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Constanze

Bewertungen

Insgesamt 5 Bewertungen
Bewertung vom 27.09.2025
Water Moon
Sotto Yambao, Samantha

Water Moon


ausgezeichnet

Im Tokioter Viertel Asakusa verbirgt sich hinter der Tür eines unscheinbaren Ramenrestaurants ein ganz besonderes Geheimnis: das namenlose Pfandhaus der Familie Ishikawa. Doch nicht jeder findet den Weg dorthin. Nur jene, die ihre Lebensentscheidungen zutiefst bereuen, können es sehen. Denn hier werden keine Schmuckstücke oder Wertsachen verpfändet, sondern falsche Entscheidungen, eingetauscht gegen ein Stück Seelenfrieden.
Als der alte Eigentümer Toshio in den Ruhestand geht, soll seine Tochter Hana das Geschäft übernehmen. Doch schon an ihrem ersten Tag als Inhaberin verschwindet ihr Vater spurlos und mit ihm auch eine kostbare Entscheidung, die im Tresor des Pfandhauses sicher verwahrt war. Hana bleibt keine Wahl: Sie muss beides zurückholen. Unerwartete Unterstützung bekommt sie von Keishin, einem jungen Physiker, der eigentlich nur auf eine Schale Ramen gehofft hatte. Mit zu vielen offenen Fragen, will er selbstlos Hana helfen ihren Vater wiederzufinden und damit nehmen die Dinge ihren Lauf. Gemeinsam stürzen sie sich in eine Welt voller Wunder und Unwahrscheinlichkeiten – eine Welt, die Keishin an die Grenzen seines rationalen Verstandes bringt.

Dieses Buch werde ich mit Sicherheit mehrmals lesen, weil ich die Welt, in die man taucht einfach so wunderschön fand. Samantha Sotto Yambao hat ihrer Fantasie und Kreativität wirklich freien Lauf gelassen und das merkt man in jeder Zeile (und allein der Buchumschlag, den man in ein Origami Boot falten kann, what?!). Dieses Buch zu lesen, ist wie durch einen Studio Ghibli Film zu laufen oder einen Traum zu besuchen, magischer Realismus gespickt mit der Mystik japanischer Märchen. Auch die Geschichte um Hana und Keishin und ihre Reise durch Hanas Welt, ich möchte nicht näher ins Detail gehen, denn es ist tatsächlich schöner sich davon überraschen zu lassen, war voller Wendungen und Plot-Twists, die ich nie hätte vorausahnen können. Es hat mich gefühlstechnisch ganz schön durchgerüttelt. Allein der Gedanke, es gäbe davon eine Filmadaption!

Dieses Buch ist mehr als eine Geschichte, es ist ein Erlebnis. Ich kann es jedem ans Herz legen, der in eine traumhaft schöne, magische Welt abtauchen möchte.

Bewertung vom 09.09.2025
Rouge
Awad, Mona

Rouge


ausgezeichnet

Da ich ihr vorheriges Buch Bunny noch vor mir habe und auch noch die Fortsetzung davon die bald erscheinen wird, war Rouge mein erster Eindruck von Mona Awad und ihrer Art eine Geschichte zu erzählen. Und was soll ich sagen, ich bin richtig richtig hyped!

Aber erstmal zum Buch: Es geht um Mirabelle, oder auch Belle, die in Montreal in einer Boutique arbeitet und vernarrt ist in Skincare Routinen, Peelings und Cremes, so wie auch ihre wunderschöne Mutter Noelle schon früh der Schönheitsindustrie verfallen ist. Mit dem plötzlichen Unfalltod ihrer Mutter muss sich Belle endlich ihrer Vergangenheit stellen und fährt zur Beerdigung nach Kalifornien. Dort angekommen erfährt sie mehr und mehr über das Leben ihrer Mutter vor ihrem Tod, über die vielen nicht abbezahlten Kredite, über die obsessiven Schönheitsbehandlungen in einem gewissen Spa namens La Maison de Méduse, das Belle in einer warmen Sommernacht mit eigenen Augen sehen wird. Die Schuhe ihrer Mutter führen sie an diesen geheimnisvollen Ort, eine Villa an einer Klippe, eingerahmt von üppigen Rosenbüschen. Im Inneren der Villa trifft sie auf eine elitäre Partygesellschaft aus wunderschöne Menschen mit einem ganz besonderem Schimmer, daneben ein riesiges Aquarium gefüllt mit rotleuchtenden Quallen. Die bildhübschen Menschen locken sie mit kostenlosen Behandlungen und mit jedem weiteren Spabesuch wird Belle in eine Welt der Schönheit geführt, die gefährlicher nicht sein könnte.

