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Lilli-Marleen
Wohnort: 
Eltmann

Bewertungen

Insgesamt 71 Bewertungen
Bewertung vom 09.04.2025
bruder, wenn wir nicht family sind, wer dann
Lovrenski, Oliver

bruder, wenn wir nicht family sind, wer dann


ausgezeichnet

Ein geniales Buch
Der Titel verrät schon viel über dieses kleine Meisterwerk. Ivor, Marco, Jonas und Arjan sind Brüder, also nicht wirklich, aber sie bezeichnen sich so. Vereint sind sie durch die Straße und die Drogen. Sie dealen und teilen auch schon einmal gerne Prügel aus. Auf ihre richtigen Familien können sie jedenfalls nicht zählen. Ihre Jugend scheint verloren, die Drogen werden mehr, die Wahl der Waffen schärfer.

Der junge Autor lässt Ivor die Geschichte erzählen und dieser schreibt so, wie er spricht. Ganz kurze Abschnitte in Kleinschreibung in feinster Jugendsprache. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen, ist dieses Buch so wahnsinnig authentisch. Ich gebe zu, dass ich nicht alles verstanden habe, aber das hätte ich im "real life" wahrscheinlich auch nicht. Ich fühlte mich auf jeden Fall sofort mitten drin und habe auch teilweise echt gelitten, als die Geschichte mit Jonas erzählt wurde, der von seinem Vater geschlagen wird und so gerne wieder zu seiner Mutter und seinen kleinen Bruder ziehen würde.

Ein großes Lob auch an die Übersetzerin Karoline Hippe. Diese Art der Sprache aus dem norwegischen zu übersetzen muss schon eine ziemliche Herausforderung gewesen sein.

Ich habe dieses Buch wirklich sehr gerne gelesen und kann es nur jedem weiterempfehlen, der sich für das Leben und die Sprachen der Jugend interessiert. Beeindruckend und bewegend!

Bewertung vom 09.04.2025
Russische Spezialitäten
Kapitelman, Dmitrij

Russische Spezialitäten


ausgezeichnet

Eine berührende und humorvolle Familiengeschichte
Russische Spezialitäten ist der neueste Roman von Dimitrij Kapitelman. In seinen bereits 2016 erschienen Roman: Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters erzählt der Autor die Geschichte seines jüdischen Vaters. In "Russische Spezialitäten", steht die Mutter im Vordergrund. Die Familie hat einen Laden in Leipzig in denen sie russische Spezialitäten an Osteuropäer verkauft. Doch als Russland die Ukraine angreift, entsteht ein Riss zwischen Dimitrij und seiner Mutter, die der russischen Propaganda verfallen ist und nur noch russisches Fernsehen schaut. Gespräche scheinen aussichtslos und so entscheidet sich Dimitrij seiner alten Heimat einen Besuch abzustatten und fährt mit dem Flixbus nach Kyjiw.

In dem Buch geht es neben dem Russischen Angriffskrieg und seiner Auswirkung auf eine Familie, auch um die Sprache als Identitätsmerkmal. Denn der Ich-Erzähler spricht weder Russisch perfekt, was eigentlich von ihm erwartet wird, noch kann er Ukrainisch.

Dimitrij Kapitelman schafft es, dieses ernste Thema mit einem ganz feinen Humor zu erzählen. Dabei berührt einem die Geschichte doch sehr. Vor allem, was er in der Ukraine erlebt. Aber auch wie sich seine Familie eine Existenz mit dem Laden aufgebaut hat.

Ein berührendes, ruhiges, humorvolles Buch, welches man gerne liest und noch ein Weilchen darüber nachdenkt.

Bewertung vom 09.04.2025
Achtzehnter Stock
Gmuer, Sara

Achtzehnter Stock


ausgezeichnet

In einem Zug weggeatmet
Wanda ist Schauspielerin und alleinerziehende Mutter einer fünfjährigen Tochter. Die beiden leben in einem Plattenbau in Berlin. Das Geld reicht vorne und hinten nicht, doch Wanda hat einen Traum: Sie will es aus eigener Kraft aus der Platte schaffen und sich nicht mit Harz 4 und ihrem vorgezeichneten Lebensweg abfinden. Da tut sich plötzlich eine große Chance für sie auf, doch der Weg ist schwer. Plötzlich wird ihre Tochter schwer krank, während sie eigentlich ein wichtiges Treffen mit den Großen der Filmbranche absolvieren muss. Wird sie diese Hürde nehmen und kann sie mit Kind überhaupt eine erfolgreiche Schauspielerin werden?

