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Buchstabengeflüster

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Insgesamt 214 Bewertungen
Bewertung vom 31.10.2025
Glory of Broken Dreams / Devil's Dance Bd.1
Braun, Ruby

Glory of Broken Dreams / Devil's Dance Bd.1


sehr gut

Dezente, unheimliche und fesselnde Magie

Charlies großer Traum ist es eine gefeierte Tänzerin zu werden, deshalb ist sie glücklich als Varietétänzerin im Hotel Lichtenstein angenommen zu werden. Denn im Hotel finden rauschende Bälle statt, auf denen Wünsche erfüllt werden und diese Chance kann sie sich sie für ihren großen Traum nicht entgehen lassen! Da sie dort nur in Begleitung kommen kann, fragt sie den ruhigen Showboxer Willem, der diese Möglichkeit nutzt um seinen Bruder im Grandhotel zu finden. Ihre Erlebnisse werden mittels der Ich-Perspektive von beiden Protagonisten erzählt.

Der Anfang der Geschichte ist unspektakulär und zeitweise etwas holprig. Charlie glaubt an Magie und möchte unbedingt die geheimnisvollen Bälle des Hotels besuchen. Gleichzeitig glaubt sie der Warnung ihrer Schwester nicht, dass man durch den Arbeitsvertrag ans Hotel gebunden ist und bei Nichteinhaltung den Mitarbeiter/innen furchtbare Dinge geschehen. Alles für den großen Traum! Zeitweise hatte ich auch dadurch den Eindruck, dass die Magie in Frage gestellt wird, wäre da nicht Willem gewesen, dessen Erlebnisse zu viel des Zufalls wären, sodass es sich um Magie handeln muss.

Die Magie in dem Luxushotel Lichtenstein ist oft eher dezent, aber wenn sie wirkt, dann doch erschreckend und tragisch. Der Garten des Hotels mutet verwunschen an, die Wunschtombola ist bunt und leuchtend und die Bälle bieten unter anderem verzauberte Gegenstände. Dadurch entsteht ein geheimnisvoller und magischer Vibe, aber auch ein unheimlicher. Ein Grandhotel, in dem unerklärlichen Dinge geschehen und in dem Magie nicht nur Gutes bewirkt – das passt perfekt in diese Jahreszeit! Für Leser/innen, die keinen großen Grusel mögen, ist die geheimnisvolle, erschreckende und dezent übersinnliche Geschichte perfekt.

Charlie ist nicht unbedingt die größte Sympathieträgerin, denn sie ist störrisch, wild und unsicher, aber doch sehr nahbar dargestellt. Willem ist liebenswürdig und sehr wortkarg. Die Liebe der beiden Protagonisten füreinander konnte ich nicht immer nachvollziehen, besonders bei Willem waren seine Gefühle für Charlie plötzlich da. Da die Beziehung wichtig ist, aber nicht unbedingt viel Raum in der Geschichte eingenommen hat, ist die spicy Szene meiner Meinung nach auch unnötig. Die anderen Tänzerinnen der Varietégruppe haben alle unterschiedliche Lebensgeschichten, was eine nette und vielfältige Truppe ergibt. Die Geschichte behandelt dadurch auch in positiver Weise Themen wie Diversität, Selbstwertgefühl und Diskriminierung. Charlies Schwester Wanda mag anfangs etwas streng und blass wirken, aber im Laufe der Geschichte wird sie immer interessanter und auch eine wichtige Schlüsselfigur, weshalb ich sehr, sehr gespannt auf Teil 2 bin. Nicht zuletzt wegen dem gewaltigen Showdown und Cliffhanger am Ende.


Fazit:
„Glory of broken Dreams“ ist ein Urban Fantasy Roman mit vielfältigen Charakteren. Die Magie kommt zunächst verhalten und unscheinbar daher, ist aber trotzdem sehr eindrucksvoll, erschreckend und fesselnd. Das perfekte Herbstbuch mit magischer Fantasy und einem dezenten Touch Grusel.

Bewertung vom 30.10.2025
Der Laden in der Mondlichtgasse
Kurisu, Hiyoko

Der Laden in der Mondlichtgasse


sehr gut

Ruhige Kurzgeschichtensammlung

Dieses Buch besteht aus sechs Kurzgeschichten, in denen von unterschiedlichen Menschen erzählt wird, die gerade etwas sehr stark beschäftigt, und dem Fuchsgeist, der die Confiserie betreibt. Die Personen finden magischerweise in die Mondlichtgasse, wo sich der Laden mit allerhand leckeren japanischen Süßigkeiten befindet, die aber alle eine magische Komponente haben und somit diesen Menschen bei ihrer Angelegenheit hilft.

