Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Webervogel

Bewertungen

Insgesamt 85 Bewertungen
Bewertung vom 16.04.2025
Die Yacht
Goodwin, Sarah

Die Yacht


gut

Erst Luxusparty, dann Seenot

Aller guten Dinge sind drei! Tatsächlich ist das schon der dritte Thriller, den ich von Sarah Goodwin gelesen habe. Was die Autorin richtig gut kann: Verzweifelte Überlebenskämpfe schildern. Woran es ab und zu hapert: an der Plausibilität.

Hauptfigur Hannah freut sich auf die luxuriöse Silvesterparty ihrer Kindheitsfreundin Libby, die dieses Jahr auf einer an der Ligurischen Küste liegenden Yacht stattfindet. Die Anreise, die sie mit dem eigenen Auto möglichst kostengünstig gestaltet, ist zwar mühsam, doch sie will sich das Ganze auch nicht entgehen lassen. Schließlich ist Libbys Silvesterspektakel ihr jährlicher Ausflug in die Welt der Reichen und Schönen, zu der sie sonst keinen Zugang hat. Erst bei ihrer Ankunft wird Hannah klar, wie exklusiv die diesjährige Party ist: Sie sind gerade mal zu sechst auf der gar nicht so großen, aber extrem aufgemotzten Yacht, die gut vertaut im Hafen liegen bleiben soll. Doch am Neujahrsmorgen finden sich Hannah und die anderen plötzlich auf hoher See wieder und erkennen bald, dass sie aus eigener Kraft nicht zurück an Land kommen werden. Als von den sechs Anwesenden nur noch fünf auffindbar sind, spitzt sich die Lage immer weiter zu …

Goodwins neuester Thriller hat das Zeug zu einem fesselnden Pageturner: Locked-Room-Szenario, undurchschaubare Gruppendynamik und jede Menge Geheimnisse inklusive. Geschmälert wird das Lesevergnügen durch die zum Teil ziemlich eindimensional dargestellten Charaktere. Ich-Erzählerin Hannah mit ihren Nöten und Ängsten ist man dagegen ganz nah – das ist spannend und ließ mich am Ball bleiben. Vorteilhaft war auch, dass ich keine Ahnung von Yachten und Seewegen habe – denkt man jedoch etwas länger auf der ganzen Situation herum, stellt sich schnell die Frage, wie realistisch das Setting eigentlich ist. Insbesondere im letzten Drittel wurde die Geschichte wieder sehr abenteuerlich. In ihren Bann gezogen hat sie mich trotzdem – mit Schreibstil und Spannungsaufbau kann Goodwin größtenteils überzeugen.

Bewertung vom 13.04.2025
Der Tag bricht an / Die Tribute von Panem Bd.5 (Deutsche Ausgabe)
Collins, Suzanne

Der Tag bricht an / Die Tribute von Panem Bd.5 (Deutsche Ausgabe)


sehr gut

Panem, die fünfte

Suzanne Collins entführt ihre Leserinnen und Leser ein fünftes Mal nach Panem – 24 Jahre vor Beginn der Trilogie um Katniss Everdeen und 40 Jahre, nachdem Coriolanus Snow selbst Mentor eines Tributs aus Distrikt 12 bei den Hungerspielen war. Inzwischen ist er längst der grausame Präsident geworden, den man aus den ersten Bänden kennt. Und hat sich mit seinen Spielemachern etwas besonders Brutales für die 50. Hungerspiele einfallen lassen: Aus jedem Distrikt werden nicht nur zwei, sondern gleich vier Tribute ins Kapitol gebracht.

Zu den Unglücklichen gehört Haymitch Abernathy, der spätere Mentor von Katniss und Peeta. Aus der Trilogie kennt man ihn als meist betrunkenen, einzelgängerischen Zyniker – „L“ zeigt, was ihn dazu gemacht hat. Hier ist Haymitch erst 16 Jahre alt; er lebt mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder im Saum, verdient für die Familie dazu, was ihm möglich ist und versucht, seine knappe Freizeit mit seiner Freundin Leonore Dove zu verbringen. All das endet jäh, als er – auch noch an seinem Geburtstag, an dem die sogenannte „Ernte“ traditionell stattfindet – zum Tribut wird.

