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VolkerM

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Insgesamt 186 Bewertungen
Bewertung vom 07.10.2025
Künstliche Intelligenz für Alltag und Beruf
Hofbauer, Günter;Zhou, Ruimei

Künstliche Intelligenz für Alltag und Beruf


weniger gut

Bereits nach dem ersten Kapitel keimte in mir der Verdacht, dass ChatGPT maßgeblich an der Entstehung des Buches beteiligt war, da sich bestimmte Merkmale von KI-generierten Texten häuften. Ein Blick in die kurze ‚Gebrauchsanleitung‘ im Anhang hat den Verdacht bestätigt. Hier findet sich folgender "Transparenzhinweis“ (Zitat): „Wir haben bei unseren Recherchen auch die KI genutzt und ChatGPT bzw. DeepL Write zu Hilfe genommen. Die Idee, die Struktur und die Darstellungen der speziellen Inhalte sind unser geistiges Produkt. Wir haben eigenständig gearbeitet, Rechercheergebnisse nach bestem Wissen und Gewissen geprüft und sind für das Ergebnis selbstverständlich vollumfänglich verantwortlich". Die KI-Hilfe merkt man dem Buch leider sehr stark an.

Nach meiner Erfahrung wirken Texte von ChatGPT oft nüchtern und übermäßig sachlich, eher wie überlange Wikipedia-Einträge (aus dem sich ChatGPT ja auch gerne bedient). Es fehlt ihnen an persönlichen Erfahrungen, lebendigen Analogien, stimmigen Metaphern und erzählerischer Wärme, was die Lektüre sehr mühsam machen kann, zumindest ertrage ich diesen Stil nicht über 400 Seiten. Die Autoren haben es auch versäumt, visuelle Elemente wie Bilder, Grafiken oder Tabellen einzubinden, sodass der Leser von einer unendlichen Textflut überwältigt wird. Auffällig ist zudem, dass die Kapitel – teils sogar einzelne Abschnitte in den Kapiteln – völlig isoliert stehen und kaum argumentativ miteinander verzahnt erscheinen. Ein didaktisches Konzept zur Vermittlung der Inhalte ließ sich für mich nicht erkennen.

Ein weiteres Merkmal von KI-generierten Texten ist das Fehlen eines qualifizierten Quellen- oder Literaturverzeichnisses, ein Umstand, der gerade bei akademisch geschulten Autoren ungewöhnlich erscheint. Stattdessen verweisen die Verfasser pauschal auf das Internet: "Sollten sich jemand speziell für ein bestimmtes Thema vertiefend interessieren, so stellt eine Internetrecherche stets die neuesten und aktuellsten Erkenntnisse zur Verfügung". Dieses Zitat aus dem Buch lasse ich hier einmal unkommentiert.

Ich gestehe, dass ich nach 100 Seiten abgebrochen habe. Die Mischung aus stilistischer Monotonie und dem unguten Gefühl, dass ich dem Inhalt nicht wirklich vertrauen kann, hat mich letztlich aufgeben lassen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.10.2025
Souverän investieren vor und im Ruhestand
Kommer, Gerd

Souverän investieren vor und im Ruhestand


ausgezeichnet

Eigentlich ist Geldanlage ganz einfach: Man kauft regelmäßig breit diversifizierte Aktien-ETFs und kombiniert diese konsequent mit risikoarmen Tagesgeldern im Verhältnis des persönlichen Risikoprofils (z. B. 50 % Aktien-ETFs und 50 % Tagesgeld für einen ausgewogenen Ansatz oder 80:20 für einen offensiveren Ansatz). So entsteht im Laufe der Jahre ein ansehnliches Vermögen, das im Ruhestand konsumiert wird. Die Tücke steckt jedoch bekanntlich im Detail. Gerd Kommer beschäftigt sich in seinem Buch mit den Fragen, die sich bei der praktischen Umsetzung dieser Strategie ergeben, und legt dabei seinen Schwerpunkt auf die Phase kurz vor und im Ruhestand.

