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LichtundSchatten

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Insgesamt 273 Bewertungen
Bewertung vom 14.04.2025
Gemütlich war es nie
Herles, Wolfgang

Gemütlich war es nie


ausgezeichnet

An einem Fachwerkhaus in Stuttgart Degerloch liest man auf einem Fachwerkquerbalken eine Aussage von Manfred Rommel, dem ehemaligen OB von Stuttgart, die treffend charakterisiert, wie eine Gesellschaft, die Politik und Journalisten, alle zusammen agieren sollten: „Das Gute kritisch sehen, um das Bessere zu erreichen.“ (Manfred Rommel)

Wolfgang Herles arbeitete immer nach diesem Prinzip und wir begleiten den kritischen Denker in dieser Autobiografie durch den Lauf seines Lebens über seine Großeltern, Eltern, Jugend, Schule und alle Karrierestationen. Er blickt zurück, ordnet ein und zitiert immer wieder sein Tagebuch. Wir erfahren Hintergründe, die fesseln und die politische Zeit ab Mitte der 70er vermitteln. Damals startete er sein Journalistenleben.

„Ich hatte Irakus gespielt, der mit Flügeln aus Wachs der Sonne zu nahe kam.“ So schildert Herles sein Rausschmiss als Bonner Studioleiter des ZDF. Es ging um die Entscheidung über die zukünftige Hauptstadt, Berlin oder Bonn. Er war für Bonn und seine Argumente sind heute mehr als nachvollziehbar. Berlin hat sich zu einem eigenen Kosmos entwickelt, der sich nicht mehr an Wahl-Versprechen gebunden fühlt. Ein Machtapparat für Vielfalt und scheinheilige Gerechtigkeit, der kurz davor steht, komplett in sich zusammenzubrechen.

Vieles wusste ich nicht und Wolfang Herles wurde mir mit jeder Seite sympathischer. Sein Beharrungsvermögen lässt ihn im Urteil der Öffentlichkeit zum Linken wie zum Rechten werden, er eckt an und lässt sich nichts gefallen.

„Was immer Du tust, tue es um dich selbst zu bereichern“, rät ihm André Heller und wir begleiten Herles bei einer Vielzahl von Treffen mit Berühmten und weniger berühmten Personen. Selbst bei Steve Jobs lässt er sich nicht zu Begeisterungsstürmen hinreißen, er bleibt immer skeptisch distanziert, fragt und bohrt.

Sich über alle Niederlagen hinweg dem ZDF verpflichtet zu fühlen, man hört bei Herles trotz allem immer Mut und Optimismus heraus. Er musste sich nie verbiegen. Wie er das schaffte, vermittelt dieses hervorragende Buch - vorgelesen durch Wolfgang Herles selbst! Auch das so, dass 8 Stunden wie im Flug vergehen.

„Verreisen will ich, nicht verreißen.“ Diese ehrliche Aussagen beschreibt seine literarische Karrierezeit. Wie Redakteure aus dem Vollen schöpfen können, wieviel Geld sie ausgeben dürfen, es wird einem leicht schwindelig und projiziert das auf viele Berichte im ZDF/ARD in heutigen Tagen. Druckfrisch und die Würfe in die Tonne, mich trifft auch bei der Konkurrenz leichte Übelkeit, berührt von der angenehmen Erinnerung an Wolfgang Herles auf dem Blauen Sofa, Aspekte und seinen anregenden Gesprächen.
Wolfgang Herles fehlt der Bewunderungsmodus, er mag skeptische Solitäre spiegelgleich wohl zu sich selbst. Er ist mir in jedem Fall lieber als alle konformistischen Jasager und Propagandisten aktueller TV Provenienz.

Bücher, die ich aufgrund der Gedanken von Wolfgang Herles lesen werde:
a) Naipaul, Jenseits des Glaubens
b) Martin Walser, Angstblüte
c) Schneider, Die Leben meiner Mutter
d) Alle Bücher von Wolfgang Herles, auch die Romane unter Pseudonymen

Ein Satz, der bleibt: „Die dümmsten Journalisten bewundern die mächtigsten Politiker.“ Gut, dass wir dem Gegenteil davon, Wolfang Herles auch weiterhin zuhören können, diesmal in alternativen Medien, die morgen schon die alten Herrschaften in ARD und ZDF ersetzt haben werden.

Bewertung vom 10.04.2025
BEEP! BEEP! Read all about it!
Felixberger, Peter

BEEP! BEEP! Read all about it!


ausgezeichnet

Ich bin ein Buchliebhaber und mag neue Publikationen besonders, wenn sie mir vom Äußeren her schon signalisieren, dass etwas Besonderes drin steckt. Der Buchrücken dieses Druckwerkes ist in Orange gehalten, der Titel auf dickem Karton gedruckt, alles daran lockt und sagte mir: kaufen!

