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flowers.books

Bewertungen

Insgesamt 144 Bewertungen
Bewertung vom 10.04.2025
Notizen eines Killers
Sittmann, Ansgar

Notizen eines Killers


sehr gut

Das gelbe Notizbuch

Meine Meinung und Inhalt

"Der Zufall hatte ihr dieses unheilvolle gelbe Notizbuch zugespielt. Doch sie allein war verantwortlich für den Flügelschlag, der einen zerstörerischen Orkan ausgelöst hatte." (ZITAT)

Die Krankenschwester Emilie findet in einem Café ein gelbes Notizbuch, das sich als handgeschriebenes Manuskript eines Thrillers entpuppt. Doch was wie ein kreatives Gedankenspiel beginnt, entpuppt sich schnell als verstörende Realität – denn die Morde im Buch sind real, ebenso wie der Autor, der sich das Buch zurückholen will.

"Emilie stand auf, ging zur Kommode im Flur, wo sie gewöhnlich ihre Handtasche ablegte, nahm das gelbe Heft und legte sich wieder auf die Couch. Was für ein reißerischer Titel für das nächste Kapitel: »Das Gemetzel von Värmdö«." (ZITAT)

Das Buch wird aus zwei Perspektiven erzählt:

Emilie, die zunehmend in das Grauen hineingezogen wird, und der Täter selbst – ein unscheinbarer Pharmavertreter, der nach und nach in die Rolle des Auftragskillers schlüpft.. Die Geschichte spielt virtuos mit moralischer Ambivalenz und lässt die Grenzen zwischen Täter und Opfer, Gut und Böse verschwimmen.

Notizen eines Killers ist ein düsterer, raffinierter und echt spannender Thriller, der weit über das klassische Katz-und-Maus-Spiel hinausgeht. Ansgar Sittmann gelingt es, mit psychologischer Tiefe ein wirklich packendes Leseerlebnis zu schaffen.

Ich empfehle es allen, die spannende Bücher mögen!

Bewertung vom 07.04.2025
Schweben
Ben Saoud, Amira

Schweben


sehr gut

Begegnungen

Meine Meinung und Inhalt

"Noch nie war es vorgekommen, dass die Pflicht getan werden musste; so nannte man die Order, jeden, der sich
den Grenzen der Siedlung von außen näherte, sofort zu erschießen. Und es würde nicht vorkommen, war Sasha
sich sicher. Niemand wollte in diese Siedlung. Das System, das behauptete, das hier wäre einer der wenigen schönen,
lebenswerten Orte auf der Welt, log doch. Wenn es so wäre, müsste es doch irgendwann einmal jemand, der sich nach
einem besseren Leben sehnte, probieren. Tat aber keiner." (ZITAT)

Wir treffen als Leser von "Schweben" auf einen Roman, welcher sich scheinbar in einer dystopischen und zukunftsbasierten Welt abspielt.

Das Leben spielt sich in einer - nach einer Klimakatastrophe entstandenen - abgeschotteten Siedlung ab, in welcher es klare Regeln gibt. Verlassen werden darf diese nicht, auch Gewaltausübung wird hart bestraft. Augenscheinlich führen die Menschen dort ein friedliches Leben - wenn auch stark kontrolliert und überwacht.


"Ich hatte nie verstanden, warum das System das Museum nicht längst für etwas anderes nutzte oder den Bau nicht überhaupt niedergerissen hatte, denn eigentlich war es verboten, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Das gehörte zu den wenigen Regeln, die es in der Siedlung gab: kein Streben nach mehr, keine Akkumulation von Wissen um das Davor und Draußen. Verstöße gegen diese beiden Regeln wurden
allerdings kaum geahndet, einzig die Ausübung von Gewalt wurde hart bestraft." (ZITAT)


Amira Ben Saoud schreibt in der Ich-Perspektive. Die "namenlose" Protagonistin verdient ihren Lebensunterhalt, indem sie für zahlende Kunden die Rolle von Frauen übernimmt, die aus deren Leben verschwunden sind. Diese “Begegnungen” dienen dazu, den Hinterbliebenen über ihren Verlust hinwegzuhelfen. Doch während eines neuen Auftrags beginnt sie, ihre eigene Identität und die Realität um sie herum infrage zu stellen.


