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B. S.

Bewertungen

Insgesamt 173 Bewertungen
Bewertung vom 06.07.2025
Der Trailer / Donkerbloem Bd.1
Geschke, Linus

Der Trailer / Donkerbloem Bd.1


sehr gut

Fesselnd erzählter Thriller mit eigenwilligen Charakteren

"Der Trailer" ist der spannende Auftakt zu einer Thriller-Reihe aus der Feder von Linus Geschke, der mit einer geheimnisvollen Handlung und mit schlagkräftigen (im wahrsten Sinne des Wortes) Figuren aufwarten kann.

Der Fokus der packend beschriebenen Geschichte liegt auf der Suche nach der Wahrheit, was mit Lisa, einer jungen Frau, die vor 15 Jahren auf dem Campingplatz Donkerbloem in Belgien spurlos verschwunden ist, passiert ist. Der suspendierten Kommissarin Frieda Stahnke lässt der Fall nämlich keine Ruhe und sie ermittelt auf eigene Faust an dem Fall weiter. In den Fokus ihrer Ermittlungen gerät dabei der Barbesitzer Wout Meertens, der selber vor 15 Jahren vor Ort war und mehr über das Verschwinden von Lisa weiß, als er gegenüber der Kommissarin preisgeben will. Als er erfährt, dass jemand darauf abgesehen hat, alle Zeugen von damals, zum Schweigen zu bringen, wird der Fall persönlich und gemeinsam mit seiner Nachbarin Kathinka und seinem Mitarbeiter Tayfun begibt er sich auf den Campingplatz, wo alles seinen Anfang genommen hat.

Erzählt wird das alles aus unterschiedlichen Perspektiven und anhand kurzer Kapitel, die an unterschiedlichen Orten und teils auch in der Vergangenheit spielen. Die Spannung wird so konstant hochgehalten, sodass man nur so durch die Seiten fliegt. Einzig im Mittelteil des fast 400 starken Thrillers wird sein Erzähltempo etwas gedrosselt. Langeweile kommt aber zu keinem Zeitpunkt wirklich auf.
Dazu trägt auch der klare und bildhafte Schreibstil des Autors bei, dank dessen der Autor es schafft, die wichtigsten handelnden Figuren als lebendige und realistisch wirkende Personen darzustellen. Besonders Wout ist ein eigenwilliger Charakter, der zu überzeugen weiß.

Zum Ende hin, nimmt der Thriller dann nochmal so richtig an Fahrt auf und die Ereignisse überschlagen sich regelrecht, wodurch das Ende leider etwas zu gehetzt wirkt. Auch gewinnt ein weiterer Erzählstrang an Bedeutung, der sicherlich eine wichtige Rolle im nächsten Band spielen wird.

Tolle Charaktere, eine glaubwürdig konstruierte Handlung mit überraschenden Wendungen und neuen Entwicklungen machen das Buch "Der Trailer" zu einem kurzweiligen und spannenden Thriller, der Lust auf mehr macht.

Bewertung vom 06.07.2025
Gesellschaftsspiel
Zwickau, Dora

Gesellschaftsspiel


gut

Gesellschaftsrevolution auf Sparflamme

"Gesellschaftsspiel" von Dora Zwickau ist ein ruhig erzählter Roman, der versucht, aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen mit einer Familiengeschichte zu verknüpfen, damit aber nur bedingt überzeugen kann.

Die Handlungsidee des Romans liest sich noch vielversprechend.
Erzählt abwechselnd aus den Perspektiven der beiden Schwestern Isabelle, Annika und ihrer Tante Dagmar, unterbrochen von Chatposts und Interviews, taucht man in das beschauliche Weimar ein, das dank eines Tech-Milliardärs zum Schauplatz eines gesellschaftlichen und sozialen Experiments wird. Denn der Milliardär möchte mittels seiner App die Gesellschaft revolutionieren, und Weimar soll der Startpunkt dafür sein.
Eigentlich haben die drei Protagonistinnen jedoch andere Sorgen, liegen doch Isabelle und Annikas Mutter und Schwester von Dagmar nach einem Schlaganfall im Krankenhaus. Doch nach und nach werden alle drei nach anfänglicher Skepsis auch vom Sog der App und ihrem Ziel des gesellschaftlichen Umbaus erfasst.