Das Unboxing des Buches, d.h. die Seiten aufzuschlagen, war ein Vergnügen: die ersten Innenseiten in Orange ohne Text, dann noch eine Orange Seite gefolgt von Grau und dem Text: "Beep! Beep! Wir haben sie nicht alle", dann zwei gelbe Seiten mit den Pflichtinformationen, dann eine Reihe von fiktiven Titeln und dem Hinweis rechts: Unser Bücherregal, anhand dieser fiktiven Bücher aus der Zukunft erklären wir BEEP, also wie man Bücher schreibt.

Eines meiner Lieblingsbücher heißt „Unsterblich“ und ist von Stephen Cave, mit dem Untertitel: „Die Sehnsucht nach dem ewigen Leben als Triebkraft unserer Zivilisation.“ Dort wird auch der Weg zur Unsterblichkeit über digitale Inhalte skizziert, eine Kopie unserer selbst also gespeichert für die Ewigkeit - und eines Tages wieder zum Leben erweckbar? Meine Aufmerksamkeit war schon auf Seite 28 von Beep! Beep! geweckt.

Im Buch von Peter Felixberger wird auf Seite 28 die 2041 erschienene Publikation von Nils auf den Beinen vorgestellt, Titel: „Ewig leben“. Es scheint mir höchst aktuell und müsste so wirklich geschrieben werden, wahrscheinlich viel früher als 2041.

Noch aber ist es fiktiv, wir schreiben das Jahr 2041, und Nils auf den Beinen, der fiktive Autor wird so umschrieben: „42 Jahre alt, Innovations- und Technologieforscher am MIT Massachusetts.“ Er skizziert sein Buch in den wesentlichen konzeptionellen Grundlagen und erklärt mithin folgende Aspekte:

Was mache ich in dem Buch?
Was wird dabei sichtbar?
Warum schreibe ich das Buch?
Welche Claims beschreiben das Buch am besten?
Welche Appelle für welche Leser?
Wie positionieren wir uns final?

Damit nichts von einem wertvollen Leben verloren geht, kann es fortlaufend gespeichert und gesichert, auch mit KI zum Leben erweckt werden. Ich kann mit diesem Leben sprechen, auch nach seinem Tod. „Das ist konsequent und radikal. Jeder Mensch wird in einem universellen Wissensspeicher auffindbar.“

Leichte Kritik von mir an dem zentralen Claim für das Buch: „Schafft Vielfalt und erweitert das Farbenspektrum.“ Ich denke, dass niemand dabei an die Vielfalt denkt, sondern eher egoistisch sich selbst „weiterleben“ lassen möchte. Zudem wird der Garten der Brüderlichkeit weiterhin ein Traum bleiben, herrschaftsfreie Paradiese sind ebenso wenig zu erwarten, wohl aber kreative Einzelwesen, die sich einreihen dürfen in das große, vielleicht erfolgreiche Wiki-Universum. Keiner muss dann das Rad neu erfinden, sondern kann sich bei der Unendlichkeit bisheriger Lösungen bedienen.

Das Cluetrain Manifest aus den Nuller Jahren hat mich immer inspiriert und zu Beginn war ich sehr optimistisch. Es abzugleichen mit der Realität und der Ideenkraft kreativer Menschen war dann doch eher ernüchternd. Menschen sind umso besser je egoistischer sie sich verhalten dürfen, um damit auch anderen zum Erfolg verhelfen zu können.

Ein höchst gelungenes Buch, das in mir Gespräche und Optimierungen anschob. Das Beste, was ein Buch überhaupt erreichen kann. Dabei vermitteln die 14 fiktiven Buchideen aus der Zukunft höchst kreative, spannende Herangehensweisen. Sie sind zeitlich viel näher an einer Realisierung im unmittelbaren Morgen als in den Konzepten im Hinblick auf ihre Veröffentlichungszeit angedeutet.

Bewertung vom 09.04.2025
Seid mutig und stark
Käßmann, Margot

Seid mutig und stark


sehr gut

Margot Käßmann blickt in diesem Buch insbesondere auf die bisherigen Kirchentage bzw. ihre Geschichte zurück und verbindet das mit allgemeinen Aussagen zu Zeitproblemen, die ihr wichtig sind. Was mich insgesamt beeindruckte war die Tatsache, dass theologische Themen im Vordergrund standen, man spürt wie sehr ihr Kirchentage immer geistliche Heimat waren, der sie viel verdankt. Sie hat seit 1979 an jedem Kirchentag teilgenommen, außer 2022. „2025 findet er in Hannover unter der Losung „mutig-stark-beherzt“ statt.

