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Raumzeitreisender
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Ahaus
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 788 Bewertungen
Bewertung vom 18.12.2025
Die Kakerlake  (Restauflage)
McEwan, Ian

Die Kakerlake (Restauflage)


weniger gut

Die Kakerlake Jim Sams wacht in menschlicher Gestalt im Westminster- Palast als britischer Premierminister auf. Nach einer kurzen Phase der Gewöhnung merkt Sams, dass sich im Kabinett weitere verwandelte Kakerlaken befinden. Nur der Außenminister Benedict St John ist keine Kakerlake. Das Problem muss später gelöst werden.

Die Kakerlaken favorisieren eine als Reversalismus bezeichnete unsinnige Politik der ökonomischen Umkehrung. Für Arbeit muss am Monatsende bezahlt werden und für Einkäufe bekommt man nicht nur die Ware sondern auch noch zusätzlich Geld. Der amerikanische Präsident Archie Tupper ist von dieser neuen Politik begeistert.

McEwan hat mit dieser Novelle eine Satire auf den Brexit geschrieben. Die Politik ist verrückt, Kritiker werden beseitigt und das Volk ist begeistert. Parallelen zur realen Politik sind beabsichtigt und erkennbar. Dennoch taucht man als Leser nicht wirklich in die Geschichte ein. Der absurden Satire fehlen intelligente Dialoge und der notwendige Biss.

Bewertung vom 17.12.2025
Offene See
Myers, Benjamin

Offene See


gut

Die Geschichte spielt in England im Jahre 1946. Das Leben des 16-jährigen Robert Appleyard scheint vorgezeichnet zu sein. Er lebt in einer Bergbauregion. Seine Vorfahren haben im Bergwerk gearbeitet und so wird auch er demnächst unter Tage arbeiten.

Robert fühlt sich eingeengt und so begibt er sich auf eine Reise durch das Land, um einmal das Meer zu sehen. Er arbeitet tageweise hier und dort und landet irgendwann auf dem Cottage von Dulcie Piper, einer allein wohnenden Frau mittleren Alters.

Dulcie ist gebildet, unkonventionell und hat andere Ansichten als die Menschen, die Robert aus seiner Heimat kennt. Zudem umgibt sie ein Geheimnis, das mit Manuskripten von Gedichten zu tun hat. Sie beeinflusst Roberts Weltbild. Er verändert sich.

Der Roman ist voller Poesie und sprachlicher Bilder. Intensive Gespräche zwischen Robert und Dulcie hauchen der Geschichte Leben ein, Geheimnisse werden gelüftet. Aber die Geschichte wirkt auch unrealistisch, konstruiert und klischeehaft.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.12.2025
Wallanders erster Fall / Kurt Wallander Bd.1
Mankell, Henning

Wallanders erster Fall / Kurt Wallander Bd.1


sehr gut

In diesem Buch, bestehend aus fünf Einzelgeschichten, beschreibt Henning Mankell die Anfangsjahre von Kurt Wallander, beginnend im Jahr 1969, als er noch ein junger Polizist war und den Wunsch hatte, zur Kriminalpolizei zu wechseln, bis in die Zeit Ende der 1980er Jahre, also zeitlich vor Beginn der bekannten Romanserie.

Wallanders Stärke ist seine Intuition, ansonsten ist er ein durchschnittlicher Typ mit üblichen menschlichen Problemen. Zu seinen Schwächen gehört sein Leichtsinn, der dazu führt, dass er sich manchmal ohne Not in Gefahren begibt. Die Leser erhalten Einblick in seinen Alltag als Polizist sowie in sein Privatleben.

Es tauchen Namen auf, die man aus den späteren Roman kennt. Dazu gehören sein verwirrter Vater, der in seiner Scheune Bilder malt, seine Frau Mona, die sich später von ihm trennt sowie seine Tochter Linda, die sich hinsichtlich ihrer Berufswahl noch unschlüssig ist. Sein Mentor Rydberg ist zu dieser Zeit schon krank.

Henning Mankell versteht es, die Leser mit eingestreuten Andeutungen neugierig zu machen. Beruf und Privatleben, wo es manchmal um die kleinen Dinge des Lebens geht, werden vermischt. Das Buch legt man ungern zur Seite. Es ist ein Buch, welches insbesondere für die Leser interessant ist, die den späteren Wallander kennen.

