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Benutzername: 
Tara
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Ratingen

Bewertungen

Insgesamt 1450 Bewertungen
Bewertung vom 21.10.2025
Die Psychoanalytikerin
Metzenthin, Melanie

Die Psychoanalytikerin


ausgezeichnet

Historisch, spannend & fesselnd

„Die Psychoanalytikerin“ ist ein spannender, historischer Kriminalfall der in Hamburg lebenden und als Fachärztin für Psychiatrie arbeitenden Autorin Melanie Metzenthin.

Die Handlung beginnt in Hamburg im Mai 1920. Der Erste Weltkrieg ist vorbei, hat aber sichtbare Spuren in der Stadt und bei den Menschen hinterlassen. Diese sind auch für die Psychoanalytikern Vera Albers spürbar, da ihr Mann im Krieg gefallen ist und sie nun seine Praxis betreibt. Unter ihren Patienten befinden sich auch zahlreiche psychisch Kriegsversehrte, die ihre Unterstützung benötigen.
Nachdem ein äußerst unangenehmer Patient - Hermann Braun - ermordet wurde, spricht Kommissar Karl Bender bei ihr vor. Da die Umstände seines Todes unklar sind und der Mörder vermuten könnte, dass Braun Vera etwas anvertraut hat, ist auch sie in Gefahr. Es dauert nicht lange und ein weiterer Patient von ihr wird vermisst.

Der Schreibstil von Melanie Metzenthin liest sich angenehm leicht und flüssig. Die Ereignisse werden lebendig beschrieben und die Atmosphäre Hamburgs kam direkt bei mir an. Durch die kurzen Kapitel - 48 auf 384 Seiten - bin ich in einen richtigen Lesesog geraten. Es lässt sich immer noch schnell ein weiteres lesen und mir fiel es schwer das Buch aus der Hand zu legen.

Vera ist eine starke Protagonistin, die es zur damaligen Zeit in ihrem beruflichem Umfeld nicht leicht hatte. Ihre Patienten waren nicht immer bereit, die notwendige Distanz zu wahren. Dadurch wird auch das Frauenbild der 1920er Jahre gut wiedergegeben.
Vera und Karl sind sympathische Charaktere, deren individuelle und gemeinsame Arbeit ich gerne verfolgt habe.

Es gibt interessante Einblicke in die Vorgehensweise bei der Polizei und in die der Psychoanalyse.

Die Autorin ist Fachärztin für Psychiatrie und sie hat ihr Wissen gekonnt mit dem Kriminalfall und historischen Fakten verwoben.

In diesem Roman mischen sich Fiktion und Wahrheit. Die Personen sind erfunden, aber die Handlungsorte gibt es und wer sich in Hamburg und Umgebung auskennt, wird diese beim Lesen direkt vor Augen haben.

Mich hat dieser Roman gefesselt und ausgesprochen gut unterhalten, so dass ich mir auch weitere Fälle mit Vera und Karl nicht entgehen lassen würde.

Bewertung vom 15.10.2025
Reisehandbuch Europa mit dem Zug
Ruch, Cindy;Reisedepeschen

Reisehandbuch Europa mit dem Zug


ausgezeichnet

Hier wird Reiselust geweckt

Das „Reisehandbuch Europa mit dem Zug“ bietet viele inspirierende Ideen und abwechslungsreiche Routen, die Reiselust wecken.
Zunächst gibt es Informationen was vor der Reise zu beachten ist, was insbesondere dann hilfreich ist, wenn man seine erste Tour plant.
Im Anschluß findet man in kurzen Kapitel die wichtigsten Informationen für die Länder Europas. Diese sind immer gleich aufgebaut. Es gibt Details über Fakten zu dem jeweiligen Land, Lieblingsstrecken, Streckennetz, Züge, Preise und Fahrkarten, Anreise, Bahnlektüre, Streckeninfos und Stationen.
Zudem enthält jedes Kapitel eine kleine Karte, die für Orientierung sorgt und es gibt Fotos, die einen Eindruck des jeweiligen Ziels vermitteln und für die entsprechende Atmosphäre sorgen.
Ich finde das Buch rundum gelungen. Es macht Lust darauf Europa mit der Bahn zu erleben und schon das Planen macht einfach Spaß.

