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Bewertungen
Insgesamt 473 Bewertungen| Bewertung vom 17.12.2025 | ||
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Sehr nett. Und an keiner Stelle langweilig; vielmehr recht inspirierend kommt das neue Büchlein "Alle weg. Mein Winter an der Adria" von Stefan Maiwald daher. Der Autor berichtet von seinem Aufenthalt auf der Halbinsel Grado, im Norden Italiens, in den Monaten September bis April, also genau von den Monaten, in denen die Region von Touristenschwemmen verschont ist. Und Maiwald hat eine gute Beobachtungsgabe und kann Geschichtchen erzählen; und das kann er nicht nur deshalb so gut, weil er seit Jahren mit seiner Familie in Grado wohnt und schon von daher vertieften Kontakt zu den Einheimischen und Kenntnisse über die Historie und das Brauchtum dieser Region hat... woran er uns mittels seines leichtgängigen Schreibstils teilhaben lässt. Da ist zum Beispiel die Bar von Pino, eine Art Kommunikationszentrale, da ist der Fussball in Norditalien, da ist die Legende vom Krokodil in der Bucht, da ist das einfache Leben, welches aber stets von Genussmomenten begleitet wird, da sind die Grado - typischen Winde, da ist das Weihnachtsbrauchtum und schlussendlich das anstehernde Tennismatch des Autors mit seiner Frau, einer ehemaligen Profispielerin. Man spürt in jeder Zeile: Maiwald hat zum Schreiben in Pinos Bar gesessen, inspiriert durch einen oder mehr kühle Gläser Weissen. Das Buch macht große Lust, Grado einmal einen Besuch außerhalb der Saison abzustatten. |
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| Bewertung vom 12.12.2025 | ||
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Belanglos. Und nichtssagend. Mit seinen rund 430 Buchseiten ist der neue Roman "Grand Hotel Avalon" der eigentlich im Genre Fantasy schreibenden Autorin Maggie Stiefvater - ich möchte es so deutlich sagen - verschwendete Lebenszeit. Das heißt nicht, dass Stiefvater es nicht verstünde, wohlformulierte Sätze aneinanderzureihen, im Gegenteil! Aber der eigentliche Mangel ist eine Geschichte, die nicht trägt, den Leser von den ersten Seiten an durch die Story zieht. Dabei ist das Grundkonstrukt durchaus voller Potenzial: June Porter Hudson leitet das Luxushotel Avalon, einsam gelegen mitten in den Appalachen. Wir schreiben das Jahr 1942, der Angriff der Japaner auf Pearl Harbour ist bereits geschehen; da erreicht das Kriegsgeschehen auch das Hotel - feindliche Diplomaten der Achsenmächte werden untergebracht und von Männern des FBI bewacht; June hat eine halbgeheime Liebesbeziehung zum Sohn des Hotelbesitzers und ist trotz der neuen Umstände bemüht, das Hotelgeschehen mit all seinem Luxusanspruch auch weiterhin perfekt am Laufen zu halten; und so ganz nebenher gibt es auch noch soetwas wie ein 'magisches Wasser' - hätte man durchaus was draus machen können... statt dessen schleppt sich die Handlung schwerfällig durch das Buch und es tauchen immer wieder Charaktere auf, die keinen Bezug zur Story haben und auch schon bald wieder entschwinden... Keine Leseempfehlung. |
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| Bewertung vom 09.12.2025 | ||
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Ein kluges Buch. Ein kluges Buch zur rechten Zeit! Axel Hacke, dem wunderbaren Kolumnisten, ist mit "Wie fühlst du dich? Über unser Innenleben in Zeiten wie diesen" eine Sammlung von präzisen und zusammenhängenden Überlegungen zu unserer Zeit gelungen - eine wahre treffgenaue Zeitanalyse, die das Innen mit dem Außen verbindet, gleichsam einen roten Faden legt. Ausgehend von des Autors eigenem 'Gefühl, es wäre langsam an der Zeit mit dem Buch zu beginnen', startet er hinein in die ersten Seiten; verdeutlicht, dass Verstand und Gefühl keine Gegenspieler sondern gute Partner sind; knöpft sich einzelne Gefühle wie