Was jedoch nach einer tiefgründigen Geschichte über aktuelle gesellschaftliche Fragen und Entwicklungen klingt, entwickelt sich schnell zu einer eher oberflächlichen und erstaunlich emotionslos geratenen Erzählung.

Zum einen bleiben die drei Hauptfiguren in ihrer Darstellung blass und wirken eher als Handlungswerkzeuge anstatt als echte Personen mit Gedanken und Gefühlen. Das Gleiche gilt auch für den Schlaganfall der Mutter, der die drei nicht so richtig zu berühren scheint. Durch die Unnahbarkeit der Charaktere fällt es so schwer, eine Verbindung zu ihnen aufzubauen und sich für sie und ihr Leben zu interessieren.

Zum anderen steuert der Roman nicht wirklich auf einen Höhepunkt zu und entstehende Konflikte werden ziemlich geräusch- und reibungslos aufgelöst.
Auch vielen Aspekten, die zum Thema Demokratie, Politik, Gesellschaftsvorstellungen, Geschlechterrollen oder Gefahren neuer Technologien, angesprochen werden, fehlt es an der erhofften Schlagkraft. So werden eher Schlagwörter oder Argumente genannt, ohne sie wirklich Gegenstand der Handlung zu machen.

"Gesellschaftsspiel" ist so alles in allem ein Roman, der sein Potenzial leider nicht nutzt.
Auch wenn ein angenehm zu lesender Schreibstil und wechselnde Erzählperspektiven für eine kurzweilige Lektüre sorgen, verbleibt die Handlung enttäuschenderweise nur an der Oberfläche und schafft es nicht, einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.

Bewertung vom 29.06.2025
Wo wir uns treffen
Hope, Anna

Wo wir uns treffen


sehr gut

Erbe mit Sprengkraft

"Wo wir uns treffen" von Anna Hope ist ein Roman, der zum Nachdenken anregt. Anfangs kommt er noch auf leisen Pfoten daher und baut erst nach und nach an Spannung auf, um dann aber mit voller Wucht zuzuschlagen.

Die Handlung erstreckt sich über fünf Tagen auf einem verfallenen, aber majestätischen Anwesen in Sussex, wo sich die Familie Brooke versammelt, um ihren Patriarchen Philip zu beerdigen. Seine Frau und seine drei erwachsenen Kinder Frannie, Milo und Isa sind in ihren Moralvorstellungen und Idealen teils sehr unterschiedlich und es dauert nicht lange, dass diese aufeinanderprallen. Das Gleiche gilt für ihre Pläne für das Anwesen. Und dann ist da noch die Tochter von Philips langjähriger Geliebten, die das wahre Erbe der Brookes kennt.

Die Autorin liefert auf den mehr als 400 Seiten einen scharfen psychologischen Blick und ein atmosphärisch dichtes Porträt einer Familie, die unter der Last von Erbe, Trauer und unausgesprochenen Wahrheiten zerbricht. Familie ist eben kompliziert, und dieses Buch beschreibt einige dieser Kämpfe sehr gut.

Aber nicht nur die vielschichtige Familien- und Geschwisterdynamik steht im Mittelpunkt der klug erzählten Geschichte, sondern auch das Anwesen in Sussex selbst ist ein wesentlicher Bestandteil der Handlung, so dass es fast wie eine eigene Figur wirkt. Zudem liefert die Entstehungsgeschichte des Anwesens einen tiefen Einblick in die soziale und wirtschaftliche Ungerechtigkeit der Vergangenheit und wird überzeugend aufgearbeitet.

Dank des bildhaften und präzisen Schreibstil der Autorin und der verschiedenen Erzählperspektiven ist man ebenso nah an den Charakteren dran, wodurch eine umfassende und realistische Figurenzeichnung entsteht. Mancher Charakter sowie Handlungsstrang hätte jedoch noch etwas mehr Tiefe vertragen können.