Bewertung vom 15.10.2025
Zwei Rivalen, ein Traum. / Lindt & Sprüngli-Saga Bd.2
Graf, Lisa

Zwei Rivalen, ein Traum. / Lindt & Sprüngli-Saga Bd.2


ausgezeichnet

Gelungene Fortsetzung

„Lindt & Sprüngli: Zwei Rivalen, ein Traum“ ist nach „Lindt & Sprüngli: Zwei Familien, eine Leidenschaft“ der zweite Band der Lindt & Sprüngli Saga der Autorin Lisa Graf.

Während es im ersten Band hauptsächlich um Familie Sprüngli ging, tritt nun auch die Familie Lindt in den Vordergrund. Man kann den Roman ohne Vorkenntnisse lesen, aber ich empfehle trotzdem die Reihenfolge einzuhalten, da sich so die Entwicklung der Charaktere und des Geschäfts besser nachvollziehen lässt.

Die Handlung beginnt 1863 in Bern. Rudolf Lindt ist zu diesem Zeitpunkt gerade einmal acht Jahre alt und das älteste Kind der Familie Lindt. Er ist verträumt und ruhig, die Schule fällt ihm schwer, so dass sich seine Eltern entsprechend sorgen.
In einem zweiten Erzählstrang, der 1868 in Zürich startet, dreht sich alles um die Familie Sprüngli. Rudolph Sprüngli ist bereits 21 Jahre und sehr zielstrebig und ehrgeizig.

Die Ereignisse werden im Wechsel aus verschiedenen Perspektiven aus beiden Familien erzählt. Dadurch erhält man schnell einen guten Einblick in die damalige Zeit.

Der Schreibstil von Lisa Graf ist sehr lebendig und steckt voller Details, so dass ich alles direkt vor Augen hatte. Das Leben der beiden Familien ist ausgesprochen interessant und ich habe es gerne verfolgt. Da die Schokoladenherstellung eng mit dem Leben der beiden Familien verwoben ist, wurden interessante Fakten über die Herstellung von Schokolade geschickt mit der Handlung verbunden. Zudem bin ich auch mehrfach auf bekannte Namen aus der Welt der Schokolade gestoßen, was mich sehr gefreut hat. Es ist zu spüren, dass die Autorin ausgiebig recherchiert haben muss.

Am Ende befindet sich eine Liste der wichtigsten Personen, das ich zu Beginn des Lesens gerne genutzt habe, da der Name Rudolf einfach sehr häufig vorkommt.

Passend abgerundet wird das Buch durch ein Rezept einer „Mousse au Chocolat“ im vorderen Innencover.

Diesen zweiten Teil der Trilogie habe ich ebenso gerne gelesen wie den vorherigen und bin nun schon sehr gespannt wie es im dritten zwischen den Familien Sprüngli und Lindt weitergeht.

Ich kann diese Reihe Schokoladenliebhabern und Lesern historischer Familiensagas nur empfehlen.

Bewertung vom 13.10.2025
Die Spur der Vertrauten
Dabos, Christelle

Die Spur der Vertrauten


sehr gut

Komplex & tiefgründig

„Die Spur der Vertrauten“ ist ein dystopischer Roman der Autorin Christelle Dabos.

Claire und Goliath leben in einer Welt, in dem Individualität verboten ist. Alles ist dem WIR untergeordnet. Die Menschen werden durch verschiedene Instinkte geleitet, die immer der Allgemeinheit dienen. Wer sich nicht unterordnet oder keinen Instinkt besitzt, lebt gefährlich.