Der Autorin gelingt es meisterhaft, grundlegende Fragen nach Identität und zwischenmenschlichen (auch toxischen) Beziehungen zu thematisieren. Die Protagonistin, die ihren eigenen Namen vergessen hat und erst durch ein Aufeinandertreffen einer Person aus der Vergangeheit wieder daran erinnert wird, verliert sich zunehmend in den Identitäten anderer, was die Leser:innen dazu anregt, über die Konstruktion des Selbst und die Bedeutung von Authentizität nachzudenken.


"Was ich vermisste, war, mich intensiv mit den Eigenheiten und Angewohnheiten einer Person zu befassen. Ich
vermisste es, mich innerlich und äußerlich zu verwandeln, bis ich mich selbst nicht mehr erkannte. Ich vermisste es,
ein anderer Mensch zu sein. Ich hatte ein Talent an mir entdeckt, das ich nicht ignorieren wollte, denn vielleicht
hatte ich nur das eine. Ich wollte es nutzen, allerdings zu meinen Bedingungen." (ZITAT)


Surreale Ereignisse die sich in plötzlich auftretenden Fähigkeiten der Bewohner widerspiegeln lassen einen als Leser überrascht, irritiert und verstört zurück.

“Schweben” ist kein Wohlfühlroman. Doch gerade diese Eigenschaften machen ihn zu einem lesenswerten Debüt.

Bewertung vom 21.03.2025
Der Nachtgänger / Kommissar Linna Bd.10
Kepler, Lars

Der Nachtgänger / Kommissar Linna Bd.10


ausgezeichnet

Meine Meinung und Inhalt

Lars Keplers neuester Thriller hat mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen. Ich habe schon einige Bücher von Kepler gelesen und bin wirklich ein Fan von den Werken.

Diesmal beginnt die Geschichte um den "Nachtgänger" mit einem grausamen Fund: ein blutgetränkter Wohnwagen, eine zerstückelte Leiche – und ein junger Mann, der schlafend inmitten dieses Albtraums liegt. Er leidet an Somnambulismus, was ihn sowohl zum Verdächtigen als auch zum möglichen Zeugen macht.

Besonders fasziniert hat mich die düstere Atmosphäre, die sich durch das ganze Buch zieht. Die Ermittlungen von Joona Linna sind spannend und psychologisch tiefgründig, vor allem durch die Zusammenarbeit mit einem Hypnotiseur, die neue, unheimliche Einblicke eröffnet. Immer wieder verschwimmen die Grenzen zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein, Realität und Wahn – was mich als Leser ständig zweifeln ließ, wem man trauen kann.

Die Handlung ist rasant und voller unerwarteter Wendungen. Gerade wenn ich dachte, die Lösung zu erahnen, überraschte mich die Geschichte erneut. Der Schreibstil ist packend, fast schon filmisch, sodass ich die düsteren Szenen förmlich vor mir sehen konnte.

„Der Nachtgänger“ ist für mich ein herausragender Thriller, der tief in die Abgründe der menschlichen Psyche eintaucht. Spannung, psychologische Raffinesse und ein packendes Finale machen das Buch zu einem echten Pageturner.

Über Lars Kepler

Gemeinsam schreibt es sich noch besser: Lars Kepler ist das Pseudonym des schwedischen Ehepaares Alexandra und Alexander Ahndoril. Ihr Debüt "Der Hypnotiseur" war in Schweden sensationell erfolgreich und das Buchereignis des Jahres.

Der Roman erscheint in über dreißig Ländern. Gleichzeitig bildete er den Auftakt um die Krimireihe um Kommissar Joona Linna.

Die Bücher der Ahndorils wurden mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet. Das Ehepaar lebt mit seinen drei Kindern in Stockholm.