Ich bin kein Fan von Kurzgeschichten und doch muss ich sagen, dass mir hier alle zugesagt haben. Das hängt unter anderem mit dem tollen Schreibstill von Hiyoko Kurisu zusammen, da sie die Gefühle und Gedanken der Protagonist/innen sehr intensiv und klar beschreibt. Auf wenigen Seiten schafft sie es, die unterschiedlichen Charaktere gekonnt darzustellen und ihre Unsicherheiten nachvollziehbar zu schildern.

Der Süßigkeitenladen in der Mondlichtgasse wird sehr anschaulich beschrieben und ich bin nun gespannt auf all die japanischen Naschwaren. Im Glossar werden diese erläutert, sowie auch Kleidungsstücke und weitere Begriffe aus der japanischen Kultur, was dieses Buch sehr schön abrundet. Außerdem befindet sich an jedem Kapitelanfang eine hübsche Zeichnung von der entsprechenden Süßigkeit, was mir auch sehr gut gefällt.

Die Protagonist/innen in diesem Buch, meist sehr jung, sind anfangs z. B. unsicher oder hadern in einer zwischenmenschlichen Beziehung. Die Angelegenheiten sind mitten aus dem Leben gegriffen und sehr nachvollziehbar, ob man es nun selbst erlebt hat oder nicht. Die Erkenntnisse der einzelnen Geschichten werden ruhig und liebevoll entwickelt. Die Hintergrundgeschichte des Fuchsgeistes Kogetsu finde ich sehr berührend, wenn auch teilweise etwas unspektakulär. Aber das gesamte Buch ist in sich rund und eine beschauliche Geschichte.


Fazit:
„Der Laden in der Mondlichtgasse“ ist ein schöner und ruhiger Roman über Themen, die uns selbst oder im Miteinander beschäftigen. In Kurzgeschichten kommen die Protagonist/innen zu Wort und in den Genuss der magischen Süßigkeiten. Dieses kurze Buch ist perfekt für ruhige Lesestunden zum Entspannen und Innehalten.

Bewertung vom 08.10.2025
Hustle
Bähr, Julia

Hustle


sehr gut

Erfrischend anders

Leonie arbeitet eigentlich als Pflanzengenetikerin, doch als ihr Chef ihre Ergebnisse als seine ausgibt, verlässt sie das Unternehmen mit Kresse auf jeder erdenklichen Oberfläche seines Büros. Ihr neuer Job führt sie quer durch Deutschland nach München. Aber dort ist das Zimmer klein, teuer und die Arbeit wenig glamourös. Doch dann trifft sie auf Geneviève und nutzt ihren Ideenreichtum für Racheaktionen als Nebenjob.

Der Schreibstil von Julia Bähr ist nüchtern, prägnant und die Gefühle der Protagonisten eher versteckt. Es wird die Gedankenwelt von Leonie nicht direkt beschrieben, eher wird etwas Bestimmtes erwähnt und der darauffolgende Satz enthält vielmehr eine Wertung von Leonie. Die Autorin schreibt auch locker, amüsant und gelegentlich ironisch. Ich musste an so vielen Stellen lachen! Zum Beispiel als Leonie die Angabe der Uhrzeit mit „viertel“ lernen sollte. Leonies Racheaktionen sind sehr raffiniert und ich hab stets amüsiert und etwas ängstlich verfolgt, wie sie diese ausführt. Die Geschichte ist insgesamt erfrischend anders, was mir sehr gut gefallen hat.

Das Buch liest sich oft als Momentaufnahmen von Leonies Leben. Wir erfahren über einige Monate hinweg ihren Alltag: Wie sie ihre langweilige Arbeit verrichtet, neue Leute trifft, insbesondere Dates, ihre ausgeklügelten Racheaktionen plant und ausführt und sich mit den anderen drei Frauen trifft, die freundlich und unerschrocken sind. Dabei werden auch Themen wie Moral, Konsum, Freundschaft (Nam ist mein Lieblingscharakter) und Gesellschaftskritik angerissen. Die Geschichte nimmt zum Schluss hin einen Spannungsbogen auf, endet für mich aber trotzdem etwas unzufrieden. Bei einigen Handlungssträngen habe ich mich gefragt, warum diese eingebaut wurden oder wohin sie führen sollten (z. B. streitende Eltern, Diebstahl auf der Arbeit). Das Ende der Geschichte ist natürlicherweise nicht das Ende von Leonies Leben, aber die Grenze für meine ungeklärten Gedanken.