Die Handlung wird im Wechsel aus unterschiedlichen Perspektiven dargestellt. Meist sind es die Protagonisten Goliath und Claire, aber auch andere Charaktere, die ich nicht direkt zuordnen konnte, berichten. Mir fiel es schwer Zugang zu den Charakteren zu finden, sie wirkten auf mich kalt und distanziert. Dies wiederum passte zu einer Gesellschaft, in der alle nur automatisiert ihre Instinkte ausleben.

Unklar blieb für mich in welcher Zeit die Handlung angesiedelt ist. Zwischendurch gab es kleine Hinweise, die allerdings nicht stringent waren. Im Grunde ist das bei einem Fantasy-Roman egal. Da ich mich allerdings in der durchaus spannenden Handlung ein wenig verloren fühlte, hätte ich gerne etwas Greifbares gehabt.

Es ist ein forderndes Buch, das Konzentration benötigt, da zahlreiche Fragen aufgeworfen werden und es einige Zeit dauert, bis man Antworten bekommt. Dass es sich hier um ein Jugendbuch ab 14 Jahren handelt, erscheint mir fragwürdig. Es mag sie geben, aber ich kenne nicht viele 14-jährige, die Spaß an so einem komplexen Buch haben.

Ich muss gestehen, dass ich froh war als ich das Buch beendet hatte. Was zurückbleibt ist aber durchaus positiv. Es regt zum Nachdenken über Individualität, Allgemeinwohl, Gesellschaftssysteme, Kontrolle, Vertrauen, Widerspruch und Freundschaft an. Von daher hat sich das Lesen für mich trotz einiger Kritikpunkte gelohnt.

Bewertung vom 11.10.2025
Too Much!
Cole, Terri

Too Much!


ausgezeichnet

Eigene Bedürfnisse erkennen & Grenzen setzen
„Too Much!“ ist ein hilfreicher Ratgeber der Autorin, Psychotherapeutin und Expertin für Beziehungen und Empowerment Terri Cole.
Der Untertitel „Für alle, die zu viel geben, tun, machen, denken, fühlen“ hat mich direkt angesprochen, genau so fühlt sich mein Leben manchmal an, als ob einfach alles zu viel ist.
Aber was macht man dagegen und wie geht man damit um?
Terri Cole beschreibt und erklärt das Konzept der „Hochfunktionalen Co-Abhängigkeit“ (kurz HFC), bei dem die Betroffenen zu viel Verantwortung übernehmen und sich für alles zuständig fühlen bis sie letztendlich selbst total erschöpft und ausgebrannt sind.

Die Autorin bietet hier Lösungsansätze, praktische Strategien und Übungen um Grenzen zu setzen, sich emotional abzugrenzen, das destruktive Verhalten sich selbst gegenüber zu durchbrechen und wieder auf die eigenen Bedürfnisse zu schauen.
Dabei ist ihr Schreibstil klar und deutlich. Sie überzeugt durch fachliches Wissen und Berichten aus persönlichen Erfahrungen.

Das Buch erfordert Zeit, da Terri Cole immer wieder zum Nachdenken auffordert. Aber es lohnt sich sehr, diese zu investieren und sich deutlich zu machen wie sehr das eigene Leben durch den Drang/Wunsch es anderen recht zu machen/zu helfen beeinträchtigt wird.
In der Theorie sind die Strategien und Übungen leicht umzusetzen, aber in der Praxis werde ich dafür ein wenig mehr Zeit benötigen. Dennoch konnte aus dem Ratgeber viel für mich mitnehmen, da er mir bewusst gemacht hat, was HFC bedeutet und dass ich daran etwas ändern muss.

Bewertung vom 08.10.2025
Treppe aus Papier (eBook, ePUB)
Szántó, Henrik

Treppe aus Papier (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein Haus erzählt

„Treppe aus Papier“ ist die autobiografische Erzählung eines Hauses von dem Autor, Moderator und Spoken Word-Künstler Henrik Szántó.

Dieser Roman ist wirklich etwas ganz Besonderes und hat mich nachhaltig beeindruckt. Es gibt viele Möglichkeiten auf die Vergangenheit zurückzublicken. Aber diese ist anders, distanziert und gleichzeitig hatte ich das Gefühl mittendrin zu stecken.