"Wo wir uns treffen" ist insgesamt ein tiefgründiger Roman, der nach gemächlichen Beginn, schnell eine Sogwirkung entfaltet und kluge Fragen über Familie, Erbe und aktuelle gesellschaftliche Themen stellt.

Bewertung vom 29.06.2025
Ihr werdet sie nicht finden
Winkelmann, Andreas

Ihr werdet sie nicht finden


sehr gut

Spannende und geheimnisvolle Suche nach der verschwundenen Tochter

"Ihr werdet sie nicht finden" von Andreas Winkelmann ist sein neuestes Werk, das von Anfang bis Ende mit einer fesselnd und glaubwürdig konstruierten Handlungsidee überzeugen kann, auch wenn es mehr einen Spannungsroman als einen Thriller für mich darstellt.

Erzählt abwechselnd aus der Perspektive von Franka und Jonas, unterbrochen von gelegentlichen Rückblicken in die Vergangenheit, nimmt die Geschichte schnell an Fahrt auf und erhält so auch ihren geheimnisvollen Charakter.

Der Schreibstil des Autors ist gewohnt geradlinig und atmosphärisch.
Auch seine Figurenzeichnung kann überzeugen. Lebendig und realistisch werden Franka und Jonas in ihren Gedanken und Gefühlen beschrieben, sodass man sich gut in beide hineinversetzen kann. Besonders Jonas' Wut und Trauer um seine verschwundene Tochter wird gut spürbar.

Der Fokus der Handlung liegt eher im psychologischen Bereich und weniger auf brutalen Thrillerelementen. Zudem lässt sich die Geschichte auch etwas Zeit, auch wenn verschiedene Wendungen bzw. neue Erkenntnisse den Spannungsbogen hochhalten.

Wer auf der Suche nach einem packend erzählten Spannungsroman ist, wird von "Ihr werdet sie nicht finden" sicherlich nicht enttäuscht werden.
Nicht nur Fans von Andreas Winkelmann kommen hier auf ihre Kosten!

Bewertung vom 22.06.2025
Der Junge aus dem Meer
Carr, Garrett

Der Junge aus dem Meer


sehr gut

Leises und poetisches Porträt einer Familie und eines Dorfes

„Der Junge aus dem Meer“ ist ein ruhig und einfühlsam erzählter Roman, der in dem kleinen irischen Fischerdorf Donegal spielt.
Im Zentrum der Handlung steht die Familie Bonnar, deren Leben sich durch die Adoption des kleinen Jungen mit dem Namen Brendan, der am Meer gefunden wird, grundlegend verändert. Über den Verlauf von zwei Jahrzehnten taucht man in das Alltagsleben der Bonnars ein, ergründet die komplexen familiären Beziehungen zwischen Ehepartnern, Brüdern, Schwestern sowie Vater und Töchter. Ebenso wird man Zeuge ihrer Bemühungen, ihren Lebensunterhalt in einer Zeit zu verdienen, in der die Fischerei zunehmend unter Druck gerät.

Der Roman lebt von seiner ruhigen Erzählweise, die einem Zeit gibt, sich auf die kleinen und großen Dramen des Alltags einzulassen. Es sind die Beziehungen, die im Vordergrund stehen.
Dank der unterschiedlichen Erzählperspektiven, darunter auch die einer kollektiven Stimme der Dorfbewohner, gelingt es dem Autor, die komplexen Gedanken und Gefühle der wichtigsten handelnden Personen feinfühlig und authentisch darzustellen. Das Ergebnis ist eine vielschichtige Figurenzeichnung, die zu berühren weiß.
Die kollektive Stimme wiederum verleiht dem Roman eine besondere Atmosphäre und macht das Dorf selbst zu einem wichtigen Charakter. Besonders die enge Gemeinschaft, die das Leben der Menschen prägt, wird spürbar.

