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Alexandros
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Erde

Bewertungen

Insgesamt 46 Bewertungen
Bewertung vom 07.07.2025
Himmlischer Frieden
Wen, Lai

Himmlischer Frieden


ausgezeichnet

Ein Buch, das berührt und erschüttert

Manchmal passt es einfach. Schon, als ich das sehr einprägsame Cover gesehen habe, wusste ich, dass ich dieses Buch lesen will. Und das hat sich von der sehr eingängigen ersten Beschreibung von Lais Großmutter bis zum Ende des knapp 600 Seiten starken Romans fortgesetzt.

Was ist dieses Buch? Ein autobiographischer Roman? Eine Coming-of-Age-Erzählung resp. Entwicklungsroman? Ein Roman der Zeitgeschichte? Irgendwie steckt all das in "Himmlischer Frieden", lässt uns also eintauchen in die bewegte Zeit vor dem Epochenjahr 1989 in China, beschreibt aber auch gesellschaftliche und kulturelle Verhältnisse sowie politische Ereignisse aus der Sicht eines Mädchen auf ihrem Weg zur jungen Frau.

Der Titel mag für uns Westeuropäer etwas irreführend sein, denn es geht eben nicht primär um die Ereignisse des Aufstands auf dem Tian’anmen Platz im Sommer 1989. Stattdessen ist "Himmlischer Frieden" vielleicht als eine Art Überwurf zu deuten, der sich wie eine Decke des kommunistischen Regimes über die Bevölkerung gelegt hat. Folge der Partei und allem, was sie dir aufträgt, und du erlebst deinen himmlischen Frieden auf Erden. Tust du es nicht, erget es dir wie deinem Vater, der an seiner Haft- und Umerziehungszeit zerbrochen ist.

Fazit: Ein Buch, das ich verschlungen habe, von der ersten Seite bis zur letzten. In dem mir einiges überraschenderweise bekannt vorkam, anderes erschreckend, dann wieder habe ich Tränen gelacht. Ein Buch, das gleichzeitig berührt und erschüttert. Kann ich jedem nur empfehlen.

Bewertung vom 07.07.2025
Der Duft des Wals
Ruban, Paul

Der Duft des Wals


gut

Das Etch-a-Sketch ist überall dabei

Der mit 220 Seiten überschaubare und daher recht schnell gelesene Roman "Der Duft des Wals" des kanadischen Schriftstellers, Drehbuchautors und Übersetzers Paul Ruban plätschert die meiste Zeit vor sich hin. Die Kapitel sind mit den jeweiligen Protagonisten überschrieben, aus deren Sicht der Fortgang der Geschichte erzählt wird. Vor allem sind das Céleste, Flugbegleiterin eines Ferienflugs in den Süden, eine Familie mit Tochter Ava, deren Eltern kurz vor der Scheidung stehen, sich mit dem Urlaub aber noch eine letzte Chance geben wollen, sowie ein paar Angestellte des Hotels.

Der betreffende Wal des Romantitels und des kongenial gestalteten Covers von Stephanie Roderer strandet bereits kurz nach Eintreffen der Urlauber, verendet dort und explodiert gewissermaßen in der Sonne, als wollte er den Urlaubern ihre hart erarbeiteten Tage im Palmenparadies vermiesen. Jedenfalls liegt über dem Ressort fortan ein ekelhafter Gestank, der sich nur mit Nasenklammern ausblenden lässt.

Weniger ignorieren lassen sich die zwischenmenschlichen Spannungen und inneren Traumata, die mehr oder weniger ausgelebt werden. Unterschwellig steigern sich die Animositäten, bis es zu einer weiteren Explosion kommt, die nicht mehr jeder überlebt. Und schließlich ist auch die dritte Katastrophe nicht weit. Doch so weit kommt der Leser nicht. Der Roman endet mit einem offenen Ende, das jede und jeder für sich selbst weiterspinnen kann.

Fazit: Der Roman ist - wie ich festgestellt habe - eine sehr gute Bahnlektüre. Wie bei einem Etch-a-Sketch ist die Erzählung zackig und geradlinig und wartet mit einem explosionsartigen Finale auf, das gerne etwas früher hätte kommen können.

