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Bookwood
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Bad Honnef

Bewertungen

Insgesamt 129 Bewertungen
Bewertung vom 12.09.2025
Heimat (MP3-Download)
Lühmann, Hannah

Heimat (MP3-Download)


ausgezeichnet

Topaktuelles und brisantes Thema
Für mich war das Buch von Hannah Lühmann „Heimat“ schon ein ganz besonderer Roman.
Zuerst einmal, weil ich das Thema „Tradwife“ sehr spannend finde, aber auch weil ich den Schreibstil der Autorin so ansprechend fand.
Im Buch geht es um Jana, Mutter von zwei Kindern und wieder schwanger, die mit ihrem Mann Noah in ein scheinbar idyllisches Dorf auf dem Land zieht. Noah ist kaum zuhause, Jana mit zwei Kleinkindern ein Stück weit überfordert. Außerdem kommen ihr manchmal Zweifel, ob es richtig war, ihren Job aufzugeben, der ihr früher viel bedeutet hat. In dieser Situation lernt sie Karolin kennen, die scheinbar mühelos ihre Familie managt. Sie und ihre Freundinnen kümmern sich hingebungsvoll um Kinder, Haushalt und soziale Projekte. Karolin lässt darüber hinaus über Social Media die Öffentlichkeit an ihrem perfekten Leben teilhaben.
Zunächst betrachtet Jana dies alles nur fasziniert von außen, je größer aber ihre eigene Überforderung wird und je mehr sie sich von ihrem Mann entfernt, desto mehr wird sie auch Teil der Gemeinschaft um Karolin.
Dass einiges in Karolines Leben alles andere als perfekt läuft, nimmt sie zwar zur Kenntnis, zieht aber daraus keine Konsequenzen. Auch die geistige Nähe der Frauengruppe zur AFD verdrängt sie und lässt sich sogar letztendlich instrumentalisieren.
Mich hat das Buch schnell fasziniert, wenn sich auch für mich die Frage stellt, warum Jana als Frau, die einmal fest mit beiden Beinen im Leben stand, so leicht manipulierbar ist. Leider werden manche Themen auch nur angeschnitten, bei denen ich mir eine Vertiefung gewünscht hätte. Auch das Ende des Romans fand ich etwas sonderbar. Es wurde einiges nicht zu Ende erzählt und das Buch ist für mich einfach deshalb zu kurz.
Ich habe den Roman als Hörbuch gehört und mir hat die Sprecherin außergewöhnlich gut gefallen, die eine sehr angenehme Stimme hat. Sie kann die oft kurzen Sätze von Hannah Lühmann mit einer angenehmen Satzmelodie vermitteln. Es hat mich hier auch nicht gestört, dass sie das Buch als einzige Sprecherin gelesen hat.
Das Cover macht neugierig und ist auch sehr ansprechend gestaltet.

