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Raumzeitreisender
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 761 Bewertungen
Bewertung vom 24.07.2025
Leben kann auch einfach sein!
Stahl, Stefanie

Leben kann auch einfach sein!


gut

Psychologin Stefanie Stahl beschreibt im ersten Teil des Buches, was ein geringes Selbstwertgefühl bewirkt, analysiert im zweiten Teil deren Ursachen und gibt im dritten Teil Tipps, wie man selbstbewusster wird. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass selbstunsicheren Menschen nicht nur Schwächen, sondern auch Stärken attestiert werden.

Insbesondere der erste Teil bietet Informationen über die eigene Situation und die Auswirkungen auf das Miteinander. Die Ursachen für ein geringes Selbstbewusstsein werden in der Kindheit (Verhältnis zu den Eltern) verortet. Die Kindheitserfahrungen können nachträglich nicht verändert werden. Die Frage ist daher: Wie geht man damit konstruktiv um? Sind Veränderungen möglich?

Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Autorin im dritten Teil des Buches. Titel und Inhalt des Buches suggerieren, dass es einfach sei, eingefahrene Verhaltensmuster zu durchbrechen. Das gelingt den meisten Menschen nicht. Hier wird eine Erwartungshaltung generiert, die realitätsfremd ist. Insofern sehe ich den Hauptnutzen des Buches in dem Erkenntnisgewinn über sich und die Menschen im eigenen Umfeld.

Bewertung vom 22.07.2025
Von den Bakterien zu Bach - und zurück
Dennett, Daniel C.

Von den Bakterien zu Bach - und zurück


sehr gut

In diesem Buch stellt Daniel C. Dennett die Bilanz seiner über 50-jährigen wissenschaftlich- philosophischen Arbeiten zur Evolution des Geistes vor. Er ist ein Vertreter des Naturalismus und beschreibt in diesem Sinne eine Entwicklung des Geistes, basierend auf einer natürlichen materiellen Grundlage.

Evolution versteht der Autor umfassend, also über die Biologie hinausgehend, die kulturelle Entwicklung einschließend. Er bezieht sich dabei auf Richard Dawkins Memtheorie. So wie Gene auf biologischem Wege vererbt werden, werden Meme (im Gehirn gespeicherte Informationsmuster) durch Kommunikation weitergegeben.

Sprache und Kommunikation förderten die kulturelle Entwicklung, vergrößerten die Unterschiede zu allen Populationen der Tierwelt und sind damit wesentliche Bausteine auf dem Weg zu bewusstem Erleben. Es entwickelt sich im Zuge der Evolution, so der Autor, Kompetenz ohne Verständnis. Aber welche Bedeutung hat Bewusstsein?

Hier wird es schwierig. Der Autor zieht Vergleiche zur Computerarchitektur So wie ein Computer eine Benutzeroberfläche hat, so generiert das Gehirn eine Benutzerillusion, hervorgerufen durch die Evolution kulturprägender Meme. Da stellt sich die Frage, was Menschsein bedeutet, wenn das Ich-Bewusstsein eine Illusion ist.

Mit dem Bewusstsein haben sich viele Autoren beschäftigt. Bei Gerhard Roth ist es das Eigensignal des Gehirns und Thomas Metzinger spricht von einem phänomenalen Selbstmodell und einem Tunnel durch die Wirklichkeit. Alle Versuche scheitern an dem Zirkelschluss, dass das Gehirn mit seinen eigenen Fähigkeiten sich selbst erklären will.

Dennetts Ausführungen bewegen sich auf einem hohen Niveau. Er bringt Beispiele, zieht Vergleiche und verlässt bei seinen Argumentationen nicht den Pfad des Naturalismus. Er beschreibt eine Philosophie des Geistes auf Basis empirischer Forschung. Dennoch können systemimmanente Grenzen nicht überwunden werden.

Bewertung vom 21.06.2025
Böse Bäume
Bennemann, Markus

Böse Bäume


sehr gut

Würgefeigen vernichten ihren Wirt, Walnussbäume vergiften ihren Einzugsbereich, Tamarisken ziehen mit dem Wasser Salz aus tiefen Schichten und lagern es in oberen Erdschichten ab, sodass andere Bäume dort nicht mehr wachsen können. Das sind nur Beispiele für einen in der Natur stattfindenden Verdrängungswettbewerb, der über reine Schutzfunktionen hinausgeht.