Margot Käßmann nimmt auf der Seite 10 kritisch Stellung zu sich selbst. Man habe ihr vorgeworfen, es gäbe in ihren Predigten zu viel politische oder gesellschaftliche Bezüge. Sie solle sich stärker auf das Eigentliche der Verkündigung konzentrieren. „Wer das einfordert, wünscht sich eine Kirche und ein Evangelium, die nichts mit der Welt zu tun haben. Das aber ist der Bibel fremd, ihre Texte stehen immer mitten im Leben.“ Die Haltung zur Welt kommt also aus einer Schärfung des christlichen Gewissens am Alltag und einer Haltung, die dem Nächsten wohl will.

Tatsächlich muss man aber doch von einer Dominanz progressiver Themen wie Klimaschutz, Antirassismus oder LGBTQ+-Rechten bei Kirchentagen ausgehen, während konservative oder alternative Standpunkte marginalisiert werden. Die in diesem Buch erkennbare Ausgrenzung der AfD und allem, was rechts ist, hätte für mich zumindest eine Definition von rechts erfordert. Wer im Buch schreibt, dass man alles sagen und vorbringen können müsse, widerspricht sich in dieser Hinsicht durchaus auf den eigenen Seiten.

Trotzdem hat mich das Buch berührt, weil man das Engagement von Margot Käßmann spürt. Dass der Sitz des Kirchentages in Fulda als der Mitte Deutschlands gewählt wurde, wusste ich nicht. Leitfaden ist ihr das Wort Jesus aus Matthäus 7,12: „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch.“ Die Goldenen Regel gilt auch in vielen anderen Religionen, wobei oft jedoch nur die Eigenen gemeint sind.

Wenn sich viele Migranten bei uns heute nicht wohl fühlen, dann hat es auch damit zu tun, dass sie eine Kritik an ihrer eigenen Religion nicht erlauben, ja, dies aus ihren Grundlagenwerken völlig ausgeschlossen ist. Wie soll ich mich einem anderen Glauben gegenüber verhalten, der die Trinität Gottes als größte Sünde ansieht und der sich keine Freunde bei Ungläubigen suchen darf?

Margot Käßmann geht in Hannover gerne in ein Café, auf dem dieser Spruch angebracht ist: „Wenn Du ein R…t, S…t, Ho….er oder ein Ar…h bist, kommt nicht rein.“ Ich halte das für bedenklich und würde auch hier eine Definition verlangen. Wie oft habe ich bei Antifa-Aufmärschen danach gefragt und nie eine Antwort bekommen.

Die Position zu Israel/Palästina (sie kann jede Seite verstehen) halte ich für lau und ein Wort Jesus zum Lauen wird jedem bekannt sein. Jesus sagte auch: „Ich bin nicht gekommen , den Frieden zu bringen, sondern das Schwert“. (Matthäus 10,34) Übersetzt man diesen Satz tatsächlich aus dem Aramäischen in richtiger Weise (Franz Alt: Was Jesus wirklich gesagt hat) , dann heißt er: Seid nicht gutgläubig, seid wachsam! Wenn Ihr Euch mit anderen zusammensetzt, zieht das "Schwert der Worte" und streitet für Eure Sache. Meine Aufopferung, mein Selbstopfer bedeutet nicht Frieden, Erlösung als Automatismus, sie ist eher der Beginn des Kampfes um Wissen und Wahrheit.

Diesen letzten Punkt vermisse ich auf Kirchentagen und erinnere mich an den Kirchentag in Stuttgart, auf dem Prof. Khorchide einen Vortrag halten durfte und insgesamt suggerierte, dass der christliche Gott der Gleiche sei wie in seiner Religion. Bei meiner Frage nach der Trinität Gottes kam er ins Schlingern. Er wird heute von uns beschützt, weil seine Meinung keinesfalls eine Mehrheit in seinem Glaubens-Kreis darstellt.

Das Buch hat Zustimmung und Widerspruch bei mir ausgelöst - das Beste, was lange Briefe wie dieser in einem anderen auslösen können.

Bewertung vom 09.04.2025
Wir brauchen Macher
Backhaus, Julien

Wir brauchen Macher


ausgezeichnet

Ein Leben lang war ich Unternehmer, als angestellter GF und als Gründer eines eigenen Unternehmens. Selbst und ständig, begeisternd arbeiten, nichts ist erfüllender. Im harten Gegensatz steht dagegen das Bild des Unternehmers in der Öffentlichkeit. Er wird immer noch viel zu oft als Ausbeuter und gewinnsüchtiger Egomane bezeichnet. Warum das genaue Gegenteil richtig ist, vermittelt dieses spannende Buch.