Ich fand dieses Buch wirklich ganz großartig. Ich habe es nur so weggeatmet. Jeder Satz, jede Seite treibt die Geschichte unglaublich schnell voran. Sara Gmuer kann wunderbar beobachten und das harte Leben am Existenzminimum auf den Punkt bringen. Wandas harter Kampf für ein besseres Leben, für sich und ihre Tochter, lässt einen so schnell nicht mehr los. Man bangt einfach ständig und ich war völlig gefangen von der Story.

Für mich ein wirkliches Highlight und absolut weiterzuempfehlen.

Bewertung vom 15.01.2025
Blutrotes Karma
Grangé, Jean-Christophe

Blutrotes Karma


gut

Nicht sein bestes Buch

In den Straßen von Paris herrscht das pure Chaos. Wir schreiben das Jahr 1968 und die französische Hauptstadt wird von protestierenden Studenten beherrscht. Mittendrin sind die Halbbrüder Mersch und Hervé. Der eine ist Polizist, der andere Student. Als eine junge Studentin brutal ermordet wird, finden die Brüder zusammen, da das Opfer eine Freundin von Hervé war. Als dann auch noch eine zweite Bekannte von ihm ermordet wird und genau wie das erste Opfer in einer Yogapose arrangiert wurde, werden die beiden Brüder in die Ereignisse hereingezogen. Ist die mysteriöse Mordreihe womöglich ein Zeichen für Hévre?

Das über 600 Seiten starke Buch hat mich am Anfang einiges an Nerven gekostet, aber nicht weil es so spannend war, sondern weil die Seiten so voll gepackt waren mit irgendwelchen Abkürzungen von Organisationen, die an den Protesten im Jahr 1968 beteiligt waren. Es wollte einfach kein Ende nehmen. Nach den Morden kamen dann lauter indische Begriffe hinzu und ich war völlig verwirrt. Hier wäre ein Glossar wirklich hilfreich gewesen.
Zur Mitte wurde es dann wirklich richtig spannend, aber leider konnten mich die einzelnen Charaktere auch nicht so überzeugen. Sie waren für mich nicht fassbar, da sie immer wieder ganz unterschiedliche Eigenschaften an den Tag legten, die zur Figur nicht so recht zu passen schien.

Im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass mir die Kernhandlung schon gefallen hat, aber das Buch einfach zu mühsam zu lesen war. Ein paar Seiten weniger, hätten der Story gut getan. Denn trotz der Längen, schafft es Grangé immer wieder ganz wunderbar, eine schaurige und mysteriöse Stimmung zu erzeugen.

Bewertung vom 31.01.2024
Roboter / Wieso? Weshalb? Warum? - Erstleser Bd.14
Neubauer, Annette

Roboter / Wieso? Weshalb? Warum? - Erstleser Bd.14


ausgezeichnet

Sehr zu empfehlen

Die "Wieso? Weshalb? Warum? Reihe für Erstleser von Ravensburger ist ja an sich schon genial und dieser Band reiht sich hier perfekt ein.

Es geht um Roboter. Ein super interessantes Thema für die Erstleser. Die Schrift ist sehr groß und die Texte kurz und verständlich. Ergänzt wird das vermittelte Wissen durch Fotos und Illustrationen. Sehr niedlich ist der kleine Roboter, den man auf fast jeder Seite mit einem lustigen Spruch findet. Das nimmt dem Buch dann gänzlich den drögen Charakter eines Sachbuches. Die einzelnen Abschnitte sind verschieden eingefärbt und als Frage gestaltet zB. woraus besteht ein Roboter? Nach der Lektüre des Abschnittes ist die Frage beantwortet. Jeder Abschnitt wird mit einem Leserätsel beendet. Diese sind ganz unterschiedlich und so kommt keine Langeweile auf.

Ein besonderer Spaß erwartet die Leser in der Mitte des Buches, denn hier darf gestickert werden.
Und wer dann immer noch nicht genug von Robotern hat, der kann ganz am Schluss noch ein Leselotto machen.

Ich finde die ganze Erstleserreihe sehr gelungen. Spielerisch lesen lernen, wird einem auf dem Cover versprochen und dieses Versprechen wird auch eingehalten.
Ich kann das Buch nur wärmstens weiterempfehlen!

Bewertung vom 25.01.2024
Das Philosophenschiff
Köhlmeier, Michael

Das Philosophenschiff


sehr gut

Wo liegt die Wahrheit?

