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LichtundSchatten

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Insgesamt 297 Bewertungen
Bewertung vom 05.06.2025
Toxisch Reich
Klein, Sebastian

Toxisch Reich


weniger gut

Norbert Bolz schrieb, dass man Bücher, die gendern, ungelesen vergessen könne. Ich machte hier eine Ausnahme, weil ich sehen wollte, wie ein studierter Psychologe und Unternehmensgründer extremen Reichtum einschätzt. Zudem war er in einem Bereich tätig, der mich als Buchliebhaber besonders interessiert. Seine Firma Blinkist war/ist ein Metoo zu Getabstract, beide bieten Buchzusammenfassungen gegen Entgelt an. Meines Erachtens lernt man daraus gar nichts, das soll hier aber keine Rolle spielen.

Man kann vielen Punkten von Sebastian Klein durchaus zustimmen. Zum Beispiel, wenn es um die Ausgestaltung unseres Rechtssystems geht. Tatsächlich können sich nicht alle Menschen Anwälte leisten, deren Schriftsätze bei Staatsanwälten und Richtern durchaus Eindruck machen, sie also Vorsicht walten lassen. Ärmere Menschen, die meinen ohne Anwälte auszukommen, werden hingegen schnell abgebügelt.

Richtigen Punkten steht allerdings ein großes Dilemma dieses Buches entgegen. Es schiebt nahezu alle Probleme unserer Gesellschaft auf Superreiche, die u.a. Gesetze nach ihrem Gusto durchdrücken könnten und z.B. bei der Erbschaftssteuer als Bremser wirken. Sogar das kann sein und müsste näher beleuchtet werden.

Falsch ist aber trotzdem die generelle Linie, die z.B. unterstellt, dass Superreiche nicht mehr wertschöpfend tätig seien, sondern nur noch Geld in großen Mengen hin und her spekulieren. Aber bei weitem nicht alle verhalten sich so. In dem Buch über die Quants von Herrn Jungbluth wird z.B. deutlich, dass bestehendes Vermögen in Start ups etc. investiert wird, man also im weitesten Sinne unternehmerisch tätig ist, sich also nicht nur auf Trader/Vermögensberater etc. verlässt.

Sebastian Klein war Teil der selbst ernannten Wirtschaftselite, die sich Unternehmensberater nennt und wollte nach dem Studium der Psychologie dort erfolgreich werden. Aber er langweilte sich bald ob des Egoismus und der Geldgier und strebte nach einem eigenen Startup Erfolg. Anfänglich verkauft er erfolglos eine altbekannte Idee, kühlende Halsbänder, danach entwickelt er ein Forum für Buchzusammenfassungen. Er bewundert neidvoll jene Startups, die genug Geld hatten für ihre Ideen, z.B. durch Erbe, und es ruhiger angehen lassen konnten. Hat er je untersucht, ob seine Ausgangslage ihn mehr motiviert hat als andere, die einfach Geld ausgeben konnten?

Wolfgang Grupp meint, dass Unternehmer, die sich einen Unternehmensberater holen, in gewisser Weise versagen. Er meint, wenn ein Fremder (also ein Berater) sofort erkennt, was im Unternehmen falsch läuft, dann sollte eigentlich der Chef selbst den Platz räumen, weil er es nicht erkannt hat. Deshalb lässt er keine Berater in sein Unternehmen, weil er als Inhaber selbst die Entscheidungen treffen und die Firma vollständig überblicken will. Für ihn ist es mithin ein Zeichen von Schwäche, wenn man einen Berater braucht, um die richtigen Entscheidungen zu finden. Nach den Ausführungen von Herrn Klein über das Beratungswesen kann ich dieser Sichtweise nur zustimmen, ohne allerdings die Notwendigkeit von externen Beratern gänzlich zu verdammen. Es macht oft sehr viel Sinn, über Berater, die ja andere Firmen kennen, dieses Wissen einfließen zu lassen, um interne Blindheit zu vermeiden.

„Gleichheit führt zu Wachstum“, hörte Sebastian Klein in einem Interview von Ulrike Hermann, die für Deutschland in der aktuellen Lage eine Kriegswirtschaft nach dem Vorbild Englands befürwortet. Sie möchte damit den notwendigen Rückbau in eine naturverträgliche Welt erreichen. Herr Klein zitiert den für ihn bedeutenden Ökonomen Fratzscher mehrfach, der bei mir eher dafür bekannt ist, dass nahezu keine seiner Voraussagen eintrafen.

Dieses Buch bewegt sich an den Grenzlinien zwischen Kapitalismus bzw. der Marktwirtschaft und dem Sozialismus, also einer Staatswirtschaft. Man könnte auch sagen Privatwirtschaft versus Gemeinwohlwirtschaft. Aber auch die Privatwirtschaft dient dem Gemeinwohl, weil sie individuelle Leistung und Freude am Schaffen für andere verbindet. Sie ist keine Erfindung (wie der Sozialismus), sondern die Idealform für menschliches Wirtschaften. Man sollte hier redlicher und eben nicht mit Schlagworten agieren. Wenn wir als Konsens die soziale Marktwirtschaft betrachten, dann geht es darum, die möglichen Nachteile beider Systeme zu glätten und in eine humane Umsetzung zu überführen.