Bewertung vom 08.12.2025
Das Lachen des Geckos
Agualusa, José Eduardo

Das Lachen des Geckos


sehr gut

Was ist Traum? Was ist Wirklichkeit? Kann die eigene Vergangenheit verändert werden? Ist es möglich, alternative Identitäten zu übernehmen? Der angolanische Schriftsteller José Eduardo Agualusa betreibt in diesem Roman, mit Bezug zur Geschichte Angolas mit seiner Hauptstadt Luanda, ein Verwirrspiel.

Angola ist seit 1975 unabhängig von der einstigen Kolonialmacht Portugal. Der seit 1961 geführte Freiheitskampf mündete in einem autoritären Staat, in dem Korruption und Menschenrechtsverletzungen den Alltag bestimmen. Der Roman entstand drei Jahrzehnte nach der Unabhängigkeit.

Der Autor schreibt aus der ungewöhnlichen Perspektive des Geckos Eulálio, der in einem früheren Leben Menschengestalt hatte. Mit seinem Herrn, dem Albino Félix Ventura, einem Antiquar, verbindet ihn eine quasi telepathische Verbindung. Sie begegnen sich in der Welt der Träume.

Félix Ventura wurde einst als Findelkind in einem Körbchen vor der Tür des Antiquars Fausto Bendito Ventura, einem Mulatten, abgegeben. Insofern entwickelte er, ebenso wie der Gecko, eine Leidenschaft für Bücher. Beruflich beschäftigt er sich mit erfundenen Stammbäumen und alternativen Vergangenheiten.

Bezüge zur Politik sind bereits bei seiner Haushaltshilfe Esperança Job Sapalo erkennbar, die einst ein Massaker überlebt hat. Das Leben in Angola ist auch wegen der vielen Landminen gefährlich. Eines Tages erscheint bei Ventura ein Fremder, der eine andere Identität bzw. Vergangenheit erwerben möchte.

Der Fremde erhält Papiere auf den Namen José Buchmann mit Vergangenheit (Großvater Cornélio Buchmann, Eltern Mateus Buchmann und Eva Miller). Er ist in der Folgezeit häufiger Gast bei Ventura. Auch Venturas Freundin Ȃngela Lύcia zählt zu den häufigen Besuchern. Querverbindungen werden im Laufe der Geschichte gelüftet.

Unverständlich ist, dass Buchmann eines Tages Ventura, zusammen mit dem Bettler und ehemaligem Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit Edmundo Barata dos Reis, besucht, den er ein Kapitel später im Antiquariat wegen verschiedener Vergehen mit einer Waffe bedroht.

Eingestreut in die Erzählung sind einige Traumsequenzen, die zusammen mit den Erzählungen des Geckos dazu beitragen, dass sich die Leser auf eine Gratwanderung begeben zwischen Fantasie und Realität. Nicht nur die Vergangenheit wird manipuliert, sondern Traum und Wirklichkeit vermischen sich auch auf der Metaebene der Erzählung.

Es handelt sich um ein Buch, welches man ein zweites Mal lesen sollte, um den Inhalt zu erfassen. Agualusa arbeitet mit markanten sprachlichen Bildern und einer ungewohnten Erzählperspektive. So wie es auf die Politik Angolas verschiedene Perspektiven gibt, gibt es diese auch im Hinblick auf Menschen und bezogen auf diesen Roman.

Bewertung vom 05.12.2025
Pokorny lacht
Goosen, Frank

Pokorny lacht


weniger gut

Friedrich Pokorny und Thomas Zacher, zwei Einzelgänger, lernen sich während der Schulzeit kennen. Friedrich ist der mäßig begabte Sohn eines Schrotthändlers und Thomas ein intelligenter Junge aus einem schwierigen Elternhaus. Seine Mutter ist Alkoholikerin. Thomas hilft Friedrich immer wieder bei den Hausaufgaben, diese geistige Überlegenheit stört Friedrich auf Dauer. Er glänzt dafür mit Schlagfertigkeit.

Friedrich bricht sein Studium ab und verdient sein Geld mit Auftritten als Komiker. Thomas zieht sein Studium durch und wird Jurist. Ihre unterschiedlichen Ansichten stellen ihre Freundschaft auf eine harte Probe. Zu unüberbrückbaren Spannungen führt ihre Liebe zu Ellen. Als diese stirbt, beschuldigen sie sich gegenseitig und gehen ab sofort getrennte Wege. Nach Jahren kommt es zu einem Treffen.