„Wettbewerb ist ein demokratisches Marktmodell, jeder darf mitmachen und sein Glück versuchen. Damit fordert er die anderen Marktteilnehmer heraus, und das System hält sich praktisch selbst in Schach. Und es ist ein Garant für eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze und Aufstiegschancen.“

Nur mit diesem Prinzip und der Möglichkeit auf Eigentum werden neue Ideen und jene Produkte entstehen, die die Menschen aus Armut herausgeführt und Wohlstand für alle geschaffen haben. Der Sozialismus als so gerne beweihräuchertes Gegenmodell ist immer und ausnahmslos krachend gescheitert, auch Deutschland musste die grauen Ruinen erleben, die man beim Besuch der ehemaligen DDR in 1990 erblicken konnte.

Je mehr der Staat in das Wirtschaftsgeschehen eingreift, umso mehr Vorschriften und bürokratische Hürden entstehen. Vom Ende her zu denken ist keinem Politiker möglich, nichts ist alternativlos und wir alle sollten Erfolge immer skeptisch sehen. Nur das bringt weiter und schafft langfristig erfolgreiche Unternehmen.

Julien Backhaus gelingt es in diesem Buch, die zentrale (auch historische) Rolle des privaten Unternehmers herauszuarbeiten: er ist das wertvollste Antriebsmittel für weiteren Wohlstand, kein staatseigener Betrieb kann ihm das Wasser reichen. Ja, es stimmt, wir bräuchten mehr Milliardäre, die Wohlstand und Wachstum schaffen, an dem alle teilhaben können. In Wahrheit sind diese privaten Anstrengungen der Garden Eden, den der Sozialismus so gerne verspricht.

Julien Backhaus analysiert Grundlegendes, er zeigt wie Unternehmer ticken und wie sie unsere Welt retten können. Anschaulich und motivierend beschreibt er zudem, wie man Unternehmer wird und welche Regeln dabei zentral sind, um am Markt langfristig zu bestehen.

Zu seinem Tipp „Seiten Sie mutig“ (S. 148) möchte ich mein Lebens-Motto als Unternehmer beisteuern, es ist von Prentice Mulford:

"Immer den Mut wie eine Flamme vor sich tragen,
nichts fürchten und nichts unmöglich nennen,
niemanden hassen, aber seinen Irrtum meiden,
alle lieben, aber das Vertrauen vorsichtig und weise verteilen."

Natürlich ist Übermut selten gut. Deshalb gilt der Satz von Julien Backhaus als Additiv: „Lassen Sie sich bewusst auf ungewisse Situationen ein, handeln Sie überlegt und wägen Sie Chancen und Risiken ab.“ Mut heißt selten, schnell und unüberlegt zu handeln, sondern immer mit Ruhe und Nachdenken.

Ich würde mir wünschen, dass dieses Buch an Schulen zum Lerninhalt wird, dass die Mehrzahl heutiger Journalisten es lesen und verinnerlichen, denn gerade dieser Berufsstand wird mit KI durchaus ersetzbar. Solche Wendepunkte sind Chance für alle, man muss nur rechtzeitig ein Gespür für neue Ideen entwickeln.

Bewertung vom 06.04.2025
Communitys
Pott, Oliver;Hamann, Kathrin

Communitys


ausgezeichnet

Social Media ist mehr als Influencer, denen man folgt. Oder Beiträge auf X zu schreiben oder zu lesen. Oder irgendwo zu kommentieren. Diese Texte bleiben im Schnitt nur 18 Minuten live.

Online-Teilhabe verlagert sich mehr und mehr hin zu vertrauenswürdigen Communitys, in denen man mitmachen und gestalten, diskutieren und lösen kann. In denen man als Person wert geschätzt wird und nicht nur Likes setzten soll, in denen man also etwas beitragen und schnelle Hilfe bekommen kann.

Dieses Buch bietet einen umfassenden Querschnitt aller Aspekte, die heute eine gute Community ausmachen, es leitet sehr motivierend dazu an, sich selbst in die Lage zu versetzen, eine Community zu gründen und sie erfolgreich am Laufen zu halten.

Die entscheidende Frage, die man sich stellen sollte, wenn man selbst eine Community gründen will, ist: „Welche Community hast du dir selbst schon immer sehnsüchtig gewünscht?“

Ich war Anfang der Nuller Jahre plötzlich Teil einer Community und habe begonnen, Digitalbilder online zu mit anderen Designern zu tauschen. Schnell wurde daraus ein Verkauf an all, an die ganze Welt.