Henrik Szántó schildert die Ereignisse von 1920 bis in die Gegenwart. Dazu verleiht er einem Haus eine Stimme und dieses berichtet, was es im Laufe der Jahrzehnte erlebt hat.
Es erinnert sich an die freudigen und leidvollen Erfahrungen seiner Bewohner und arbeitet dabei gleichzeitig ein Stück deutsche Geschichte auf.

Der Schreibstil des Autors ist sehr eindringlich, poetisch und intensiv. Er eröffnet durch die Sicht des Hauses ganz neue Perspektiven und verdeutlicht durch veraltete Ausdrücke und Redewendungen die vielen Jahre, die es bereits besteht. Durch seine Erlebnisse beschäftigt man sich mit historischen Ereignissen und dabei wird spürbar, wie zermürbend diese für die Menschen und das Haus, in dem sie leben, ist.

Zwischendurch wechselt der Blickwinkel. Heute wohnt Nele mit ihren Eltern in dem Haus. Als sie für die Schule geschichtliche Informationen über den Zweiten Weltkrieg benötigt, blocken ihre Eltern ab. Ihre Nachbarin, die neunzigjährige Irma, erweist sich da als deutlich gesprächiger, so dass zwischen den beiden eine Freundschaft entsteht. Ihre Erinnerungen werden geschickt mit denen des Hauses verwoben und greifen ineinander über.

Dies ist kein Buch für zwischendurch, sondern eines, das fordert und Fragen aufwirft. Genau deswegen ist es auch wichtig. Die Zeit des Nationalsozialismus darf sich nicht wiederholen und deswegen darf sie auch nicht in Vergessenheit geraten. Mit diesem Buch sorgt Henrik Szántó dafür, dass wir uns erinnern.

Bewertung vom 07.10.2025
Untergang der Welten
Sodek, Karl H.

Untergang der Welten


sehr gut

Einblicke in eine unbekannte Welt – ein philosophischer Science-Fiktion

„Untergang der Welten: Ende eines Zeitalters“ ist ein Science-Fiktion-Roman des in Kärnten lebenden Physikers Karl H. Sodek.

Die Handlung findet auf dem Planeten Valderan statt. Dieser ist am anderen Ende des Universums und weist viele Parallelen zu unserer Erde auf. Es gibt Kriege, Krankheiten, Seuchen und Ressourcen, die zur Neige gehen, so dass die Lage bedrohlich wird und ausweglos erscheint. Aber es scheint, als ob die Valderaner einen Ausweg gefunden hätten.

Im Mittelpunkt stehen der Lehrmeister Galduran mit seinen beiden Eleven Kalgira und Brandan. Diese werden ausführlich eingeführt und nehmen sehr unterschiedliche Rollen ein. Anhand von ihnen habe ich schnell eine gute Vorstellung über das Leben auf Valderan bekommen. Die gesamte Welt wird mit ihren gesellschaftlichen Strukturen und Ritualen sehr anschaulich und bildhaft beschrieben. Die Handlung ist abwechslungsreich und spannend. Es gibt Verschwörungen, interessante Entdeckungen, bedrohliche Momente und solche, die nachdenklich stimmen.

Dieser Science-Fiction ist spannend, aber er enthält auch philosophische Elemente. Einige Passagen waren mir ein wenig zu ausführlich. Dennoch hat mir diese ungewöhnliche Kombination sehr gut gefallen und ich habe das Buch gerne gelesen.

Bewertung vom 07.10.2025
Wilder Honig
Lewis, Caryl

Wilder Honig


ausgezeichnet

Über Trauer, Neuanfänge & Bienen – sehr berührend

"Wilder Honig" ist der Debütroman der walisischen Autorin, Dramatikerin und Drehbuchautorin Caryl Lewis.