Meine Sichtweise umschreibt Nicolás Gómez Dávila so: "Keine soziale Klasse hat die anderen unverschämter ausgebeutet als die, die sich heute selbst Staat nennt.“ Sieht man zudem, dass staatliche Leistungen/Projekte meist doppelt so teuer sind als Private, muss einem bei einer aktuellen Staatsquote von über 50% Angst und Bange werden. Es empfiehlt sich hier das Buch von Hayek: „Der Weg zur Knechtschaft“. Ich jedenfalls möchte nicht durch sozialistische Vorgaben dominiert werden, sondern nach Regeln des Anstandes und des Mitgefühls agieren können, genau jene Inhalte, die Ludwig Erhard so unnachahmlich vorgegeben hat.

Bewertung vom 22.05.2025
Ungefiltert
Gottschalk, Thomas

Ungefiltert


ausgezeichnet

Lesen oder hören Sie am besten zuerst die Kapitel 27 und 28. Thommy beschreibt seine Licht- und Schattenseiten und den Zweifel an sich selbst, ganz ehrlich!

Er war ungekrönter Meister aller bunt im Wind drehenden Wortgirlanden der deutschen klassischen Fernsehzeit und spricht hier so wie wir ihn kennen, ohne falsche Scheu.

Thomas ist konservativ inzwischen, er gibt es zu. Die Tatoos seines jüngeren Sohnes findet er grässlich. Ebenso Böhmermann. Und die Bürokratie der ehemals ihn beschäftigenden Fernsehsender.

Seine Sicht auf die sozialen Medien und Influencer ist kritisch, aber durchaus wohlwollend. Er selbst präsentiert sich auf instagram und freut sich über jeden Follower.

Sein jetziges Leben in Baden-Baden genießt er und lässt seine zweite, echte Heimat dort auferstehen, ermöglicht durch seine zweite Frau und neue, aber auch alte Freunde.

Ich habe ihn bzw. seine Stimme immer gemocht und mit diesem Hörbuch auch 8 Stunden „Wetten dass“ irgendwie wieder gehört. Mochte die Inhalte sehr.

In vielen Punkten habe ich zugestimmt, in anderen widersprochen. Das macht normale Unterhaltung gemeinhin aus. Ein Gespräch mit ihm wäre nie langweilig.

Es gibt Bereiche, die er vertiefen müsste und ich würde dafür diese 3 Bücher empfehlen:

a) Dramatische Unterschiede der beiden letzten monotheistischen Religionen, gut erklärt durch Sabatina James mit ihrem Buch: „Sterben sollst du für dein Glück: Gefangen zwischen zwei Welten.“

b) Über die oberflächliche Kritik am Mainstream hinausgehend auf die Pflicht von konservativen Bürgern hinweisend: Wolfgang Herles in seinem Buch: „Mehr Anarchie, die Herrschaften“


c) Alle Aspekte eines Heimatlosen, die auch Thomas Gottschalck fühlt, aber präziser ausgeführt durch Ulrich Greiner mit seinem Buch: „Heimatlos“.

Bewertung vom 17.05.2025
SÄMTLICHE SCHOLIEN zu einem inbegriffenen Text
Gómez Dávila, Nicolás

SÄMTLICHE SCHOLIEN zu einem inbegriffenen Text


ausgezeichnet

Wer weit hinter die aktuelle Welt an Oberflächlichkeiten und linken Ideen gehen will, tauch in diesem Buch ab hinter die Einheitsmeinungen von grünem Verstand.

"Der Dummkopf kommt nicht aus den verbindenden Ideen hinaus."

In diesem Buch finden sich Anregungen und Spitzen satt, die in der Lage sind, aufzuwecken, neu zu justieren, gleich Brenngläsern, die Ideen und Begeisterung erhitzen und in Bewegung kommen lassen.

Es stimmt: "Für nichts wirklich Wichtiges ist es jemals zu spät."

Und tief Innen ahnt es jeder:
"Die Mittelmäßigkeit eines jeglichen Triumphs ist es nicht wert, dass wir uns mit den Eigenschaften beschmutzen, die er erfordert."

„Dieser Kopf hat im Grunde nur für den Hausgebrauch gedacht, diese Hand nur für den engeren Freundeskreis geschrieben.“ Liest man diesen unabhängigen Denker in seinen Sentenzen, dann wird er hier in seiner unbestechlichen Originalität sichtbar. Seine Aphorismen sind nicht ab- und zugeschrieben.