Bewertung vom 18.03.2025
Erdbeeren und Zigarettenqualm
Docherty, Madeline

Erdbeeren und Zigarettenqualm


ausgezeichnet

Ein intensives Debüt über Freundschaft, Selbstfindung und Schmerz

Meine Meinung und Inhalt

"In deinem Inneren empfindest du es als zutiefst beschämend, etwas zu genießen und das auch zuzugeben. Du bist ganz anders als Ella, die schnell und offen weint und ohne einen Hauch von Ironie uncoole Musik hört. Du hast noch nie irgendetwas getan, ohne Sorge zu haben, es könnte falsch sein." (ZITAT)

Madeline Dochertys Debütroman "Erdbeeren und Zigarettenqualm" bietet einen schonungslosen Einblick in das Leben einer jungen Frau, die zwischen Selbstfindung, intensiver Freundschaft und den Herausforderungen einer chronischen Krankheit balanciert. Einer Krankheit, von der mehr Frauen betroffen sind und vielleicht zu weniger darüber gesprochen wird.

Die Protagonistin teilt ihre intimsten Erlebnisse, wie den Verlust ihrer Jungfräulichkeit, sofort mit ihrer besten Freundin Ella. Diese enge Bindung wird jedoch durch exzessiven Alkoholkonsum, wilde Partys und nächtliche Anrufe auf eine harte Probe gestellt, wodurch die Grenzen ihrer Beziehung zunehmend verschwimmen.

Besonders hervorzuheben ist Dochertys Entscheidung, die Geschichte in der Du-Perspektive zu erzählen. Dieser erzählerische Kniff zieht die Lesenden direkt in die Gefühlswelt der Protagonistin und schafft eine intensive Nähe. Der rohe und ehrliche Schreibstil der Autorin ermöglicht es, Themen wie Frausein, Intimität und die Auswirkungen chronischer Erkrankungen authentisch zu erleben.


Insgesamt überzeugt "Erdbeeren und Zigarettenqualm" als beeindruckendes Debüt, das die Höhen und Tiefen des Erwachsenwerdens,


"Du dachtest, mit deinem achtzehnten Geburtstag würden sich alle Probleme lösen, und der Besitz eines gültigen Personalausweises wäre der einzige Talisman, den du für ein aufregendes Leben bräuchtest, ein Leben, in dem du über Macht und Einfluss verfügst und dich bedienen lassen kannst. Heutzutage vermisst du die Qualen der Jugend und würdest sofort wieder dorthin zurückkehren, um der Realität des Erwachenseins zu entkommen." (ZITAT)


sowie die Intensität von Freundschaften und die Herausforderungen des Lebens mit einer chronischen Krankheit eindrucksvoll beleuchtet. Ein Buch, das nachhallt und zum Nachdenken anregt.


Inhalt

Du verlierst deine Jungfräulichkeit an einen Jungen aus deinem Gendertheorieseminar, und die erste Person, der du davon erzählst, ist Ella.
Ella ist mit dir auf der Party, als du zum ersten Mal ein Mädchen küsst. Und Ella bringt dich in die Notaufnahme, als du die erste Diagnose erhältst. In den nächsten Jahren hast du eine Reihe von Beziehungen und Jobs, lebst ein schnelles, unstetes Leben, aber du kannst dich immer darauf verlassen, dass Ella für dich da ist – bis der Alkoholkonsum und die Partys, die Krankenhausbesuche und die nächtlichen Anrufe die Grenzen eurer Freundschaft verwischen und daraus etwas Unausgewogenes und Fragiles entsteht, das Gefahr läuft, ganz zu zerbrechen.
Das Schlimme daran ist, dass du es kommen siehst. Das Schlimmste daran ist, dass du nicht weißt, wie du es verhindern kannst ...


Über die Autorin

Madeline Docherty ist 23 und lebt in Glasgow. »Erdbeeren und Zigarettenqualm« schrieb sie, um ihre eigenen Erfahrungen mit dem Frausein und chronischer Krankheit zu verarbeiten. Sie gewann den Preis der North Literary Agency der Universität Glasgow. Docherty arbeitet in der Kommunikationsbranche und leitet Workshops in Kreativem Schreiben für die Charity-Organisation Mind Waves.