Bewertung vom 05.09.2025
Himmelerdenblau
Hausmann, Romy

Himmelerdenblau


ausgezeichnet

Perfekt inszeniertes Verwirrspiel
Romy Hausmann sticht mit ihren Krimis für mich schon lange aus den Autorinnen und Autoren der deutschen Krimi-Landschaft heraus. Das liegt nicht einmal in erster Linie daran, dass die Autorin spannende Geschichten mit überraschenden Wendungen erzählt, sondern daran, dass ihre Figuren so exzellent gezeichnet und realistisch sind, dass sie man schnell glaubt, die Personen selbst zu kennen.
In ihrem neuen Werk „Himmelerdenblau“ entrollt die Verfasserin ein Familiendrama in dessen Mittelpunkt Theo steht, ein renommierter ehemaliger Chirurg, der mit fortschreitendem Alter immer mehr in Demenz versinkt.
Vor 20 Jahren verschwand Theos älteste Tochter Julie spurlos. Die Polizei konnte eine mutmaßliche Entführung nicht aufklären und den Täter nie dingfest machen.
Als die Podcaster Liv und Philipp den Cold Case wieder aufrollen, gibt es neue Spuren, neue Verdächtige und es wird klar, dass einiges ganz anders war, als es damals schien.
Alle Beteiligten verbergen etwas und Theo bleibt nicht mehr viel Zeit, bis die Vergangenheit für ihn in der Dunkelheit verschwindet.
Obwohl Theo für mich sicherlich der Mittelpunkt der Geschichte ist, werden aber auch die anderen Mitwirkenden mit ihren persönlichen Hintergrundgeschichten perfekt in die Handlung verwoben. Es gibt manche Überraschung und auch wenn man den Schluss-Twist irgendwann schon ein bisschen erahnen kann, passt er doch sehr gut zur tragischen Story.
Eventuell hätte man die eine oder andere Seiten-Story doch noch weglassen können, um das Buch handlungsmässig nicht ganz so zu überladen. Aber für mich ist das alles noch im Rahmen.
Ich fand es sehr berührend, wie Romy Hausmann so einfühlsam den verzweifelten Theo darstellt, der seinen Verfall nicht aufhalten kann und trotzdem unermüdlich darum kämpft, den Tod von Julie aufzuklären.
Für mich wieder ein toller Spannungsroman der Autorin, der nicht reißerisch ist, sondern beim Lesen emotional mitnimmt.
Die Covergestaltung ist mit simplen Mitteln schön und passt sehr gut zum Buch.
Wer einen etwas anderen Krimi lesen möchte trifft mit „Himmelerdenblau“ eine gute Wahl!

Bewertung vom 05.09.2025
Der Trailer / Donkerbloem Bd.1
Geschke, Linus

Der Trailer / Donkerbloem Bd.1


gut

Gut, aber in den Folgebänden sicher noch steigerungsfähig
Linus Gerschke ist für mich im Normalfall immer ein Garant für super spannende deutsche Krimis. Mit dem Auftaktband seiner neuen Donkerbloem-Trilogie „Der Trailer“ bleibt er allerdings etwas hinter meinen Erwartungen zurück.
Dabei hat die Story viel Potenzial: Durch einen Truecrime-Podcast wird ein alter Vermisstenfall wieder aufgerollt, bei dem vor 15 Jahren eine junge Frau von einem belgischen Campingplatz spurlos verschwand.
Die Hamburger Kommissarin Frieda Stahnke, die wegen einer Intrige gegen sie, vom Dienst suspendiert wurde, kannte Lisa Martin, die mit ihr die selbe Schule besuchte und wurde deshalb von einem bekannten Podcaster zum Interview zu deren Verschwinden eingeladen. Plötzlich kontaktiert ein Zeuge Frieda und deutet an, dass er Informationen hat, die damals bei den Ermittlungen nicht berücksichtigt wurden. Frieda spürt den Zeugen mit Namen Wout auf, der mittlerweile eine Kneipe in Köln führt und alles andere als begeistert davon ist, dass Frieda die Vergangenheit wieder ans Licht zerrt. Zusammen mit seiner Untermieterin Kathinka und seinem Freund Tayfun fährt Wout wieder zu Camp Donkerbloem, um herauszufinden, was dort bei einer Party vor 15 Jahren wirklich geschah. Frieda folgt den dreien und alle geraten in tödliche Gefahr. Auch das Rätsel um Lisa Martins Verschwinden klärt sich auf, doch in keinster Weise so, wie es alle erwartet hatten.
Spannend ist das neue Buch von Linus Gerschke wieder zweifellos. Ich hatte nur das Problem, dass ich einige der Personen nicht wirklich mochte.
Da ist zum Beispiel Kathinka, die keine Berührungen zulassen Kanin und trotzdem Wouts tröstende Nähe sucht. Irgendwie konnte ich zu ihr keine richtige Beziehung aufbauen. Und auch Wout selbst fand ich zu machohaft, als dass er mir sympathisch geworden wäre.
Ich habe aber die Hoffnung, dass dies in den Fortsetzungen besser wird.
Schreiben tut der Autor richtig toll. Vor allem mag ich, wie er auf dem im Wald gelegenen Campingplatz so eine unheilvolle Atmosphäre kreiert.
Von mir also durchaus eine Leseempfehlung, nicht nur für eingefleischte Fans des Autors.
Die Umschlaggestaltung finde ich mega und obwohl ich sonst Farbschnitte eher für unnötig halte, bin ich von diesem mit seinen Nieten und Schattierungen sehr angetan.