Was Haymitch erlebt, erinnert unweigerlich an die 74. Spiele, an denen Katniss und Peeta teilnehmen mussten. Jetzt sind es allerdings vier vermeintlich chancenlose Kandidatinnen und Kandidaten aus dem verarmten Distrikt 12, die zunächst zur Schau gestellt, eingekleidet, vorbereitet und trainiert werden. Es gibt Wiedersehen mit alten Bekannten: Neben Snow treten z.B. Plutarch, Beetee, Wiress, Mags und Effie in Erscheinung. Und schließlich beginnt der Überlebenskampf in der Arena.

Über dem kompletten Roman scheint von Anfang an ein Damoklesschwert zu schweben: Zwar ist klar, dass Haymitch überlebt – wer die Trilogie kennt, weiß aber auch, was aus ihm geworden ist. Ein Happy End ist bei „L“ also nicht zu erwarten. Stattdessen sterben natürlich auch hier wieder liebgewonnene Charaktere, bei 48 Tributen sogar noch mehr als sonst. Es wirkt so, als hätte Suzanne Collins sich diesmal nicht ganz so viel Zeit dafür genommen, Nebenfiguren auszugestalten, aber es sind in diesem Buch natürlich auch besonders viele. Dennoch war ich überrascht, wie sang- und klanglos einige verschwanden und hatte teilweise mehr Interaktion oder auch nur Erwähnungen erwartet. So habe ich weniger intensiv mitgefühlt, als ich es aus den bisherigen Bänden gewohnt war.

Insgesamt bin ich hin- und hergerissen: Die Geschichte von Haymitch hat mich durchaus interessiert, ist aber in noch höherem Maße tragisch, traurig und grausam als die anderen Panem-Bücher. Vieles habe ich unweigerlich mit den 74. Hungerspielen verglichen, die ich als ausgewogener geschildert in Erinnerung hatte. Und so landet die Geschichte des zweiten Siegers aus Distrikt 12 auf meinem persönlichen fünften Platz. Sie macht allerdings tatsächlich Lust darauf, die Trilogie noch einmal zu lesen. Haymitch sieht man nach dieser Geschichte mit anderen Augen.

Bewertung vom 10.04.2025
Die Villa (eBook, ePUB)
Ryder, Jess

Die Villa (eBook, ePUB)


sehr gut

Spannender Pageturner mit kleinen Schwächen

Es hätte Aiofes fulminanter Abschied vom Junggesellinnenleben werden sollen, stattdessen wurde es der letzte Urlaub ihres Lebens. Inzwischen ist ihr Tod drei Jahre her und ihre Freundinnen, die sie damals in die titelgebende Villa begleitet haben, reisen zu ihrem Gedenken nach Andalusien: Tiff und Beth, die sie seit ihrer Kindheit kannten, ihre Arbeitskollegin Celine und Dani, die engste Freundin aus Studienzeiten. Sie kann mit den schrecklichen Geschehnissen am wenigsten abschließen – wohl auch, weil sie einen Filmriss hatte und sich an den Abend, als Aiofe ermordet wurde, nur bruchstückhaft erinnert. Und so hat Dani Aiofes Freundinnen für ein Wochenende nahe Marbella zusammengetrommelt – dass sie sie jedoch alle wieder am Tatort eingebucht hat, hat sie allerdings keiner der Frauen verraten.

