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Ranke
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Remagen

Bewertungen

Insgesamt 70 Bewertungen
Bewertung vom 15.03.2025
Der ewige Tanz
Schroeder, Steffen

Der ewige Tanz


ausgezeichnet

Tanz in den Abgrund
Anita Berber (1899-1928), die große Diva des Tanzes, Nackttänzerin und Stummfilmstar liegt mit Tuberkulose im letzten Stadium, verarmt und alleine im Berliner Bethanien-Krankenhaus. In dem riesigen Krankensaal, in dem sie mit vielen anderen Frauen liegt und leidet, erinnert sie sich an ihr Leben, das ein kurzer wilder Tanz war. Gegen die Schmerzen und das Elend erhält sie Morphium und fällt so immer wieder in fiebrige Träume, in denen sie ihr Leben vor sich ablaufen sieht oder mit Menschen spricht, die gar nicht da sind.
Das Buch ist eine atemlose Romanbiographie, in der das gesamte unglaubliche Leben der Anita Berber wie ein Film im Zeitraffer vor dem inneren Auge des Lesers abläuft.
Anita wuchs bei ihrer sehr toleranten Großmutter Lou und ihrer Tante auf, ihren Vater, den Geigenvirtuosen Felix Berber lernte sie erst spät kennen, ihre Mutter, eine Chansonsängerin, die in frivolen Kreisen verkehrte, sah sie nur von Zeit zu Zeit. Ihr ganzes Leben litt Anita darunter, dass die Mutter sie nicht liebte sondern nur an ihre eigene Karriere dachte.
Nach einer Tanzausbildung bei Dresden nahm Anitas Karriere schnell Fahrt auf. Auftritte in Kabaretts, die berühmten Nackttänze und viele Filmrollen - alles in nur wenigen Jahren. Aus heutiger Sicht war ihr Leben skandalös, Männer, Frauen, Koks, Morphium, Alkohol, Betrügereien - nichts hat sie ausgelassen. Das Leben nach dem ersten Weltkrieg war in Künstlerkreisen wohl so und auch schamlos. Dass es auch Armut und Hunger gab, mit dem sich das Gros der Bevölkerung in Deutschland herumschlagen musste, wird nicht erwähnt. Es war der Tanz auf dem Vulkan.
Ich kann nicht sagen, dass Anita mir als Mensch durch dieses Buch sympathisch geworden ist. Sie wirkt so gedankenlos, wobei wir natürlich auch nicht wissen, was sie tief im Innern gedacht haben könnte.
Das Leben und der Tanz reißen sie in einen Strudel und letztendlich in den Abgrund.
Auf jeden Fall hat Steffen Schroeder hier eine tolle Charakterstudie vorgelegt, deren Hauptdarstellerin bei allem, was man über sie weiß, doch sehr distanziert bleibt.

Bewertung vom 12.03.2025
Die Garnett Girls
Moore, Georgina

Die Garnett Girls


ausgezeichnet

Viel Stoff zum Nachdenken
"Die Garnett Girls" von Georgina Moore kommen in einem schönen thematisch zum Inselleben passenden Cover daher. Der Bucheinband selbst ist komplett türkis mit Wellen gestaltet. Das ist sehr gelungen und bildet eine gute Ergänzung zum Ort des Geschehens, der Isle of White.
Es handelt von den Frauen der Familie Garnett, Margo, ihre Schwester Alice sowie Margos drei erwachsene Töchter Rachel, Imogen und Sasha.
Ein grosser Teil ihres Lebens spielt sich auch jetzt noch in der einstigen Ferienvilla Sandcove statt, die nach der Trennung von Margo und ihrer Jugendliebe Richard zum Hauptwohnsitz wurde, da waren die Mädchen so zwischen 4 und 12 Jahre alt.
Wegen Richard hatte Margo mit 16 ihr Elternhaus verlassen, eigentlich führten sie eine aufregende Ehe, die aber irgendwann an Richards Alkoholkrankheit scheiterte. Seitdem darf sein Name nicht mehr erwähnt werden.
Inzwischen führt Margo ein chaotisches Leben, gibt legendäre Parties, trinkt selber bemerkenswert viel Alkohol und hat wechselnde jüngere Liebhaber. Die jungen Frauen sind selber bereits verheiratet oder verlobt, haben Kinder.
Spannend finde ich die Unfertigkeit der Frauen, ihre starken oft unausgesprochenen Konflikte - aber auch immer wieder der Zusammehalt.
Jede einzelne steht mal im Mittelpunkt des Romans, da sie aber alle so vielschichtig sind, hätte man über jede ein ganzes Buch schreiben können. Ich hatte ein anderes Ende erwartet und bin aber irgendwie stark von diesem Buch angezogen worden.