Bewertung vom 28.04.2025
Lila Eule
Schnibben, Cordt

Lila Eule


sehr gut

Etwas zu viel Rausch

Wenn es lediglich um die Gestaltung und stoffliche Qualität des Romans "Lila Eule" von Cordt Schnibben ginge, hätte das Buch sechs Sterne verdient. Hardcover, gutes Papier und Fadenheftung sprechen für sich. Dazu kommen die fantasievollen und farbenfrohen Bildcollagen als Einstieg zu jedem der 31 Kapitel.

Das Äußere deutet den Inhalt jedoch bereits an: Es geht vor allem um Drogen (Cannabis und Alkohol) und Sex. Dahinter verschwindet die eigentliche Geschichte zuweilen, was sehr schade ist. Denn die ist im Grunde eine halbe Autobiographie des Autors selbst. Nur heißt er im Roman Carl und ein bisschen was ist auch erfunden. Was genau, ist natürlich nicht klar und versinkt einfach im Cannabisnebel der Clubs.

Als Jugendlicher 1972 zieht Carl aus Protest gegen seinen Nazi-Vater nach Ost-Berlin und lernt dort Mara kennen und lieben, kann aber nicht in der DDR bleiben; der Kontakt bricht unvermittelt ab. Siebzehn Jahre später nutzt Carl, mittlerweile Journalist, den Fall der Berliner Mauer, um Mara in Ost-Berlin zu suchen. Aus diesem Gerüst schält sich nun die Geschichte, wobei mir der Aufhänger der Unternehmung etwas unlogisch scheint: Carl spricht bei seiner Erzählung immer wieder eine Frances an, die - soviel wird schnell klar - seine Frau in Bremen ist. Nun will er seine Jugendliebe finden und eine Geschichte daraus machen, die er an Zeitungen oder Zeitschriften verkaufen kann.

Fazit: Wer nicht viel Wert auf tiefgründige Erzählungen legt, wird seinen Spaß haben. Einige Kapitel für sich sind sehr komisch und für mich als gelernten DDR-Bürger mit einigen Erinnerungen verbunden. Dennoch gibt es in dem Roman für mich einfach zu viel Platz für Drogen- und Sex-Exzesse. Deshalb ziehe ich einen Stern ab.

Bewertung vom 26.04.2025
Die Gerüche der Kathedrale
Wauters, Wendy

Die Gerüche der Kathedrale


ausgezeichnet

Lebendige Geschichte durch Gerüche

Der belgischen Kunsthistorikerin Wendy Wauters ist ein lebendig geschriebenes Buch über das Leben in und um die Kathedrale von Antwerpen im Spätmittelalter gelungen, das auch historisch und soziologisch zu überzeugen weiß.

Im Zentrum ihrer kenntnisreichen Analyse steht die Zeit zwischen 1481 und 1566, bewegt sich also auf der Schwelle zwischen Spätmittelalter und früher Neuzeit. Die Allmacht der Katholischen Kirche wurde gerade von Lutheranern, Calvinisten und anderen reformistischen Strömungen aufgebrochen. Der Buchdruck sorgt insbesondere für die Verbreitung der Bibel. Um Gottes Wort in sich aufzunehmen, müsste man nicht mehr unbedingt in die Kirche gehen, man konnte sie auch selbst lesen, wenn man denn des Lesens mächtig war.

Doch noch bestand die Pflicht zum sonntäglichen Kirchgang. Und auch sonst war die Kirche das städtische Zentrum der Menschen. Vor den Toren lungerten Prostituierte, fanden Märkte statt - selbst zur Zeiten der Pestepidemien fanden sich hier dicht gedrängt Menschen, um für Gesundung zu beten.

Zwischen all dem roch man Weihrauch, Urin von Hunden, andere übel riechende Körpersäfte von Kranken und Toten sowie allerlei wohlriechende Düfte als Kontrapunkt gegen die schlechten. All das beschreibt Wendy Wauters äußerst lebendig und lebensnah mit spannenden Anekdoten und Verweisen auf so manch antike Ursprünge gewisser Riten oder Gewohnheiten.

Am Ende des Buches finden sich eine detaillierte Quellendokumentation zu den einzelnen Kapiteln, eine Zeittafel, der Antwerpener Festkalender, eine Bibliographie, Abbildungen und ein kurzes Register.

Fazit: Die Gerüche der Kathedrale von Antwerpen nimmt mit in eine Zeit des Übergangs und weiß dabei, alle Sinne einzubeziehen. Das Buch hat mich sehr begeistert und ich lege es jedem ans Herz, der meint, wissenschaftlich historische Bücher seinen trocken und unverständlich. Dieses Argument weiß Wendy Wauters überzeugend zu widerlegen.