Schon die Leseprobe dieses Thrillers fand ich packend. Schnell ist klar, dass viele Figuren etwas zu verbergen haben – nicht nur die Frauen haben ihre Geheimnisse, sondern auch die Menschen, die Dani befragt, um die Geschehnisse rund um den Mord an Aiofe aufzuklären. Es gibt viele Rückblenden und neben Danis Perspektive fließen auch ab und zu die der anderen Freundinnen ein. Die Gruppendynamik wird dadurch greifbarer und man rätselt unweigerlich mit, was wirklich am Abend der Tat geschah. Die Anzahl der unsympathischen Charaktere stieg mir dabei fast zu schnell. Danis Alleingänge erschienen mir ab und zu unlogisch und waren manchmal auch etwas langatmig geschildert, aber losgelassen hat mich „Die Villa“ trotzdem nicht, da es immer wieder Twists gab – einige ziemlich vorhersehbar, andere durchaus überraschend. Außerdem ist der Thriller intensiv und atmosphärisch dicht erzählt, da er sich komplett um zwei Wochenenden dreht. Die Auflösung fand ich gelungen. Insgesamt ein spannender Pageturner – z.B. für den nächsten Spanien-Urlaub.

Bewertung vom 09.04.2025
Der Vergessenstag
Ottenschläger, Madlen

Der Vergessenstag


ausgezeichnet

Nobody is perfect

Kinderbücher ab 24 Monaten sind so eine Sache. Manche sind noch etwas komplex für gerade Zweijährige, andere schon zu langweilig für Kinder, deren dritter Geburtstag naht. „Der Vergessenstag“ kann problemlos die gesamte Bandbreite begeistern: Es geht um ein Thema, das jeder schon mal erlebt hat, ist aber nicht zu einfach geschrieben und hat auch durchaus einiges an Text mit lustigen Reimen. Die niedlichen Illustrationen begeistern zusätzlich und es gibt viel zu entdecken: Sei es das Eichhörnchen, das die Familie auf den meisten Seiten begleitet oder der kleine Basketballkorb über dem Papierkorb neben dem Schreibtisch. Solche Details machen kleinen und großen (Vor-)Leserinnen und Lesern Spaß und sorgen dafür, dass man das Buch oft anschauen möchte.

Die augenzwinkernde Geschichte überzeugt ebenfalls: Eigentlich ist eine Radtour zum Sommerfest der Oma geplant, aber Karli hat erst seinen Kuschelhasen und dann auch noch sein Schnuffeltuch vergessen. Als dann noch ein drittes Mal umgekehrt werden muss, weil Mama das Geschenk nicht mitgenommen hat, guckt Papa schon recht genervt – bis auffällt, dass sein Geldbeutel fehlt … schließlich schafft es die Familie doch noch zur Oma – und sogar die hat etwas vergessen! Nobody is perfect – eine schöne, vergnüglich verpackte Message. Und kennt nicht jede Familie Vergessenstage?

Bewertung vom 14.03.2025
Ein ungezähmtes Tier
Dicker, Joël

Ein ungezähmtes Tier


ausgezeichnet

Dickers bestes Buch

Joël Dicker ist einer meiner absoluten Lieblingsautoren. Alle Romane, die ich von ihm gelesen habe, fand ich großartig. Und so bin ich mit sehr hohen Erwartungen an „Ein ungezähmtes Tier“ herangegangen, die nicht nur nicht enttäuscht wurden: Ich glaube, es ist tatsächlich sein bestes Buch.

Die Geschichte spielt rund um einen Raubüberfall im Sommer 2022 in Genf. Dicker schildert die 20 Tage vorher, springt aber auch immer wieder kurz zum Tag des Überfalls. Zudem gibt es einige Rückblenden in die Vergangenheit. Im Zentrum des Romans stehen zwei Paare: Sophie und Arpad leben wie Karine und Greg in Cologny, einem schicken Vorort von Genf. Sie haben jeweils zwei Kinder in ähnlichem Alter, Arpad und Greg kennen sich aus deren Fußballverein. Soweit, so ähnlich, allerdings wohnen Sophie und Arpad in einer freistehenden Villa am Waldrand mit imposanten Glasfronten, während Karine und Greg in eine Neubausiedlung mit Doppelhaushälften gezogen sind, die die alteingesessenen Bewohner des Ortes naserümpfend als „Warze“ bezeichnen.
Die Paare freunden sich langsam an. Doch nicht nur das: Greg ist von der attraktiven Sophie extrem fasziniert und stalkt sie, ohne dass sie es merkt. Allerdings ist er bald nicht mehr der Einzige, der Sophie beobachtet, und überdies haben sie und Arpad etwas zu verbergen – vor der Welt, aber auch voreinander. In den 20 Tagen vor besagtem Raubüberfall drängen verschiedenste Geheimnisse ans Licht und werden die Leben von Sophie, Arpad, Karine und Greg unwiderruflich verändern.