Bewertung vom 23.08.2025
Der Totengräber und die Pratermorde / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.4
Pötzsch, Oliver

Der Totengräber und die Pratermorde / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.4


ausgezeichnet

Eine historische Krimi-Serie, bei der das Lesen immer Spaß macht
„Der Totengräber und die Pratermorde“ ist nun schon der vierte Band in dem Oliver Pötzsch den Kommissar Leopold von Herzfeldt mit Unterstützung seiner Freundin Julia und dem Totengräber Augustin Rothmayer ermitteln lässt.
Für mich ist dieses Buch auf jeden Fall mit eines der besten aus der Serie, die der Autor im Wien des ausgehenden 19. Jahrhundert spielen lässt.
Bei einer Zaubervorführung wird die junge Assistentin eines amerikanischen Magiers grausam beim „Zersägen der Jungfrau“ getötet. Die Polizei ermittelt und stellt schnell fest, dass dies kein tragischer Unfall war, sondern ein eiskalter Mord. Die Spuren führen bald zur Artistengemeinschaft des Praters, wo es einige Verdächtige gibt. Leo verfolgt viele Spuren und kommt dabei Julia wieder näher, die sich inzwischen als Reporterin etabliert hat und feststellen muss, dass ihre Liaison mit dem Pianisten Fritz ein fataler Fehler war, der sie sogar selbst in Gefahr bringt.
Der Totengräber Augustin hat indessen Problem mit seiner Ziehtochter Anna, die langsam erwachsen wird und sich in einen Straßenjungen verliebt. Als es noch mehr Tote in Wien gibt wird auch Anna in die Mordserie verwickelt und als endlich klar wird, wer die wahnsinnigen Taten begangen hat, hat der Mörder bereits Julia in seiner Gewalt.
Obwohl der Krimi wieder ein relativ „dicker Wälzer“ ist, kann man ihn wirklich bis zur letzten Seite nicht aus Hand legen.
Oliver Pötzsch gelingt es meisterhaft die besondere Atmosphäre der Praterwelt mit seinen besonderen Attraktionen und Artisten einzufangen. Da entstehen bunte Bilder im Kopf der Lesenden, die sehr phantasievoll sind und Spaß machen.
Ich finde, der Krimi ist auch wieder die perfekte Mischung aus spannendem Kriminalfall, Milieubeschreibung und Liebesgeschichte. Für mich war es Unterhaltung vom Feinsten.
Die Covergestaltung hat einen hohen Wiedererkennungswert und die erhaben aufgedruckte Schrift schafft einen zusätzlichen schönen Effekt.
Ich hoffe, es wird auch noch einen 5. Band der Totengräber-Reihe geben. Ich werde ihn ganz bestimmt lesen.