Es wird sichtbar, wie abgrundtief er Massenmedien und die Konsumgesellschaft verachtete, er wollte keine Berührungspunkte mit ihr, ein eigenes, abgeklärtes, unabhängiges, nicht korrumpierbares Leben blickt uns entgegen, mit Aussagen, die frösteln lassen und doch Urgründe in uns selbst wach kitzeln nach jenem Leben, das fernab von jeglicher Storytellerei echte Literatur, Erhabenheit über das Profane setzt, für Sprachästheten und Schönheitssucher gedacht ist.

Er sieht den gläubigen Menschen als ein Witzwesen, in die unendliche Kälte hinausbetend, vom Mars aus betrachtet, der die Welt in die Luft jagen wird. Er sieht die Welt überschwemmt von unnützen Dingen, Schönheit wird der Technik geopfert. Und wohin will man eigentlich noch wachsen? Zu welchem Zweck? Und um welchen Preis?

„Was ist der ganze technische Fortschritt neben einem Kunstwerk? Was sind die Probleme eines Menschen neben einer vollendeten Seite Prosa?“

Davila zwingt zum Denken, seine Sätze sind immer der Auftakt zu einem äußeren oder inneren Gespräch.

"Die jünsten Generationen gehen zwischen den Trümmern der abendländischen Kultur umher wie japanische Touristen zwischen den Ruinen von Palmyra."

Bewertung vom 17.05.2025
Weisheit des Lebens für Dummies
Kranjc, Marco

Weisheit des Lebens für Dummies


ausgezeichnet

Der erste Schritt der Weisheit besteht darin, fröhlich zuzugeben, dass es keinen Grund gibt, dass unsere Ideen irgendjemanden interessieren könnten. Das sagte Nicolas Gomez Davila. Ich bin sicher, der Autor dieses Buches sieht es ähnlich. Schon auf der Schummelseite lesen wir: „Man kann Weisheit schlecht erklären, aber man erkennt sie, wenn man ihr begegnet.“

Insofern bietet dieses Buch eine reiche Fülle an Möglichkeiten, richtiges, zufriedenes, kreatives Leben zu erkennen und selbst zu einem stimmigen Bild zusammenzusetzen. In der Tat, kann man irgendwo aufschlagen und nachlesen: „Wissen hilft, weise zu werden. Aber Wissen macht nicht weise.“

Ein Drittel aller Elfmeterschüsse beim Fußball gehen direkt in die Mitte. Warum aber hechten alle Torhüter entweder nach links oder rechts? Untätigkeit scheint keine bewunderte, vielleicht auch richtige Maßnahme zu sein. Früher, in der Wildnis, haben wir Menschen die Füße in die Hand genommen und sind gerannt, wenn uns ein Löwe begegnete. Am besten dann an einem Baum hochgeklettert. So handeln wir wohl auch heute noch wie die Torhüter belegen.

Marco Kranjc empfiehlt: „Versuchen Sie es in der nächsten Krise, in der Sie nicht weiter wissen, einfach mal mit abwarten.“ Dabei sachlich bleiben, ruhig argumentieren, stille werden - wer würde dem nicht zustimmen?

Weisheit ist nicht Glück, sondern die Fähigkeit, dem Auf und Ab des Lebens souverän und ruhig, lernend und fröhlich zu begegnen. Das Buch hilft, Weisheit zu verstehen, weise zu werden, aus dem Vollen zu schöpfen und sie auch weiterzugeben. Abschließend lesen wir im Top-Ten-Teil von zehn Erinnerungen, die uns weiser machen und von zehn Floskeln, die wir nicht verwenden sollten.

Am besten überzeugt man andere mit den Ohren, in dem man ihnen zuhört. Diese Aussage bleibt mir immer präsent und mündet in diese Aussage:

"Immer den Mut wie eine Flamme vor sich tragen,
nichts fürchten und nichts unmöglich nennen,
niemanden hassen, aber seinen Irrtum meiden,
alle lieben, aber das Vertrauen vorsichtig und weise verteilen."

(Prentice Mulford, Unfug des Lebens und des Sterbens)

Bewertung vom 17.05.2025
Tabu
Bonelli, Raphael M.

Tabu


ausgezeichnet

Faschismus bedeutet Bündelung von Interessen und ihre Übertragung auf Menschenmassen. Das kann durch eine Partei, einen Führer oder Interessengruppen stattfindenLinkswoke Vordenker von Parteien, die ihren besten Tage gesehen haben, führen ihren Kampf aktuell aus dem Oberkommando Weltmoral. Was wir zu denken und sagen haben, wird von ihnen dort gebündelt und zu Ruten gedrechselt, so vermitteln uns heute schon Kinder und Freunde, was wir so denken sollen. Sie wurden erzogen von linksgrünen Lehrern, Politikern, Bischöfen und Fernsehsendern voller Bessermenschen und Moralapostel.

Die Rede von J.D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz erlebe ich täglich neu und beschaue mir die Gesichter der Zuhörer, von Baerbock bis Söder. Wie ertappte Kinder schütteln sie ihre Köpfe. Deutschland soll nicht frei sein, hier darf nicht jeder alles sagen? Nein, dem sei nicht so erbarmen sie sich ob des amerikanischen Vizepräsidenten.