Ich war von Seite 1 an wirklich richtig gecatched, das ganze Buch ist so hypnotisch, irgendwie albtraumhaft surreal ohne viel Aufregung, so subtil unheimlich. Ich dachte während des Lesens immer wieder an David Lynch oder Stanley Kubrick Filme und mein Herz hat tatsächlich geschrien: macht bitte einen Film daraus!

Awad zeigt mit diesem modernen Märchen die obsessiven Schattenseiten der Schönheitsrituale. Wie in Trance schwebt man über die Buchseiten. Und es wird so viel zwischen den Zeilen erzählt, das angespannte Verhältnis zu ihrer Mutter, das man durch Rückblenden nach und nach erfährt, die Spiegel die ihre ganz eigene Wahrheit erzählen und die mystischen oder vielleicht auch mythologischen Parallelen mit dem Erscheinen von „Tom Cruise“. Das Horusarmband als metaphorisches Mittel welches Belle beschützt? Und dann die Qualle, die man schon auf dem Cover erkennt - ist sie vielleicht von der Turritopsis dohrnii inspiriert, die sich selbst verjüngen kann und ihren Lebenszyklus immer wieder von vorne startet?

Ihr merkt es schon, dieses Buch gibt so viel Interpretationsspielraum, also ein wahres Fest für Fans von Nachbesprechungen. Für mich ein absolutes MUSS auch die anderen Bücher von Awad zu lesen.

Bewertung vom 03.08.2025
Das Geschenk des Meeres
Kelly, Julia R.

Das Geschenk des Meeres


ausgezeichnet

Schottland 1900. Nach einem Wintersturm in dem kleinen Küstendorf Skerry wird ein kleiner Junge an den Strand gespült. Nicht nur für Dorothy, sondern auch für die anderen Dorfbewohner ein Schock, denn die Ähnlichkeit mit Dorothys Sohn, der Jahre vorher in einer ähnlichen stürmischen Nacht vom Meer verschluckt wurde, ist unheimlich. Zuerst bleibt der fremde Junge bei der Pfarrersfamilie, doch schon bald nimmt sich Dorothy, auf Drängen des Pfarrers, des Jungen an. Während man eifrig versucht die Familie des Kindes ausfindig zu machen, kämpft Dorothy um eine ganz andere Sache. Trotz der Ähnlichkeit ist ihr klar, dass es nicht ihr Kind sein kann. Aber es kann auch kein Zufall sein, dass das Meer ihr damals den Sohn genommen hat und ihr jetzt einen Sohn nach so langer Zeit zurückbringt. Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen. Erinnerungen kommen zurück, genauso wie Schmerz und Trauer.
Doch was ist damals wirklich passiert? Und welche Rolle spielte Joseph in Dorothys Leben? Den Mann den sie wirklich geliebt hat und doch nie mit ihm zusammen war.

Für mich ein sehr gelungener Debütroman und ein sehr spannendes und emotionales Buch, denn durch das jähe Auftauchen des Kindes bringt es auch Vergangenes an die Oberfläche. Die Geschichte besteht hauptsächlich aus Gedanken und Dialogen. Kelly schreibt intensiv über Einsamkeit, Kummer und Traurigkeit, über Verlust und Leidenschaft und die Enttäuschung, die Ausgrenzung und auch die Anfeindung die Dorothy durch ihre Zuneigung zu Joseph erfährt. Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt. Stück für Stück erfahren wir die Geschichte um Dorothy, ihre Ankunft in Skerry und ihr Leben als junge Lehrerin in dem Dorf und auch die Beziehung zu Joseph. Doch einschneidender ist die Unsicherheit und die Selbstzweifel die Dorothy auffressen und nicht so handeln lassen wie sie gerne würde. Trotz des Settings in der Vergangenheit ist das Buch umso aktueller, denn es hält uns einen Spiegel vor und schreit uns fast schon an mit den Worten: kümmere dich nicht um das, was andere Leute über dich denken.