Fazit:
„Hustle“ ist wirklich außergewöhnlich und erfrischend anders. Der Schreibstil ist locker, amüsant und prägnant. Die Geschichte über Leonies Leben in München ist teilweise trist, aber durch ihren Nebenjob des Racheengels auch spannend und aufregend. Am Ende sind mir einige Handlungsstränge zu offen und man fragt sich immer noch amüsiert: Was hab ich hier gerade gelesen?

Bewertung vom 08.10.2025
Stay With Me in Willow Falls / Willow Falls Bd.2
Milán, Greta

Stay With Me in Willow Falls / Willow Falls Bd.2


ausgezeichnet

Herzerwärmende New Adult

Paige hat ein erfülltes Leben: Sie werkelt an alten Möbeln und stellt allerhand Holzdekorationen her, betreibt damit ihr eigenes Geschäft, hat eine liebevolle Familie, wie auch eine tolle Freundesgruppe, mit der sie Spaß haben und ihre Gefühle teilen kann. Bloß fehlt ihr zum großen Glück noch ein Partner und sie sehnt sich immer mehr nach jemanden an ihrer Seite. Ihr derzeitiges Date findet sie leider zu anstrengen und zu dieser Enttäuschung muss auch noch Miles nebenan einziehen, der ihren Bruder und sie selbst vor acht Jahren physisch wie psychisch verletzt hat. Täglich begegnet sie ihm mit Wut und Abneigung, aber irgendwie ist da auch immer noch die Zuneigung zu dem alten Freund der Familie.

Ich hab diese Geschichte von Anfang an sehr gemocht. Mit Paiges Leidenschaft für Holzarbeiten, dem Apfelbaum im Hinterhof, der an ihr Elternhaus erinnert, und ihrer herzlichen Freundesgruppe lebt Paige ein alternatives Leben, das ich gerne führen würde. Ich war von der ersten Seite bei Paige und in Willow Falls zu Hause, denn das kleine Städtchen und Paiges Leben sind so gemütlich und ansprechend, dass ich mich direkt wohl gefühlt habe. Das Buch versprüht auch etwas Herbstflair, da es in dieser Jahreszeit spielt, aber noch viel mehr diese Geborgenheit, weshalb ich es so gerne gelesen habe.

Aufgrund des Unfalls, für den Miles vor acht Jahren verantwortlich war, ist er aus Paiges Leben verschwunden und sie zu Recht bis heute noch sauer. Doch da die beiden sich den Hinterhof teilen müssen und immer wieder aufeinander treffen, beschließt sie sich an den unerwünschten Nachbarn zu gewöhnen. Kurz darauf kommen die zwei Protagonisten nicht nur miteinander klar, sondern fällt ihnen auch direkt die Attraktivität des Gegenübers auf. Und das wirklich auf beiden Seiten, denn die Geschichte wird aus zwei Erzählperspektiven geschildert, was ich wirklich passend fand. Das hat mich anfangs ziemlich genervt, weil es so extrem und besitzergreifend war, aber ich hab die gemeinsamen Momente von Paige und Miles auch gleichzeitig genossen. Und meine Missstimmung hat sich auch schnell gelegt, weil ich es sehr mochte, wie die beiden sich immer näher kommen und langsam anfreunden. Ohne es zu verniedlichen, fand ich die gemeinsame Geschichte von Paige und Miles einfach süß. In vielen kleinen Momenten, als sie sich z. B. mal selbst belügen bezüglich ihrer Gefühle oder Miles extreme Eifersucht gespürt hat, hab ich einfach wissend gegrinst. Die Liebesgeschichte ist wirklich sehr liebevoll und herzerwärmend entwickelt und beschrieben. Das Ende wird noch spannend (wobei ich es geahnt habe) und berührend. Ich hab Paiges und Miles‘ Geschichte mit einem Lächeln geschlossen und freue mich zu den anderen Charakteren nach Willow Falls zurückkehren zu dürfen.


Fazit:
„Stay with me in Willow Falls“ ist eine wunderschöne und liebevolle Geschichte rund um die herzliche Paige und auch bezüglich ihrer Liebesgeschichte. Von Anfang an habe ich mich aufgrund der liebenswürdigen Charaktere und des Settings so wohlgefühlt. Aspekte der Liebesbeziehung, die mich oft in solchen Geschichten nerven, sind perfekt eingebaut bzw. entwickeln sich glücklicherweise schnell wieder weiter. Ich hab mich in der Geschichte einfach so wohlgefühlt, dass ich am liebsten ein Teil von Paiges Leben wäre.