Längst aber habe sie zum Schweigen der Lämmer beigetragen, sie wollen Ruhe und Gleichklang der Meinungen. Tabus dürfen nicht angerührt werden. Herr Bonelli eröffnet sein Buch zu Beginn an der Rede des US-Vizepräsidenten in München. Es war ihm der Startpunkt, um die gedrechselten Tabus des aktuellen Zeitgeistes zu entwirren. Allen Analysen kann ich nur zustimmen, man muss das Ganze selbst erlebt haben. Und täglich werden es mehr. Sie stellen die Tabuprediger und bitten um Argumente - man hört danach leider wenig bis nichts.

Vor solchen persönlichen Erlebnisse wurde auch der Autor nicht verschont. Sein Denken wurde geprägt durch eine öffentlich Zurschaustellung bzw. Maßregelung, als ihn eine Dame bat, doch in seiner Begrüßung Männer UND Frauen anzusprechen. Weil er sich weigerte, gab es dann keine Einladungen von dieser Institution mehr. In einem Interview mit Dr. Alexander Kissler berichtete Raphael Bonelli darüber.

Nach dem einleitenden Kapitel über die Vance Rede erklärt der Autor die geschichtlichen Hintergründe von Tabus, ihre Definition und Grundlegendes. Danach, im 3. Kapitel beschreibt er zentrale Tabus, die uns heute dominieren und das Denken lähmen: Migration, Demographie, Gender, Klima, Abtreibung, Corona und Gott.

Wie Tabus werden und wie sie bleiben wird anschaulich erklärt, die dabei eingesetzten Manipulationstechniken werden offensichtlich. Das Buch hilft, besser zu analysieren und falsche von richtigen Tabus zu trennen. Man geht optimistischer in die Zukunft, mit besseren Argumenten versehen, Abwehrrechte demokratisch aufgelistet.

Ergänzend würde ich unbedingt das Buch von Wolfgang Herles empfehlen: „Mehr Anarchie, die Herrschaften.“ Dort erklärt ein ehemaliger Journalist aus der Mitte von Staatsgläubigen, wie man wieder frei wird vom Schweigen der Lämmer, sich schütteln und echte Demokratie leben kann. Sie ist und bleibt skeptisch den Regierenden gegenüber und möchte durch Kritik auch an vermeintlich guten Sachen alles besser machen. Demokratie ist nicht Einheitsmeinung, sondern Streit und Ringen um bessere Lösungen, sie kommt ohne unnötigen Tabus aus.

Bewertung vom 17.05.2025
Sakrilegien. Aus den Tagebüchern 1953 bis 1967
Gombrowicz, Witold

Sakrilegien. Aus den Tagebüchern 1953 bis 1967


ausgezeichnet

Witold Gombrowicz war einer der bedeutendsten polnischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Er wurde im heutigen Polen als Sohn einer Landadelsfamilie geboren. Heute ist er vor allem durch seinen Roman „Ferdydurke“ (1937) bekannt, der mit satirischem und provokantem Ton gegen gesellschaftliche und nationale Konventionen rebellierte. In dem Buch „Sakrilegien“ lesen wir in seinen Tagebüchern von 1953 bis 1967. Ich habe das Buch gekauft, weil ich seit einiger Zeit vor allem gelb eingebundene Bücher sammle. Interessanterweise finde ich in den meisten eher Inhalte, die mich anregen, faszinieren und weiter denken lassen.

„So herrschen denn hier alle christlichen Tugenden, Güte, Menschlichkeit, Erbarmen, Achtung vor dem Menschen, Maß, Bescheidenheit, Anstand, Umsicht und Verstand, und alles, was geschrieben wird, ist vor allem gutmütig.“ Das schreibt er an einem Freitag in 1953. Er bezieht sich dabei auf die Emigrantenpresse, der er nichts mehr abgewinnen kann, er formuliert: „Ich habe kein Vertrauen zu der Tugend von Pechvögeln, seiner aus Not geborenen Tugend, und diese ganze Moralität erinnert mich an das Wort von Nietzsche: „Die zunehmende Sanftheit unserer Sitten ist Folge unserer Schwächung.“

Man kann diese Aussage ohne Probleme auf das Deutschland von 2025 anwenden, die evangelischen Kirchentage sind voll mit Vorträgen und Vorstellungen absurdester hochmoralischer Verdrehungen, alle ausgehend von Franz Werfel, der in seinem 1946 veröffentlichten Roman „Stern des Ungeborenen" folgendes voraussah: „Zwischen Weltkrieg II und Weltkrieg III drängten sich die Deutschen an die Spitze der Humanität und Allgüte. Und sie nahmen das, was sie unter Humanität und Güte verstanden, äußerst ernst. Sie hatten doch seit Jahrhunderten danach gelechzt, beliebt zu sein. Und Humanität schien ihnen jetzt der bessere Weg zu diesem Ziel. Sie fanden diesen Weg sogar weit bequemer als Heroismus und Rassenwahn. So wurden die Deutschen die Erfinder der Ethik der selbstlosen Zudringlichkeit.“

Gombrowicz plädiert in seinem Buch Sakrilegien für Individualität und geistige Freiheit, unabhängig von Ideologien, Religionen oder gesellschaftlichen Normen. Er betont das Recht jedes Einzelnen auf Irrtum und Unreife als Widerstand gegen die vermeintlich reifen, hochmoralisch überdrehten Formen des Lebens und der Kunst, die für ihn Konformismus und Erstarrung bedeuten.