Es geht in dieser Geschichte um Freundschaft und Rivalität, um Beziehungen und Enttäuschungen und um unterschiedliche Lebenseinstellungen, gespickt mit zynischen Dialogen. Weder mit der Geschichte, die konstruiert wirkt, noch mit den skurrilen Protagonisten konnte ich mich anfreunden. Sie wirkt auf mich nicht so humorvoll, wie sie vielleicht gemeint ist und auch das Ende habe ich mir anders vorgestellt.

Bewertung vom 29.11.2025
Große Erwartungen
Dickens, Charles

Große Erwartungen


ausgezeichnet

Charles Dickens (1812 – 1870) entführt die Leser in diesem erstklassigen sozialkritischen Werk in das viktorianische England. Der Bildungsroman entstand 1861 und beschreibt das Leben des Waisenjungen Philip Pirrip, genannt Pip, der bei seiner kaltherzigen Schwester Mrs. Joe Gargery und ihrem unterdrückten, aber freundlichen Ehemann, einem Schmied, in ärmlichen Verhältnissen aufwächst. Die Geschichte spielt in einem Dorf nahe London, wo Pip seine Kindheit verbringt und in London.

Eines Abends im Jahre 1812, im Alter von sieben Jahren, begegnet Pip auf dem Friedhof einem entflohenen Strafgefangenen, dem er, massiv unter Druck gesetzt, aus seiner misslichen Lage hilft. Diese Begegnung hat später Konsequenzen, die sein weiteres Leben bestimmen werden. Ein weiterer Meilenstein im Leben von Pip ist die Bekanntschaft mit der wohlhabenden Miss Havisham, die vom Leben enttäuscht ist und ihrer Adoptivtochter Estella.

Eines Tages eröffnet der Londoner Anwalt Jaggers dem jungen Pip, dass er von einem unbekannten Gönner ein Vermögen erhalten hat. Pip verlässt die Schmiede, in der er mittlerweile eine Ausbildung begonnen hat und geht nach London, um geschult zu werden und sich an das Leben als reicher junger Mann zu gewöhnen. Er lernt neue Freunde, insbesondere den zuverlässigen Herbert, kennen und sein Lebensstil wandelt sich. Auf einmal wird er von seiner Umgebung anders wahrgenommen.

Die Protagonisten in diesem Roman sind vielschichtig. Dickens besticht mit tiefgehenden Charakterstudien, aus denen detailliert hervorgeht, wie die Menschen sich unter veränderten Rahmenbedingungen verhalten. Freundschaften und Intrigen prägen den Alltag. Der Autor beschreibt sowohl das Zeitalter als auch die menschliche Natur mit ihren Ängsten, Träumen und Widersprüchen auf überzeugende Art und Weise. Sowohl Pip als auch seine unerreichbare Traumfrau Estella machen einen Reifungsprozess durch.

Der Roman hat vielfältige Facetten und Verknüpfungen, die erst nach und nach erkennbar werden. Damit sorgt er für Überraschungen, die die Leser fesseln. Pip, der zunächst von seinem Leben als Londoner Snob überwältigt ist, lernt im Laufe der Jahre, was wirkliche Freundschaft ausmacht und wo seine Wurzeln sind. Die Lebensgeschichten einiger Protagonisten sind eng miteinander verwoben, ohne dass ihnen das bewusst ist. Und manche nutzen Unwissenheit aus, um sich als angebliche Wohltäter zu feiern.

Bewertung vom 23.11.2025
Mein Leben als Suchmaschine
Evers, Horst

Mein Leben als Suchmaschine


sehr gut

Horst Evers ist ein guter Beobachter seines Umfeldes und ein kritischer Geist, der unkonventionelle Fragen stellt und alternative Perspektiven entwickelt. Er schreibt Kurzgeschichten, in denen er Alltagssituationen überzeichnet und pointiert darstellt. Ein besonderes Augenmerk richtet er dabei auf die Auswirkungen der modernen Technik.

Seine Erfahrungen verpackt er in humorvoller Art und Weise voller Selbstironie. Die Leser finden sich in manchen dieser skurrilen Geschichten wieder. Er ist Verschwörungen auf der Spur, indem er Verselbstständigungen der Technik aufdeckt. Er hat einen eigenen Stil entwickelt, der sich wohltuend von bierernsten Erzählungen abhebt.

Bewertung vom 21.11.2025
Doctor Who: Time Lord Märchen
Richards, Justin

Doctor Who: Time Lord Märchen


gut

Kindern werden beim Zubettgehen oftmals Märchen erzählt. So ist es auch bei den Time Lords. Das Buch enthält fünfzehn abenteuerliche Geschichten, die Generationen von Kindern auf dem Planeten Gallifrey kennen gelernt haben.