Bewertung vom 24.09.2025
Katabasis
Kuang, R. F.

Katabasis


gut

Sehr komplex, verwirrend und düster

Alice ist eine sehr ehrgeizige Doktorandin der Analytischen Magie in Cambridge und arbeitet unter dem besten Magier der Welt, Professor Grimes. Als dieser durch einen Fehler im magischen Pentagramm stirbt, entschließt sich Alice ihm in die Hölle zu folgen und zurückzuholen. Dabei schließt sich plötzlich Peter an, das Genie in ihrem Jahrgang. Die beiden haben alte Werke von Philosophen studiert, die bereits in die Hölle gereist sind und dadurch versucht sich auf die sieben Höllenkreise mit deren jeweiligen Todsünde vorzubereiten. Doch haben sie alle Gefahren bedacht, einschließlich ihrer eigenen Gefühle?

Der Aufbau und das System der Hölle waren sehr verwirrend für mich. R. F. Kuang kann beeindruckende und stimmige Geschichten schreiben, das hat sie bisher hinreichend bewiesen. Aber hier ist mir die Geschichte leider zu komplex gewesen. Als Alice und Peter in der Hölle ankommen sehen sie zwar eine Knochenwand, aber auch direkt Gebäude, die aussehen wie ihre Uni, was mich zunächst enttäuscht hat. Alice‘ und Peters Ziel ist es ihren verehrten Professor zu finden, aber trotzdem kamen mir die beiden oft ziellos vor. Außerdem hat die Hölle für Lebende, wie die beiden es sind, andere Regeln als für die verstorbenen Seelen. Und das Vorankommen in den Höllenkreisen unterliegt auch bestimmten Regeln. Aber WIE sehen die Regeln aus? Ich hab das oftmals nicht verstanden, warum die beiden etwas taten, warum nicht und warum sie weiter zogen oder überhaupt wohin. Dabei hilft es auch nicht, dass alle alten Philosophen und Magier, die bereits in die Hölle gereist sind, andere Aufzeichnungen angefertigt haben und die beiden Protagonisten sich auch überhaupt erst einmal einen Überblick bzw. Lageplan über die Hölle machen mussten. Es ist okay, wenn vieles schwammig ist oder sich erst entwickelt, aber irgendwann kommt der Punkt, wo man das auch den Leser/innen verständlich nahe bringen muss. Die Erklärungen anhand von Philosophie und mathematischer Logik sind zwar faszinierend, aber oftmals auch nicht verständlich. Entweder hätte die kluge Autorin hier die unnötigen Erläuterungen weglassen sollen oder genauer und einfacher veranschaulichen.

Mit der Zeit wurden die abstrakten Erklärungen weniger und die Charaktere der Geschichte weiter herausgearbeitet. Wir treffen nämlich auf Alice und Peter als sie gerade in die Hölle hinabsteigen. Während sie sich dort ihren Weg bahnen, gibt es immer wieder Rückblicke in ihre Studienzeit. Die Autorin hat die Vergangenheitskapitel dabei wirklich geschickt beschrieben, sodass wir Alice, Peter und den Professor immer besser kennenlernen. Die Hölle selbst ist natürlich kein Spaziergang und wurde vor allem als grau und trist beschrieben. Die Schilderung von Alice‘ Studium selbst kann damit aber gekonnt mithalten. Es gibt viele ernste und düstere Themen, die dem Genre Dark Academia alle Ehre machen (Triggerwarnung). Ab diesem Zeitpunkt wurde ich viel mehr mitgerissen, als bei den vielen Mikroabenteuern in den Höllenkreisen. Die Geschichte wurde im letzten Drittel sehr, sehr fesselnd, wirklich schockierend, absolut schmerzvoll und gleichzeitig berührend zu lesen.

„Im Kern ging es bei Magie nicht um komplizierte Mathematik oder Logik oder Linguistik, sondern darum, dass man daran glaubte. Durch den Glauben entfaltete ein Zauber seine Wirkung. Es war gar keine Frage der Algorithmen, sondern der Selbsttäuschung.“ S.155f


Fazit:
Das Buch „Katabasis“ macht seinem Genre Dark Academia wirklich alle Ehre. Zunächst folgt man Alice und Peter auf ihrem oft nebulösen und komplexen Weg in der Hölle, was für mich verwirrend und bis heute teilweise unverständlich war. Später werden die Themen immer düsterer und wohl auch die akademische Ausbildung an Unis und deren Schwächen kritisiert (Buch spielt vor der Jahrhundertwende). Was anfangs philosophisch und abenteuerlich beginnt, wird immer mehr charakterorientiert, geheimnisvoll und fesselnd.