Bewertung vom 23.08.2025
Ihr werdet sie nicht finden
Winkelmann, Andreas

Ihr werdet sie nicht finden


sehr gut

Was geschah mit Isabell?
An den Büchern von Andreas Winkelmann beeindruckt mich immer sehr, wie eindrucksvoll es ihm gelingt, Einblicke in die Abgründe der menschlichen Seele zu geben.
So ist es auch wieder in seinem neuen Roman „Ihr werdet sie nicht finden“, der von mir, als großer Fan des Autors, schon sehnsüchtig erwartet wurde.
Dieses Mal geht es um das Verschwinden einer Sechzehnjährigen, die nach einer Party nicht mehr nach Hause kommt. Ihr Vater Jonas, selbst Polizist, muss verzweifelt mit ansehen, wie seine Kolleginnen und Kollegen es nicht schaffen, seine Tochter wiederzufinden. Das Leben der Eltern wird mehr und mehr zum Albtraum, der Jonas dazu bringt, einen fatalen Fehler zu begehen, der sein Leben vollständig zerstört.
Sieben Jahre später, wird der Vermisstenfall „Isabell“ im Zusammenhang mit dem Verschwinden eines anderen Mädchens wieder aufgerollt.
Die Großmutter von Silvia vermisst ihre Enkelin und engagiert die Privatdetektivin Franca, um sie zu finden. Bei der Suche nach dem Mädchen erkennt Franca, dass Silvia irgendetwas mit Isabells Verschwinden zu tun haben muss. Zusammen mit Jonas taucht sie tief in die Vergangenheit ein und kann so endlich aufdecken, was damals geschah.

Für mich ist das neue Buch von Andreas Winkelmann ein guter Krimi, aber sicherlich nicht einer seiner besten.
Spannung wird dadurch erzeugt, indem in Rückblenden erzählt wird. Auch gibt es ein paar unvorhergesehene Wendungen, die die Story interessant machen. Ansonsten plätschert die Geschichte aber phasenweise etwas dahin. Das Ende des Krimis war für mich besonders enttäuschend, da ich es doch etwas konstruiert fand.
Was mir aber gefallen hat, war das sehr gegensätzliche Ermittlerduo: Jan, der gebrochene Vater und Franca, die eigenwillige Privatdetektivin. Besonders Franca war mir sympathisch, die gerne unkonventionelle Wege in der Detektivarbeit geht.
Das Buch kann man wirklich gut lesen, ein absolutes Highlight der Krimiliteratur war es für mich aber nicht. Angenehm fand ich, dass es mit seinen 380 Seiten nicht so ein Riesenwälzer war.
Bei der Covergestaltung bräuchte ich das Schock-Grün des Schnittes persönlich nicht. Ich denke, die Neuerscheinungen von Andreas Winkelmann erhalten auch ohne solche Gestaltungselemente genügend Aufmerksamkeit.

Bewertung vom 23.08.2025
Die feindliche Zeugin
Wilson, Alexandra

Die feindliche Zeugin


gut

Interessant, aber kein Thriller
„Die feindliche Zeugin“ von Alexandra Wilson ist ein grundsätzlich gut konstruiertes Gerichtsdrama, hat meines Erachtens aber nicht das Zeug zu einem Thriller.
Die Geschichte ist logisch ausgedacht, legt aber den Schwerpunkt eher auf die Gerichtsatmosphäre als auf große Spannungsmomente.
So ist die Handlung auch recht überschaubar: in einem Park wird ein Mann erstochen, ein junger Schwarzer, Emmett, soll ihn ermordet haben und wird deshalb vor Gericht gestellt.
Verteidigt wird er von der noch recht unerfahrenen Anwältin Rosa, die alles in ihrer Macht stehende tun will, um einen Freispruch zu erwirken. Dabei hat sie selbst mit vielen persönlichen Problemen zu kämpfen. Da ihre Mutter selbst eine Freiheitsstrafe im Gefängnis verbüßt, lebt Rosa mit ihrem kleinen Bruder bei ihrer Großmutter. Ihre Großmutter ist zudem unheilbar an Krebs erkrankt. Rosa wird ständig hin und hergerissen, zwischen dem Pflichtbewusstsein gegenüber ihrer Familie und ihrer immensen beruflichen Herausforderung. Leider wird dieser Konflikt von der Autorin eher etwas langatmig dargestellt. Es hätte dem Buch mehr Spannung verliehen, wenn mehr auf den konkreten Mordfall eingegangen worden wäre. Die Aufklärung des Falles wird eher als Nebensache auf den letzten Seiten des Buches abgehandelt.
Man merkt, dass Alexandra Wilson selbst Juristin und vor Gericht „zuhause“ ist. Trotzdem empfinde ich die erzählte Geschichte als etwas blass. Auch die Personen, vielleicht mit Ausnahme von Emmett und Nana, sind eher oberflächlich gezeichnet. Selbst die Protagonistin ist etwas konturenlos. Die taffe Anwältin, die so wenig mit ihrem eigenen Leben nicht klarkommt, ist für mich in der Beschreibung nicht so recht stimmig.
Schade, dass die Spannung so zu kurz kam, sonst hätte mir das Lesen des Buches mehr Spaß gemacht.
Die Covergestaltung finde ich originell und passend.