Bewertung vom 26.04.2025
Echokammer / Ein Fall für Benjamin & Tong Bd.1
Johnsrud, Ingar

Echokammer / Ein Fall für Benjamin & Tong Bd.1


gut

Für mich keine Thriller-Sensation

Bereits bei der euphorischen Werbung hatte ich Zweifel: "Der beste norwegische Thriller der letzten zehn Jahre"? Wow, sollte Ingar Johnsrud wirklich noch besser sein als Jo Nesbø? Kaum vorstellbar. Doch der Plot hörte sich gut an: politisch hochaktuell, ein Showdown bis zu den norwegischen Parlamentswahlen und dann noch ein Ermittlerpaar, das sich erst finden muss.

Was da schiefgehen kann? So einiges. Ich hatte jedenfalls bei der Lektüre den Eindruck, dass der Autor hier schlicht zu viel wollte. Spannung aufbauen, schnell wieder abbauen, ständiges Hin- und Herspringen zwischen den beiden Handlungssträngen aus Politik und Polizeiarbeit, wobei auch die Polizeiebene auf mehreren Bühnen spielte.

Folgen konnte ich all dem durchaus, auch der Schreibstil war eingängig, wenn auch nichts besonderes. Leider waren alle Charaktere nicht gut gezeichnet. Nie hatte ich das Gefühl, dass mich auch nur ein einziger besonders berührt oder für sich eingenommen hätte. Selbst beim Tod des Jungen habe ich das relativ emotionslos weggelesen. Tatsächlich hatte ich es bereits geahnt. Es war keine Überraschung mehr, und der Autor ergötzt sich einfach zu sehr an der Beschreibung des tropfenden Bluts, als dass mich das noch hätte berühren können.

Fazit: Das Buch endet mit einem Cliffhanger; es wird einen zweiten und sogar einen dritten Teil geben. Die werde ich allerdings nicht lesen. Ich denke, das sagt alles. Für mich definitiv nicht der beste Thriller der letzten zehn Jahre; nicht einmal der beste Thriller dieses Jahres.

Bewertung vom 23.03.2025
Die Brücke von London
Arth, Julius

Die Brücke von London


sehr gut

Vom Leben einer Brücke

Dass es oft nur einen Blick auf eine alte Abbildung braucht, um zu einem Roman inspiriert zu werden, erzählt Julius Arth im Klappentext zu seinem historischen Roman "Die Brücke von London". Die meiste Zeit lesen wir von der Zeit um 1750, zuweilen gibt es Abstecher ins frühe 13. Jahrhundert, als die London Bridge gerade noch erbaut wird.

Als Protagonistin fungiert in beiden Zeiten jeweils eine Frau. Von Beginn an kann man sich denken, dass beide Leben miteinander verbunden sind. Hinweise streut der Autor sorgfältig. Etwas zu klischeehaft und auch einfallslos finde ich, dass die Schwester der früheren Protagonistin Sibilla genannt ist. Wie kann man mit diesem Namen etwas anderes als eine Seherin und ausgestoßene Kräuterhexe sein?

Ansonsten folgt der Roman sehr lebendig, detailliert und gut geschrieben dem ereignisreichen Leben rund um die London Bridge. Die historische Recherche merkt man. Dennoch werden auch historische Laien Freude an der Lektüre haben, da die Sprache nicht zu antikisierend ist. Keine Weltliteratur, aber zum gemütlichen Weglesen an kalten Abenden gut geeignet.