Bewertung vom 17.09.2025
Der Garten der kleinen Wunder
Koelle-Wolken, Patricia

Der Garten der kleinen Wunder


gut

Ruhig, naturverbunden, inrovertiert

Die Mittdreißigerin Toja illustriert Notizbücher, wohnt in einem Pflanzenparadies und hat ihren Platz im Leben gefunden. Aber nicht zuletzt durch Wille, einer eigenwilligen Frau, der sie als Jugendliche begegnet ist. Als die 14-jährige Nachbarin Vica an Tojas Gartenzaun steht, wird sie an diese Zeit erinnert. Trotz des Unbehagens von Vicas Vater, der Toja und deren Mitbewohner Bär als schräge Künstler mit einem verwilderten Garten sieht, besucht Vica den Nachbarsgarten immer öfter und es entspinnt sich eine zarte Freundschaft.

Diese Geschichte ist ruhig und leise, hat dafür aber eine umso größere Botschaft: Denn jede*r ist genauso richtig, wie man ist, insbesondere auch Introvertierte und Hochsensible, die aufgrund ihres ruhigen Verhaltens meist hinter Extrovertierten untergehen. Vica fühlt sich deshalb oftmals nicht wohl, was ihr Vater nicht versteht. Doch Toja ist genauso gestrickt, wodurch Vica in der älteren Namensvetterin eine Vertraute und in deren Garten einen Rückzugsort findet. Genauso wie Toja vor vielen Jahre mit Wille, deren Aufeinandertreffen durch Rückblicke in die Vergangenheit immer wieder erzählt werden. Ich kann mich an kein Buch erinnern, in dem ein introvertierter Mensch die Hauptperson ist und auch noch auf dessen Wesen so intensiv eingegangen wird. Ich finde es toll, dass hier durch Vica viele Beispiele aufgezeigt werden, um Introvertierte sichtbar zu machen und Verständnis für ihr Verhalten zu schaffen. Dies hat die Autorin sehr anschaulich dargestellt, nicht zuletzt durch ihren ruhigen, bildhaften und einfühlsamen Schreibstil. Man kann die Situationen gut nachvollziehen und erhält ein umfassendes Bild von den zurückhaltenden Charakteren.

Patricia Koelle-Wolkens Schreibstil ist gleichzeitig auch wunderschön. Ich mag die Wortwahl, besonders für die vielen schönen Naturbeschreibungen und die Vergleiche, die sich auch oft an Pflanzen oder Tieren orientieren. Tojas Garten ist ein besonderer Ort mit so vielen Pflanzen, Blumen und Minibiotopen. Ich liebe den naturnahen und blütenreichen Garten von Toja, vor allem mit dem Apfelbaum, an dem sich eine Rose hochrankt, und ebenso die wunderschönen Beschreibungen der Autorin dazu. In dem Buch hat sie auch Figuren von sehr bunten Tieren eingefügt, bei deren Schilderung man meinen mag, dass es sie nicht geben kann, weil sie zu schön aussehen um wahr zu sein, aber ich hab jedes gegoogelt und finde sie ebenfalls wunderwunderschön. Sucht mal Bilder von dem Mandarinfisch und dem Vogel Gabelracke!

Allerdings finde ich einige Aspekte im Buch zu sehr schwarz/weiß dargestellt: Vicas Vater lässt sich sehr schnell überzeugen seinen englischen Rasen auch mit bunten Blumen zu gestalten und schiebt das frühere Geschimpfe über die herübergeflogenen Samen auf den Gärtner ab. Ne, der macht nur was man ihm aufgetragen hat! Außerdem finde ich es schade, dass Toja applaudiert als Vica eine schwierige Situation verweigert und abhaut. Ja, wir Introvertierten erleben so oft Nachteile, was nicht fair ist, aber vielleicht sollte man sich für eine zielführendere Lösung einsetzen statt die ängstliche Jugendliche zu widerspenstigen Verhalten zu ermutigen und sie so erst ins nicht erwünschte Rampenlicht zu rücken. Es ist Fakt, dass durch viel Kontakt zu anderen Menschen die soziale Batterie für Introvertierte sinkt und wir erst einmal wieder Zeit für uns alleine brauchen, wogegen die Extrovertierten Kraft daraus ziehen. Aber nicht jede introvertierte Person hat enorme Probleme damit z. B. ein Referat zu halten, ein großes Fest/Wochenmarkt zu besuchen oder mit Gerüchen klarzukommen. Die drei Introvertierten in dem Buch haben immer gleich empfunden, sodass ich mich zu wenig gesehen gefühlt habe, zu wenig introvertiert. Ich habe den Eindruck, dass hier auch Hypersensibilität angesprochen wurde, ohne es aber beim Namen zu nennen. Es wäre schön gewesen, neben dem Extrem hier mehr Abstufungen zu haben.