Dicker springt spielerisch und mit immenser Leichtigkeit zwischen Perspektiven und Zeitebenen hin und her. Ich habe lange nicht verstanden, was da eigentlich im Busch ist und es hat mich kein bisschen gestört, weil diese grandiose Geschichte so wahnsinnig gut erzählt ist und immer neue Überraschungen bietet. Es gibt viele Twists und Entwicklungen, die unvorhersehbar und gleichzeitig komplett plausibel sind – und immer, wenn ich mir etwas doch nicht so recht erklären konnte, wurde irgendwann eine wasserdichte Begründung nachgeliefert. „Ein ungezähmtes Tier“ ist ein einziges spannendes Lesevergnügen und ich kann es nur absolut empfehlen. Einzig das Cover ist diesmal nicht mein Fall: Den dicken, glänzenden, weißen Rand oben und rechts empfinde ich als störend und vom Bild ablenkend.

Bewertung vom 07.03.2025
In einem Zug
Glattauer, Daniel

In einem Zug


ausgezeichnet

Kammerspiel auf Schienen

Dieses Buch dürfte ein wunderbarer Begleiter für eine Zugfahrt sein – je nach Länge der Strecke bzw. ungeplanter Verlängerungen der Fahrtzeit lassen sich die 204 Seiten vielleicht sogar in einem Zug durchlesen. Und Vergnügen bereiten sie auch.

Bestseller-Autor Eduard Brünhofer, der Ich-Erzähler dieses kurzweiligen Romans, ist auf dem Weg von Wien nach München, wo er ein Treffen mit seinem Verlag hat. In seinem Zugabteil sitzt eine Frau, wie er selbst ganz untypisch weder in ihr Handy noch in ein Buch oder eine Zeitschrift vertieft. Schnell finden sich die beiden in einem Gespräch wieder und lassen dabei jeglichen Smalltalk bald hinter sich, denn plötzlich geht es nur noch um die Liebe – theoretisch Brünhofers Fachgebiet, denn er ist spezialisiert auf Liebesromane und außerdem bereits mehrere Jahrzehnte mit seiner Ehefrau zusammen. Reisebekanntschaft Catrin dagegen ist Psychotherapeutin und glaubt weder an die große Liebe noch an langfristige Beziehungen. Es wird lebhaft diskutiert, wobei ich Catrins indiskrete Fragen ab und zu etwas anstrengend fand. People-Pleaser Brünhofer ging es da wohl ähnlich, aber er enttäuscht sein Gegenüber nicht. Überhaupt sind seine hin und her schweifenden Gedanken – über sich selbst, sein Schaffen, seine Ehe, seine Reisebekanntschaft und vieles andere – pointiert, humorvoll, selbstironisch und machen Spaß; da fällt es kaum ins Gewicht, dass Catrin in ihrer Penetranz ab und zu etwas nervig wirkt.

Der Roman besteht zu großen Teilen aus einem langen stream of consciousness. „In einem Zug“ umfasst tatsächlich fast nur diese eine Zugfahrt. Das Gespräch findet im Abteil und im Speisewagen statt und hat dadurch Kammerspiel-Charakter. Als Leserin hatte ich mich gefühlt auf dem Nachbarsitz eingerichtet und schließlich den Eindruck, meine Gegenüber nun gut zu kennen. Als sich Buch und Reise dann dem Ende zuneigten und ich keine größeren Überraschungen mehr erwartet habe, hat mich Glattauer allerdings mit einem eleganten Finaltwist gekonnt verblüfft. Da schließt sich ein Kreis so vollkommen, dass es mich sowohl beeindruckt als auch amüsiert hat. „In einem Zug“ ist mein erster Glattauer, mein letzter wird es wohl nicht sein.