Angst, Zorn, Wut, Scham vor und analysiert deren Stellenwert und Wirkung für unsere Innenwelt und für unser Verhalten; stellt dann aber sehr schlüssig den Zusammenhang zwischen unserer inneren Befindlichkeit und dem Erfolg rechter Parteien und des Populismus her - Faschismus hat kein Programm und setzt gerade deshalb am Opfererleben der Menschen an - die Rechten als Rattenfänger, die sich der Emotionen der Menschen bedienen um sie für ihre menschenverachtende Politik, zur Verfolgung eigener Zwecke und nicht zum Wohl der Menschen zu nutzen. Hacke beschreibt Trumps Kommunikationsstil, den die AfD aufgreift, leider mit Erfolg. Hacke spricht aber auch von Wut und Hoffnung und wie sie sich ummünzen lässt in ein Handeln für eine bessere Welt. Hacke hat sich richtig reingeschrieben in dieses Buch, welches man - je weiter es fortschreitet - immer weniger aus der Hand legen mag; ein fundierte Zeitanalyse, die Auswege beschreibt. |
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| Bewertung vom 08.12.2025 | ||
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Bienen und Garten. Wie organisieren Bienen ihr Zusammenleben? Wie verständigen sie sich? Wie kreuzt man zwei Apfelsorten und welcher Art von Pflege bedarf ein Garten? Wie funktionieren zwischenmenschliche Beziehungen? Und was passiert mit der zurückgebliebenen Ehefrau nach dem Tod ihres Mannes, wenn sie in elf Nachlassbriefen zwar ganz viel über die Bienenzucht, einiges übers Schreiben, aber schlussendlich auch das Geheimnis seines Lebens erfährt? Und gibt es eine Parallele zwischen dem Wachstum, der Pflanzenpflege im Garten, der Beziehungsstruktur im Bienenstock und den menschlichen Beziehungen? Caryl Lewis erzählt in ihrem Roman "Wilder Honig" mehr über die Natur - Garten und Bienen -, als dass sich eine Handlung entspinnt. Und die Naturschilderungen hätten ja im besten Sinne die 'eigentliche' Geschichte emotionalisieren und untermalen können... sie verlaufen aber recht unabhängig nebenher. Hannah und Sadie wohnen in einem kleinen Walisischen Dorf; John, Hannahs Mann, Bienenkümmerer und Schriftsteller verstirbt und hinterlässt Hannah 11 Briefe; Hannahs Schwester Sadie, inzwischen geschieden, gesteht ihre Liebe zu Frauen... und es taucht Megan auf, eine uneheliche Tochter, die John mit einer wesentlich jüngeren Frau gezeugt hat... Und was wird aus dieser durchaus spannungsgeladenen Grundkonstellation? Ein wenig Trauer, ein wenig Verzweiflung und Tragik, eine Prise Verzeihen... und weiter geht's... wie der ewig gleichbleibende Wechsel der Jahrerszeiten. Die drei Frauen richten sich halbromantisch ein in Haus und Garten... Ach ja - Megan verliebt sich in Jack, die jahrelange rechte Hand von John. Ein wenig Sonntagabend - im Zweiten - Kitsch... |
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| Bewertung vom 08.12.2025 | ||
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Gute Unterhaltung. Julia Bähr ist mit "Hustle" ein netter Wochenendschmöker mit allerdings weitgehend offenem Ende gelungen. Ein Stückweit ist ihre Geschichte eine Anleitung, wie ein Überleben in einer uberteuerten Welt gelingen kann, eine Aufforderung, sich zusammenzuschließen für einen gegenseitigen, emotionalen Support und sich neben dem 'offiziellen Leben' zusätzlich ein geheimes Leben in den Grauzonen der Illegalität zuzulegen. Mit einer guten Prise Humor beschreibt die Autorin, wie sich ihre Hauptfigur Leonie, von Beruf Biologin, wegen einer Racheaktion aufgrund einer Wertedifferenz mit ihrem Chef die Kündigung bei ihrem auf Genmanipulation ausgerichteten Unternehmen einhandelt. Leonie entschwindet nach München, findet dort einen eher schlecht bezahlten Job, ihre neue Wohnstätte verdient die Bezeichnung nicht, ist aber das einzige, was sie sich leisten kann... dafür lernt sie drei andere Frauen kennen, denen es finanziell besser zu gehen scheint... die sich mittels zum Teil illegaler 'Nebenbeschäftigungen' ein recht gutes Leben in München leisten können. Und Leonie beginnt nun selbst, aus Racheaktionen für andere ein Geschäftsmodell zu entwickeln... Wie gesagt - gute Unterhaltung |