Die Faszination hat bis heute nicht nachgelassen und Bilder brauchen bei mir nicht bewertet zu werden, wie das bei vielen Communitys der Fall ist. Sie können - und das ist die beste Bewertung - direkt gekauft werden. Nie werde ich die gemeinsamen Ideenwettbewerbe und die hilfreichen Anleitungen vergessen. Das Internet hatte soeben begonnen und damals haben wir über Facebook gelacht. Nur tratschen? Reicht das? Es reichte!

So viele Möglichkeiten, heute schneller umgesetzt als jemals zuvor, dieses Buch bietet hilfreiche Anleitungen die Fülle, ein wirklich guter Fundus für Strategien, Ideen und langfristige Umsetzungsmodule.

Bewertung vom 06.04.2025
The Thinking Machine
Witt, Stephen

The Thinking Machine


ausgezeichnet

Gewöhne Dich an Dinge, an denen du verzweifelst. Diese Aussage von Mark Aurel steht diesem Buch voran und versinnbildlicht den Weg eines Nischenanbieters von Grafikkarten für Videospiele zum wertvollsten Unternehmen der Welt. Jensen Huang steht seit 32 Jahren an der Spitze von Nvidia und treibt sein Umfeld mit hingebungsvoller Tatkraft voran. Sein Unternehmen hat heute einen Börsenwert von 3 Billionen Dollar und steht auf einer Stufe mit Apple und Microsoft.

In einem Denny’s Restaurant hatte er vor über 30 Jahren seinen Geschäftsplan für Nvidia entwickelt, ein Ort, den er als Tellerwäscher startete, zum Hilfskellner aufstieg und auch heute immer noch gerne besucht. Eine bewundernswerte amerikanische Karriere, deren Faszination in diesem Buch anschaulich erklärt wird. „Huang denkt nicht wie ein Geschäftsmann, sondern wie ein Ingenieur. Er zerlegt schwierige Konzepte in einfache Prinzipien, die er anschließend auf wirksame Lösungen anwendet.“ Das Maschinenlernen ist für ihn eine neue Methode der Softwareentwicklung.

Als Miteigentümer seines Unternehmens (durch Aktien) hat mich die Entwicklung dieses Unternehmens wirklich interessiert. Die unglaublichen Fähigkeiten seines Produktes sind: es kann sprechen wie ein Mensch, eine Seminararbeit schreiben, ein mathematisches Problem lösen, eine medizinische Diagnose stellen und einen Podcast modereren. Wo also liegen mögliche Grenzen? Wird der Mensch dadurch unnötig?

Keinesfalls, meint Huang, sie tue nichts anderes als Daten zu verarbeiten, es sei der Beginn einer neuen industriellen Revolution. Das sagt einer, dem an der Wiege keine strahlende Zukunft winkte. Geboren in Taiwan, aufgewachsen in Thailand, kommt er 1973 ins ländliche Kentucky, mit seinem Bruder, die Eltern bleiben in Thailand zurück. Von Anfang an wird er schikaniert und muss oft stundenlang im Spind ausharren. Er lernt sich durchzusetzen und erfolgreich zu sein, in Schule und Universität. Vor allem aber im selbstständigen Nachdenken.

„Wie AMD hatte auch SGI (der Arbeitgeber seiner Frau Lori Mills) seinen Sitz unweit der US 101, jener Autobahn, die das Stadtzentrum von San Jose mit der knapp 40 km entfernten Universität Stanford in Palo Alto verbindet. Auf dieser Autobahn kam man an Ausfahren vorbei, die an eigentlich wenig bemerkenswerten Vororten wie Cupertino, Santa Clara, Milpitas und Mountain View vorbei führten, jenen Orten, an denen Apple, Intel, Cisco und Silicon Graphics beheimatet waren. Dort war die Talentdichte hoch, und nirgendwo auf der Erde war jemals so viel Reichtum auf einer so kleinen Fläche angehäuft worden wie an diesem Ort.“ Jensen Huang war direkt mit dem Silicon Valley verbunden und wird sein Berufsleben im Umkreis von 8 km verbringen.

