goldener Bleistift muss mit der Spitze zum Fenster ausgerichtet sein, etc.), achtet darauf, nicht auf die Ritzen der Steinplatten zu treten und spaziert nur im Uhrzeigersinn den Gartenweg entlang. Das hat es mir anfangs schwer gemacht, mit ihm warm zu werden. Doch an der Seite von Constable Wright taut er zunehmend auf und erwärmt sich an seiner neuen Aufgabe. Hilfreich dabei ist natürlich, dass er sehr klug ist und fähig, all die losen Enden wieder richtig zusammenzufügen. Auch die anderen Figuren sind gut gezeichnet und man kann sich die Temple-Welt mit diesen verschiedenen Charakteren sehr gut vorstellen. Millie, die kleine Temple Church-Maus spielt in dieser Geschichte eine ganz besondere Rolle.

Was mich allerdings etwas gestört hat, waren zahlreiche Wortwiederholungen: der 'stattliche Kronanwalt', sein 'innerer Anwalt' und ganz besonders 'er schnaubte', welches in jedem Kapitel mehrfach vorkam. Mich wundert immer wieder, dass ein Lektor hier nicht korrigierend eingreift. Einige Handlungsweisen der Charaktere fand ich ebenso nicht ganz schlüssig: warum sollte eine Gouvernante zu einer großen Theatervorstellung ein Buch mitnehmen, welches sie gerade liest und dann (praktischerweise) direkt vor den Augen von Sir Gabriel verlieren? Warum sollte der Lordoberrichter, der steht krampfhaft bemüht ist, nur ja nicht in Verruf zu kommen, nachts barfuß mit der Putzfrau durch den Garten des Temple spazieren? Das war mir für meinen Geschmack dann doch etwas zu konstruiert.

Letztendlich zählt aber das Gesamtergebnis und da kann ich nur sagen: ein sehr gelungenes Debüt von Sally Smith! Der Roman war absolut kurzweilig, interessant, humorvoll und hatte ein tolles historisches Setting. Mehr braucht es nicht für entspannte Lesestunden!

Bewertung vom 11.04.2025
Pearly Everlasting
Armstrong, Tammy

Pearly Everlasting


sehr gut

Ungewöhnlich, anspruchsvoll und berührend

Cover und Titel haben mich zunächst wenig angesprochen, beides ist im eher schlichten Look des Diogenes-Verlags gehalten und wenig spektakulär. Auch gibt der Titel wenig her, um was oder wen es geht. Doch wer schon einige Bücher des Verlages kennt, weiß auch, dass sich oft wahre Schätze zwischen den Buchdeckeln befinden.... so auch in diesem Fall!

Es geht um ein junges Mädchen namens Pearly Everlasting, die mit einem kleinen Schwarzbären namens Bruno in einem kanadischen Holzfällercamp der frühen 30er Jahre des letzten Jahrhunderts aufwächst. Die Lebensbedingungen sind sehr hart, die Familie arm. Der Vater ist der Koch des Camps, die Mutter Heilerin. Pearly hat auch noch eine ältere Schwester namens Ivy, doch es ist Bruno, mit dem sie praktisch seit ihrer Geburt zusammen ist und ihn als ihren Bruder bezeichnet. Die beiden haben eine sehr innige Verbindung zueinander. Als ein neuer Vorarbeiter das Camp übernimmt, ist ihm der Bär von Anfang an ein Dorn im Auge und als ein Mord geschieht, scheint sich das Schicksal gegen Pearly und Bruno zu wenden...

Die Beschreibungen über das harte Leben in dem Holzfällercamp ließ mich von Beginn an in eine andere Welt eintauchen. Die ersten Jahrzehnte des beginnenden 20. Jahrhunderts in dieser unwirtlichen Umgebung, umgeben fast nur von groben Holzfällern und von Mythen über den bösen Waldgeist Old Jack prägen Pearly Everlasting auf eine besondere Weise. Die Erzählung aus Pearly's Perspektive ist eher ruhig und undramatisierend und berührte mich vielleicht gerade deshalb. Natürlich trägt der fast schon poetische Schreibstils der Autorin Tammy Armstrong auch dazu bei, dass es sich besonders im ersten Drittel wie eine Art Legende liest. Zart und eindrücklich zugleich beschreibt sie Pearlys Aufwachsen im Camp und ihren Aufbruch ins Ungewisse, um ihren Bärenbruder wiederzufinden. Gerade diese etwas stille Betrachtung und Erzählung hat mich bewegt, so vieles steckt eher zwischen den Zeilen und will entdeckt werden. So richtig nahe kommt man Pearly dabei nicht, sie bleibt ein geheimnisvolles, aber starkes Mädchen. Ihre Trauer um Mutter und Schwester und die Angst, auch Bruno zu verlieren, fühlt man eher als das man viel darüber liest. Figuren wie die Liederfängerin und ihrer Freundin Ebony, Old Jack, der Tierarzt Amael und nicht zuletzt der vom Blitz gezeichnete Ansell, der Pearly sehr liebgewonnen hat und nach ihr und Bruno sucht - tragen dazu bei, dass man sich fast fühlt, als würde man sich einen alten Film ansehen. Im Mittelteil gibt es einige Längen, doch im letzten Drittel nimmt die Geschichte wieder mehr Fahrt auf und man hofft auf ein gutes Ende.