Bewertung vom 12.05.2025
Fuck Female Empowerment
Maceri, Valentina

Fuck Female Empowerment


ausgezeichnet

Jedem rate ich zum Einstieg über dieses Thema ein 50 Jahre altes, ewig junges Video anzuschauen: „Esther Vilar vs. Alice Schwarzer - February 6, 1975“. Schauen Sie sich die Variante mit den fast 900 Kommentaren an. Alice Schwarzer wurde argumentativ ausgekontert. Trotzdem hat sich ihre Form des aggressiven Feminismus durchgesetzt. Nie habe ich verstanden warum und immer auf eine Gegenbewegung gehofft. Heute ist sie mit diesem Buch von Valentina Maceri endlich da.

Einer der Hauptgründe für dieses Buch wird auf Seite 20 beschrieben: „Anstatt Frauen und ihre Rolle in der Gesellschaft zu stärken, hat sich der Feminismus in eine Ideologie verwandelt, die Abhängigkeiten fördert, Männer pauschal als Feindbild zeichnet und individuelle Verantwortung untergräbt. Und vor allem: den gesellschaftlichen Druck auf Frauen UND Männer erhöht.“

Klares, normales Denken, weiblich gekonnt, die wenigen Sätze zu Beginn sind reinste Erholung, man merkt, Frau Maceri kann Dinge verständlich ausdrücken, auch komplizierte Sachverhalte enthüllen und ihr Wesen nachvollziehbar erklären.

Nach dem Vorwort steigen wir ein in ein Interview, das die Autorin mit Marcel Reif und seiner Frau, Prof. Dr. Marion Kiechle, geführt hat. Eine der ersten Fragen von Valentina Maceri an Herrn Reif: „Was dachtest Du, als wir zum ersten Mal gemeinsam auf Sendung waren?“ Antwort Marcel Reif: „Wenn sie so gut ist, wie sie hübsch ist … dann wird’s was.“

Marcel Reif dürfte einer der wenigen Männer sein, die sich so was getrauen und erlauben können. Alle anderen hätten Shitstorms ohne Ende nach einer solchen Aussage. Ja, ich, der Rezensent, bin diese Spiele leid, man kann nicht mehr ertragen, wie Männer wegen kleinsten Fehlern von einem hochaggressiven, ideologischen Feminismus an die Wand gedrückt werden. Und dass sich diese Bewegung in Dinge verrannt hat, die wirklich schmerzen.

Marcel Reif weiter: „Es gibt eine bewusst geschlechtlich-geprägte Auswahl, damit tust du der Sache keinen Gefallen. Frauen sollten die gleichen Chancen haben wie Männer. In jedem Beruf, auch im Fußball. Ich weigere mich nur, zwanghaft jede Position durch Frauen zu besetzen. Mittlerweile haben junge Männer nicht mehr die gleichen Chancen aufzusteigen.“

Ein Buch wie ein gekonnter Fallrückzieher, der eine übertriebenen Feminismus wieder in eine Balance bringt, ein Schuss oben in den kleinen Winkel feministisch-woker Übertreibung, ein Tor, das falsch verstandene Feministen zu Toren verwandelt. Endlich, ich hätte nicht gedacht, das noch erleben zu dürfen. Valentina, Marcel und Marion, ich erlaube mir diese Nähe, sollten das ganze Buch vorlesen, eine viel breitere Diskussion über dieses Thema eröffnen.

Bewertung vom 08.05.2025
Journalismus für Dummies
Löwisch, Henriette;Herber, Benedikt

Journalismus für Dummies


ausgezeichnet

„Journalismus lauert im Alltag an jeder Ecke.“ So startet dieses Buch und jeder weiß, dass im Grunde niemand auf neue schlechte Nachrichten lauert. Trotzdem, die Überfülle ist überall präsent: „Die Schlagzeile auf der Startseite des E-Mail Portals. Die Modezeitschrift im Wartezimmer. Die Instagram-Story des Enthüllungsjournalisten. Das Ratespiel aus dem Autoradio. Das Blättchen, das die Apothekerin mit in die Tüte packt. Der Zeitungsstapel am Altpapiercontainer. Die gerunzelte Stirn auf dem Fernsehschirm. Das Laufband am Times-Square in New York.“