Frau Professor Anouk Perlemann - Jakob, Architektin, lädt zu ihrem 100. Geburtstag einen Schriftsteller ein. Diesen bittet sie, ihr Leben als Roman zu erzählen. Sie wächst in St. Petersburg auf. Mit 14 Jahren wird sie mit ihren Eltern und anderen Intellektuellen auf Lenins Befehl ins Exil geschickt. Dazu geht sie an Bord eines sogenannten "Philosophenschiffes". Doch das Schiff stoppt auf einmal mitten im Meer und ein unerwarteter Passagier geht an Bord. Lenin selbst.

Das Buch hat sich sehr gut gelesen. Die betagte Dame füttert den Schriftsteller nämlich immer nur mit kleinen Häppchen aus ihrer Lebensgeschichte. So wartet man mit ihm, wie die Geschichte am nächsten Tag wohl weiter geht und dadurch wird ein konstanter Spannungsbogen erzeugt. Die Schrecken, die sie als Mädchen erlebt hat und nun zum ersten Mal jemanden anvertraut, lässt einen schon manchmal den Atem stocken.

"Rückblickend war das große Grauen nur ein Anfang, ein zögerndes Tasten."

Was mich an dem Buch etwas gestört hat war, dass ich irgendwann nicht mehr so ganz wusste, ob man der alten Dame alles wirklich so glauben kann. Aber das war wahrscheinlich auch so beabsichtigt.

"Gesagt werden soll es. Und wenn es keiner glaubt, umso besser."

Im Großen und Ganzen fand ich die Lektüre sehr spannend und teilweise auch erschüttern. Ein klein wenig mehr konnte ich auch mein Geschichtswissen wieder komplettieren.

Eine Leseemfehlung für Freunde von Biografien und Romanen mit historischem Bezug.

Bewertung vom 25.01.2024
Minecraft, Open World Band 01
Ramirez, Stephanie

Minecraft, Open World Band 01


ausgezeichnet

Für Fans und Einsteiger
Das Kennenlernen von Sarah und Hektor läuft nicht ganz so rund. Er ist schon ein erfahrener Spieler von Minecraft und hat sich eine tolle Basis erbaut. Sarah hingegen ist ein absoluter Neuling in dem Game und geht Hektor ziemlich auf den Keks. Doch dann fasst er Mut und begibt sich mit der Beginnerin auf eine gewagte Mission.

Ich bin ja auch ein ziemlicher Neuling in Sachen Minecraft und staune nicht schlecht, was mein Sohn da alles so zusammen spielt. Aber gerade deswegen hat der Comic mich amüsiert. Er lehrt einen über seinen Schatten zu springen und auch einmal mutig neue Sachen auszuprobieren. Die beiden Hauptpersonen schließen schließlich Freundschaft und helfen einander ihr Ziel zu erreichen. Da ist viel guter Inhalt in dem kurzen, bunten und actionreichen Comic. Auch die die Illustrationen und Texte sind gut aufeinander abgestimmt und man steigt leicht in die Story ein. Meinen Sohn hat es übrigens auch voll und ganz überzeugt. Er ist neun Jahre alt und liebt Minecraft. Ich werde jetzt vielleicht auch einmal mitspielen.
Dieser Comic ist auf jeden Fall etwas für kleine Fans des Kultgames.

Bewertung vom 25.01.2024
Unsereins
Mahlke, Inger-Maria

Unsereins


sehr gut

Der intime Blick auf eine deutsche Stadt

Dieser fast 500 Seiten starke Roman spielt während der vorigen Jahrhundertwende im "kleinsten Staat des Deutschen Kaiserreichs", in Lübeck. Auch wenn die Stadt nie bei ihrem Namen genannt wird. Zu dieser Zeit wirkt ein großer Schriftsteller in Lübeck: Thomas Mann. In seinen Romanfiguren bei den Buddenbrooks, meint sich die bürgerliche Familie Lindhorst wiederzuerkennen und fühlt sich schließlich einen latenten Antisemitismus ausgesetzt.

Die Sprache von Inger - Maria Mahlke ist einfach phantastisch detailgetreu, verliert sich aber nicht. Die verschiedenen Figuren breiten ihr Innenleben vor einen aus, ohne das sie viel sagen müssen. Das Buch ist im Präsens geschrieben, was einen das Geschehen sehr intensiv erleben lässt. Sehr gut finde ich, dass am Anfang eine Auflistung der handelnden Figuren erfolgt, so kann man hier immer mal wieder nachschlagen.