„Es mag Leute geben, die sagen, es sei nicht wichtig zu siegen, aber diese Leute haben nie etwas gewonnen.“ Das sagte ein Mitarbeiter von Huang, der dessen Aufstieg zum gefeierten Star miterlebte. Für seine Mitstreiter war und ist Jensen ein Prophet, der alle reich gemacht hat. Er hat sie mit Aufmunterung und Demütigung überzogen, er, der heute als Verehrungswürdiger nur noch Jensen genannt wird. „Mit dem Tod von Steve Jobs im Jahr 2011 wurde der Platz des visionären Techmanagers in charakterstischem Outfit vakant. Mittlerweile sieht es so aus, als könnte Jensen. diese Lücke füllen.“

Seine Ansprachen werden von Tausenden verfolgt und die Frage, ob KI die Menschheit auslöschen könnte, ist heute eine der zentralen Fragen, mit der dieses bemerkenswerte Buch endet. Es ist weit mehr als die Biografie Jensens, es ist mitten in der 12 jener Zukunftsfragen, die heute alle bewegen. Wird KI eines Tages die Menschheit auslöschen oder degradieren? Im letzten Interview des Autors Stephen Witt mit Jensen wird deutlich, unter welchen Spannungen dieses Buch entstand und dass er sich nur schwer von der Persönlichkeit des Erfinders und Unternehmers Jensen Huang lösen konnte.

Ein wirklich spannendes Buch, das mich auf keiner Seite langweilte.

Bewertung vom 03.04.2025
Good Morning Germanistan!
Broder, Henryk M.;Mohr, Reinhard

Good Morning Germanistan!


ausgezeichnet

Was wären die aktuellen Zustände ohne diese beiden Autoren von der Denkstelle? Man könnte verzweifeln. Aber man muss sich eine Art von Humor wieder zulegen, der die Dinge zurecht rückt und sie in ihrer erschütternden Art und Weise richtig bettet. Betrachten was ist und wie es ist, dazu dient dieses Buch, das uns eine feine Analyse jener Zustände offenbart, die jedem größte Sorgen bereiten müssen.

Wenn Politiker alle Probleme verhüllen und sie schönreden, ist das exakte Gegenteil lebenswichtig. Sätze, die bleiben, Henryk M. Broder und Reinhard Mohr können schreiben, in der Zwölf sitzend, erinnerungsstark und durchlüftend. Sie formulieren so wie Politiker von heute morgen als Ex-Politiker plötzlich die Wahrheit entdecken werden.

Ab Seite 114 wird in dem Kapitel „Endlich frei: der Typus des Ex-Politikers“ die Spezies jener Leute wie Sigmar Gabriel oder P. Steinrück erklärt, denen nach der politischen Karriere das richtige Licht aufgeht. Bis zu diesem Abschiebeprozess aber stehen Politiker vor dem Wohlfahrtsausschuss ihrer jeweiligen Partei und werden in der Zange der korrekten Sichtweise zurechtgeschüttelt. Wir alle kennen die daraus resultierenden verharmlosenden Reden.

Das Buch nennt auch Dinge, die in ihrer Absurdität nicht im normalen Medienmainstream stattfinden. Wer wusste, dass Sitzbänke gefährlich sein können, weil herabstürzende Äste (Klimawandel!) dort landen könnten? Sie werden tatsächlich in Baden-Württemberg abmontiert, vor allem dort, wo Rentner am liebsten sitzen und über die Weltlage nachdenken: am Waldrand.

Bürokratischer Kontrollaufwand ist in Deutschland auf dem Vormarsch, aktuell stehen alle Müllsünder unter strenger Beobachtung. Geldstrafen bis 5000 Euro drohen. Deutschland, einig Überwachung- und Phrasenland, der Floskelolympiade können wir täglich in den Medien zuhören. Man schiebt notwendige Maßnahmen auf eine Analyse des Dunkelfeldes und meint, dass wachsende Kriminalität auch auf eine erhöhte Bereitschaft der Bürger, Anzeigen zu erstatten, zurückzuführen sei.

Sondervermögen, Doppelwumms, grünes Wirtschaftswunder, viele Unternehmen in Deutschland gehen Konkurs, nur die Produktion von Narrativen, Einordnungen und ideologischen Nebelschwaden wächst. Deutschland scheint besonders heute der Herrscher im geistigen BeReich der Wertschätzung, des Zusammenhalts und der Augenhöhe mit dem globalen Süden. Diese „rhetorische Mehlschwitze“ (Alexander Kissler) lässt notwendige Debatten verschwinden bevor sie überhaupt beginnen können. Wir erleben „spießerhafte Leersätze als rhetorische Brandmauer gegen die Wirklichkeit“.