Ich bin kein Journalist, beschäftige mich aber trotzdem mit den Hintergründen und war neugierig auf dieses Buch. Was steht im Vordergrund: sachliche Information, schlechte Nachrichten, Haltung, Moral oder Aktionismus? Heute wird die ganze Bandbreite der Möglichkeiten bearbeitet, und oft hat man den Eindruck, dass Journalisten bessere Werbetexter sind. Aber es stimmt, Journalismus ist nicht nur Berichterstattung über Politik. „Unterhaltung und Service gehören genauso zum Metier.“

Wer hätte es gewusst: Deutsche lesen im Schnitt täglich 15 Minuten Zeitung oder Zeitschriften, sie hören drei Stunden Radio und sehen mehr als drei Stunden ins Fernsehen (und hören es). Die Teilnahme am Internet stieg von 109 Minuten in 2014 auf 190 Minuten in 2023, wobei die klassischen Medien auch hier konsumiert werden, nur eben anders. Eine insgesamt schwer zu lesende Analyse also, trotzdem hat jeder den Handystudierenden auf der Straße im Blick. Schaut er Videos oder hört er Bücher?

Der Begriff Journalist ist keine geschützte Berufsbezeichnung, obwohl es viel Wege gibt, einer zu werden. Ich tendiere zu der aufgezeigten, weiten Definition für Journalismus: „Es ist das Gespräch der Gesellschaft über sich selbst. So in etwas formulierte das der Literaturwissenschaftler Robert Eduard Prutz (schon 1845). Insofern wäre auch diese Rezension von mir eine Art Journalismus.

Das Buch hat mir den professionellen Berufsstand eines seriösen Journalisten gut nähergebracht, und in meinen Worten wäre das jemand, der gelernt hat, auch das Gute kritisch zu sehen, der sich nie gemein macht, auch mit einer hochmoralischen Sichtweise, der kein Aktivist ist, keiner Religion anhängt oder Weisheiten wie religiöse Führer weitergibt. Er sagt was ist und überlässt mir ein Urteil, er erklärt komplizierte Sachverhalte und bringt diese den Kunden so näher wie das Karl Popper unnachahmlich vorgegeben hat:

"Jeder Intellektuelle hat eine ganz besondere Verantwortung. Er hatte das Privileg und die Gelegenheit zu studieren; dafür schuldet er seinen Mitmenschen, die Ergebnisse seiner Studien in der einfachsten und klarsten und verständlichsten Form darzustellen. Das Schlimmste – die Sünde wider den Heiligen Geist – ist, wenn die Intellektuellen versuchen, sich ihren Mitmenschen als große Propheten aufzuspielen und sie mit Orakeln der Philosophie zu beeindrucken. Wer es nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er es klar kann."

Besonders hilfreich für mich war das Kapitel 11 (Wie eine Geschichte erzählt wird) und dort das Unterkapitel „Der Einstieg“. Meine Besprechung öffnet mit einem Zitat, wie so viele Berichte. Ich wurde durch das Zitat aus diesem Buch (Journalismus lauert an jeder Ecke) besonders angesprochen und dachte, es geht anderen Lesern ähnlich. Oftmals schaltet man die um die Ecke lauernde schlechte Nachricht schnell weg, ja, man hat sogar Angst vor ihr.

„Wenn unsere Zivilisation überleben soll, müssen wir mit der schlechten Gewohnheit unserer Pietät gegenüber großen Männern brechen. Große Männer machen große Fehler. So urteilte Sir Karl Raimund Popper und meinte damit mit Sicherheit auch große Frauen, de ebenso große Fehler machen. Zu große Nähe der Journalisten zu Politikern oder Machthabern korrumpiert, ungerne sehe ich den Wechsel eines Journalisten von einer Tageszeitung zum Sprecher einer Regierung, wie aktuell geschehen.

Ob aktuell bei uns in Deutschland noch das Recht auf freie Meinungsäußerung gilt, wie in Artikel 5 des Grundgesetztes definiert, sehen viele kritisch. Zu viel Einheitsmeinung in den öffentlich rechtlichen Medien trifft auf harte Kritik in den sozialen Medien. In den Bereich der Influencer reicht dieses Buch indirekt, ohne ihn explizit zu behandeln. Im Grunde gilt. dort das Gleiche wie für Journalisten Profis.

Hilfeich ist dieses umfangreiche Werk allemal, mit vielen, sehr guten Tipps und Hinweisen, bis hin zur Schummelseite auf der U3, wo 3 wesentliche Punkte erklärt werden. So z.B. wie man mit widerspenstigen Pressestellen umgeht. „Gut, dass auch Vorzimmerdrachen sich zähmen lassen.“

Bewertung vom 08.05.2025
Mehr Anarchie, die Herrschaften!
Herles, Wolfgang

Mehr Anarchie, die Herrschaften!


ausgezeichnet

„Die Duldsamen sind immer die Dummen“. Selten habe ich eine bessere Analyse der aktuellen Zustände gelesen, und noch seltener so viel unterstrichen. Schon bei Seite 13 sind die Probleme so gut umschrieben, dass nichts zu sagen bliebe? Doch, Aufrufe an und Futter für die schweigenden Lämmer, endlich aufzustehen und in heller Angriffslust den regierenden Spießern Contra zu geben.