Anders als der Titel vermuten lässt, bleibt der Junge aus dem Meer ein rätselhafter und unnahbar wirkender Charakter. Man lernt ihn vorwiegend aus der Sicht seiner Familie und der Dorfbewohner kennen. Da ist Ambrose, der ihn wie einen eigenen Sohn liebt, dann Christine, die versucht, die Familie zusammenzuhalten, und Declan, der eifersüchtig und abweisend auf den neuen Bruder reagiert.

Der Roman schreitet langsam voran und nimmt sich Zeit für die Entwicklung der Charaktere. Die lyrische Prosa und das irische Setting verleihen der Geschichte Authentizität und Charme. Auch wenn das Tempo manchmal etwas zu gemächlich ist, gelingt es dem Buch, den Leser in seinen Bann zu ziehen.

„Der Junge aus dem Meer“ ist ein Roman über Familie, Zusammenhalt und die kleinen Wunder des Alltags. Wer sich auf die ruhige, tiefgründige Erzählweise einlässt, wird mit einer bewegenden und poetischen Lektüre belohnt.

Bewertung vom 22.06.2025
Reset
Grandl, Peter

Reset


sehr gut

Fake oder Wahrheit - Packender Thriller über eine entfesselte KI

"Reset - Die Wahrheit stirbt zuerst" von Peter Grandl ist ein fesselnd geschriebener Thriller, der von Anfang bis Ende zu fesseln weiß, manchmal aber etwas zu viel auf einmal will.

Schon im ersten Kapitel kann der packend erzählte Thriller mit Schockmomenten aufwarten.
Zu Beginn wird ein Flugzeug über dem deutschen Luftraum entführt und es steht die Frage im Raum, ob das Flugzeug abgeschossen werden soll oder nicht. Zudem erhalten zahlreiche Menschen vermeintliche Anrufe oder Videos von Familienangehörigen oder Bekannten, die sich nicht von Fake und Echtheit unterscheiden lassen. All das wird von einer unbezwingbaren KI im Hintergrund gesteuert, die das Ziel im Auge hat, die Menschheit zu vernichten. Chaos und Misstrauen bricht aus. Kann die Menschheit vor der Zerstörung durch ein Rückbesinnen auf "alte" Techniken gerettet werden?

In dem Thriller passiert so einiges. Zeit zum Durchatmen bleibt keine. Erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven und anhand kurzer Kapitel, lässt das Spannungsmoment zu keinem Zeitpunkt nach und man fliegt nur so durch die knapp 500 Seiten. Zahlreiche Wendungen und Cliffhanger tragen ihr Übriges bei.

Zu viel Tiefe sollte man bei dem Feuerwerk an actiongeladenen Szenen und verschiedenen Handlungsverläufen jedoch nicht erwarten.
Denn so finden zahlreiche Themen, wie z. B. KI, Fake News, Missbrauch, Trauma oder Quantentechnologie, Eingang in die glaubwürdig wirkende Handlung. Teilweise rennt man von Anschlag zu Anschlag, ohne lange bei einem Thema oder einer Person zu verbleiben. Darunter leidet auch die Charakterzeichnung der wichtigsten handelnden Personen. So richtig nah kommt man keinem der wichtigsten Akteure. Der Actionpart steht ganz klar im Vordergrund.

Trotzdem wird ein beängstigendes und durchaus realistisches Szenario erzeugt, das aktuelle Entwicklungen rund um KI, Vertrauen in die Medien und gesellschaftliche Entwicklungen aufgreift und zum Nachdenken anregt.

Wer sich für Thriller über KI interessiert und dabei nicht so viel Wert auf inhaltliche Tiefe und Plausibilität legt, der wird mit "Reset" seine Freude haben.
Kurzweilig, spannungsgeladen und leicht beängstigend ist der Thriller allemal!