Manche dieser Geschichten haben Ähnlichkeiten mit uns bekannten Märchen, so z.B. "Aschenputtel und der Zauberkasten", "Schneewittchen und die sieben Schlüssel" oder "Rosenkäppchen" und dem Rattenfänger von Hameln entspricht der Cybermatsfänger.

Wenngleich die meisten Erzählungen ein positives Ende haben, sorgen die weinenden Engel in "Der Statuengarten" dafür, dass Personen einen Zeitsprung in die Vergangenheit machen. In manchen Fällen hilft Doctor Who, hier tut er es nicht.

Die Leser lernen nicht nur die weinenden Engel und die Cybermats, sondern auch die kriegstüchtigen Sontaraner, die gefräßigen Wirrnraupen, intergalaktische Vampire und sonstige extraterrestrische Wesen kennen.

Um die Märchen besser verstehen zu können, sollte man die Welt von Doctor Who kennen, der in manchen dieser Geschichten mit seiner blauen Kiste als Helfer auftritt. Neben den Geschichten gibt es passende Illustrationen zu den Märchen.

Bewertung vom 19.11.2025
Wenn du mich wirklich liebtest, würdest du gern Knoblauch essen
Watzlawick, Paul

Wenn du mich wirklich liebtest, würdest du gern Knoblauch essen


sehr gut

Das Buch ist für Leser geeignet, die bislang wenig von dem Psychotherapeuten und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick gelesen haben. Es enthält Auszüge aus früheren Werken des Konstruktivisten und Meisters des Widerspruches und der Paradoxie. Mit bewährter Ironie wird dem Leser der Boden unter den Füßen weggezogen, um ihn anschließend auf diesen zurückzuwerfen.

Watzlawick beschreibt gesellschaftliche Situationen aus unterschiedlichen Perspektiven. Der konstruktivistische Gedanke wird deutlich. Aussagen über Dinge und über Beziehungen sind zu trennen. Eine Vermischung kann zu Missverständnissen führen. Es gibt nicht die Wirklichkeit, sondern alles ist eine Frage der Perspektive. Eine Folgerung aus dieser Lehre lautet: Der Mensch ist verantwortlich für seine eigene Wirklichkeit.

Bewertung vom 17.11.2025
Biblioteca Obscura: Frankenstein
Shelley, Mary

Biblioteca Obscura: Frankenstein


ausgezeichnet

Der ehrgeizige Medizinstudent Victor Frankenstein ist besessen von dem Gedanken, einen künstlichen Menschen zu erschaffen. Sein Vorhaben gelingt, ohne dass Einzelheiten beschrieben werden, wie er das gemacht hat. Die Dramaturgie einiger Verfilmungen zum Thema, wo mit Leichenteilen experimentiert wird, fehlt in dem Roman.

Der Schwerpunkt dieser Horrorgeschichte liegt in der Verantwortung des Schöpfers für seine Kreatur, die lernfähig ist, sich umfangreiches Wissen aneignet und seine Rolle in der Gesellschaft erkennt. "Ich sollte dein Adam sein, aber ich bin der gefallene Engel, den du grundlos aus dem Paradies verstößt." (141)

Die Kreatur erkennt ihre Macht, die zu vertauschten Rollen führt. "Du bist mein Schöpfer, aber ich bin dein Herr. Du wirst mir gehorchen." (223) Es mangelt ihr an gesellschaftlicher Anerkennung und an Liebe. Victors Geschöpf erkennt sein Leid in dieser Welt, aber auch seine Macht. Victors Freunde und Familie werden Opfer seiner Gewalt.

Frankenstein ist eine tragische Geschichte mit einer unheilvollen Verknüpfung des Schöpfers mit seinem Geschöpf. Im Kern geht es um Grenzen der Wissenschaft, um Verantwortung, Schuld, Reue und um Liebe und Anerkennung. In düsterer Atmosphäre werden psychologische und moralische Fragen behandelt.

Die Erzählung ist ein Bericht in Briefform, wodurch die Subjektivität der Ausführungen unterstrichen wird. Parallelen zur biblischen Schöpfungsgeschichte sind erkennbar. Merry Shelley ist ein Roman gelungen, in dem existenzielle Fragen behandelt werden. In diesem Sinne handelt es sich um ein zeitloses Werk.