Fazit:
„Der Garten der kleinen Wunder“ ist eine sehr leise und farbenprächtige Geschichte mit viel Liebe zur Natur und die Fähigkeit die kleinen Dinge zu schätzen. Es schafft Verständnis für Introvertiertheit, vielmehr Hochsensibilität. Nach anfänglichen Problemen in die Geschichte zu kommen, wurde mir auch einiges zu extrem dargestellt. Ansonsten ist die Geschichte ruhig und beinhaltet einen sehr schönen, bildhaften und einfühlsamen Schreibstil.
3,5 Sterne

Bewertung vom 11.09.2025
Neuanfang in Notting Hill
Clarke, Norie

Neuanfang in Notting Hill


gut

Tolle Idee, aber enttäuschendes Ende

Jess, Anfang 30, wurde von ihrem Freund getäuscht und steht ohne Geld und Wohnung da, weshalb sie nun bei ihrer besten Freundin wohnt. Doch diese erwartet Nachwuchs und braucht das Zimmer. Also geht Jess einen ungewöhnlichen Weg und meldet sich bei Joans Zeitungsannonce. Die 80-Jährige sucht Gesellschaft und Jess bringt bald wieder Leben in das Zuhause. Außerdem hat sie die Idee, dass Joane online und sie dafür offline geht. Dieser Tausch und die zunehmende Freundschaft der zwei wird abwechselnd und anschaulich aus deren beiden Perspektiven erzählt.

Die Idee, die Internetzeit zu tauschen, macht wirklich den Roman aus. Jess hat anfangs Probleme, weil sie so viel über ihr Handy trackt und tut, aber durch ihr Offlineleben datet sie durch Briefe über die Zeitung. Auch Joans aufbewahrte Briefe und Kontaktanzeigen mit ihrer alten Liebe fließen in den Text mit ein, sodass die Geschichte entschleunigt und romantischer wird. Insbesondere ein Brief von Joseph hat mich tief berührt (in der vorderen Innenklappe oder Leseprobe zu finden), weshalb ich das Buch unbedingt lesen wollte. Die Autorin hat mich an einigen Stellen sehr berührt, sodass ich ein ums andere Mal auch Tränen in den Augen hatte.

Die Geschichte hat mir anfangs sehr gut gefallen, weil durch Jess' und Joans Probleme und den Briefwechseln eine Tiefe entsteht, während das Geschehen anschaulich geschildert wird und nichts sinnlos kunstruiert wurde. Dass ich im weiteren Verlauf ein Detail geahnt habe, hat meinem Lesevergnügen auch nicht geschadet. Aber dass das Ende so schnell und simpel gelöst ist, hat mich leider gestört. Joans Liebesgeschichte ging etwas unter und Jess' war plötzlich da.. .dass sie auch immer das gute Aussehen eines Charakters so betonen musste, nervt in der heutigen Zeit nur. Wann sind wir in diesem Buch so oberflächlich geworden? Umd warum ist die Auflösung mit Jess' Ex-Freund so abstrus und das Detail mit dem Kino so rosarot? Nach dem guten Anfang mit der tollen Idee des Off-/Online-Tauschs hat mich das Ende enttäuscht.

Fazit:
"Neuanfang in Notting Hill" beinhaltet eine WG über viele Generationen hinweg und die tolle Idee, on- bzw offline zu gehen. Die Briefe und Botschaften in Zeitungen haben die Geschichte wunderbar bereichert und Tiefe verliehen. Leider hat mich das Buch zunehmend enttäuscht, weil es zu simpel, kunstruiert und oberflächlich geendet hat.

Bewertung vom 07.09.2025
Not Quite Dead Yet
Jackson, Holly

Not Quite Dead Yet


sehr gut

Fesselnder, anfangs gefühlloser Thriller

Die 27-jährige Jet lässt sich treiben und hat ihren Platz noch nicht gefunden, beruflich wie privat. Nachdem sie spätabends vom Halloween-Jahrmarkt heimkehrt, wird sie überfallen. Während sie im Familienanwesen auf dem Sofa sitzt, schlägt ihr jemand mehrmals auf den Kopf. Versuchter Mord, wie die Polizei ermittelt. Obwohl Jet im Krankenhaus nur benommen aufwacht, hat der unbekannte Eindringling jedoch sein Ziel erreicht: In sieben Tagen wird sie an einem Aneurysma sterben. Doch davor wird sie noch etwas Großes vollbringen, nimmt sich Jet vor, und zwar ihren eigenen Mord aufklären! Doch wer in ihrem Umfeld oder in ihrer Heimatstadt würde ihr so etwas antun?