Bewertung vom 22.06.2025
Strandgut
Myers, Benjamin

Strandgut


sehr gut

Feinfühlig erzählter Roman über die Kraft der Musik

Im Mittelpunkt von "Strandgut" von Benjamin Myers steht Bucky Bronco, ein kürzlich verwitweter Siebzigjähriger aus Chicago, dessen Leben eine unerwartete Wendung nimmt, als er nach Scarborough, Großbritannien, eingeladen wird, um dort Soullieder zu singen, die er vor über 50 Jahren komponiert und aufgenommen hat. Er konnte von seinen Liedern nicht leben und hat sich stattdessen mit Gelegenheitsjobs übers Wasser gehalten. Der Flug nach England ist dann auch das erste Mal, dass er in ein Flugzeug steigt und sich auf den Weg in ein anderes Land macht. In England angekommen, wird er von Dinah empfangen, einer Supermarktkassiererin und begeisterten Soulmusik-Liebhaberin im Allgemeinen und von Bucky im Speziellen. Sie wird zu einer treuen Begleiterin von Bucky.

Geradlinig und vorwiegend aus der Sicht von Bucky erzählt, taucht man in das Leben der Figuren ein und lernt ihre Sorgen, Gedanken und Gefühle kennen. Der Autor schafft es hierbei, mit nur wenigen Worten, echte, unvollkommene Menschen zum Leben zu erwecken, die ihre guten und schlechten Seiten haben. Die bildhafte Sprache des Autors trägt ihren Teil dazu bei.

Die feinfühligen Charakterzeichnungen des Autors sind auch einer der Höhepunkte des Romans.
Überzeugen kann zudem die Handlung an sich, obwohl ich an der ein oder anderen Stelle noch gerne mehr Zeit mit den Charakteren verbracht hätte

So ist "Strandgut", auch wenn es auf den ersten Seiten leicht daherkommt, ist es dennoch eine tiefgründige Geschichte. Denn es ist nicht nur eine locker und erzählte Geschichte über zweite Chancen und die Kraft der Musik, sondern auch eine mit schweren Themen, wie z. B. Trauer, Sucht sowie Familien- und Beziehungsprobleme. Trotz der Trauer Buckys um seine vor kurzem verstorbene Frau Maybelle und Opioidabhängigkeit, mit der Bucky kämpft, ist der Roman jedoch voller Herz und Wärme. Es ist auch ein Buch über zweite Chancen, Freude und Hoffnung, das einen schnell in seinen Bann zieht.

Bewertung vom 06.06.2025
Hase und ich
Dalton, Chloe

Hase und ich


ausgezeichnet

Zärtlich erzählte Mensch-Hase-Beziehung

Mit "Hase und Ich" hat Chloe Dalton eine fesselnde und zärtlich erzählte Chronik über ihre Erfahrungen über die Rettung eines Hasenbabys und die daraus resultierenden besonderen Mensch-Tier-Beziehung geschrieben.

Während der Covid-Pandemie und des Lockdowns in Großbritannien, befindet sich Chloe auf dem englischen Land und entdeckt dort eines Tages einen neugeborenen Hasen, der von seiner Mutter auf einem Fußweg ausgesetzt wurde. Sie stellt sich die Frage, ob sie das Hasenbaby zurücklassen lassen oder es mitnehmen soll, um es vor dem drohenden Tod zu retten.
Sie entscheidet sich dafür, den kleinen Hasen mit nach Hause zu nehmen, im Wissen, dass es sich um ein wildes Tier handelt und nicht domestiziert werden sollte.
Über die nächsten drei Jahre folgt man dann Chloe in ihren Bemühungen, wie sie anfangs dem Hasenbaby das Überleben zu sichern versucht und ihm danach die Rückkehr in die Wildnis zu ermöglichen. Man wird Zeuge, wie sich eine geheimnisvolle und berührende Verbindung zwischen den beiden entwickelt, denn der Hase lebt weiterhin in der Nähe ihres Landhauses und sucht dort immer wieder Zuflucht.

In ihrer persönlichen Geschichte beleuchtet Chloe Dalton genauer das Leben des Hasen über die Jahreszeiten hinweg und beobachtet Gewohnheiten sowie Eigenschaften an ihm, während er älter wird. Auch beglückt der Hase sie mit seiner Nachkommenschaft, was voller süßer Momente ist.
Es ist zugleich eine Lektüre voller Wärme und Mitgefühl für Hasen an sich und eine Geschichte über eine einzigartige Verbindung zwischen Mensch und Tier. So berichtet sie auch davon, wie sie eine neue Beziehung zur Natur entwickelt, was zu einer Entschleunigung ihres Lebens und somit insgesamt zu einer besseren Lebensqualität führt.