Das einzige Manko für mich war, dass ich die Buddenbrooks nicht gelesen habe und mir wahrscheinlich so einige kluge Verbindungen entgangen sind.

Aber auch ohne dem Wissen konnte ich in die bürgerliche Welt um 1900 eintauchen, die sich wie ein Panorama vor einen entfaltet.

Das Buch ist keine einfache Lektüre, aber wenn man sich ganz darauf einlässt, kann es ein richtiges Lesevergnügen werden.

Bewertung vom 11.07.2023
Solange wir leben
Safier, David

Solange wir leben


ausgezeichnet

Eine Familiengeschichte, die bewegt

Es gibt zahlreiche Biografien und Romane, die sich mit der Verfolgung der Juden durch die Nazis beschäftigen. Das ist gut so. David Safier ist mit seiner Familiengeschichte, die er als Roman angelegt hat, etwas besonderes gelungen, denn es geht auch um das Leben danach. Wie schafft man es überhaupt als Überlebender ein "gutes" Leben zu führen?

Abwechselnd wird das Leben von seinem Vater und seiner Mutter erzählt. Joschi Safier wächst mit seiner Schwester in Wien auf. Der Nationalsozialismus trifft die jüdische Familie auf schlimmste Weise. Joschi und seine Schwester können sich nach Israel retten. Hier versucht er sich ein neues Leben aufzubauen, bis er auf Waldtraut trifft und für sie wieder in das Land der Täter zurückkehrt.

"Leben heißt leiden." Das ist das Motto von Waldtraut. Sie wächst in ärmlichen Verhältnissen auf, wird früh Witwe und damit alleinerziehend. Bis sie auf Joschi trifft.

Am meisten hat mich beim Lesen das Schicksal von Waldtraut berührt. Sie kümmert sich aufopfernd um ihre Familie und vergisst dabei ihr eigenes Glück. Sie kümmert sich erst um ihre kranke Mutter, dann natürlich um die Kinder, um das Geschäft und am Ende um ihren Mann. Ganz selbstverständlich, wie so viele Frauen schon vor ihr und nach ihr. Für mich ist sie eindeutig die Heldin der Geschichte.
Da kommt mir Joschi schon etwas unbeholfen vor, der sich ja eigentlich auch nur ein gutes Leben mit seiner Familie im Nachkriegsdeutschland aufbauen will, doch trifft er irgendwie immer die falschen egoistischen Entscheidungen.

David Safier schafft es in seinem Buch, die Figuren sehr menschlich und nahbar darzustellen. Auch die inneren Konflikte, die sie mit sich selbst austragen, werden sehr einfühlsam beschrieben.

Ein wirklich sehr gutes Buch, das einen ans Herz geht.

Bewertung vom 13.03.2023
Die marmornen Träume
Grangé, Jean-Christophe

Die marmornen Träume


sehr gut

Grangé auf Abwegen?!
Ich hatte mich schon so auf das Buch gefreut. Endlich ein neuer Grangé! Mein Lieblingsautor im Thriller - Genre. Diesmal versucht er etwas Neues. Die Handlung findet im Berlin der 1939er Jahre statt. Es werden verstümmelte Frauenleichen gefunden und jedesmal vor ihrem Tod hatten sie den selben Traum vom Marmormann. Kann das ein Zufall sein? Ein ungewöhnliches Ermittler-Trio nimmt sich dem Fall an. Franz Beewen, der vorzeige Gestapomann, Minna von Hassel, Psychologin und adlige auf Abwegen und Simon, der Lebemann und Traumdeuter.

Am Anfang war ich schon etwas entäuscht. Die Figuren fand ich zu überzeichnet und die Sprache zu modern für einen Thriller, der in den 1930ern spielt.
Dafür beschreibt der Autor aber sehr detailreich das Berlin der Nazizeit. Um so weiter man liest, um so spannender wird die Geschichte. Auch die Figuren machen teilweise eine Entwicklung durch und wachsen einem ans Herz.

Ab der Mitte des Buches, wird die Geschichte immer weiter voran getrieben und wenn man denkt, der Zenit ist erreicht, setzt Grangé noch einen drauf. Eventuell auch einen zu viel...

Ich fand das Buch jetzt nicht schlecht, aber mir wäre es lieber, wenn der Autor in Zukunft wieder die Gegenwart in den Mittelpunkt stellt.

P.S. Auch mein Heimatort wurde in dem Buch genannt. Das fand ich dann schon toll, doch leider war die Beschreibung daneben. Es gibt und gab dort keine Reedachhäuser und schon gar keine Hügel, die diese hätten überragen könnten.