In der Natur findet man kooperatives und konfrontatives Verhalten vor. Markus Bennemanns Perspektive ist die der Konfrontation. Es geht um Verdrängung und Vernichtung mit dem Ziel, die eigene Art zu erhalten und zu verbreiten. Natürlich sind Bäume nicht im menschlichen Sinne böse, aber Merkmale, die charakteristisch für die Natur sind, findet man auf der bewussten Ebene der Menschheit wieder.

Der Autor beschreibt das Verhalten der Bäume, als ob sie bewusst handelnde Akteure wären. Das führt zu einer humorvollen Darstellung, die in der Summe ein anderes Licht auf die uns umgebende Natur wirft. Als Leser wundert man sich, wie solche, aus menschlicher Sicht "bösen" Verhaltensweisen, im Zuge der Evolution entstanden sind. Bennemann gelingt es, Sachthemen kreativ aufzuarbeiten.

Bewertung vom 08.06.2025
Die Kunst des Gedankenlesens
Fexeus, Henrik

Die Kunst des Gedankenlesens


sehr gut

Die Gleichsetzung von Religion und Wissenschaft auf der ersten Seite des Buches hat mich zunächst abgeschreckt und ich habe überlegt, ob ich überhaupt weiterlesen soll. Aber der Autor betont gleichzeitig, dass man die Dinge nicht so ernst nehmen soll. Daher habe ich das Buch nicht zur Seite gelegt.

Im folgenden relativiert der Autor, was er unter Gedankenlesen versteht. Wir können nicht wirklich die Gedanken anderer Menschen lesen, sondern wir schlussfolgern aus dem, was wir äußerlich wahrnehmen, auf das, was sich im Inneren abspielt. Unsere Gedanken spiegeln sich in unserem Körper und umgekehrt.

Henrik Fexeus erläutert, wie man Körpersprache richtig einsetzt (imitieren und verstehen), was man aus dem Klang und der Art der Sprache herauslesen kann und wie man durch den Einsatz von Körpersprache positive Veränderungen bewirken kann. Dazu gehört auch die im NLP thematisierte Interpretation der Augenbewegungen.

Essentiell ist das Erkennen der sieben universell einheitlichen Gefühle. Der Autor visualisiert diese mit entsprechenden Gesichtsausdrücken und macht auch auf Fallstricke aufmerksam (z.B. falsche Freude). Mit den bisherigen Erkenntnissen steuert die Entwicklung in Richtung menschlicher Lügendetektor.

Es geht in diesem Buch aber nicht nur um das Erkennen, sondern auch um Beeinflussungen. Politiker und Werbetreibende verstehen dieses Handwerk besonders gut. Die Meister auf diesem Gebiet sind die Magier, die Menschen durchschauen und beeinflussen können, so dass die Ergebnisse wie Zauberei wirken.

Das Buch halte ich für lesenswert, weil der Autor nicht die Bodenhaftung verliert und ins Esoterische abdriftet. Er erläutert, dass einzelne Merkmale täuschen können und erst ein Gesamteindruck ein reales Bild liefert. Auch muss man Eigenarten von Menschen kennen, bevor man die Körpersprache richtig deuten kann.

Bewertung vom 27.05.2025
Wie Sie andere dazu bringen, das zu tun, was Sie wollen
Sridhar, Kishor;Kishor Sridhar

Wie Sie andere dazu bringen, das zu tun, was Sie wollen


gut

Der Autor ist Managementberater, Couch und Vortragsredner. Er erläutert in diesem Buch, gestützt auf zahlreiche Studien zur Verhaltenspsychologie und auf eigene Erfahrungen, wie man seine beruflichen und auch privaten Ziele erreicht. Es ist eine Gratwanderung zwischen überzeugen und manipulieren. Der Titel des Buches weist in Richtung manipulieren, was ich eher negativ bewerte.