Dieses Buch möchte den Spießbürger, der sich im Gehorsam faul aufs Bett gelegt hat, aufrütteln und animieren, selber zu denken, aufzustehen und mit Argumenten den herrschenden Versagern einzuheizen. Es geht um unser lebenswertes Land, um die Macht, die es im Griff hält, diese soll ihre ideologische Verblendung beenden und auf den Pfad bürgerlicher Vernunft umschwenken.

Für die Nebelmacher der Berliner Republik ist alles Klima, Meinungsklima, Streitklima, das Klima auf der Erde und das in den Köpfen. Dieses Klima regiert
heute im Wesentliche jene vom Sozialstaat gezähmte Untertanen, denen aktuell durch die grünlinke Republik die Fundamente bröckeln. Auch wenn jetzt die CDU am Drücker ist, ändert sich daran fast nichts. Das von Wolfgang Herles Gesagte gilt auch in 2025 genau so.

„Es herrscht, sprechen wir es ruhig aus, ein stiller Bürgerkrieg. Es sieht ganz danach aus, als würde er von den neuen Bürgern gewonnen, die auf staatlichen Zwang setzen. Es sind die Habeckbürger.“ Sie werden umschreiben mit dem Umhang geistiger Verbohrtheit und lässiger Überheblichkeit. „Der Spießer ist Konformist, der einen autoritären Staat wünscht, der Stillstand, Verbote, Verzicht will, der zu wissen glaubt, was gut und böse, richtig und falsch ist, dem die vorgeschriebene Haltung alles ist und die freie Entfaltung der Persönlichkeit nichts, soweit es nicht um ihn selbst geht.“ Sie wollen nicht nur kriegstüchtig sein, sondern auch die Kriegswirtschaft leben: von allem deutlich weniger, leiden, entbehren, beglückt ob der eigenen Gutheit.

Alles auf Putin oder den Ukrainekrieg zu schieben, ist Selbstbetrug. „Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, die Automobilindustrie, wird gerade auf dem Altar der Klimareligion geopfert.“ Es stimmt: „Die Verursacher predigen Rückbau und betreiben Raubbau an den Ressourcen des Wohlstands.“

Wolfgang Herles analysiert die vorläufige Schadensbilanz der Berliner Republik in Teil I und zeigt den eingetretenen Bergrutsch, mündend in die neue Normalität, der Lust am Untergang.

Teil II vermittelt die Ideologie der Klimamacher und ihre Vorgehensweise. Vor allem auch die Aktionen der darüber stehenden Politiker im Oberkommando Weltmoral. „Das ist ein Querdenker“ scheint eine ihrer Hauptanklagen und Ausgrenzung von Widerstrebenden.

Teil III beschreibt den anwachsenden Boxgesang oder den Druck im Kessel, mit dem Aufruf, mehr echte Demokratie und eben nicht Einmütigkeit zu erreichen. Ungehorsam ist erste Pflicht der Bürger, die sich schließlich entfesselt zum anarchistischen Tun hinreißen lassen sollte. Ob Deutschland das je schafft oder doch gehorsam bürokratisch ideologische Regulierungswut schluckt?

Mehr denn je wäre Querdenkertum nötig, Beleidigungen von unfähigen Schwachköpfen, Einfordern von Vernunft und Freiheit. Demokratie ist die Lust am Streiten nicht die Eintönigkeit der Meinungen. „Jasager, Mitmacher, Duckmäuser sind das Erzübel der Demokratie.“

Deutschland wird mediterranisiert, schreibt Wolfgang Herles, mehr Schulden, mehr Schlamperei, mehr Staatsversagen, leider mit weniger Sonne. Mich hat sein Buch zornig gemach und hoffnungsvoll zugleich. Bürger haben keine Zeit für Ideologie oder Streik, sie müssen aber gegen das morsche Gebilde der Hochmoraliker und Endzeitpropheten aufstehen und unser Land wieder in Ordnung bringen.

Die schlimmste Art der Ungerechtigkeit ist die vorgespielte Gerechtigkeit, sagte Platon. Und ein Staat, der sich das Volk zur Beute gemacht hat und ihm sinnlose Dinge zu-mutet. So gilt, was Walther Rathenau bitter erkannte: „Gerechtigkeit entspringt dem Neid, denn ihr oberster Grundsatz ist: Allen das Gleiche.“

Bewertung vom 07.05.2025
Postkoloniale Mythen
Brodkorb, Mathias

Postkoloniale Mythen


ausgezeichnet

Schwarz-Weiss Denken kennzeichnet heute das Vorgehen vieler Museen bei uns in Europa: Opfer sind immer Menschen aus Afrika, schuld sind immer die Weißen aus dem Westen. Das aber wird der geschichtlichen Komplexität nicht gerecht. Notwendig ist eine differenzierte Analyse, dessen Lücke mit diesem Buch geschlossen wird.