Zunächst vermittelt Kommer das nötige Basiswissen, um eine individuell passende Anlagestrategie zu entwickeln. Er erklärt, welche Anlageprodukte es gibt, welche davon empfehlenswert sind und von welchen Anleger die Finger lassen sollten. So rät er beispielsweise von Kapitallebensversicherungen (klassisch oder fondsgebunden), privaten Rentenversicherungen, aktiv gemanagten Aktien- und Rentenfonds, Mischfonds, Dachfonds, Branchenfonds, Themenfonds, geschlossenen Fonds, Zertifikaten und Optionen sowie offenen Immobilienfonds ab. Letztere bezeichnet der Autor als „risikounehrliches Anlageprodukt“.

Für Kommer bleiben letztlich nur wenige empfehlenswerte Bausteine übrig: Bankeinlagen, ETFs, die gesetzliche Rentenversicherung, die betriebliche Altersvorsorge, Gold und – neu in dieser überarbeiteten Auflage – Kryptowährungen. Auch selbstgenutzte und vermietete Immobilien sind empfehlenswert, solange man sich kein „Klumpenrisiko“ einkauft, das heißt, solange die Immobilien nicht den überwiegenden Teil des Vermögens ausmachen.
Um möglichst breit diversifiziert zu sein, bieten sich ETFs als erste Wahl an. Für die Ansparphase ist der Weltportfolio-Ansatz des Autors sehr hilfreich. Kommer erklärt nachvollziehbar und überzeugend, dass sich diese einfache Strategie für jeden Anleger eignet. Sie ist flexibel genug, um die persönliche Risikobereitschaft zu berücksichtigen, und gleichzeitig sehr einfach umzusetzen.

Auf die Phase des Vermögensaufbaus folgt die Entsparphase, also die Phase des Vermögensverbrauchs. Kommer gibt wieder viele praktische Hilfestellungen, wie sich Anleger auf die Zeit des Ruhestands vorbereiten sollten. Dabei stellen sich folgende Kernfragen: Wo stehe ich? Was habe ich an Vermögen? Wie viel gebe ich aus (Lebenshaltungskosten)? Wie kann ich meine Immobilie zu Geld machen? Wie viel Vermögen möchte ich mindestens hinterlassen, also vererben? Besonders hilfreich fand ich hier die Sammlung von „Monte-Carlo-Simulationen” (das hat nichts mit dem Casino zu tun ...), um wissenschaftlich fundiert mit Unsicherheiten zu rechnen. Wer weiß schon, wie lange er leben wird und ob er im Alter pflegebedürftig sein wird.

Kommer räumt immer wieder mit Mythen und Missverständnissen auf, beispielsweise mit Kritik an ETFs, dem angeblichen Cost-Average-Effekt oder der Entnahme von Depoterträgen vor Substanzverbrauch. Er zieht Studien als Begründung heran und gibt klare Empfehlungen an den Leser.
Darüber hinaus geht Kommer auch auf weitere Aspekte der Vermögensanlage ein: Soll ich einen Finanzberater oder Vermögensverwalter beauftragen? Wie schütze ich mein Vermögen vor dem Staat? Ist Auswandern die Lösung? Was tun beim Aktien-Crash?.