Bewertung vom 23.03.2025
Berauscht der Sinne beraubt
Kirakosian, Racha

Berauscht der Sinne beraubt


weniger gut

Viel heiße Luft um den Rausch

Die Autorin Racha Kirakosian ist neben ihrer Professur für Mediävistik auch sehr an Frauengeschichte interessiert, was man ihrem Buch zur Geschichte der Ekstase deutlich anmerkt. Da ist an sich nichts Schlimmes dran. Zumal die Ekstase an sich, also wie auch immer geartete Rauschzustände des Neben-sich-Stehens oder des Sich-Selbst-Vergessens oft Frauen zugeschrieben werden. Weshalb überhaupt? Das fragt sich auch die Autorin. Sie erklärt es sich - grob zusammengefasst - damit, dass Frauen eben empfindsamer seien, gewissermaßen einen stärkeren Draht zur Natur hätten und so beispielsweise auf großartige Weise als Orakel von Delphi fungierten. Hier sind wir jedoch schon bei einem Punkt, der mir bei der Lektüre Bauchdrücken verursachte. Die Pythia, die sogenannte Seherin des Orakels, die alle an sie gerichteten Frage stets nur mit Ja oder Nein beantworten konnte, sei laut Autorin eben nicht von Schwefeldämpfen beeinflusst worden, hätte also daher neben sich gestanden, sondern hätte die Inspiration durch eigene geistige Leistung oder besonders intensive Öffnung zum Göttlichen erfahren. Die denkbaren Vorgänge, dargelegt von Männern, werden hier diskreditiert; das eher Magische, Unrealistische bevorzugt, wahrscheinlich, weil die Pythia eben eine Frau war - eine besonders starke, inspirierte Frau, dem Göttlichen so nah, dass sie keine Schwefeldämpfe brauchte.

Und das war nur eine der etwas eigentümlichen Darstellungen zur Ekstase. Angereichert wird die Sprache der Autorin durch Füllwörter und unnötige Tautologien, die das Buch unnötig aufblähen. Hier hätte man sicher gut die Hälfte sparen können. Unnötig finde ich die grau unterlegten Exkurse und Diskurse, die weitestgehend lediglich weiterführende Gedanken der Autorin zum Thema wiedergeben, also Gedanken, die nötig sind, um zum Eigentlichen zu kommen, die man aber später weglässt, da sie nur Ballast auf dem Weg zum Ziel sind.

So umfangreich das Buch auch ist (320 Textseiten in fünf Kapiteln und knapp 80 Seiten Anhang), so hat die Autorin den Wortsinn der Ek-stasis, also das Aus-dem-Stillstand-Heraustreten, nirgends erwähnt. Bei ihr geht es vor allem um den Rausch, die Inspiration, also die wohl weibliche Art der Ekstase. Eine für mich sehr einseitige Betrachtung.

Fazit: Das Buch ist leider nicht rauschhaft geschrieben. Eher stückhaft, mit Einsprengseln, die aus dem Zusammenhang herausreißen. Ist das auch so eine Art Ekstase? Schade, aber ich kann das Buch nicht empfehlen.

Bewertung vom 08.12.2024
Die Lungenschwimmprobe
Renberg, Tore

Die Lungenschwimmprobe


sehr gut

Ein barocker Kriminalfall

Auf den ersten Blick hat mich der Roman von Tore Renberg nicht angesprochen. Die Umschlaggestaltung ist nicht wirklich anziehend. Der Titel "Die Lungenschwimmprobe" war es dann schon eher, was mich neugierig gemacht hat. Wir haben es hier also um einen Kriminalfall aus Leipzig um das Jahr 1680 zu tun. Eine junge Frau soll ihr Neugeborenes getötet haben. Ihr droht die Todesstrafe. Doch sie hat mächtige Fürsprecher, behauptet zudem, dass das Kind bei der Geburt bereits tot gewesen sei. Doch wie kann sie das beweisen?

Durch den Rechtsgelehrten Christian Thomasius kennen wir diesen Fall überhaupt nur. Seine Aufzeichnungen und die damals erstmals angewandte Lungenschwimmprobe bedeuten den Ursprung der modernen Rechtsmedizin. Tore Rensberg hat sich über fünf Jahre lang diesem Thema verschrieben, unermüdlich recherchiert, mit Experten gesprochen und so einen opulenten Historienroman vorgelegt. Zwischen die Erzählung des Falls webt der Autor immer mal wieder eigene Kommentare ein, die verdeutlichen, dass einiges schlicht Spekulation bleiben muss, er als Autor zuweilen an Grenzen gestoßen ist, die er einfach nicht zu durchbrechen vermochte. Das macht den Roman vielschichtig und regt zum Weiterdenken an.

Dennoch hat der Roman auch ein kleines Manko, das ich nicht nachvollziehen kann. Das Buch selbst hat bereits knapp über 700 Seiten. Ein interessanter Anhang mit Personenverzeichnis, ein paar alten Karten und eine Bibliographie von knapp 50 Seiten hätte nun wirklich noch in das Buch selbst eingefügt werden können. Stattdessen gibt es den Anhang lediglich in digitaler Form als PDF zum Download. Schade.