Bewertung vom 02.03.2025
Die Melodie der Lagune
Constable, Harriet

Die Melodie der Lagune


ausgezeichnet

Eine Romanbiographie, die einen atemlos macht
Schon das wunderbare blaue Cover mit dem Violinschlüssel verrät eine grosse Tiefe, die sich beim Lesen der romanhaften Biografie "Die Melodie der Lagune" dem Leser entblättert.
Ich hatte von dem Titel ein eher leichtes Werk erwartet. Aber die frei nacherzählte Geschichte von Anna Maria aus dem Waisenhaus der Pieta in Venedig kann genauso gewesen sein.
In der Pieta lernen begabte Mädchen ein Instrument uns dürfen im Orchester spielen. Wer nicht gut genug ist, dem droht die Zwangsverheiratung.
Anna Maria ist eine unglaublich begabte Violonistin und Komponistin und ihr Lehrer ist der berühmte Musiker Antonio Vivaldi. Sie ist genauso gut wie Vivaldi und doch der Nachwelt unbekannt.
Es wurde Zeit, dass Ihr dieses wunderbare Buch gewidmet ist.
Anna Maria sieht die Musik wie Farben vor ihrem inneren Auge und sie tut alles, um berühmt zu werden.

Bewertung vom 13.02.2025
Das Lieben danach
Bracht, Helene

Das Lieben danach


weniger gut

Buch hat mich leider nicht gepackt
Obgleich mich Cover, Klappentext und die Leseprobe zunächst sehr interessant erschienen, hat mich das vorliegende Werk von Helene Bracht leider nicht fesseln können.
Ich gebe zu, dass ich es ab Buchmitte etwa nur noch überflogen habe
Ich verspüre auch nicht den Drang, es erneut zu lesen.
Der jahrelange Missbrauch durch den pädophilen Nachhilfelehrer Strecker zieht sich wie ein roter Faden durch das Werk, in dem es darum geht, wie Leben und Lieben danach überhaupt noch gelingen konnte.
Ein trauriges uns wichtiges Thema, trotzdem hat mich das Buch, wie erwähnt irgendwie nicht richtig überzeugt. Eigentlich ist es ein Sachbuch und doch auch wieder irgendwie eine Art Lebensbeichte. Es war bestimmt sehr schwer, diese Erlebnisse niederzuschreiben. Irgendwie fehlte mir die Distanz, das alles zu verarbeiten. Auch die Schilderungen über das Liebesleben der Mutter, all dies lässt mich schockiert und ratlos zurück.

Bewertung vom 10.02.2025
Bis die Sonne scheint
Schünemann, Christian

Bis die Sonne scheint


ausgezeichnet

Feinfühlige Familiengeschichte
Das Cover des aktuellen Romans von Christian Schünemann sieht aus, als zeigte es Daniel Hormann, den Protagonisten, als Junge vor dem großen Schlitten seiner Eltern.
Klar, dass die Hormanns ein großes Auto brauchen bei vier Kindern, von denen Daniel das jüngste ist, und zwei Hunden.
Der Roman ist, wie Schünemann selber sagt, nach autobiographischen Vorgaben. Es handelt sich um seine Familie, Eltern, Großeltern usw, deren Leben eben auch beleuchtet wird. Und immer wieder landen wir am Anfang der 80er Jahre, Daniels Konfirmation steht kurz bevor und nach und nach wird ihm und den Lesern klar, dass seine Eltern pleite sind. Haus und Auto verschuldet, die Selbstständigkeit beider Eltern endet in der Insolvenz.
Trotzdem, man lässt sich nichts anmerken. Großmütter und Nachbarn sollen weiter annehmen, dass man in abgesicherten gutbürgerlichen Verhältnissen lebt. Nur die Tante in Amerika weiss aus den Briefen von Daniels Mutter wie es steht.
Alles in allem eine normale Familie, mit sehr sympathischen Schrullen. Und, als das Haus zwangsversteigert werden soll, fahren die Eltern erstmal mit den beiden jüngsten Kindern an die Cote d'Azur, der Sonne entgegen.
Niemals aufgeben, es gibt soviel Schönes.