Bewertung vom 04.03.2025
Entschuldigung!
Ottenschläger, Madlen

Entschuldigung!


ausgezeichnet

Drachenstark und federleicht

Sibil und Theo sind Freunde und wohnen ganz oben in einem Mehrfamilienhaus. Und was passiert, wenn ein matschverschmierter Fußball von dort mit lautem Kawumm das Treppenhaus runterhüpft? Sibil und Theo flitzen fröhlich hinterher und rufen den Nachbarinnen und Nachbarn im Vorbeilaufen „Entschuldigung“ zu. Einer ist gar nicht da, einer fühlt sich nicht gestört, aber vor einer Tür kippt die Einkaufstasche um, es geht etwas zu Bruch und eine Nachbarin wird nach ihrer Nachtschicht unsanft aus dem Schlaf gerissen. Als Sibil und Theo sich mit dem eingefangenen Ball wieder auf den Weg nach oben machen, üben sie Schadensbegrenzung, wo Schaden entstanden ist. Und das ist gar nicht so schwer – nicht für die Kinder, aber auch nicht für eine Erwachsene, die sich ebenfalls entschuldigt, weil sie im ersten Affekt wütend losgemotzt hat.

Ein sehr hübsch bebildertes Buch über einen wilden Ritt durchs Treppenhaus und den geordneten Rückzug. Der Mikrokosmos Mehrfamilienhaus wird schon auf der ersten Doppelseite so toll und farbenfroh illustriert, dass er auch für kleine Kinder erfassbar ist. Wir haben beim Lesen mehrmals zurückgeblättert, um nochmal zu schauen, wer wo wohnt und wie eingerichtet ist. Darüber hinaus hat mir die Botschaft dieses Bilderbuchs sehr gefallen: Dass sich alles lösen lässt, auch wenn die Dinge mal kurz aus dem Ruder gelaufen sind. Es ist – im Wording des Buches – drachenstark, wie sich Kinder und Erwachsene hier auf Augenhöhe begegnen. Da muss dann auch nichts vertuscht oder verheimlicht werden. „Sorry seems to be the hardest word“ – hier nicht! Ein temporeiches Kinderbuch, das ein auch für Erwachsene nicht immer einfaches Thema federleicht aufbereitet.

Bewertung vom 15.02.2025
Streit! Und nun? Das artgerecht-Bilderbuch von Nicola Schmidt
Schmidt, Nicola

Streit! Und nun? Das artgerecht-Bilderbuch von Nicola Schmidt


ausgezeichnet

Konfliktlösung für die Kleinsten – einfühlsam geschrieben und super niedlich illustriert

Ein großartiges Buch, um mit Kleinkindern über verschiedenste Streit-Situationen ins Gespräch zu kommen. Vogel, Maus, Schlange und Hirsch toben auf dem Spielplatz, wo es alles gibt, was das Kinderherz begehrt. Doch die gute Laune droht mehrmals umzuschlagen: Der Vogel will immer als erster rutschen, die Maus besetzt die Schaukel zu lange und der Hirsch hat keine Lust, mit den anderen im Sandkasten eine Burg zu bauen. Wie klärt man solche Konflikte? Zum Glück sind Oma Maus, Opa Schlange, Tante Vogel und Bruder Hirsch mit von der Partie und helfen behutsam, Lösungen zu finden. Rückfragen wie „Was brauchst Du?“ werden gestellt, alle Beteiligten können ihre Wünsche äußern und am Ende sind kleine und große Tiere zufrieden. Meine Kinder finden das Buch total faszinierend – auch wegen der liebevollen, detaillierten Zeichnungen. Denn auf dem Spielplatz gibt es noch viel mehr zu entdecken als die tierischen Hauptfiguren: Eichhörnchen streiten sich um einen Ball, der schließlich Opa Schlange am Kopf trifft und eine Käferfamilie erlebt abseits vom Spielplatztreiben ihre eigenen Abenteuer. Das Buch macht damit gleich auf mehreren Ebenen großen Spaß. Außerdem ist mir noch die Papierqualität positiv aufgefallen: Die Seiten scheinen etwas dicker als in anderen Bilderbüchern; das Buch fühlt sich dadurch auch noch sehr wertig an. Große Empfehlung für kleine Leserinnen und Leser – und ihre Eltern, denn ich habe selbst einige gute Impulse zur Streitschlichtung mitgenommen.