Die Protagonistin Jet ist nicht unbedingt eine Sympathieträgerin. Dass sie beruflich schon einiges ausprobiert hat, aber nicht weiß, was sie dauerhaft machen möchte, finde ich okay. Aber sie ist auch egoistisch und stößt einige Leute vor dem Kopf, z. B. sollte sie ihren Eltern bei dem Auf- und Abbau ihres Standes auf der Halloweenparty helfen, doch hatte sie keine Lust dazu und lässt es dementsprechend bleiben. Allein, dass sie sich fest vornimmt ihren Mord aufzuklären und alles daran setzt, immer mehr Informationen zu sammeln, hat mir imponiert. Deswegen fand ich es anfangs eher schwer in die Geschichte einzutauchen. Man hat noch nicht viele Anhaltspunkte, was in der Halloweennacht geschehen ist und eine Protagonistin, die man nicht unbedingt als nett bezeichnen kann, was sollte mich da in der Geschichte fesseln? Trotzdem habe ich durchgehalten und es wurde zunehmend immer spannender.

Holly Jackson hat es einfach drauf: Sie erzählt diesen Thriller sehr geschickt und spannend. Jet findet nach und nach Geheimnisse oder Ereignisse über die Menschen in ihrem Umfeld heraus. Von Anfang an sind diese auch schockierend. Man taucht immer tiefer in die Geschichte ein und bekommt immer mehr Anhaltspunkte. Obwohl man doch einen recht überschaubaren Personenkreis hat, konnte ich trotzdem nicht bis zum Ende erraten, wer Jet umbringen wollte. Auch, als sich das Motiv langsam herauskristallisiert hat. Die Autorin hat mich überrascht, an die Seiten gefesselt und schlussendlich sogar berühren können. Denn mit jedem Tag zeigt Jet nicht nur immer mehr Symptome des wachsenden Aneurysmas, sondern auch mehr Menschlichkeit und Gefühl.


Fazit:
„Not quite dead yet“ ist wieder ein überaus spannender Thriller von Holly Jackson, auch wenn ich anfangs nicht mit der Protagonistin warm wurde und deshalb Probleme hatte, in die Geschichte zu finden. Aber diese wird zunehmend spannender, facettenreicher und schockierender. Holly Jackson hat es einfach drauf, einen überaus fesselnden Thriller zu gestalten.

Bewertung vom 07.09.2025
Never Trust Your Fake Husband
Carter, Ally

Never Trust Your Fake Husband


ausgezeichnet

Zwischen Haha und Oh nein!

Mitten in Paris liegt eine junge Frau verletzt auf dem Gehweg und sieht für den Agenten Sawyer wie seine Kollegin Alex aus. Doch wie es sich heraus stellt, hat die junge Frau durch ihre Kopfverletzung keine Erinnerungen mehr und scheint Alex‘ Zwillingsschwester zu sein. Da mehrere Behörden und auch Verbrecher nach Alex suchen, muss Sawyer mit der Unbekannten flüchten.

Das pastellene Cover und das Hochzeitspaar versprechen eine lockere Fake-Beziehung, weshalb es mich anfangs total überrascht hat, dass Sawyer und die junge Frau durch halb Paris gejagt werden. Jedoch hat mir die Verfolgungsjagd richtig gut gefallen! Zwischen Schüssen, Weglaufen und Verstecken versuchen die beiden herauszufinden, was hier los ist und Alex vor hat. Es ist richtig spannend und actiongeladen, aber auch oft lustig und teilweise absurd, typisch RomCom. Passenderweise ist die gedächtnislose Frau, Zoe, oft naiv, sorglos und tollpatschig. Deswegen musste ich in manchen Situationen meine Augen verdrehen. Aber nachdem ich mich schnell daran gewöhnt habe, dass Zoe plappert, wenn sie nervös ist und in brenzligen Situationen zeigt, dass sie auch gute Fluchtideen und Mut haben kann, hat mich die Geschichte richtig mitgerissen. Mit ihrem Verhalten bringt die Protagonistin eben auch erst Witz in die Geschichte und lockert die rasante Erzählung auf. Es ist spannend, amüsant und mit jedem weiteren ruhigen Versteck auch mal romantisch. Die zunehmenden Gefühle von Zoe und Sawyer haben mich berühren können und ich habe so sehr auf ein glückliches Ende für die beiden gehofft.