Bewertung vom 10.02.2025
Coast Road
Murrin, Alan

Coast Road


ausgezeichnet

Berührend
Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, welches mich so seht berührt und begeistert hat.
Angefangen bei dem raffinierten Cover, das wie ein Gemälde einer irischen Küstenlandschaft wirkt, dessen Verpackung vorne aufgerissen ist und das unter dem Papiereinband nochmal ein komplettes Bild auf Buchfront und Buchrücken verbirgt.
Über die Handlung, die im katholischen Irland der 90er Jahre spielt, und die eingebettet ist in die politische und gesellschaftliche Debatte bis zur Legalisierung einer Scheidung.
Im kleinen Aardglas an der Coast Road spiegelt sich die irische Gesellschaft wieder. Die Ehefrauen und Mütter bzw. ihre teils komplizierten Ehen stehen im Mittelpunkt.
Die zugezogene Izzy, die sich mit ihrem Mann James seit 20 Jahren im Ehekrieg befindet, der immer nur für kurze Zeit unterbrochen wird. Dann die Dichterin Colette, die ihren Mann und die Söhne wegen eines anderen verlassen hat, und nun zurückkehrt aber ihre Söhne nicht mehr treffen darf. Sie leidet extrem und verfällt immer mehr dem Alkohol. Oder beispielsweise Dolores und deren Ehemann Donal, vor dem keine Frau in Aardglas sicher ist.
Am Ende ist Colette tot, dabei wäre sie vielleicht zu retten gewesen.
Es gibt viel Leid, vor allem für die Kinder in diesen zerrütteten Ehen und kein Entrinnen für die Ehepartner.
Wobei ich nicht mal glaube, dass mit der Scheidung die dort geschilderten Probleme und Sorgen weggewischt würden.
Ganz tolles Buch, sehr feinfühlig geschrieben.

Bewertung vom 15.01.2025
Die Villa
Ryder, Jess

Die Villa


sehr gut

Urlaubskrimi
Die Leseprobe und der Klappentext haben mich neugierig gemacht und der Urlaubskrimi mit coolem Cover war spannend zu lesen.
Er spielt teilweise vor 3 Jahren, als die Braut Aoife mit 4 Freundinnen ihren Junggesellinnenabschied bei Marbella feiert und am Ende brutal ermordet in der luxuriösen Villa liegt.
Jetzt 3 Jahre später hat Dani, die engste Freundin, alle Überlebenden zusammengetrommelt um den 3. Todestag wieder in Marbella zu verbringen und um zu verstehen, was damals passiert ist. Tiff, Beth und Celine fahren widerstehen mit.
Der Thriller ist spannend und immer wieder aus der Perspektive einer anderen jungen Frau erzählt. Meist allerdings aus der Sicht von Dani.
Einen Stern Abzug muss ich allerdings geben, weil mir nicht einleuchten will, warum Tiff und Celine in der ersten Person erzählen, während Beth und Dani in der dritten Person auftreten. Der Gebrauch des Präsens widerstrebt mir auch mehrfach.
Ansonsten tolles Buch für den Spanienurlaub.

Bewertung vom 17.12.2024
Ordnung für immer
Borgeest, Gunda;Thorbrietz, Dr. Petra

Ordnung für immer


ausgezeichnet

Die Hoffnung stirbt zuletzt
Ich bin sehr happy, dass ich dieses Buch rezensieren durfte. In letzter Zeit quäle ich mich mehrvund mehr mit der Unordnung in meiner Wohnung. Ich suche nach einer Systematik, mit der ich wieder Ordnung ins System bringen kann.
Das übersichtliche Büchlein, das von der Stiftung Warentest herausgegeben wird, regt zu einem gründlichen Studium an und verspricht "Ordnung für immer".
Nach der Einleitung werden im zweiten Kapitel systematisch alle Bereiche des Wohnumfeldes angegangen. Es steht einem ja frei, ob man alles exakt so ausführt, wie beschrieben.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit psychologischen Fragestellungen und wie heilend Ordnung wirken kann.
Im vierten Teil werden bestimmte Problemkonstellationen vertieft.
Am Schluss gibt es noch den Bereich Hilfe mit Tipps und Internetadressen.
Mir gefällt das Buch in seiner Unaufgeregtheit sehr gut.
Ab Neujahr werde ich versuchen, es Abschnitt für Abschnitt umzusetzen.