Bewertung vom 03.02.2025
Shanghai Story
Min, Juli

Shanghai Story


sehr gut

Rückwärts durch Shanghai: Eine faszinierende Familiengeschichte


Meine Meinung und Inhalt

Juli Mins Debütroman Shanghai Story beeindruckt durch seine unkonventionelle Erzählweise und die tiefgründige Darstellung familiärer Beziehungen. Die Geschichte beginnt im Shanghai des Jahres 2040 und entfaltet sich rückwärts bis ins Jahr 2014, wodurch die komplexe Vergangenheit der Familie Yang nach und nach enthüllt wird. Im Mittelpunkt stehen der Geschäftsmann Leo, seine geheimnisvolle Frau Eko und ihre drei Töchter. Durch diese rückwärts erzählte Struktur werden die Leser:innen Zeugen von Glücksmomenten und Krisen, die das Leben der Familie geprägt haben.

Die Autorin, die als Chefredakteurin der Shanghai Literary Review tätig ist, zeichnet ein lebendiges Bild der Metropole Shanghai und ihrer sich wandelnden Gesellschaft. Ihr eleganter und präziser Schreibstil fängt die Spannung zwischen Tradition und Moderne sowie die individuellen Sehnsüchte und familiären Verpflichtungen der Protagonist:innen ein. Die Stadt selbst wird dabei zu einer eigenständigen Figur, die den ständigen Wandel und die Herausforderungen des urbanen Lebens verkörpert.

Ein zentrales Thema des Romans ist die Vergänglichkeit und die Frage, wie Erinnerungen unsere Gegenwart beeinflussen. Durch die rückwärtsgerichtete Erzählweise entsteht ein faszinierendes Puzzle, bei dem jede enthüllte Erinnerung eine neue Bedeutung erhält und die Leser:innen dazu anregt, über die Zusammenhänge von Vergangenheit und Gegenwart nachzudenken.

Shanghai Story ist für mich ein wirklich gut geschriebener und außergewöhnlicher Roman, der durch seine innovative Erzählstruktur und die toll umschriebenen Charakterbeschreibungen glänzt.

Er bietet einen eindrucksvollen Einblick in die Dynamik einer Familie und die Veränderungen einer Stadt im Laufe der Zeit.

Ein empfehlenswertes Werk für alle, die sich für vielschichtige Familiengeschichten und atmosphärische Stadtporträts interessieren.


Über die Autorin

Juli Min ist Chefredakteurin bei THE SHANGHAI LITERARY REVIEW, eine Literaturzeitschrift, die jährlich in Kooperation mit der Duke University erscheint. Ihre Texte erscheinen u.a. in The New York Times, Real Life und Hazlitt. Sie hat in Harvard ihren Bachelor in Komparatistik gemacht und einen MFA am Warren Wilson College. Sie erhielt das Swatch Art Peace Hotel-Stipendium 2023 und lebt zurzeit in Shanghai.

Bewertung vom 23.08.2024
Yoko / Die Rache Bd.1
Aichner, Bernhard

Yoko / Die Rache Bd.1


ausgezeichnet

Filmreif!

Meine Meinung und Inhalt

6/5 Sternen

Absolute Leseempfehlung! Ein Pageturner sondersgleichen!

Ich habe bis zum heutigen Stand alle Bücher des Autors gelesen. Ich kann für mich behaupten, dass Aichner mit "Yoko" ein unvorstellbar spannendes, berührendes, schockierendes und großartiges Buch geschrieben hat. Aichner hat einen unverkennbaren Schreibstil, seine Wörter und die Geschichte rund um die starke, kämpferische und mutige Protagonistin Yoko gehen unter die Haut.

Sein Werk "Totenfrau" wurde von Netflix und dem österreichischen Rundfunk ORF produziert / verfilmt und ich hoffe auch sehr(!), dass es mit diesem Werk gleichgetan wird.

"Yoko lebte lange und unbeschwert wie in einem Märchen. So gerne möchte sie wieder dorthin zurück. Doch sie kann nicht. Denn aus der Stille, die sie vorübergehend noch in Sicherheit wiegt, wird ohrenbetäubender Lärm.Der Himmel verdunkelt sich.Und es regnet Blut." (ZITAT)


Inhalt:

Yoko ist Ende zwanzig, als sie die von ihrem Vater geerbte Metzgerei in eine kleine Manufaktur umwandelt – liebevoll verpackt sie fortan das Glück in kleine Kekse, anstatt Schweinehälften zu zerlegen.