Manche der Tricks lassen sich nur einmal anwenden. Werden sie durchschaut, hat man die Mitarbeiter gegen sich aufgebracht. Führungskräfte müssen sich mit Verhaltenspsychologie beschäftigen, um im Berufsleben bestehen zu können, dennoch darf man es mit den Tricks nicht übertreiben. So wie man in die Lage versetzt wird, die Methoden der eigenen Vorgesetzten zu durchschauen, so werden auch die Mitarbeiter in der Lage sein, die eigenen Methoden zu durchschauen.

Das Buch ist durch die vielen praktischen Beispiele verständlich. Es entsteht der m.E. falsche Eindruck, dass die Psychologie wichtiger sei als das Fachwissen. Wenn man den Inhalt als Werkzeugkasten auffasst und gelegentlich das eine oder andere Werkzeug zielgerichtet nutzt, liegt man richtig. Genauso wichtig ist es, Methoden der Manipulation zu kennen, da sie auch gegen einen selbst angewandt werden können.

Bewertung vom 21.05.2025
Schlagfertig mit dem richtigen Zitat
Kenzelmann, Peter

Schlagfertig mit dem richtigen Zitat


weniger gut

Zitate müssen zur Person, zur Sache und zur Zielgruppe passen. Das erfordert Einfühlungsvermögen, Bildung und Erfahrung. Eine trainierte Technik hilft nicht, man macht sich damit eher lächerlich. Auch ist Schlagfertigkeit gefordert, um punkten zu können. Das grenzt den Sinn eines solchen Buches ein.

Auch wenn die Metainformationen zum Thema Zitate plausibel sind, ändert ein Buch nicht die Verhaltensweisen eines Menschen, zudem sollte er authentisch bleiben, um überzeugend wahrgenommen zu werden. "Sei spontan!" funktioniert nicht, wie bereits der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick festgestellt hat.

Die Zitate sind teilweise abgehoben und die Beispiele wirken künstlich, ich bezweifel, dass sie so in den Alltag integriert werden. Der Mensch wird im Laufe des Lebens aus unterschiedlichen Quellen mit Zitaten konfrontiert. Das eine oder andere passende Zitat merkt er sich. Letztlich muss jeder selbst entscheiden, wann er situationsbezogen welches Zitat einsetzt.

Bewertung vom 08.05.2025
Die Geometrie der Wolken
Foden, Giles

Die Geometrie der Wolken


weniger gut

Im Jahre 1944 planen die Alliierten in England den D-Day, einen militärischen Brückenkopf in der Normandie, um die deutsche Besatzungsmacht zu bekämpfen. Für einen erfolgreichen Truppenaufmarsch über Wasser und auf dem Luftwege sind die Wetterverhältnisse von entscheidender Bedeutung.

Eine zuverlässige Wettervorhersage über mehrere Tage ist nicht möglich, aber erforderlich. Führend auf dem Gebiet ist der geniale Meteorologe Wallace Ryman, ein sturer Pazifist, der zurückgezogen in Schottland lebt. Der Meteorologe Henry Meadows soll Kontakt zu ihm aufnehmen und seine Verfahrensweise entschlüsseln.

Die Unterhaltungen drehen sich primär um Wettermodelle. Die Ausführungen dazu sind unverständlich und haben nach meinem Verständnis nur wenig mit realer Meteorologie zu tun. Rymans Patronenhülsen mit Zufallszahlen sollen der Schlüssel zum Erfolg sein – wer sich sowas ausdenkt. Auch mit den Charakteren konnte ich mich nicht anfreunden.

Die Geschichte plätschert so dahin, wirkt teilweise unwahrscheinlich und liefert insbesondere in der ersten Hälfte nicht die Spannung, die bei diesem Thema denkbar wäre. Auch wenn in einem Nachwort deutlich wird, dass die Figur Ryman einem realen Wissenschaftler nachempfunden ist, konnte mich der Roman nicht überzeugen.

Bewertung vom 20.04.2025
Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman!
Feynman, Richard P.

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman!


weniger gut

Richard Feynman erzählt in loser Reihenfolge Anekdoten aus seinem Leben. Der Fokus liegt dabei auf seinen praktischen Fähigkeiten, wenn es darum geht Schlösser zu knacken oder Radios zu reparieren und auf seinen Frauengeschichten. Für jemanden, der in jungen Jahren am Manhattan Projekt beteiligt war, ist es eher ein ungewöhnliches Buch.