Mit „Souverän investieren vor und im Ruhestand“ erhalten Leser das nötige Rüstzeug, um ihre Vermögensstrategie umzusetzen. Kommer gibt in genderfreier und gut verständlicher Sprache viele praktische und fundierte Tipps, die vor Fehlentscheidungen bewahren. Die speziellen Aspekte der Vermögensnutzung im Ruhestand werden ausführlich beleuchtet und tragen dazu bei, mehr Sicherheit in die persönliche Zukunftsplanung zu bringen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.10.2025
Die Magie der Glasur
Schwandt, Jörg

Die Magie der Glasur


ausgezeichnet

Bei Royal Kopenhagen denkt man wohl zuerst an Porzellan und übersieht leicht, dass auch in der Steinzeugabteilung unter Nils Thorsson über fast 40 Jahre Herausragendes geleistet wurde. Anders als sein Vorgänger Hans Madslund, der als Chemiker mit reinen Ausgangsmaterialien experimentierte, stützte Thorsson seine Glasurrezepte mehr auf naturnahe Grundmaterialien, wie z. B. rohes Eisenerz. Die Vorbilder waren Typen der ostasiatischen Keramik, z. B. chinesische Seladonglasuren oder die expressiven Temmoku-Glasuren Japans.

Die Beispiele, die Jörg Schwandt in seiner Monografie herangezogen hat, lassen diese ostasiatischen Referenzen schon auf den ersten Blick erkennen und zeigen die absoluten Spitzenprodukte aus der Steingut-Abteilung von Royal Kopenhagen. Es sind Stücke, die man auf Auktionen kaum einmal zu sehen bekommt, nämlich die echten „Glasur“-Objekte, die keine figürliche oder geometrische Dekoration tragen (diese sind relativ häufig). Alleine deswegen ist der exzellent illustrierte Band schon lesenswert. Hinzu kommt, dass sich der Autor auch technischen Fragen stellt, indem er grundlegende Informationen zu Brandtechniken und Glasurrezepturen liefert. Diese sind allerdings nicht bis ins letzte Detail aufgeschlüsselt, sondern vermitteln eher Prinzipien als konkrete Rezepte oder Temperaturkurven. Es geht dem Autor darum, dass der Leser versteht, welche Randbedingungen zu bestimmten Glasurmerkmalen führen, z. B. Auskristallisieren, Phasentrennung oder „Störeffekte“, die einen gewissen Grad an Zufälligkeit in das Ergebnis bringen. Auch Spannungsrisse (Craquelée) lassen sich nur im begrenzten Umfang steuern. Nils Thorsson hat in diesen Bereichen viel geleistet, indem er diese aufwendigen Glasuren vom Experiment in die Serienfertigung brachte. Dennoch sind diese Stücke, wie schon gesagt, selten auf dem Markt.
Im Anhang des Buches findet sich auch noch eine sehr informative Aufstellung von Signaturen, Stempeln und Datierungshilfen. Auch die Bronzemontierungen von Knut Andersen, die bis etwa 1950 von Royal Kopenhagen verwendet wurden, werden thematisiert.

„Die Magie der Glasur“ kann natürlich nur den visuellen Eindruck wiedergeben, die besondere und viel komplexere Haptik als bei Porzellan muss man sich dagegen vorstellen, was aufgrund der ausgezeichneten Aufnahmen und zahlreicher Vergrößerungen tatsächlich ganz gut funktioniert. Diese ungewöhnliche Werkschau erschließt einen eher unbekannten Teil der „Porzellanmanufaktur“ Kopenhagen, der zwar selten in Erscheinung tritt, aber definitiv einen zweiten und dritten Blick wert ist. Man braucht nur Geduld und Hartnäckigkeit bei der Suche.

Bewertung vom 04.10.2025
Reise mit einer Eselin durch die Cevennen
Stevenson, Robert Louis

Reise mit einer Eselin durch die Cevennen


ausgezeichnet

Robert Louis Stevenson war gerade einmal 27 Jahre alt, als er mit einem Esel per pedes durch die Cevennen zog. Das war im Jahr 1878 und seine Tagebuchaufzeichnungen, die er ein Jahr darauf publizierte, gehören zu den absoluten Klassikern der Reiseliteratur. Die Auswirkungen reichen bis in die Gegenwart, denn auch heute noch kann man in den Cevennen aus einem reichhaltigen Angebot von Eselverleihern wählen.