Bewertung vom 14.04.2023
3000 Yen fürs Glück
Harada, Hika

3000 Yen fürs Glück


gut

Hika Harada lässt uns grübeln.
Dreh- und Angelpunkt ist Familie Mikuriya. In sechs Kapiteln wird jeweils ein Familienmitglied oder nahestehende Freunde genauer betrachtet. Bei jeder vorgestellten Person liegt ein finanzielles Defizit im Fokus. Da gibt es zum einen die jüngste Tochter, Miho, die in einer mittelgroßen IT-Firma in Shinjuku arbeitet. Als plötzlich ihre Vorgesetzte Machie unerwartet gekündigt wird, macht sich auch Miho Gedanken über ihre Zukunft. Ihre ältere Schwester Maho steht bereits mit beiden Beinen in der finanziellen Absicherung. Durch ihre Heirat und Kind, führt sie das Leben, was sich ihre besserverdienenden Freundinnen wünschen. Doch eine Familie leert auch ein Portemonnaie und auch Maho weiß, dass ohne Haushaltsbuch die Finanzen schnell aus dem Ruder laufen. Schließlich weiß sie das von ihrer Oma Kotoko. Die verwitwet Rentnerin musste bereits feststellen, dass die Spareinlagen und Lebensversicherung nicht mehr lange reichen und somit beschließt Kotoko, im rüstigen Alter von 73 Jahren, nochmal arbeiten zu gehen.

Alles dreht sich in den einzelnen Geschichten ums Geld. Dabei spielen auch schwere Schicksalsschläge oder unvorhergesehene Wendungen eine große Rolle. Die einzelnen Geschichten sind greifbar, jede Grundlage dafür verständlich, jedes Ziel naheliegend. Eine präzise gezeichnete japanische Kultur, die einlädt um sie genauer zu betrachten. Allerdings waren die Sparmaßnahmen meiner Ansicht nach oft völlig irrelevant, da keine beschriebene Person wirklich verschwenderische Absicht zeigte. Für mich hatte es den Eindruck, als würde mir unterschwellig eingetrichtert: gib keinen Cent zu viel aus, Glück erreichst du nur mit einer großen Summe Geld. Natürlich zeigt die Autorin hier auch die Abhängigkeit, die Sorgen, die uns um unsere finanzielle Stabilität auferlegt werden. Wie bringt uns so eine kleine Menge Geld Glück? Vielleicht im Moment beim Kauf eines Buches oder bringt uns der Verzicht darauf an ein Ziel, das vielleicht noch unerreichbar scheint. Sicher ist: der Groschen muss fallen!

Bewertung vom 18.10.2022
Miss Kim weiß Bescheid
Cho, Nam-joo

Miss Kim weiß Bescheid


ausgezeichnet

Acht Geschichten über acht koreanische Frauen.
Jede davon berührt auf eine andere Art, doch haben sie alle eine beständige Grundtonalität. Alle Frauen sind in gewisser Weise auf sich allein gestellt, die meisten verwitwet, alleinstehend oder brechen aus bestehenden Beziehungen aus. Manche davon erfuhren sexuelle Übergriffe; manche Ungerechtigkeit am Arbeitsplatz; manche konnten ihren Lebenstraum erst spät erfüllen, nachdem Ehemänner tot und Kinder unabhängig waren; manche bekamen im Alter plötzlich die Kraft ‚Nein‘ zu sagen und andere lernten Liebe manipulativ und toxisch kennen, oder fühlten sich dazu berufen unabhängig zu bleiben. Auch Cho Nam-Joo schließt sich nicht aus und lässt uns teilhaben an ihrer Erfahrung mit cybermobbing als Erfolgsautorin.
Jede hat ihre eigene Geschichte, doch fühlt man, dass viele davon überlappen oder unscharf ineinander verschwimmen. Es sind die Geschichten, die auch mich oder euch im Leben begleiten, vielleicht persönlich, vielleicht nur aus Erzählungen.
Das ganze zart verpackt in wohlgeformte Worte. Bedachte, feine Sätze, die alles sagen was gesagt werden muss. Die eine Unabhängigkeit zeigen, die manche Frau sich erkämpft oder sich neu erlernen musste. Doch alle verbindet diese unausgesprochene Unterstützung. Diese ungesagten Worte die uns wie ein Band umgeben und uns festigen. Jede einzelne trägt ihre Welt mit sich und erzählt ihre Geschichte.
Lesenswert!
Wunderschön übersetzt von Inwon Park.