Neben der besonderen Geschichte der Autorin wartet das Buch auch mit stilistisch ansprechenden Abbildungen auf, die das Buch lesenswert machen.
Der ruhige und anschauliche Schreibstil der Autorin zusammen mit der geringen Seitenzahl sorgen dafür, dass man tief in ihre neue Lebenswelt mit Hase hineingezogen wird.
Sie ist dabei auch nicht unkritisch und gesteht Fehler ein. Als Laie ist es jedoch schwer, ihr Verhalten kritisch zu beurteilen.

Alles in allem, ist "Hase und Ich" ein Buch, das durch seine berührende, zärtlich erzählte Geschichte, einem die Wichtigkeit der Wertschätzung der Natur näherbringt, ohne moralisch zu sein.
Nicht nur für Natur- und Tierliebhaber lesenswert!

Bewertung vom 04.06.2025
Holmes & Moriarty
Rubin, Gareth

Holmes & Moriarty


gut

Nicht so gut wie das Original

In Gareth Rubins "Holmes & Moriarty" werden Arthur Conan Doyles bekannte Figuren wiederbelebt und in ein neues Abenteuer zwischen den Straßen Londons und den Wegen eines ruhigen Dorfes in der Schweiz verwickelt.

Am Anfang der Handlung lernt man George Reynolds, einen jungen Schauspieler, kennen, dessen Rolle als Richard III. in einer Wanderproduktion mit Auffälligkeiten einhergeht. Er ist der Einzige mit Schauspielerfahrung und bei jeder Aufführung findet er dieselben Leute in anderer Kleidung vor. Er wendet sich an Holmes, um der Sache auf den Grund zu gehen.
In der Zwischenzeit wird Moriarty in einen Krieg zwischen rivalisierenden Gangstern verwickelt. Bei dem Versuch, als Günstling zwischen zwei Verbrecherbossen aufzutreten, wird er in den Tod eines der beiden Anführer in einer Wohnung in Whitechapel verwickelt. Gemeinsam mit seinem Handlanger Moran flüchtet er vor der Polizei und versucht herauszufinden, wer dahintersteckt. Schon bald treffen die Gegenspieler Holmes und Moriarty aufeinander und müssen wohl oder übel zusammenarbeiten, um das Geheimnis ihrer beiden mysteriösen Fälle zu lösen.

Ich bin ein Fan der Romane rund um Sherlock Holmes und Dr. Watson von Arthur Conan Doyle, deswegen war ich gespannt, ob der Autor es schafft, dem Original gerecht zu werden. Nach dem Lesen der Lektüre ist mein Eindruck, dass Rubin es nur bedingt geschafft hat, den Geist der ursprünglichen Werke einzufangen.

Am Schreibstil des Autors und der Handlungsidee liegt es nicht. Unter der Feder von Rubin und mit Anklängen an den Stil Doyles werden die Charaktere sowie das London und später ein schweizerisches Alpendorf zur Zeit des späten 19. Jahrhunderts bzw. des frühen 20. Jahrhunderts lebendig. Von Beginn an wird Spannung erzeugt, sowie die kurzweilige und flüssige Erzählweise sorgen für einen unterhaltsamen und fesselnden Krimi.

Für Schwung sorgen die abwechselnd erzählten Kapitel aus Sicht von Dr. Watson und Moriartys Handlanger Moran. So bleibt die Handlung mysteriös und die Spannung kann bis zum Ende konstant hochgehalten werden. Auch lernt man Moriarty als Gegenspieler Holmes etwas näher kennen. Leider führt dies jedoch zu Abstrichen bei der Charakterisierung von Sherlock Holmes, dieser bleibt nämlich überraschend blass und verschwindet im Vergleich zu den anderen Protagonisten in den Hintergrund. Der Titel "Holmes & Moriarty" lässt hingegen auf was anderes schließen.