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| Bewertung vom 08.12.2025 | ||
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Mmmhhh... Ich habe mich beim Lesen von Édouard Louis' neuem Buch "Der Absturz" ein wenig gefühlt wie ein Voyeur... durfte ich doch als Leser Zeuge eines erschütternden Absturzes werden. Der Autor berichtet vom Niedergang und Tod seines größeren Bruders, der mit nur 38 Jahren seiner schweren Alkoholsucht erliegt. Louis beschreibt die aufeinanderfolgenden Akte des Absturzes, zitiert Personen, die mit seinem Bruder in Beziehung waren, berichtet vom ebenso alkoholkranken, entwertenden Vater und einer leidenden Mutter. Er berichtet von seinen eigenen inneren Zwiespalten - zwar gelingt ihm eine bessere Abgrenzung als der Mutter, die bis zum Schluss mit der Begründung "Aber er ist doch mein Sohn!" an der Liebesverpflichtung dem Bruder gegenüber festhält; aber Louis sieht nicht nur die selbstzerstörerische Seite seines Bruders, sondern auch die gewalttätige, gesteht sich ein, dass er ihn nicht mag. Louis stellt viele Fragen, Fragen nach dem Grund, die aber letztendlich nie eine Auflösung finden weren. Ein schonungsloser Text, in dem der Autor weder seinen Bruder, seine Familie noch sich selbst schont. Und was ich mich am Ende frage: Gehört eine derartige Auseinandersetzung nicht eher in einen geschützten Rahmen anstatt als gedrucktes Werk der Öffentlichkeit präsentiert zu werden? |
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| Bewertung vom 04.12.2025 | ||
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Wie ein Freitagabend... Ein Freitagabend im Ersten - der Freitagabendfilm im Ersten, wenn es darum geht komplex-komplizierte Familienverhältnisse mit Historienbezügen auf landschaftlich ansprechendem Hintergrund am Ende in einen verkraftbar-harmonischen Zustand zu wandeln. Der Roman "Das Flüstern der Marsch" von Katja Keweritsch hat genau dazu das Zeug. Die Autorin erzählt die Geschichte einer transgenerationalen Weitergabe von Erziehungsgrundsätzen aus der Nazi-Ära mit ihren Auswirkungen. Insbesondere die Frauen sind dabei auch selbst Opfer und nicht nur 'Täter einer schwarzen Pädagogik'. Mona kehrt anlässlich des 80. Geburtstages ihres Großvaters zurück in ihr Heimatdorf in der Marsch. Wenige Tage vor der großen Feier verschwindet ihre Großmutter spurlos. Die Suche nach ihr offenbart lang gehegte Familiengeheimnisse, verschwiegenes Leid, welches über die Generationen hinweg zu einer Verhärtungen und Gefühlskälte geführt hat, die am Ende alle Familienmitglieder auf ihre Weise leiden lässt. Lässt sich das transgenerationale Erbe unterbrechen? Bei einem Freitagabendfil im Ersten würde das gelingen... Der Aufbau der Geschichte gefällt mir - treffen sich doch am Ende unterschiedliche Zeitebenen in der Erzählgegenwart und verweisen in eine mögliche Zukunft. |
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| Bewertung vom 26.11.2025 | ||
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Zum Abtauchen. Die Lesezeit für den knapp 530-seitigen Roman "Weisses Licht" des amerikanischen Autors Eric Puchner beträgt natürlich nicht eine komplette Lebenszeit - das ist aber in etwa die in seinem Buch erzählte Zeit. Und weil Eric Puchner ein begnadeter Erzähler ist, kann man getrost eintauchen in die Geschichte einer lebenslangen Freundschaft und kann sich bis zur letzten Seite seiner literarischen Führung überlassen. Puchner rührt große Themen an - Freundschaft, Liebe, Tennung und Tod, Krankheit und Verlust - platziert diese in ein gegenwartsnahes Amerika, in dem inzwischen