Bewertung vom 07.02.2025
Apartment 5B
Unger, Lisa

Apartment 5B


gut

Wenn die Luxusimmobilie zum Albtraum wird

Rosie und Chad können ihr Glück kaum fassen: Völlig unverhofft haben sie die Eigentumswohnung von Chads verstorbenem Onkel geerbt. Damit scheinen die Autorin und der Schauspieler ihre Geldsorgen erst einmal los zu sein – oder? Das Hausgeld im renommierten Windermere ist nicht gering und New York generell eine teure Stadt. Trotzdem scheint das Erbe gerade für Rosie ein Glücksgriff zu sein, hat sie doch beschlossen, ihr zweites Buch über das Gebäude zu schreiben, das eine dunkle Vergangenheit zu haben scheint. Vor Jahrzehnten gab es in der Luxusimmobilie mehrere tragische und auch mysteriöse Todesfälle, zu denen die ehemalige Verlagsmitarbeiterin recherchiert. Doch kaum eingezogen, bekommt sie den Eindruck, dass eventuell auch heute noch nicht alles im Windermere mit rechten Dingen zugeht …

Das Cover wird diesem Thriller leider kein bisschen gerecht. Rosie und Chad ziehen in besagtes Apartment 5B, was aber nicht direkt unterm Dach liegt, und den luxuriösen Windermere-Wohnkomplex stelle ich mir auch um einiges ansehnlicher vor als den düsteren Kasten auf dem Cover. Der Titel wirkt wie gesprayt, etwas Stattlicheres hätte hier besser gepasst. Die Geschichte selbst hat mich alles in allem gut unterhalten. Ab und zu habe ich befürchtet, die Handlung würde ins Übersinnliche und vielleicht auch Trashige abdriften, aber es blieb noch in einem für mich halbwegs akzeptablen Rahmen. Spannend ist der Thriller auf jeden Fall und ich konnte mir lange keinen Reim auf die Ereignisse machen. Teilweise fand ich sie auch etwas an den Haaren herbeigezogen und das Verhalten der Figuren wenig nachvollziehbar und ziemlich naiv, doch die Auflösung geriet dann tatsächlich schlüssiger, als ich zwischendurch zu hoffen gewagt hatte.

Bewertung vom 04.02.2025
Die Maus hat einen neuen Freund
Kling, Marc-Uwe

Die Maus hat einen neuen Freund


sehr gut

Süßes Kinderbuch über eine ungewöhnliche Freundschaft

Die verschmitzte Maus (mit deren Augenringen ich mich als Mutter gleich prima identifizieren konnte) und der freundliche Dino sind ziemlich unterschiedlich. Das zeigt schon der erste Blick aufs Cover dieses niedlichen Kleinkinder-Pappbuchs, denn der Dino ist so groß, dass man nur einen Teil seines Kopfes sieht, während das Mäuschen komplett abgebildet ist. Freunde sind sie trotzdem und können ganz prima Zeit miteinander verbringen, was Marc-Uwe Kling in fröhlich-stimmungsvollen Reimen schildert. Die Wort-Bild-Kompositionen sind perfekt, trotzdem hätte ich mir noch ein bisschen mehr Text gewünscht, um das Vorlesevergnügen zu verlängern. Mitsprechen lassen sich die Verse bestens und die Bilder laden zum Staunen ein. Am Ende scheinen Maus und Dino an die Grenzen ihrer Freundschaft zu stoßen, müssen sie doch einsehen, dass der Dino die Maus nicht zu Hause besuchen kann. Doch Mama Maus hat eine zündende Idee und so steht dem Übernachtungsbesuch nichts mehr im Wege. Süße Geschichte!