Die Geschichte wird aus beiden Perspektiven von Zoe und Sawyer erzählt. Durch den Titel wird direkt Argwohn aufgebaut und auch in seinen Kapiteln nicht alles erzählt, was schon Spannung erzeugen kann. Andererseits ist es schon seltsam, dass man etwas aus einer Erzählperspektive liest, diese aber nicht alles verrät. Wozu dann die zweite Perspektive? Ehrlicherweise finde ich sie unnötig (oder zu wenig genutzt, wie mans nimmt).


Fazit:
Von dem Cover von „Never trust your Fake Husband“ sollte man sich nicht zu sehr beeinflussen lassen, denn hinter der pastellfarbenen Seite verbirgt sich auch ganz schön viel Spannung und Action. Die Liebesgeschichte zwischen der gedächtnislosen Protagonistin und dem knallharten Agenten ist in eine brenzlige Verfolgungsjagd gebettet. Die romantic suspense Geschichte hat mich positiv überrascht und konnte mich fesseln und amüsieren.
4,5 Sterne

Bewertung vom 07.09.2025
Lichterloh - Stadt unter Ruß
Kempen, Sarah M.

Lichterloh - Stadt unter Ruß


ausgezeichnet

Starke Protagonistin

Die junge Cleo lebt in einer Stadt, in der alles mit Kohle betrieben wird und diese schwarze Brocken das wertvollste überhaupt sind. Ihr größter Traum ist es Schornsteinfegerin zu werden, doch diese gehören der Elite an und bilden darin nur ihre eigenen Kinder aus. Nachdem sie in einem ärmlichen Viertel, wo fast nie die Kohlegeräte und Öfen gewartet werden, ein Feuer löscht, soll sie eigentlich bestraft werden, doch die Bewohner/innen des Viertels feiern sie für ihren Einsatz. Deshalb darf Cleo die Ausbildung als Schornsteinfegerin absolvieren, doch viele Leute wollen sie scheitern sehen.

Rußstadt macht ihrem Namen alle Ehre: Auf allem liegt eine Schicht Ruß und sogar der Himmel ist grau und nicht gänzlich zu sehen. Die meisten Menschen arbeiten in der Fabrik, wo all die kleinen Öfen hergestellt werden, die es wirklich für jede Tätigkeit gibt. Alles wird nur mit Kohle betrieben. Dadurch scheint die Stadt schäbig, was eine ziemlich düstere Atmosphäre hervorruft. Diese dunkle und triste Umgebung beschreibt die Autorin sehr anschaulich. Doch dagegen gibt es die sympathischen und starken Protagonisten. Cleo ist eine Kämpferin, die sich trotz aller Widerstände nicht von ihrer Ausbildung unterkriegen lässt. Mit jedem Tag an der Academy und der Ablehnung dort, gibt es immer wieder Momente, wo Spannung aufkommt und Cleo ihre Zielstrebigkeit, Einfallsreichtum und Begabung beweist. Außerdem hat sie ihre Schwester, die ebenfalls das System dieser Stadt nicht gut heißt, und viele weitere Freunde. Somit wird die Geschichte heller, freundlicher und herzlicher.

Die Autorin hat im Nachwort erwähnt, dass sie diese Geschichte aufgrund ihrer Faszination für Schornsteinfeger/innen erfunden hat. Trotzdem lässt sich mit der Nutzung der wertvollen Kohle auch gut Parallelen zu unserer realen Welt ziehen. Ich hab hier viel Sozial- und Umweltkritik herausgelesen, weil die Elite von Rußstadt immer reicher wird und die gute Luft für sich alleine beanspruchen, während die Umwelt verpestet wird. Vielleicht war das gar nicht beabsichtigt, aber auf jeden Fall bietet das einen passenden Rahmen für unsere starke Protagonistin, die sich geschickt und klug durch ihre Ausbildung manövriert und ob sie es am Ende schafft, müsst ihr selbst nachlesen.


Fazit:
„Stadt unter Ruß“ ist der Auftakt einer spannenden Reihe um eine beeindruckende und mutige Protagonistin, die sich aller Widerstände zum Trotz nicht unterkriegen lässt. Außerdem enthält die Dystopie natürlich auch einige Kritikpunkte wie mit der Umwelt und den Bürger/innen umgegangen wird, was sehr anschaulich dargestellt wird.