„Untersucht wird, wie die Völkerkundemuseen Hamburg, Berlin, Leipzig und Wien ihr koloniales Erbe aufarbeiten und welche Geschichten sie dabei ihren Besuchern erzählen.“ Zudem fließen Erkenntnisse ein aus den gezeigten Kunst-Werken auf der Biennale in Venedig, wo Künstler die koloniale Problematik auf sich wirken ließen.

All das hat Rückwirkungen auch auf die Politik, deren Handlungen heute mit erheblichen monetären Folgen für uns alle klar werden. Dabei greift das Buch zurück in die Anfänge der Kolonialpolitik unter Bismarck, deren wesentliches Ziel damals die Bekämpfung der Sklaverei war. Bismarck war zudem kein Freund der Kolonien, man machte es damals mehr oder weniger, um Privat- bzw. Geschäftsleute in Afrika zu schützen und wohl auch weil bedeutende europäische Staaten, allen voran England, Kolonien hatten.

Zwischen christlich-humanistisch und machtpolitisch beseelten Kolonialisten gab es einen gemeinsamen Nenner: Die Sklaverei galt als Schande der Menschheitsgeschlechts.“ Es gab in D damals eine Antisklaverei-Lotterie, an der alle teilnahmen, vom Arbeiter bis zum Fabrikbesitzer. Deutsche waren mithin Täter und Wohltäter. „Und Afrikaner nach heutigen Maßstäben Begünstigte wie Opfer - und als Sklavinnen oder Kollaborateure selbst Täter.“

Hat also der weiße Mann eine Alleinschuld oder nicht? Wenn es nach den Museen geht lautet die Antwort: ja. Die realistische Sichtweise dieses Buches zeichnet jedoch ein anderes Bild. „Es ist ein Plädoyer gegen die moralische Hybris, mit der die westlichen Gesellschaften auf ihre eigene Geschichte blicken.“

Mit Sartre und Franz Fanon als radikalen Sozialisten begann in den 50ern eine Sichtweise, die vermeintlich Unterdrückte in Afrika von Schuld freisprach. Die Armut in Afrika sei ein Produkt des Westens, der Reichtum im Westen sei auf dem Rücken von Sklaven und der Ausbeutung von Rohstoffen erzielt worden. Der neue Mensch könne nicht als fratzenhafte und obszöne Nachahmung Europas gelingen, sondern nur über eine andere Stufe des Humanen, aus Afrika herkommend, dem Hort alles Guten.

„Was Sartre und Fanon bei all dem verschweigen, war die vorkoloniale Geschichte Algeriens…Über Jahrhunderte hinweg überfielen muslimische Korsaren aus Algier, also staatlich legitimierte Piraten, europäische Schiffe, raubten sie aus und verkauften oder versklavten ihre Besatzungen.“ Der postkoloniale Diskurs von der Alleinschuld des Westens ist aber übermächtig aktiv, auch heute noch, er leugnet, beschreibt und verharmlost in vielen Bereichen. Sie wollen tatsächlich Geschichte nachträglich verändern, zu Ungunsten des Westens und in mächtiger Bußhaltung in Richtung alten Kolonien. „Die Konsequenzen hieraus sind unausweichlich: Aus der Suche nach Wahrheit wird die Verfertigung einer gewünschten gesellschaftlichen Erzählung.“ Dabei geben vor allem Literaturwissenschaftler den Ton an! Das hochgesteckte Ziel: „historische Gerechtigkeit.“

Das Völkerkundemuseum Grassi in Leipzig sieht sich diesem Ziel verpflichtet: „Wir begreifen uns nicht in erster Linie als Leipziger oder deutsches Museum, sondern als Partner in einem internationalen Netzwerk der Weltkulturen.“ Dies sagt die Direktorin, Leontine Meijer- van Mensch, eine bekennende Feministin. Intellektuell und moralisch wird so eine globale, über-nationale Koordinationsstelle geschaffen, um Menschen vor Ort mit der gefundenen Erziehungsrichtung zu beglücken. Das Konzept dabei: ein verflüssigtes Museum, in dem Wahrheit nicht mehr möglich ist, sondern nur vielfältige, subjektive Sichtweisen, die jeder in eigener Vorstellungskraft interpretieren kann. „Aus Stätten der Wissensvermittlung werden Orte der politischen Aushandlung des Morgen.“ Dabei sollen alle gleichberechtigt mitreden, wirklich alle, also auch Atmosphäre, Ozean und das Eis. Schlaue Intellektuelle reden von der Ontologie des flüchtigen Museums.

Man erschrickt ob solcher postkolonialen Fantasien und fragt sich, wohin die Museums-Wissenschaft mäandert. Ich werde solche Museen in Zukunft kritischer besuchen und finde in diesem Buch hervorragende, sachliche Informationen dafür.

Folgendes Buch werde ich wieder lesen: Weltgeschichte der Sklaverei von Egon Flaig.

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