Richtig überzeugen konnte mich auch die Handlung nicht.
Der Beginn war noch vielversprechend, aber besonders zum Ende hin wurde die Geschichte und die Auflösung des Falles zunehmender bizarrer und nahm an Plausibilität ab. Mehr klassische Detektivarbeit à la Holmes und weniger Action hätte dem Kriminalroman sicherlich gutgetan.

Kurz: "Holmes & Moriarty" von Gareth Rubin ist nichts Halbes und nichts Ganzes.
Es hat zwar Anklänge an die klassischen Werke von Doyle, kommt an ihnen vor allem in Sachen Detektivarbeit nicht an diese ran. Aber richtig losgelöst von diesen ist das Werk auch nicht, für ein besseres Verständnis der Charaktere, Konstellationen und erwähnten Ereignisse ist Wissen über Doyles Holmes Romane von Vorteil.

Bewertung vom 03.06.2025
Ein Mord im November - Ein Fall für DI Wilkins
Mason, Simon

Ein Mord im November - Ein Fall für DI Wilkins


sehr gut

Ein ungleiches Ermittlerpaar sorgt für Spannung

"Ein Mord im November" von Simon Mason spielt in Oxford und ist der erste Teil einer Krimireihe rund um DI Ryan Wilkins und DI Ray Wilkins. Zwei Detective Inspectors mit dem gleichen Nachnamen als Partner sind ungewöhnlich, und so ist auch deren privater Hintergrund ihre Art der Ermittlungen. Aber es heißt ja so schön, dass sich Gegensätze anziehen...
Ryan Wilkins wuchs in einem Wohnwagenpark auf, hatte einen gewalttätigen, alkoholkranken Vater, seine Freundin starb an einer Überdosis Drogen und hinterließ ihm einen kleinen Sohn. Für einen DI ist er noch vergleichsweise jung und stößt mit seiner forschen Herangehensweise viele vor den Kopf, besonders seine Abneigung gegen die privilegierte Oberschicht tritt deutlich zutage. Im Gegensatz dazu ist Ray Wilkins der Sohn afrikanischer Einwanderer, hat eine Universitätsausbildung, eine Frau und legt Wert auf sein Äußeres.
Ihre erste gemeinsame Mordermittlung führt sie in das Arbeitszimmer von Sir James Osborne, dem Prorektor von Barnabas Hall, in dem die Leiche einer jungen Frau liegt. Anfangs können beide gar nicht miteinander, doch um den Fall zu lösen, müssen sie zusammenarbeiten.

Eben genau dieses gegensätzliche Detektivpaar macht den Reiz der Geschichte aus. Ihre Zankereien und ihre unterschiedlichen Hintergründe sorgen für Reibung, die die aus verschiedenen Perspektiven erzählte Geschichte am Laufen halten und für Spannung sorgen.
Da zudem in den Ermittlungen unterschiedliche gesellschaftliche Schichten aufeinanderprallen, Oxford-Elite einerseits sowie Armut und Unruhe andererseits, bekommt man einen authentisch wirkenden Eindruck beider Welten.

All das, wird durchaus stimmungsvoll und fesselnd erzählt.
Bezogen auf den Inhalt fehlte es mir jedoch etwas an Tiefe, denn die mit dem Mordfall verbundenen Themen, wie z. B. Menschenhandel, sexuelle Belästigung und Missbrauch, werden nur oberflächlich behandelt. Man merkt der Handlung deutlich an, dass das ungleiche Detektivpaar im Fokus steht. Dementsprechend gut gelungen ist deren Charakterisierung, und man ist gespannt, wie es mit den beiden weitergeht.

Hinter "Ein Mord im November" verbirgt sich ein vielschichtiger Krimi, der von seinen Figuren und atmosphärischen Beschreibungen lebt. Es ist ein gelungener Auftakt einer neuen Reihe, die, wenn noch mehr Augenmerk auf den eigentlichen Kriminalfall legt, eine richtig gute werden könnte!