Ein großes Lob geht an den Übersetzer Peter Torberg, der es geschafft hat, die
Geschichte ins Deutsche zu übertragen, ohne dass die Magie, die in und zwischen den Zeilen steckt, verloren ging.

Fazit:
Eine besondere Geschichte in einem sehr schönen, aber anspruchsvollen Schreibstil. Wenn man sich darauf einlässt, entwickelt sie einen ganz eigenen Zauber und entführt den Leser in eine andere Welt.

Bewertung vom 13.12.2024
Im Namen der Barmherzigkeit
Lind, Hera

Im Namen der Barmherzigkeit


ausgezeichnet

Die Geschichte erinnerte mich im ersten Moment an die "Schwabenkinder", die schon als kleine Kinder von ihren Berghöfen losziehen mussten, um bei Bauern zu schuften. Damals hörte ich zum ersten Mal davon, dass Familien ihre Kinder aus der Not heraus weggaben, weil sie selbst so arm waren, dass sie kaum für sie aufkommen können. Was die Kinder oft erleiden mussten, mag man sich kaum vorstellen. Manche hatten Glück, viele leider nicht.

Auch mit Heimkindern wurden bis in die 80-er Jahre so verfahren, wie die Autorin recherchiert hat. Lange wurde dieses Thema schön unter den Teppich gekehrt, doch früher oder später kommt alles ans Tageslicht, wenn es auch für die Kinder zu spät war, denn die traumatischen Auswirkungen auf ihr weiteres Leben konnte niemand wieder gut machen.

So geschah es auch der kleinen Steffi, die 1970 mit gerade einmal 2 1/2 Jahren auf den Hof der steirischen Bauernfamilie Kellerknecht kommt. Sie ist das jüngste von mehreren Pflegekindern und lernt schnell, dass sie für die kargen Mahlzeiten hart arbeiten muss und es kein Erbarmen gibt... und erst recht keine Liebe. Noch bevor sie zehn Jahre alt ist, vergeht sich der Bauer regelmäßig an ihr und als sie mit 15 von ihm schwanger wird, wird sie in ein Kloster abgeschoben.

Die Geschichte von Steffi - als stellvertretendes Schicksal so vieler anderer - geht wirklich unter die Haut. Nicht allein deshalb, weil Hera Lind es versteht, sie so zu erzählen, dass man nicht anders kann, als mitzuleiden und sich gleichzeitig immer wieder zu fragen, wie es sein konnte, dass diese Machenschaften so lange unter den Teppich gekehrt wurden. Was für ein erbärmliches, liebloses Leben hatten diese Kinder und wie erging es den meisten, wenn sie erwachsen wurden? Ihr Schicksal macht mich traurig und wütend zugleich und wird noch lange in mir nachhallen.

Ich mochte die Bücher von Hera Lind früher nicht so sehr, doch in den den letzten paar Jahren hat sich dies geändert, weil mich die Schicksale, die sie beschreibt, immer sehr berühren und mich lange beschäftigen.

Fazit: Eine Geschichte, die unter die Haut geht - und im Herzen bleibt.

Bewertung vom 23.10.2024
Die Mitford Schwestern / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.6
Benedict, Marie