Dabei war das Verhältnis zwischen Robert und Modestine, so der Name des Grautiers, zu Beginn etwas getrübt. Mit der seiner Rasse eigenen Sturheit verweigerte die Eselin zunächst den ordnungsgemäßen Dienst und ließ sich nur mit aus heutiger Sicht etwas zweifelhaften Methoden überzeugen. Der Nadelstock sorgte für Tempo und Stevenson durchquerte eine Landschaft, die mit ihrer Kargheit und Weite seine Seele berührte. Auch die Menschen hinterließen Eindruck bei ihm. Er begegnete eisiger Gefühlskälte ebenso wie mitfühlender Hilfe und überall fand er Spuren des gewaltsamen Religionskrieges, der zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Region heimsuchte. Stevenson, der zwar protestantisch, aber eher wenig religiös war, verwunderte, wie unterschiedlich die Gemeinschaften in den einzelnen Dörfern mit ihrem historischen Erbe umgingen. Von religiöser Engstirnigkeit bis zu äußerst harmonischem Miteinander fand er jede Spielart.

Stevenson hat einen ganz eigenen Tonfall, um das Land und seine Bewohner zu charakterisieren. Er bezieht moralisch Position und sein für einen 27-Jährigen erstaunlicher Bildungshintergrund ordnet das Gesehene mit dem Geschehenen, stets mit einem wohlwollenden Augenzwinkern kommentiert. Seine Bilder und Metaphern, die er für die Natur findet, brillant ins Deutsche übertragen, sind intensiv und von eindringlicher Wirkung, zumal er meist mit Schlafsack in offener Landschaft campierte. Ungewöhnlich für die Zeit, in der diese Art des Reisens den Vagabunden vorbehalten war, was regelmäßig zu Misstrauen der Bevölkerung führte, wenn er beim „wilden Campen“ entdeckt wurde.

Nach 12 Tagen endet die Tour und die Trennung von Modestine, der anfangs Verfluchten, ist herzzerreißend. So kurz diese Reise auch war, der Eindruck hallt auch 150 Jahre später noch nach. Der Fernwanderweg GR 70 zwischen Monastier-sur-Gazeille und Saint-Jean-du-Gard trägt heute den Namen „Robert Louis Stevenson Weg“.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.10.2025
DUMONT Reise-Handbuch Reiseführer Japan
Hauser, Françoise

DUMONT Reise-Handbuch Reiseführer Japan


ausgezeichnet

Japan ist im Moment in, leider muss man fast schon sagen, denn der Übertourismus wütet hier besonders schlimm. Umso wichtiger ist es, gut informiert ins Land zu reisen, damit man ggf. ausweichen kann. Françoise Hauser macht in ihrem Reiseführer als eine der wenigen Reisebuchautoren tatsächlich auf das Problem aufmerksam und weist auf besonders belastete Ziele hin. Sie sucht neben den Höhepunkten, die natürlich nicht fehlen dürfen, auch nach interessanten Alternativen.

Das Buch bietet eine ausgewogene Mischung aus Kultur und Reiseinformation, also Hintergrund und praktische Orientierung. Das Kartenmaterial der Großstädte ist übersichtlich (z. B. farbliche Markierung für unterschiedliche Interessen), allerdings fehlen z. T. Straßen oder sie sind zu klein abgebildet, so dass die Karten bei der Orientierung vor Ort nicht helfen. Man braucht entweder präzises Kartenmaterial (Straßenkreuzungen zählen, viele Straßen sind nicht beschriftet) oder ein Navi (japanische SIM-Karte!). Die Übersichtskarten dienen auch der Strukturierung von Regionalkapiteln, was die Tagesplanung einfacher macht, weil man die Entfernungen zwischen den Sehenswürdigkeiten abschätzen kann. Das gilt aber nur für die Großstädte, kleinere Städte haben kein Kartenmaterial mehr, was die Planung erschwert. Die Auswahl der Orte ist sehr durchdacht und bedient verschiedene Interessen: Kultur, Natur, Aktivitäten und Kulinarik. In allen Bereichen gibt es in Japan viel zu erleben.