Mehr Ideen, mehr Taten, mehr Arbeit, mehr Vernunft - so könnte man den Appell dieses Buches zusammenfassen. Allerdings ohne große Hoffnung auf eine Zielerfüllung. Vor überbordender Hypermoral hat Deutschland seine eigene Geschichte, seine Herkunft weitgehend vergessen und grüßt gerne das ewige Murmeltier, den Sozialismus. Die Grüne Jugend Vorsitzende schrieb 2022: „Möchte kurz angeben, habe gerade meine Bachelorarbeit mit ner 1.0 bestanden. Bin jetzt valide Expertin für kapitalismuskritische frühkindliche Bildung, falls ihr sowas mal braucht.“
Meine Lieblingsaussage: „Verwegener Gedanke: Selbstbewusstsein kommt vor allem aus Geschichtsbewusstsein. Genau hier könnte man ja mal einen neue Anfang wagen. Durch das Raue zu den Sternen.“

Entdeckt habe ich das Buch von Klaus Harpprecht, dem Redenschreiber von Willy Brandt, der über Schorndorf nach Bonn zog. Der Titel: „Schräges Licht.“

Bewertung vom 02.04.2025
Die hohe Kunst der Weisheit
Höffe, Otfried

Die hohe Kunst der Weisheit


ausgezeichnet

Weisheit ist ein vielfältiges, komplexes, mehrdeutiges Phänomen. Es hängt ab von Raum und Zeit, von Kultur und Religion und vielem anderen. Eine überragende Fachkompetenz steht am Anfang valider Nachweise über ihr Vorhandensein. Dabei gelangen viele Menschen zur weisen (beruflichen) Könnerschaft, die aber nur bedingt in andere Bereich des Verhaltens überstrahlen. Erst eine umfassende Lebensweisheit im Zusammenleben mit anderen und der Natur erzielt ein Höchstmaß an Weisheit, die bleibt und den Menschen sanft umschließt, sogar auch in den Todesstunden.

Das Buch bietet Ursprünge und Anregungen satt aus unterschiedlichen Epochen und mithin einen reichen Fundus für eigene Weisheitsinhalte. Liebe, Gesundheit, Kinder, Freunde, Urlaub, Unterhaltungen, Spannung und Abwechslung sehen viele als Bestandteile für ein erfülltes Leben. Andere wollen Selbstständigkeit, Macht, Gewinn und immer mehr Geld. Für mich entscheidend wäre ein Beruf, der mich begeistert und der Arbeit im klassischen Sinn nicht mehr spüren lässt.

Das Buch bot mir einen anregenden Gang durch die Zeit, die Ideen vieler Philosophen und Denker, verstreut über alle Kontinente. Besonders spannend dann am Ende das Kapitel Weltweisheitserbe, in dem z.B. auch auf chinesisches Denken eingegangen wird. „Die Menschen konzentrieren sich auf das, was im Bereich ihres Wissens liegt, und erkennen nicht, wie sehr sie davon bestimmt werden, was jenseits davon zu finden ist.“

Dieses aus dem Daoismus stammende Denken wird bei Chinesen ergänzt durch den Konfuzianismus. Dort fordert z.B. ein Lehrer (Xuni), dass man den Geist von Aberglauben und Vorurteilen befreien solle. Chinesische Lehren sind weniger religiös als vielmehr dem normalen, verständigen, mitfühlenden, menschlichen Geist entsprungen, eine Richtung, die den monotheistisch intoleranten Religionen als Alternative entgegensteht.

Glück ist, wenn alles für Dich Sinn macht, sagte Diane Keaton. Und ganz am Ende lese ich im Grunde die Begründung für unser westliches, marktwirtschaftliches System, das viele als kapitalistisch negativ abkanzeln: „Wenn man Menschen sie selbst sein lässt, blühen sie auf.“ Leider gibt es dazu keine Quelle, vermutlich aber ist es die Spruchweisheit oder der zentrale Kalenderspruch liberaler Parteien. Dazu noch diese Aussage von Otfried Höffe: „Frühe Enttäuschungen sind heilsame Lehren.“

Ein höchst anregendes, kreatives weit gespanntes Buch, das weitere Grundierungen für meine Lieblingsaussage lieferte:

"Immer den Mut wie eine Flamme vor sich tragen,
nichts fürchten und nichts unmöglich nennen,
niemanden hassen, aber seinen Irrtum meiden,
alle lieben, aber das Vertrauen vorsichtig und weise verteilen."
(Prentice Mulford, Unfug des Lebens und des Sterbens)

Bewertung vom 01.04.2025
Zukunft im Widerspruch
Thoms, Anahita; Dettmers, Sebastian; Wilke, Gülsah; Kienbaum, Fabian; Oehl, Magdalena; Schwiezer, Hauke

Zukunft im Widerspruch


ausgezeichnet

Internationale Kapitalströme prägen die Dynamik der Weltwirtschaft. Die seit 2015 auftretenden Probleme charakterisiert Theodor Weimer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börsen AG in seinem Artikel zu Beginn. Deutschland ist im internationalen Ranking weit zurückgefallen und hat strukturelle, also nicht so schnell zu behebende Probleme.