Die Mitford Schwestern / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.6


gut

Zu wenig Tiefe durch zu viele Erzählperspektiven

Zum Inhalt:
Die sechs Mitford-Schwestern gehören dem alten Adel Englands an, auch wenn sie durch Fehlinvestitionen und der Wirtschaftskrise bei weitem nicht mehr so vermögend sind. Die Eltern bemühen sich, Traditionen beizubehalten und jedem ihrer Töchter einen guten Start zu ermöglichen. Allerdings haben alle sechs Schwestern ihren ganz eigenen Kopf und sind schon früh politisch interessiert, die einen fühlen sich vom Faschismus angezogen, die andere vom Kommunismus. Da ist zum einen Nancy, die spitzzüngig und sehr wortgewandt ihre Meinungen in ihre Romane einfließen lässt – meist sehr zum Missfallen ihrer Familie. Diana ist der schillernde Star unter den Mitford-Schwestern, hinreißend schön und geheimnisvoll ist sie stets der Mittelpunkt jeder Gesellschaft. Sie hat einen äußerst vermögenden Spross der Guinness-Dynastie geheiratet und ist bereits Mutter zweier Söhne, als sie sich in den charismatischen Anführer der British Union of Fascists (BUF) Oswald Mosley „M“ verliebt und für ihn ihren Mann verlässt – ein Skandal zu jener Zeit, der ihren Stern danach nicht mehr ganz so strahlend funkeln ließ.
Unity ist trotz ihrer beachtlichen Körpergröße anfangs noch die Unscheinbarste – allerdings nur auf den ersten Blick, denn sie ist extrem eigenwillig und weiß früh, was und vor allem wen sie will: niemanden geringeren als Hitler möchte sie näherkommen und schafft es durch Beharrlichkeit und klugem Handeln schließlich, ihrem Ziel ganz nahe zu kommen. In der Folge radikalisiert sie sich immer mehr und gerät in einen gefährlichen Wahn. Im weiteren Verlauf der Weltgeschichte geraten auch die Beziehungen der Schwestern zueinander immer mehr zwischen die Fronten.


Zum Buch:
Marie Benedict hat sich mit ihren Büchern über bedeutende Frauen im Schatten der Weltgeschichte einen Namen gemacht, so schrieb sie z.B. „Lady Churchill“, „Frau Einstein“ und „Mrs Agatha Christie“, um nur einige wenige Frauen zu nennen, die oft erst im Nachhinein zu Anerkennung, Ruhm und Bedeutung kamen. Nun also die Mitford-Schwestern, die viele vermutlich nicht auf dem Schirm hatten, da ihre Bedeutung und ihr Ruf in Deutschland vermutlich weniger bekannt ist als in England. Die Autorin schreibt sehr ausführlich, wie sich die Familie Mitford immer mehr spaltet, wie die faschistische Ideologie zunehmend ihr Leben bestimmt und wie Macht und Manipulation in Kombination mit weiblicher Raffinesse und Charme schließlich einer Ideologie der Vernichtung folgt. In verhältnismäßig kurzen Kapiteln wechseln die Erzählperspektiven hauptsächlich zwischen der Hauptfigur Nancy (aus der Ich-Perspektive erzählt) und ihrern Schwestern Diana und Unitiy, die anderen drei Schwestern sowie der Bruder Tom und die Eltern sind eher Nebenfiguren. Als Leser erlebt man mit, wie aus einer anfänglichen Begeisterung und Faszination immer mehr ein Sog – man kann auch sagen: ein Wahn – entsteht und die Fronten zwischen den Schwestern immer verhärterter werden, bis es schließlich zu der Situation kommt, dass Nancy sich zwischen Familie und ihrem Land entscheiden muss.

Persönliche Meinung:
Im Gegensatz zu ihrern anderen Büchern ist es mir hier wirklich schwergefallen, in die Geschichte einzutauchen und mich auf die Schwestern einzulassen, sowie ihre Motivationen und Fasziniationen nachzuvollziehen. Vermutlich waren es eben einfach zu viele unterschiedliche Erzählperspektiven, die hier aufeinander abgestimmt werden mussten. Der ständige Perspektivwechsel und die zeitlichen Sprünge ließen die ganze Geschichte sehr abgehackt wirken und es ist mir dadurch leider bis zum Schluss nicht gelungen, den Schwestern wirklich näherzukomme oder gar mitzufühlen. Auch fand ich es oft sehr langatmig und ermüdend und habe mehr als einmal mit dem Gedanken gespielt, das Buch vorzeitig abzubrechen. Geschichtlich fand ich es trotzdem sehr interessant, die NS-Zeit einmal aus der englischen Perspektive zu betrachten, allerdings wurde auf die Gräueltaten der Nazis meiner Meinung nach viel zu oberflächlich eingegangen.

Fazit:
Durchaus interessanter Blick auf das Leben und Wirken der englischen Mitford-Schwestern und ihre Rolle am damaligen Weltgeschehen. Für mich leider zu viele Erzählperspektiven, zu wenig Emotionen, zu viele Zeitsprünge, zu wenig Tiefe, zu viel Oberflächlichkeit in der Darstellung der NS-Zeit... Meiner Meinung nach der schwächste Band aus Marie Benedict's bisher überzeugender Starke Frauen-der Weltgeschichte-Reihe.