Bewertung vom 13.07.2025
Licht und Schatten / Montmartre Bd.1
Lacrosse, Marie

Licht und Schatten / Montmartre Bd.1


ausgezeichnet

Ein Buch wie ein buntes Gemälde
Mit dem ersten Band ihres Mehrteilers, dem Roman „Montmartre - Licht und Schatten“ führt uns die Autorin Marie Lacrosse in die schillernde Welt des Parisers Viertels in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Es ist eine Zeit voller Ereignisse. Die große Weltausstellung ist in Vorbereitung und wird durch den Bau des Eiffelturms für alle Zeiten in Erinnerung bleiben. Vergnügung-Etablissements schiessen wie Pilze aus dem Boden. Eine besondere Bedeutung haben aber in erster Linie die schaffenden Künstler dieser Jahre, die teilweise schon berühmt sind, aber von denen es auch zahlreiche gibt, die sich mit ihrem moderneren Malstil noch etablieren wollen. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft weit auseinander und die Herkunft legt bei den Menschen meist den Grundstein für das weitere Leben. Nur wenigen, die in den Armenvierteln aufwachsen, gelingt der Aufstieg.
Die beiden Protagonistinnen des Romans Elise und Valerie kämpfen beide darum, sich ihre Träume zu erfüllen. Elise arbeitet hart an ihrer Karriere als Tänzerin. Als ehemalige Wäscherin versucht sie, ihre Mutter und ihren Verlobten finanziell zu unterstützen. Weil sie für einige Maler Modell steht, knüpft sie Verbindungen zur Künstlerszene und lernt dort auch Valerie kennen, die, obwohl sie einer begüterten Familie entstammt, gerne auch Malerin werden möchte. Doch Frauen werden unter den männlichen Malern und in den Akademien nur ungern geduldet. Als Valeries Vater in finanzielle Schwierigkeiten gerät, muss Valerie erkennen, dass auch sie nur eine Figur auf dem Schachbrett einer von Männern dominierten Welt ist.
Für mich war das Buch von Marie Lacrosse gleichsam ein buntes Gemälde aus dem Paris des 19. Jahrhunderts. Farbenfroh, abwechslungsreich und rasant erzählt, kommt die Handlung daher, die meisterhaft fiktive mit realen Personen verknüpft. Mich hat wirklich beeindruckt, wie gut recherchiert die Fakten sind. Faszinierend fand ich die Idee, die Geschichten derjenigen Personen zu erzählen, die z.B Maler wie Toulouse-Lautrec auf ihren Bildern festgehalten haben. Auch ein Pluspunkt des Buches ist die Liste mit Bildern, die im Roman erwähnt werden, um sie sich, wenn man möchte, im Internet anzuschauen.
Ich habe mit beiden Protagonistinnen mitgelitten, denn die Rolle der Frau im 19. Jahrhundert war, egal ob arm oder reich, keine, um die man sie heute beneiden würde.
Mich hat der erste Teil der Romanreihe absolut begeistert. Das war ein Buch, das ich sicher noch oft verschenken und weiterempfehlen werde. Die Covergestaltung finde ich sehr hübsch und auch sehr passend.