"Aus der Metzgerei sollte eine Glückskeksmanufaktur werden. Wo früher die Schweinehälften hingen, sollten in Zukunft Eier, Milch und Butter lagern. Yoko wollte Freude in die Gesichter derjenigen zaubern, die ihre Kekse auseinanderbrachen. Sie wollte Texte verfassen, die nachdenklich und fröhlich zugleich stimmten. Keine vorgefertigten Sprüche sollten es sein, sondern literarische Miniaturen, die eine Maschine präzise in die Schlitze der frisch gebackenen Glücksmuscheln schob. Kleine Kunstwerke, die Yoko auf bunte Papierchen drucken, zusammenfalten und in die Welt hinausschicken wollte." (ZITAT)

Sie ist verliebt, ihr Leben ist das erste Mal erfüllt von Leichtigkeit.
Doch dann ist sie eines Tages zur falschen Zeit am falschen Ort. Sie liefert eine Kiste Glückskekse an ein chinesisches Restaurant aus, und als sie versucht, im Hinterhof einem kleinen Hund zu helfen, wird sie für ihre Courage von dessen Peinigern bestraft. Yoko ist das leichte Opfer zweier Männer im Gewaltrausch. Alles zerbricht, ihr Leben liegt von einem Moment zum nächsten in Scherben.
Aber Yoko fasst einen Entschluss: Nicht ihre Verfolger werden entscheiden, wann ihr Leben endet. Nicht das Schicksal wird bestimmen, wie ihre Geschichte verläuft. Sie selbst wird es tun.
Noch ahnt sie nicht, mit wem sie es zu tun hat. Wie viel Leid über sie hineinbrechen und mit welch ungeahnter Härte sie sich dafür rächen wird. Ihr wird alles genommen, was ihr lieb ist. Und deshalb schlägt Yoko zurück. Erbarmungslos.


Über den Autor:

Bernhard Aichner, geboren 1972, lebt als Schriftsteller und Fotograf in Innsbruck. Angefangen mit kleinen Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften, widmete er sich später Romanen, Hörspielen und Theaterstücken. Für seine Arbeit wurde er mit mehreren Literaturpreisen und Stipendien ausgezeichnet, so auch unter anderem mit dem Burgdorfer Krimipreis 2014 und dem Crime Cologne Award 2015. Die Thriller seiner Totenfrau-Trilogie standen in Österreich und Deutschland monatelang auf den Bestsellerlisten. Die Romane wurden bisher in 16 Länder verkauft, u. a. auch in die USA und England. Eine US-Verfilmung ist in Vorbereitung.

Bewertung vom 12.08.2024
Kleine Monster
Lind, Jessica

Kleine Monster


ausgezeichnet

Wahrheit oder Lüge?

Meine Meinung und Inhalt

»Frau Bohle hat gesagt, Kinder machen so etwas nicht ohne Grund.« ....... »Was könnte ein Grund sein?«, fragt er. Die Andeutung der Lehrerin beunruhigt ihn. ..... »Wir wissen doch gar nicht, ob es wirklich so passiert ist. Ein Mädchen hat eine Geschichte erzählt und jetzt sind alle in heller
Aufregung.« »Glaubst du, sie hat es erfunden?« (ZITAT)

Pia und Jakob sitzen im Klassenzimmer der 2B, ihnen gegenüber die Lehrerin ihres Sohnes. Es habe einen Vorfall gegeben, mit einem Mädchen. Pia kann zunächst nicht glauben, was ihrem siebenjährigen Kind da vorgeworfen wird. Denn Luca ist ein guter Junge, klug und sensibel. Sein Vater hat daran keinen Zweifel.