Wir lesen in dieser Anthologie eine breite Vielfalt von Problemanalysen und Lösungsvorschlägen, vom Spannungsfeld moderner Unternehmen in zunehmender Globalisierung über Probleme am Arbeitsmarkt bis hin zu Bildungsthemen. Nicht alle Themen sehe ich ähnlich, einige rufen Widerspruch hervor, aber genau das sollte ein gutes Buch erreichen, ein beginnendes Gespräch.

Die berühmte Diversität oder Vielfalt ist inzwischen zu einem unhinterfragten Synonym für zukünftigen Erfolg geworden. Es war schon immer richtig und wird es auch in Zukunft bleiben, trotzdem müssen mögliche Problem und kulturelle Unpässlichkeiten analysiert werden. Vielfalt ist nicht per se gut, sondern nur wenn sie ehrlich und offen gelebt werden kann. Ich war zeitlebens Teil von internationalen Teams und kenne die Stolperfallen der Praxis.

Eins ist keinem Menschen beizubringen: der Wille zur Leistung. Wie sie erzeugt wird? In keinem Fall in einem satten Umfeld, in dem Haltung mehr zählt als praktisches Arbeiten. Ich selber von von ganz unten ganz nach oben gekommen und meinem Willen hatten sich wenig Barrieren in den Weg gestellt. Quoten in diesem Zusammenhang sind eher hinderlich und kein Mensch braucht sie.

Degrowth ist ein Unterfangen des ewigen, nie schweigenden Sozialismus als Ziel einer universellen Gerechtigkeit, heute auch im Klimabereich. Beides sehe ich kritisch und sollte stärker hinterfragt werden. Sinn und Orientierung ist durchaus angebracht, aber nicht auf Kosten von Motivation und Selbstständigkeit. Steigt die Staatsquote über 50%, wie aktuell in Deutschland, startet der Sozialismus. Die freien Kräfte des Marktes aber sind ein scheues Reh, das schnell seinen globalisierten Standort wechselt.

Ein höchst interessantes Buch mit 44 Essays, die alle Probleme und Lösungen diskutieren, die Deutschland wieder nach vorne bringen können.

Bewertung vom 31.03.2025
Genial ernährt!
Adler, Yael

Genial ernährt!


ausgezeichnet

Im Grunde weiß es jeder, mehr Bewegung, mehr Sport, Haferflocken, Gemüse, Linsen, Sauerkraut, Joghurt, Kefir etc. sind gute Rezepte für lang anhaltende Gesundheit. Die Autorin beschreibt anschaulich und verständlich alle Baustoffe unseres Körpers, ihr Zusammenwirken und mögliche Optimierungen bei der Nahrungsaufnahme. Besonders interessant und wie Zusammenfassungen zu lesen sind die eingestreuten Tipps: „Ei-weise Tipps, Süße Tipps, Fette Tipps, Tropfenweise Tipps etc.

Frau Dr. Adler erinnert an jene einfachen und guten Tricks, die Ernährung ohne viel Zutun besser machen, die man aber so gerne vergisst: „Gekochte und dann abgekühlte Pasta hat einen niedrigeren GI als frisch gekochte, heiße, weil die Stärke während des Abkühlen retrogradiert, also sich die Moleküle neu anordnen, wodurch die Stärke weniger leicht verdaulich wird. Die resistente Stärke macht als Ballaststoff die Darmbakterien glücklich.“ Gleiches gilt vor allem auch für Kartoffeln.

Instant-Haferflocken haben einen höheren GI Wert als Stahlhafer, weil bei Letzterem die Bestandteile des Hafers erhalten bleiben, also neben dem Mehlkörper auch Frucht- und Samenschale und der Keimling noch vorhanden sind. Stahlhafer war für mich ein neuer Begriff: stahlgeschnittener Hafer (auch als irisches Haferflockenmehl bekannt) sind Vollkornhafergrütze, die in kleinere Stücke geschnitten (nicht gerollt) wurden, um Haferflocken zu erhalten. Stahlhafer wird häufig als herzhaftes Frühstücksflocken oder Müsli verwendet und hat den höchsten Nährwert aller Haferformen.

Eine Nahrungsbibel, die umfassend informiert, im Anhang mit übersichtlichen Tabellen zu Mineralien, Vitaminen, Spurenelemente und Anti-Aging-Supplementen sowie auch zu semi- und nicht essenziellen Aminosäuren. Ein weit gefasster Index rundet das Buch ab und bietet für nahezu alle Fragen ein Stichwort bzw. entsprechende Verweise.