Bewertung vom 14.06.2025
Das Haus der Türen
Eng, Tan Twan

Das Haus der Türen


ausgezeichnet

Ein wunderschönes Buch
Der Roman „Das Haus der Türen“ von Tan Twan Eng ist bisher das Überraschungsbuch des Jahres 2025 für mich. Gekonnt verbindet der Verfasser fiktive Personen mit Personen, die tatsächlich existiert haben zu einer bewegenden Geschichte. Poetisch erzählt, schildert der malaysische Autor die Geschichte der Eurasierin Lesley Hamlyn, die mit ihrem britischen Mann Robert, einem Anwalt, zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Penang lebt. Ihre Ehe ist in eine Krise geraten und die beiden leben nur noch nebeneinander her. Als der Schriftsteller William Somerset Maugham mit seinem Sekretär Gerald, der in Wirklichkeit sein Geliebter ist, seinen Freund Robert besucht, vertraut sich Lesley ihm an und erzählt ihm eine Geschichte, die ihre Ehe vollständig zerstören würde, wenn sie ans Licht käme.
Was als sehr ruhige Erzählung beginnt, entwickelt sich im Laufe des Romans zu einer sehr vielschichtigen Story.
Eindrucksvoll wird dargestellt, welches Leben die britischen Kolonialherren damals führten, welches Rollenbild der Frau in diesem System dominierte und wie zerrissen Frauen waren, die ihrem Herzen folgten und aus ihren Rollen auszubrechen versuchten.
Außerdem wird sehr sensibel beschrieben, wie schwierig es war Homosexualität zu leben, die zu diesen Zeiten von der Gesellschaft noch absolut geächtet wurde.
Tan Twan Eng hat einen wunderschönen Schreibstil und dieser macht das Buch für mich wirklich so besonders. Man sieht die Schönheit der Insel quasi vor sich, ebenso wie die lebendigen bunten Viertel von George Town.
Auch wenn der Roman teilweise etwas melancholisch ist, so möchte man immer weiter lesen und sich in die besondere Atmosphäre verstricken lassen. Für mich war die Lektüre ein echter Lesegenuss und wer einmal ein kleines sprachliches Meisterwerk lesen möchte, dem kann ich „Das Haus der Türen“ nur empfehlen!

Bewertung vom 08.06.2025
Die Lichter über St. Pauli / Elbnächte Bd.1 (eBook, ePUB)
Engel, Henrike

Die Lichter über St. Pauli / Elbnächte Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ella und Louise, zwei sympathische Heldinnen
Henrike Engel hat ihre neue Buchserie „Elbnächte“ mit dem Band „Die Lichter von St.Pauli“ eröffnet. Der Hamburg-Roman spielt kurz vor Beginn des 1. Weltkriegs und erzählt von drei Personen, die sich in ihrem Leben neu aufstellen müssen.
Da ist zuerst einmal Louise, die in Hamburg völlig mittellos strandet und feststellen muss, dass ihr Leben in den letzten Monaten eine einzige Lüge war. Ihr Mann ist ein Hochstapler und in keinster Weise der wohlhabende Gentleman, der er vorgibt zu sein. Er ist ein Betrüger und Spieler, der Louise nur benutzt hat und darüber hinaus auch dafür gesorgt hat, dass ihre Familie mit ihr gebrochen hat.
Ella hingegen hat in Lemberg als Prostituierte gearbeitet und wurde quasi von ihren bettelarmen Eltern verkauft, weil sie ihre Kinder nicht ernähren können.
Es gelingt ihr zu fliehen und sie landet zufällig in Hamburg, wo sie In einer billigen Unterkunft auf Louise trifft.
Und da ist schließlich noch Paul, der ehemalige Polizist, der im Dienst einen Arm verloren hat und deshalb auf eigenen Wunsch aus dem Dienst ausscheidet. Er kommt mit seinen neuen Lebensumständen nicht zurecht und droht an seiner Verzweiflung zu zerbrechen. Einzig seine Rachegedanken halten ihn am Leben.
Louise, Ella und Paul lernen sich in düsteren Lebenssituationen kennen. Die beiden Frauen freunden sich schnell an und schaffen es, ihr Leben zum Besseren zu wenden. Dabei ist es zunächst Ella, die durch ihre Tatkraft und durch ihr sonniges Gemüt Louise mitreißt und ihr neue Perspektiven aufzeigt. Aber auch Paul, der sich zur herzlichen Ella hingezogen fühlt, versucht wieder Sinn in seinem Leben zu sehen. Eine für ihn ungeheuerliche Entdeckung, die er bei der Verfolgung seines Erzfeindes macht, trägt dazu bei.
Mir hat der erste Teil der Hamburg-Serie wirklich sehr gut gefallen. Das liegt vor allem darin begründet, dass mir die beiden weiblichen Protagonistinnen in ihrer Gegensätzlichkeit so sympathisch waren.
Der historische Roman hat aber auch immer wieder spannende Momente, die dazu führen, dass die Geschichte nicht langweilig wird.
Die Atmosphäre Hamburgs kurz vor dem ersten Weltkrieg finde ich überzeugend geschildert und den Zeitgeist gut getroffen.
Ich freue mich schon auf den zweiten Band der Reihe und bin gespannt, wie es mit Louise, Ella und Paul in St. Pauli weitergeht.
Ich bin ein Fan von realistischen Coverbildern und mag deshalb die Umschlaggestaltung auch sehr.