Bewertung vom 02.11.2024
Vielleicht hat das Leben Besseres vor
Gesthuysen, Anne

Vielleicht hat das Leben Besseres vor


ausgezeichnet

Schönes Buch
Ich habe das neue Buch von Anne Geesthuysen in einem Rutsch durchgelesen und es hat mir gut gefallen.
Wieder spielt es in der Gemeinde Alpen am Niederrhein. Im Mittelpunkt steht wieder die junge Pastorin Anna von Betteray und ihr lieber Hund Freddy.
Hilfreich ist es, wenn man das Vorgängerbuch "Wir sind schließlich wer" von Geesthuysen gelesen hat. So kennt man bereits einige Charaktere und die Vorgeschichte.
Im aktuellen Buch geht es vor allem um das Mädchen Raffaela, das seit einem schweren Unfall behindert ist und nun bewusstlos in einem Graben gefunden wird und im Krankenhaus im Koma liegt. Ihre Mutter Heike und ihr 20jähriger Bruder Johannes sorgen sich sehr um sie.
Ist Raffaela Opfer eines Verbrechens geworden? Manches spricht dafür.
So nimmt der Roman Fahrt auf und wird fast zu einem Krimi, wenn nicht noch die vielen liebevollen Details des Dorflebens und der verrückten Familie von Anna darin Platz gefunden hätten.
Ich war rundum zufrieden mit dem Lesevergnügen.

Bewertung vom 28.10.2024
Wenn nachts die Kampfhunde spazieren gehen
Brüggemann, Anna

Wenn nachts die Kampfhunde spazieren gehen


ausgezeichnet

Absolut empfehlenswert
Der aktuelle Roman von Anna Brüggemann ist wirklich ein Roman über Mütter und Töchter und über eine Familie mit starken Frauen.
"Wenn nachts die Kampfhunde spazieren gehen" ist der Titel des Buches und so zeigt das lila Cover mit rosaroten Schrift auch leicht verschwommen Lichter der Stadt im Abendschein . Dieser Titel ist natürlich als Metapher zu verstehen, und im Grunde ist es mir auch egal, wie das Buch heisst. Es beginnt im Jahr 1998, Regina und Edgar leben mit ihren Töchtern Antonia uns der anderthalb Jahre jüngeren Wanda in Bielefeld in gutbürgerlichen Verhältnissen. Regina hat eine gutgehende Psychiatrie-Praxis aber es wurmt sie immer noch, dass sie ihre Doktorarbeit zugunsten der Familie nie beendet hat. Antonia hat gerade ihr Abitur bestanden und ist bemüht, ihre eigenen Wege zu gehen, vor allem ihrer Mutter nichts zu erzählen und möglichst das Gegenteil von dem zu tun, was ihre Mutter such wünscht.
Wanda dagegen ist bemüht, alles so zu tun, dass ihre Mutter mit ihr sehr zufrieden ist. Dies bezahlt sie mit einer latenten Essstörung.
Das Buch reicht von 1998 bis 2022, das Jahr, in dem Regina stirbt. Im Grunde genommen geht es aber auch weiter zurück und weist ebenso in die Zukunft.
Inzwischen selbst Mütter gehen Antonia und Wanda sehr unterschiedliche Wege und kämpfen praktisch ein Leben lang um die Liebe ihrer Mutter.
Das Buch hat mich so ergriffen, denn unter der Idylle des Bildungbürgertums brodelt es eigentlich ununterbrochen.
Einfach nur glücklich ist hier niemand doch das ust so typisch in diesem Akademikermilieu. Zumindest wird ganz bewusst gelebt und sich mit seiner Frauenrolle auseinandergesetzt.
Ich kannte Anna Brüggemann bisher nur als Schauspielerin und bin jetzt von ihrer anderen Seite als Autorin sehr begeistert.