Ist das Buch humorvoll? Feynman war ein genialer Wissenschaftler und Nobelpreisträger, aber in diesem Buch präsentiert er sich sehr von sich eingenommen, sodass vorhandener Humor negativ überlagert wird. Er wirkt arrogant und egozentrisch. So lehrreich seine Vorlesungen auch gewesen sein mögen, diesem Buch fehlt der Tiefgang.

Bewertung vom 20.04.2025
Beklaute Frauen
Schöler, Leonie

Beklaute Frauen


sehr gut

Die Geschichte der Menschheit ist eine Geschichte über die Leistungen von Männern in Wissenschaft, Musik, Kunst, Politik, Literatur, Militär und Revolution. Frauen standen meist in zweiter Reihe, verhalfen Männern zu ihrem Erfolg und werden kaum erwähnt.

Dabei war Mileva Maric an der Speziellen Relativitätstheorie beteiligt, was u.a. aus der Unterschrift unter Einsteins eingereichtem Manusskript hervorgeht. Marx thematisierte die Rechte der Arbeiter/innen, aber nicht die politischen Rechte der Frauen. Seine Tochter Eleanor setzte eigene Schwerpunkte, wird aber nur als die Schreibkraft von Marx wahrgenommen. Walter Gropius verwendete die Fotonegative der Künstlerin Lucia Moholy im eigenen Namen, ohne ihre Herkunft zu erwähnen. Die Dreigroschenoper ist in wesentlichen Teilen das Werk von Elisabeth Hauptmann und nicht von Brecht, ihr Name wird nicht einmal in dem Werk erwähnt.

Beispiele dieser Art ließen sich beliebig fortsetzen. Es gibt nicht nur die bekannten Fälle Lise Meitner und Rosalind Franklin, die um ihre Anerkennung betrogen wurden, sondern zahlreiche weitere Beispiele. Die Autorin macht in ihrer lesenswerten Gesamtschau deutlich, dass der Betrug an Frauen System hat und von Männern des Systems gedeckt wird. Erwähnen sollte man in diesem Zusammenhang, dass in der Wissenschaftswelt auch manch einem männlichen Forscher, die notwendige Anerkennung für seine Leistungen fehlt, die meist dem Professor zugesprochen wird.

Bewertung vom 26.02.2025
Brüssel sehen und sterben
Semsrott, Nico

Brüssel sehen und sterben


gut

Der Satiriker Nico Semsrott berichtet über seine Erfahrungen als Europaabgeordneter in Brüssel und seine Erkenntnisse sind sehr aufschlussreich und dass, obwohl ich sein Buch als zäh empfunden habe. Die deprimierenden Phasen des Autors und seine Biographie haben einen zu großen Anteil. Wichtig sind die Sachaussagen.

Das Europaparlament besteht aus über 700 Abgeordneten aus 27 Ländern, die zwar frei gewählt wurden, aber kein Initiativrecht für die Gesetzgebung haben. Gesetze werden von der nicht gewählten Europäischen Kommission vorgeschlagen. Folglich gibt es keine echte Demokratie auf EU-Ebene.

Der Autor beschreibt die Selbstbedienungsmentalität vieler Abgeordneter, die sich dank fehlender Kontrolle verselbstständigt hat. Für Anwesenheitsunterschriften gibt es Tagegeld, lukrative Nebentätigkeiten sind gang und gäbe und von der Rente mit 63 Jahren träumen viele Arbeitnehmer in Deutschland.

Europa ist weit weg und so stehen Schlagzeilen über Koruptionsskandale weniger im Fokus als vergleichbare Fälle auf nationaler Ebene. Das Geschäftsmodell EU-Politiker verspricht eine Rundumversorgung. Ein Hindernis für die Abgeordneten ist die undurchsichtige Bürokratie in Brüssel, an der der Autor verzweifelt.

Manche von Semsrotts Erfahrungen werden damit zu tun haben, dass er als Satiriker einer kleinen Partei in Brüssel nicht ernst genommen wurde. Dennoch sind seine Erfahrungen ein wertvoller Insiderbericht. Die EU ist alternativlos und erforderlich als Gegengewicht gegenüber den Supermächten, sie ist aber dringend reformbedürftig.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.