Die Handlung ist in einem kleinen Ort in Wales angesiedelt. Im Mittelpunkt stehen drei Frauen. Hannah, deren Mann John gerade überraschend verstorben ist, ihre Schwester Sadie und Megan, die uneheliche Tochter von John.
Hannah und Sadie haben sich im Laufe der Jahre auseinandergelebt, da Hannah - im Gegensatz zu ihrer Schwester - ihre Heimat nie verlassen hat. Nun kehrt Sadie zurück, um für Hannah da zu sein.
John, der Schriftsteller und Imker war, hat seiner Frau elf Briefe hinterlassen, die er mit Wissen über Bienen und Liebe vollgepackt hat.
Das Aufeinandertreffen der drei doch sehr unterschiedlichen Frauen ist zunächst nicht einfach, aber sie haben etwas gemeinsam, sie sind verletzt und müssen ihre Vergangenheit bewältigen.

Der Schreibstil von Caryl Lewis ist ruhig und steckt voller Poesie. Der Roman lebt nicht von seiner Handlung, sondern von der Beschreibungen der walisischen Natur mit dem Summen der Bienen und dem atmosphärischen Obstgarten.

Die Atmosphäre ist zunächst sehr bedrückend, da Johns Tod im Vordergrund steht. Allerdings verändert sich dies und es wird spürbar, dass die Verletzungen der Protagonistinnen anfangen zu heilen. Mir hat die Entwicklung der Charaktere gut gefallen.

Johns Briefe sind etwas ganz Besonderes, es sind keine Liebesbriefe im klassischen Sinne, die Hannah erhält. Es sind Schriftstücke mit vielen Metaphern, die vollgepackt sind mit Liebe und Wissen zur Natur, den Bienen und zu seiner Frau.

Es geht um Geheimnisse, Vergangenheit, Bewältigung von Trauer, Heilung, Neuanfänge und vieles mehr.

Mich hat dieser ruhige und poetische Roman sehr nachdenklich gemacht und ich habe die warmherzigen, emotionalen Worte der Autorin regelrecht in mich aufgesaugt.

Bewertung vom 03.10.2025
Der Friesenhof - Schicksalstage / Teehändler-Saga Bd.2
Lüders, Fenja

Der Friesenhof - Schicksalstage / Teehändler-Saga Bd.2


ausgezeichnet

Fesselnd & dramatisch

„Der Friesenhof: Schicksalstage“ ist nach „Der Friesenhof: Auf neuen Wegen“ der zweite Band der Teehändler-Saga der in Oldenburg lebenden Autorin Fenja Lüders.
Das Buch lässt sich unabhängig vom ersten Band lesen, da die wichtigsten Ereignisse der Vergangenheit zu Beginn mit der laufenden Handlung verwoben und wiederholt werden. Allerdings würde ich dennoch empfehlen die Bücher der Reihe nach zu lesen, weil es sich einfach lohnt mehr über die Entwicklung der Charaktere zu erfahren.

Nachdem Onno de Fries vor zwei Jahren gestorben ist, scheint das Leben auf dem Friesenhof so langsam wieder etwas Normalität anzunehmen. Hanna und Tomek sind verheiratet, haben eine Tochter und erwarten ihr zweites Kind. Sie könnten kaum glücklicher sein, wenn da nicht die tratschende Dorfgemeinschaft wäre, die Tomek einfach nicht akzeptieren will, da er aus Polen stammt. Auch mit Gesas Teehandel tun sie sich schwer, obwohl dieser richtig gut läuft und Gesa inzwischen sogar Gewinne erzielt. Sie hat sich inzwischen damit abgefunden, dass ihr Verlobter Gerold im Krieg verschollen ist und fühlt sich zu Keno – dem Sohn des Teekontors Kruse & Sohn für das sie neben ihrem eigenem Teehandel arbeitet – hingezogen. Helga hilft auf dem Reinshof aus, da Elsa Reins erkrankt ist und ihr Mann Egon Hilfe im Haushalt und mit den drei Kindern benötigt.