"Den ganzen Nachmittag habe ich gegoogelt. »Verhaltensauffällige Kinder«, »Kinder Sexualität«, »Kinder zum Reden bringen«. Mir raucht der Kopf von den ganzen Seiten und Foren. Ich öffne die WhatsApp-Gruppe der Eltern. Dass keine Nachrichten gekommen sind, hat mich
eigentlich beruhigt. Jetzt sehe ich, warum. Ich wurde aus der Gruppe entfernt." (ZITAT)

Aber Pia kennt die Abgründe, die auch in Kindern schlummern, das Misstrauen der anderen erinnert sie an ihre eigene Kindheit. Sie lässt ihren Sohn nicht mehr aus den Augen und sieht einen Menschen, der ihr von Tag zu Tag fremder wird.

Bei dem Versuch, ihre Familie zu schützen, wird Pia schließlich mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert.


"Ich habe ihn heute nicht in die Schule gebracht, sondern indas Haus, in dem ich aufgewachsen bin. Es ist kein gutes
Versteck. Die doppelten Böden knarzen, in den Winkeln sammeln sich Erinnerungen, der Staub lässt sich wegwischen, die Vergangenheit nicht." (ZITAT)

Lind schafft es mit "Kleine Monster" eine wirklich packende beklemmende und authentische Geschichte zu schreiben. Ich mag den Schreibstil der Autorin sehr. Er ist leicht, tiefgründig und zugleich offen und man kommt gut in die Handlung hinein. Der Wechsel zwischen der gegenwärtigen Situation mit ihrem eigenen Kind und die Schilderungen aus ihrer Kindheit mit ihrer Schwester ist mehr als gelungen.


"Aber er hat nicht recht. Es gibt Dinge, die werden nicht mehr gut. Schon gar nicht, wenn man sie ans Licht bringt.
Ich halte inne. Vielleicht ist Lucas Schweigen ja so gemeint. Er will uns vor der Wahrheit beschützen." (ZITAT)


Jessica Lind wurde 1988 in St. Pölten, Österreich, geboren und lebt heute mit ihrer Familie als Drehbuchautorin und Schriftstellerin in Wien. Sie studierte an der Filmakademie Wien und schrieb u. a. mit der Regisseurin Magdalena Lauritsch den Film Rubikon. 2015 gewann sie mit der Erzählung "Mama" den open mike, woraus ihr gleichnamiger Debütroman hervorging. Mit ihrem zweiten Roman, Kleine Monster, erscheint sie erstmals bei Hanser Berlin.

Bewertung vom 25.03.2024
That Girl
Santos de Lima, Gabriella

That Girl


ausgezeichnet

@tessteiltMeine Meinung und Inhalt

"Jetzt besteht mein Alltag aus hellen Filtern, penibel ordentlich geschnittenem Obst in Schüsseln von Etsy und zufälligen Schattenspielen auf meinen Wänden, die ich hastig abknipse. Mein Zuhause stelle ich mit Glücksfedern und Monsteras zu. Ich kaufe immer mehr Pflanzen, Avocados und Grünkohlsalate, tauschte Haushaltszucker gegen Dattelsirup. Im Grunde filme ich immer nur dasselbe ab, grünes Gemüse in Bowls und Hafermilch in schönen Tassen, doch das Internet liebt es. Ihr schickt mir Smileys mit Herzaugen, fragt mich nach der Marke meines 6-Minuten- Tagebuches und wollt alle dasselbe wissen: Was ist dein Geheimnis, wie machst du das? Immerhin bin ich @tessteilt, eine Erfolgsstory, fünfundzwanzig und ein waschechtes That Girl. Wenn ihr mich fragt, wie ich mich täglich zum Sport." (ZITAT)


Avocadotoast zum Frühstück, Co-Working im Lieblingscafé, abends zum Pilates in Hannovers Szenestadtteil Linden: Tess Raabe ist ein That Girl, schön, erfolgreich, glücklich, und all das hält sie in ihren Vlogs fest, die sie auf ihrem erfolgreichen Social-Media-Account teilt. In ihrem Buch »Date Me« schreibt sie über Tinderdates, sie tritt für die richtigen Werte ein, predigt Selbstliebe – und alle kaufen es ihr ab, schließlich ist Tess authentisch und nahbar.