Fazit: Das Cover wird dem Buch nicht gerecht. Hier liegt das Gute tatsächlich dazwischen. Ein gründlich recherchierter, gut geschriebener historischer Roman.

Bewertung vom 08.12.2024
Schach-Euphorie
Doggers, Peter

Schach-Euphorie


sehr gut

Schach ist das Zentrum der Welt

Mit Schach verbinde ich persönlich meine Kindheit und Erinnerungen an meinen Opa, der mir das Schachspiel beibrachte und immer mit mir spielte, wenn ich ihn besuchte. Ansonsten hatte ich niemanden, mit dem ich Schach spielen konnte, was ich sehr bedauere. Heutzutage sind die Möglichkeiten ungleich besser. Online kann man jederzeit gegen jemanden Schach spielen.

Ein Pionier des Online-Schachs ist der Niederländer Peter Doggers, der uns die "Schach-Euphorie" nahebringen möchte. Er selbst liebt Schach von klein auf (und scheinbar beschäftigt er sich auch mit kaum etwas anderem) und etablierte die Schach-Plattform chess.com.

Mit seiner "Schach-Euphorie" hatte er den Anspruch, ein umfassendes Kompendium zum Schachspiel zu schreiben, was ihm jedoch aus meiner Sicht nicht ganz gelungen ist. Er teilt sein Buch in drei Teile: Schach als kulturelles Phänomen, Der Einfluss der KI und Die Onlinerevolution. Vor allem den ersten Teil, in dem es um die Geschichte des Schachspiels geht, hätte er noch etwas tiefgründiger schreiben können.

Immer wieder klingt zwar durch, dass Doggers Schach für das beste hält, das die Menschheit je ersonnen hat und das angeblich den größten Einfluss auf Kultur und Politik hatte. Doch die Beispiele für diese kühne Theorie sind denn doch recht dürftig. Für ein umfassendes Kompendium nehmen die letzten beiden Kapitel, die immerhin lediglich die vergangenen etwa vierzig Jahre des Schachs beschreiben, verhältnismäßig viel Platz ein.

Fazit: Das Buch liest sich gut und ist streckenweise sehr interessant. Allerdings verliert sich der Autor zuweilen in technischen Nebenschauplätzen, die man hätte kürzer fassen können. Insgesamt ein gutes Schach-Sachbuch, aber leider nicht das neue Standardwerk.

Bewertung vom 08.12.2024
Wintersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.2
Engman, Pascal;Selåker, Johannes

Wintersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.2


ausgezeichnet

Nackt an Silvester

Eins sei bei diesem Buch vorneweggeschickt: Es ist sicher kein Fehler, zuvor Band 1: Sommersonnenwende zu lesen, bevor man die Wintersonnenwende beginnt. Denn das Autoren-Duo Pascal Engman und Johannes Selåker steigen in der Wintersonnenwende direkt damit ein, dass sich Protagonist Tomas Wolf, seines Zeichens Kriminalkommissar, mit seiner Waffe in der Silvesternacht das Leben nehmen will. Nur ein Mordfall, dessen Opfer ihm jedoch weitestgehend gleichgültig ist, kann ihn davon abbringen.

So steigt der Kriminalroman durchaus zynisch-ironisch direkt in die Handlung ein. Da ich Band 1 noch nicht kannte, ließ mich das alles mit ein paar Fragen im Kopf zurück. Mit der Zeit wird das Trauma klar, das Tomas Wolf mit sich herumträgt. Kleine Hinweise bzw. Wiederauffrischungen des Gedächtnisses werden eingestreut, so dass sich aus den kleinen Puzzleteilen irgendwann ein erkennbares Bild formt.

Die Journalistin Vera Berg wittert im besagten Mordfall, mehr aber noch im nackten Mädchen, das Zeugen vom Tatort haben fliehen sehen, die große Story. Wie bereits im ersten Band werden sich die Wege von Wolf und Berg kreuzen. Zudem verspricht das offene Ende inklusive Cliffhanger mindestens einen dritten Band.

Fazit: Der Kriminalroman ist spannend und kurzweilig geschrieben und wartet mit der für skandinavische Krimis typischen Blutrünstigkeit auf. Die stimmige Gestaltung des Einbands samt farbigem Buchschnitt macht noch mehr Lust, das Buch immer wieder in die Hand zu nehmen. Für kühle Winternächte empfohlen.