die Gletscher schmelzen, die Wälder brennen und die Natur sich auf dem Rückzug befindet; fast scheint es, als wenn allein die Bande der Freundschaft und der Liebe den Untergang verhindern könnten. Der Eigenbrötler Garret verliebt sich ausgerechnet und tragischerweise in Cece, die angehende Ehefrau seines besten Freundes Charlie, zudem soll Garret auch noch deren Trauung vollziehen. Cece heiratet zwar, verlässt aber Ehemann Charlie schon sehr bald für Garret... Eine große Herausforderung für die Freundschaft von Charlie und Garret... die noch Jahrzehnte überdauern sollte, mit Höhen und Tiefen... Ein Buch über das gelebte Leben. Ein Buch, welches Anregung ist nachdenklich zu werden - über das eigene Leben mit all seinen Widerfahrnissen. |
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| Bewertung vom 20.11.2025 | ||
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Welch ein Hammer! Das meint sowohl die inhaltliche Qiualität des neuen Buches "All the way to the river" von Elizabeth Gilbert, wie auch die Wirkung auf mich als Leser / Hörer - es hat mich schlicht hammermäßig umgehauen. Die Leser:innen erwartet ein regelrechtes Wechselbad der Gefühle... in einigen Momenten kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen, in anderen würde man es am liebsten in irgendeine Ecke pfeffern. Mit schonungsloser Offenheit (ich weiß gar nicht, ob es überhaupt noch offener ginge) erzählt Elisabeth die Geschichte ihrer großen Liebe, die auch ihr Untergang hätte werden können. Elisabeth trifft ihre große Liebe Rayya in einem Friseursalon, in einer Phase, in der Rayya, eine schwer süchtige aber ungeheuer faszinierende Person, seit kurzem 'clean' ist. Was Elisabeth noch nicht weiß ist, dass auch in ihr ein süchtiger Charakter steckt, nicht nur der Alkohol sondern vor allem ihre Sex- und Liebessucht prädestinieren sie zu einer stark coabhängigen Beziehung mir Rayya... und beide kämpfen über viele auszehrende Jahre hinweg um ihre Liebe und ihr Leben, gegen Verzweiflung und Tod. Zu Beginn der Geschichte erscheint Rayya Elisabeth 5 Jahre nach ihrem Krebstod und regt an, ihrer beider Geschichte aufzuschreiben. Daraus entstanden ist eine beeindruckende Geschichte, die an vielen Stellen nur schwer aushaltbar ist, aber für jeden, der sich einlassen kann, eine gewaltige Bereicherung darstellt. Und wem es am Ende ein wenig zu spirituell zugeht, der mag dies einfach ausblenden. |
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| Bewertung vom 20.11.2025 | ||
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1000 und ich. Zweifle nicht, zögere nicht, hinterfrage nicht. Macht nachdenklich. "1000 und ich", ein Roman für Jugendliche ab 12 Jahren, geschrieben von dem Niederländer Yorick Goldewijk, hat bei mir als schon lange Erwachsenem Spuren hinterlassen - geht es doch zunächst (scheinbar) um Uniformität und den Zwang zur Anpassung in einer Welt namens 'Surdus'; diesem Druck sieht sich auch 'Ich', die eigentlich '8' ist, ausgesetzt. Doch 8 merkt, dass sie irgendwie anders ist und auch andere Dinge als all die anderen wahrzunemen scheint - bis auf ein anderes Mädchen - '1000' - dem sie sich verbunden fühlt. Zusammen wollen sie ausbrechen aus der Gleichförmigkeit, das individuelle Leben entdecken, einer verborgenen Sehnsucht nachgehen... Bis hierhin könnter man meinen, es handele sich um einen 'Ausbruchsversuch aus einem Überwachungsstaat', um die Identitätssuche Heranwachsender... aber weit gefehlt! Das Ende bringt (ich werde nicht spoilern!) eine überraschende Wende, die den Roman auf eine neue Ebene hebt... und mich als Erwachsenen sehr, sehr nachdenklich gemacht hat. Ich habe nicht den Überblick darüber, was 12-jährige sonst so lesen... ich finde es für diese Altersgruppe auf jeden Fall ziemlich anspruchsvoll! |
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