Strukturiert ist der Reiseführer nach den Großregionen: Von Hokkaido im Norden bis Kyushu im Süden (Okinawa wird nur kurz gestreift), wobei der Fokus aus naheliegenden Gründen auf Kanto und Kansai liegt, den Gebieten um Tokio und Osaka, wo sich auch viele der Top-Sehenswürdigkeiten befinden. In allen Kapiteln geht die Autorin vom Allgemeinen ins Spezielle: Zuerst eine Übersicht des Gebiets mit überregionalen Empfehlungen, dann die Orte mit lokalen Tipps. Jede Location wird kurz vorgestellt, es folgen Adressen, Öffnungszeiten, Links, Markierungspunkte in den Karten (sofern vorhanden) und Telefonnummern. Die sind übrigens weniger zum Telefonieren gedacht als für die Programmierung des Navi. Das läuft in Japan wegen des erratischen Hausnummernsystems (die werden nach Baujahr vergeben) nämlich über Telefonnummern. In vielen Fällen gibt es auch Angaben zu Eintrittspreisen, die in Japan erstaunlich niedrig und vor allem stabil sind. Ich reise seit fast 20 Jahren immer wieder nach Japan und da hat sich kaum etwas bewegt, trotz Inflation. Unterkünfte und Restaurants sind in drei Preiskategorien eingeteilt.

Mich hat die Auswahl der Ziele insgesamt überzeugt. Sie sind sowohl für Neulinge wie für Fortgeschrittene geeignet. Die Fokussierung auf die Regionen Kanto und Kansai hat den Vorteil, dass das Buch ein taschentaugliches Format behalten hat, den Nachteil, dass die außerhalb liegenden Ziele oft große Distanzen haben und nicht ganz so detailliert beschrieben sind. Sie sind auch oft aufwendig zu erreichen (und damit teuer). Dieses Problem hat Japan aber generell und die Kompromisslösung finde ich insgesamt gelungen. Kein „Geheimtipp“-Führer, aber solide und kenntnisreich gemacht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.10.2025
Genial einfach
Fine Food Days Cologne

Genial einfach


ausgezeichnet

„Spitzengastronomie“ klingt zuerst mal nach viel Schischi, aber ich wurde angenehm überrascht. Kaum etwas in diesem Rezeptbuch ist wirklich kompliziert, die Zutaten sind leicht erhältlich und meist auch bezahlbar. Die Food-Stylisten haben ebenfalls ganze Arbeit geleistet, die Präsentation hat Sterneküche-Niveau. Ich denke, das ist auch eine Form des Respekts vor den Lebensmitteln (oder vor dem „Produkt“, wie der Schischi-Koch sagt) und ein schöner Teller ist immer auch ein Kunstwerk.

Die Kunst ist es tatsächlich, ungewöhnliche Aromen zu kombinieren. Man nennt sowas „Foodpairing“ und es gibt ein ausgezeichnetes Buch von Peter Coucquyt zum Thema, das einem die Augen öffnet. „Genial einfach“ ist quasi die Umsetzung des Prinzips in die Praxis. Steak Tartar mit gebratenem Römersalat oder konfierte Garnele mit Flöns sind solche Beispiele. Aber auch viele Klassiker folgen den Foodpairing-Regeln wie z. B. das Lachsfilet mit Schalotten-Gurkengemüse oder die Topfenknödel mit Zabaione. Aromatische Gemeinsamkeiten und Gegensätze ergänzen sich hier perfekt.

Ein paar Rezepte brauchen schon ein wenig Übung (z. B. die Wantan und ein pochiertes Ei gelingen in der Regel auch nicht beim ersten Mal), die meisten sind aber unkompliziertes Küchenhandwerk. Unüberwindbar ist nichts. Hummerschwanz und Rinderfilet sind heutzutage schon eine echte Investition, aber das ist die Ausnahme und die meisten Zutaten sind absolut erschwinglich.