"Wenn ich ehrlich bin, habe ich die letzten Jahre damit verbracht, meine Persönlichkeit in eine Marke zu verwandeln." (ZITAT)


Doch der Schein trügt, und das fällt Tess besonders dann auf, als sie Leo kennenlernt. Leo, der ihr den Kopf verdreht, Leo, mit dem sie so viel Spaß hat, Leo, der sich nicht entscheiden kann. Er wirft alles über den Haufen, was Tess zu sein vorgibt, und so muss sie sich am Ende die Frage stellen: Wer ist sie eigentlich wirklich, und welche Rolle spielt da die Liebe?



"That Girl" habe ich in einem Rutsch gelesen. Der Schreibstil ist flüssig und lässt sich wirklich gut lesen. Gabriella Santos de Lima schreibt in ihrem Buch sehr authentisch und spricht die die heutige Generation und Social Media an.

Viele junge Leute interagieren in der Scheinwelt wie z.B. Instagram, präsentieren ihr augenscheinlich gutes tolles gesundes Leben. Dass es jedoch im inneren oder in Wirklichkeit ganz anders aussieht, merkt die Protagonistin Tess am eigenen Leib.

Ich finde die Schilderungen echt und wirklich schön zu lesen. Die Entwicklung von Tess selbst und die zwischen ihr und Leo finde ich einfach toll.

Für mich ein wirklich schönes Buch, aufgelockert von Chatnachrichten und co. Tolle Covergestaltung.




Gabriella Santos de Lima, geboren 1997 in São Paulo, studiert Kreatives Schreiben in Hildesheim und arbeitet nebenberuflich als Flugbegleiterin. Am liebsten schreibt sie mit Aussicht auf pulsierende Innenstädte bei laut aufgedrehter Musik. Auf Instagram postet sie unter @gabriellasantosdelimaa Buchtipps und Neuigkeiten aus ihrem Leben.

Bewertung vom 05.01.2024
The Institution
Fields, Helen

The Institution


ausgezeichnet

Meine Meinung und Inhalt

Ihre Arbeit war ihr Lebensinhalt. Vielleicht, flüsterte eine Stimme in den dunkelsten Tiefen ihres Gehirns, ist das sogar buchstäblich das Einzige, wofür du lebst.Und in diesem Moment waren Connies Arbeit, ihre Fachkenntnis und ihre natürliche Gabe, in Menschen zu lesen, absolut essenziell. Weil zwischen ihr und dem Ziel, Taras Baby zu finden, eine Station voller verurteilter Serienmörder und Psychopathen lag." (ZITAT)


Helen Fields ist eine tolle Autorin und auch in diesem Werk gelingt ihr wieder ein enormer Spannungsaufbau.

Fields hat als Anwältin für Straf- und Familienrecht gearbeitet, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Die Bücher der Bestsellerautorin sind in mehr als 20 Sprachen übersetzt. Sie pendelt regelmäßig zwischen West Sussex, den USA und Schottland und lebt mit ihrem Mann und drei Kindern zusammen.


“The Institution” ist ein absolut spannender sowie nervenaufreibender Thriller, mit vielen Facetten und einem Handlungsort, der gleich zu Beginn eine unbehagliche Stimmung beim Leser hervorruft.


Inhalt:

In der geschlossenen Station eines Hochsicherheitsgefängnisses für psychisch kranke Verbrecher erschüttert ein Schrei die Nacht. Am nächsten Morgen wird die Leiche einer Krankenschwester gefunden und ihre Tochter wurde entführt.


Die Uhr tickt, denn das kleine Mädchen kann ohne medizinische Versorgung nur wenige Tage überleben. Die forensische Profilerin Dr. Connie Woolwine ist bekannt für ihre Fähigkeit, sich in die Psyche der Mörder hineinversetzen zu können. Jetzt muss sie sich undercover unter die gefährlichsten Männer der Welt mischen und ihr einzigartiges Gespür einsetzen, um das Mädchen zu finden – bevor es zu spät ist ...


Mit Connie Woolwine einer forensische Profilerin, schafft es die Autorin sofort Symphatiepunkte bei mir zu sammeln, da die Protagonistin ein unheimliches Einfühlungsvermögen und außerdem eine enorme Bereitschaft, ihr eigenes Leben zu risikieren, hat.