Fenja Lüders Schreibstil liest sich angenehm leicht und flüssig. Sie hat mich direkt mit nach Ostfriesland und in vergangene Zeiten mitgenommen.
Ich habe mich von Beginn an im Friesenhof richtig wohl gefühlt.
Neben den drei Schwestern sind u.a. wieder ihre Mutter Henrike sowie Tanti mit dabei. Die fünf Frauen haben den Hof gut im Griff und jeder hat seine Aufgabe.

Die Charaktere sind facettenreich, wirken authentisch und lebendig, hier bleibt keiner blass. Besonders die Entwicklung von Helga hat mir gut gefallen und Tanti ist nach wie vor eine tolle Persönlichkeit. Trotz ihres Alters entgeht ihr nichts und sie hat immer die richtigen Worte parat.

Es passiert sehr viel und es wird dramatisch. Ich habe mit den Charakteren gehofft, gelitten und mich gefreut. Die Handlung passt in die Zeit.

Mir hat auch dieser zweite Band wieder richtig gut gefallen. Es ist eine tolle Fortsetzung, der die Atmosphäre Ostfrieslands, den Zeitgeist und den Zusammenhalt innerhalb einer Familie richtig gut wiedergibt. Ich würde total gerne noch mehr über das Leben der drei Schwestern erfahren.

Bewertung vom 01.10.2025
Die Frau der Stunde
Specht, Heike

Die Frau der Stunde


ausgezeichnet

Frauen und Politik in den 1970er Jahren

Mit ihrem Debütroman „Die Frau der Stunde“ hat die Autorin Heike Specht einen interessanten und unterhaltsamen historischen Roman mit fiktiven Ereignissen und Bezügen zur realen Politik geschrieben.

Die Handlung beginnt 1978. Frauen standen damals gesellschaftlich noch mehr im Hintergrund als heute. Aber in diesem Roman stehen sie im Vordergrund bzw. drängen sich in diesen.

Als die Protagonistin Catharina Cornelius 1978 Außenministerin und Vizekanzlerin wird, ist sie die titelgebende Frau der Stunde. Bislang war es undenkbar, dass eine Frau diesen Posten belegt und nun muss sie sich zwischen den alten Herren behaupten.
Nicht nur sie, sondern auch ihre beiden Freundinnen Azadeh und Suzanne wollen die Welt mitgestalten. Die eine ist Journalistin und die andere setzt sich im Iran für den Sturz des Schahs ein. Aber nicht nur diese beiden, sondern auch weitere Frauen in Catharinas Umgebung - wie z.B. ihre Büroleiterin oder ihre Referentin - spielen entscheidende Rollen.

Dieser Einblick in die Bonner Republik und die angestaubten Ansichten der alten Herren in Bezug auf Frauen ist ausgesprochen spannend und zugleich auch ein wenig erschreckend. Es ist unfassbar wie schwer es den Frauen in der Gesellschaft gemacht wurde und immer noch gemacht wird.
Heike Specht hat dies ausgesprochen gut dargestellt. Ihre Dialoge sind treffend und manchmal wusste ich nicht, ob ich entsetzt sein oder schmunzeln sollte.

Die Atmosphäre der 1970er Jahre wird durch reale Ereignisse, die mit der fiktiven Handlung verwoben werden, sehr lebendig.
Die Charaktere wirken authentisch und werden vielschichtig dargestellt. Die Autorin hat starke Protagonistinnen erschaffen, die ausgesprochen gut in die Zeit passen und fortschrittlich agieren. Dabei geht es nicht nur um Politik, sondern auch um den Zusammenhalt der Frauen untereinander.

Es dreht sich aber nicht alles um die deutsche Politik, sondern auch um die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse des Irans. Diese Ereignisse sind ebenso interessant zu lesen.

Ich fand den Roman sehr unterhaltsam und mir hat die Kombination aus historischen Begebenheiten und fiktiven Charakteren gut gefallen. Durch den lebendigen Schreibstil, die gelungenen Dialoge und die humorvollen Anekdoten könnte ich mir gut vorstellen, dass der Roman auch LeserInnen gefällt, deren politisches Interesse nicht so ausgeprägt ist.