Interessant sind die „Küchen-Hacks“ von den beteiligten Köchen, mit teilweise echt raffinierten Tipps. Manchmal kann man mit einem kleinen Detail ein Gericht vom Normalen zum Außergewöhnlichen heben. Und gerade diese „Hacks“ kann wirklich jeder in seiner Küche umsetzen.

Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen. Originell, informativ und eben gar kein Schischi.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.09.2025
Krieg der Medien
Andree, Martin

Krieg der Medien


ausgezeichnet

In „Krieg der Medien“ beschreibt Martin Andree, wie große Tech-Konzerne, libertäre Denker und rechtspopulistische Politiker gemeinsam die Kontrolle über die digitale Öffentlichkeit übernehmen. Diese Akteure nutzen das Versprechen unbegrenzter Meinungsfreiheit, um demokratische Regeln zu umgehen und gezielt Desinformation zu verbreiten. Der Libertarismus dient dabei als ideologisches Fundament, das jede Form von Regulierung als Zensur darstellt. Besonders die USA fördern diese Entwicklung durch ein Haftungsprivileg, das Plattformen von Verantwortung für Inhalte befreit, während die EU mit schwacher Regulierung kaum gegensteuert.

Martin Andree ist ein deutscher Medienwissenschaftler und Professor an der Universität zu Köln, spezialisiert auf digitale Medien und deren gesellschaftliche Wirkung. Schon in seinen früheren Publikationen warnte er eindringlich vor der wachsenden Macht der Digitalkonzerne – ein Appell, der, wie er selbst kritisch anmerkt, in Politik und Öffentlichkeit kaum Gehör fand. In seinem aktuellen Werk „Krieg der Medien“ erklärt er den Kampf um die digitale Meinungsfreiheit zwar noch nicht für entschieden, doch seine Zuversicht auf einen demokratischen Befreiungsschlag ist spürbar erschöpft.

Dennoch warnt der Wissenschaftler unverändert, aber in drastischeren Worten vor einer kommenden digitalokratischen Medienordnung, in der Algorithmen entscheiden, was sichtbar ist, und Aufmerksamkeit wichtiger wird als Wahrheit. Das erste Grundproblem sieht er in der ungleichen Haftung: Medienhäuser müssen für Inhalte geradestehen, Plattformen nicht. Das zweite Problem sind die Algorithmen selbst, die extreme und polarisierende Inhalte bevorzugen und so die Gesellschaft spalten.

Andree bleibt nicht bei der Diagnose stehen: Um sich aus dieser digitalen Abhängigkeit zu befreien, schlägt er vor, Plattformen zu regulieren, ihre Algorithmen offenzulegen und digitale Monopole zu zerschlagen. Am Ende entwirft er zwei Szenarien: den Aufstand, bei dem Gesellschaft und Politik die Kontrolle zurückgewinnen, und die Unterwerfung, bei der die Demokratie den Plattformen endgültig ausgeliefert ist.

„Krieg der Medien“ ist damit nicht nur Analyse, sondern ein flammender Appell zur Verteidigung der demokratischen Medienkultur.

Andrees genderfreie Sprache ist auf die Zielgruppe (= jedermann) zugeschnitten, sehr verständlich und kurzweilig. Ich bin zwar von den notwendigen Maßnahmen überzeugt, befürchte aber, dass die Umsetzung wieder einmal an den entscheidungsschwachen Politikern scheitern wird. Die Mühlen der EU mahlen extrem langsam, laufen den Entwicklungen meist Jahre, manchmal Jahrzehnte hinterher und Fehlentwicklungen werden so gut wie nie korrigiert. Nichtsdestoweniger ein absolut lesenswertes Buch, damit später niemand sagt, er habe es nicht gewusst.