Bewertung vom 25.05.2025
Aschesommer / Gruppe 4 ermittelt Bd.2
Cors, Benjamin

Aschesommer / Gruppe 4 ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

Katz-und-Mausspiel mit einem Psychopathen
Mit Spannung von mir erwartet: der 2. Serienband von Benjamin Cors mit dem Ermittlerduo Mila Weiß und Jakob Krogh „Aschesommer“. Der erste Band „Krähentage“ war ein Krimi der Extraklasse und extrem gut gemacht und so waren die Erwartungen hoch gegenüber dem Folgebuch.
Von der ersten Seite an, wird klar: die beiden Ermittler kämpfen immer noch heftig gegen ihre persönlichen Dämonen. Jakob kann den Tod seiner Frau und seines Sohnes nicht verarbeiten, Mila leidet immer noch unter Albträumen, die ihr ihr Versagen in einem Entführungsfall bildhaft vor Augen führen.
Ganz ehrlich sind Mila und Jakob auch immer noch nicht zueinander, dabei müssen sie sich im Rahmen ihres neuen Falles eigentlich blind aufeinander verlassen können. Es gibt rasch hintereinander mehrere Mordfälle, die Parallelen zu verheerenden Katastrophen der Erdgeschichte aufweisen. Schnell führen alle Spuren zu einem Mann, der allerdings schon seit Jahren in einer psychiatrischen Anstalt einsitzt. Er kann die Morde offensichtlich nicht selbst ausgeführt haben und seine Kaltblütigkeit zeigt, dass er nicht nur die innersten Geheimnisse der beiden Kommissare kennt, sondern dass er auch andere Menschen meisterhaft manipulieren kann. Können Mila und Jakob das subtile Katz- und-Mausspiel mit ihm für sich entscheiden, oder kommt es zur Katastrophe?
Für mich war „Aschesommer“ wieder absolut gute Krimiunterhaltung. Eigentlich mag ich es nicht so gerne, wenn man als Leser schon weiß, wie der Fall konstruiert ist, aber bei diesem Buch konnte ich gut darüber hinwegsehen, da die Geschichte bis zum Schluss wendungsreich und spannend blieb.
Gut gezeichnet für mich, der eiskalte Manipulator Jan Christian Bode, der mit seiner Arroganz auf dem schmalen Grat zwischen Genialität und Wahnsinn wandelt. Teilweise hatte ich wirklich ein Gänsehaut-Gefühl.
Am Schluss bleibt leider etwas offen, ob es eine Fortsetzung mit Mila und Jakob gibt. Ich hoffe doch sehr und wäre traurig, wenn die Serie hier schon enden würde.
Die Covergestaltung finde ich sehr schön und passend.