"»Du hast dich so gewehrt«, sagte sie sanft. »Ich hoffe, du weißt, dass du für dein Kind alles gegeben hast, was nur möglich war. Aber manche Kämpfe kann man nicht gewinnen. Dein Gegner war zu gut vorbereitet.« Sie tätschelte der Leiche die Hand, wie ihre roßmutter früher ihre getätschelt hatte, wenn sie Trost brauchte." (ZITAT)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.12.2023
Glas
Prantl, Verena

Glas


sehr gut

Meine Meinung und Inhalt

Gefühle entstehen nicht im Kopf, sonst könnte man sie ja einfach mit Logik in Schach halten, oder es wenigstens versuchen. Gefühle entstehen dort, wo man sie am wenigsten erwartet, nur nicht dort, wo man noch die Möglichkeit hätte, sie unter Kontrolle zu bringen. Dies gilt sowohl für positive als auch für negative Empfindungen. Selbst die Folgen variieren. Im Fall positiver Emotionen manifistieren sich alles als eine Facette des Glücks. Freude macht glücklich. Liebe macht glücklich. Bestätigung macht glücklich. Doch die Reaktion auf Angst ist eine komplett andere als die auf Wut oder Schmerz. Schlechte Gefühle entstehen auch nicht dort, wo man normalerweise Glück oder Liebe verspürt, nein, sie entstehen dort wo sich Magengeschwüre oder Nierensteine bilden." (ZITAT)

Die Autorin weiß mit ihrem Debüt bewusst mit dem Leser zu spielen. Der Beginn - ein brutaler Kampf. Tödlich? Real? Auch im weiteren Geschehen der Geschichte wird man mit "zufälligen" Begegnungen und Geschehnissen konfrontiert, welche erst zum Ende hin an Klarheit gewinnen.

Die Protagonistin ist Eva, eine junge Frau Anfang zwanzig.

Spürbar schildert Prantl die Suche nach deren eigenen Identität sowie das starke Bedürfnis sich von Anderen definieren zu lassen aufgrund ihrer eigenen Unsicherheit und Instabilität.

"Plötzlich empfand sie eine Sehnsucht nach einer Person, die es gar nicht mehr gab, nach ihrem Freund von damals, aber vor allem nach ihrem damaligen Selbst." (ZITAT)


Ihre Freundin Mirjam verkörpert all das, was Eva an sich vermisst. Sie ist hübsch, anziehend und selbstbewusst. Sie wird von allen gemocht und zieht deren Aufmerksamkeit auf sich. Eva hingegen hat das Gefühl, nicht die Hauptfigur ihrer eigenen Geschichte zu sein. Dann lernt sie Aaron kennen, der trotz eines schweren Schicksalsschlages nicht resigniert, sondern dadurch an Stärke gewonnen hat. Er scheint etwas in Eva zu erkennen, was sie selbst nicht sehen kann.


Aarons Interesse für Eva gibt ihr kurzfristig ein neues Selbstbewusstsein, doch ihre Selbstzweifel holen sie immer wieder ein. Sie leidet zunehmend unter Realitätsverlust und hegt den Verdacht, verfolgt zu werden. Mehrere Anzeichen bestätigen diese Annahme, es besteht sogar die Möglichkeit, dass sie ihren Verfolger kennt.


Anstatt sich ihren Freunden anzuvertrauen, zieht Eva sich in sich selbst zurück und verfällt immer mehr ihrer Paranoia. Sie kauft ein Tagebuch und beginnt ihre Erlebnisse aufzuschreiben.

Ich finde den Schreibstil von Prantl mit dem Welchsel zwischen den Perspektiven (die Protagonistin Eva erzählt abwechselnd von sich in der dritten und in der ersten Person) sehr gelungen.

Das Ende lässt einige Rückschlüsse offen.



VERENA PRANTL wurde 1996 in Hall in Tirol geboren und lebt seit 2016 in Wien. Sie schloss ihr Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaften an der Universität Wien ab und veröffentlicht seither auf ihrer Webseite zahlreiche Essays und Kurzgeschichten. Glas ist ihr Romandebüt.