Bewertung vom 14.09.2025
KI im Requirements Engineering
Die SOPHISTen

KI im Requirements Engineering


ausgezeichnet

Die Komplexität moderner IT-Systeme nimmt stetig zu, während gleichzeitig die Entwicklungszyklen immer kürzer werden. Diese Beschleunigung geht nicht selten mit einer erhöhten Fehleranfälligkeit einher. Die Ursachen für das Scheitern von Entwicklungsprojekten sind vielfältig – ein zentraler Faktor liegt jedoch in unklaren Zieldefinitionen sowie in fehlenden, fehlerhaften oder sich häufig ändernden Anforderungen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit Künstliche Intelligenz einen Beitrag zur Verbesserung des Anforderungsmanagements leisten kann. Genau hier setzt das Buch „KI im Requirements Engineering“ von Die SOPHISTEN an und bietet einen praxisorientierten Einstieg in den Einsatz von KI-Technologien in diesem Bereich.

Das Buch vermittelt zunächst ein solides theoretisches Fundament zu den vier Hauptelementen: Ermittlung, Dokumentation, Prüfung und Verwaltung von Anforderungen. Darauf aufbauend zeigen die Autoren, wie KI – insbesondere Large Language Models – diese Tätigkeiten unterstützen und teilweise automatisieren kann. Anhand des durchgängigen Beispiels eines Smart-Home-Systems wird die praktische Umsetzung veranschaulicht, wobei konkrete Prompts und KI-generierte Ergebnisse vorgestellt und bewertet werden. Unbedingt selber ausprobieren und nachvollziehen!

Die Autoren beleuchten, wie KI in bestehende Unternehmensprozesse eingebettet werden kann und welche Rolle der Mensch in einer KI-gestützten RE-Umgebung spielt. Besonders hervorgehoben wird die Bedeutung von Prompt Engineering als neue Kompetenz im Berufsbild des Requirement Engineers. Auch Herausforderungen wie Datenschutz und die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern werden thematisiert.
Das Buch ist allerdings aus meiner Sicht sehr optimistisch gegenüber KI-Anwendungen. Eine stärkere kritische Reflexion über ethische Risiken, mögliche Fehlinterpretationen durch KI oder systematische Verzerrungen wäre hilfreich gewesen.

Ein absolutes Highlight sind die digitalen Zusatzmaterialien wie Erklärvideos und animierte Inhalte, die den Lernprozess unterstützen und laut Autoren stets aktualisiert werden, um der Dynamik des KI-Themas gerecht zu werden. Der gesamte Buchinhalt wurde digital aufbereitet und bildet gemeinsam mit den multimedialen Komponenten eine umfassende Wissensplattform, die deutlich über den Funktionsumfang eines herkömmlichen eBooks hinausgeht.

Die KI-Thematik ist sehr komplex. Obwohl das Buch versucht, KI verständlich zu erklären, bleibt das Thema für Einsteiger anspruchsvoll. Wer keine Vorkenntnisse in KI oder Requirements Engineering hat, muss sich auf eine steile Lernkurve einstellen.

Ein kleiner Wermutstropfen ist die gewählte Broschurbindung, die dazu führt, dass das Buch beim Lesen leicht zuklappt. Hier sollte der Verlag dem Buch für die nächste Auflage vielleicht ein Hardcover gönnen.

Insgesamt verdeutlicht das Werk, dass Künstliche Intelligenz im Requirements Engineering nicht als Ersatz menschlicher Expertise, sondern als unterstützendes Werkzeug verstanden werden sollte – dies aber mit ungeahnten Möglichkeiten. Ziel ist es, Prozesse effizienter zu gestalten und die Qualität der Anforderungen nachhaltig zu verbessern. Für den Einsatz im unternehmerischen Kontext empfehlen die Autoren die Initiierung eines eigenständigen Projekts, in dem klare Rahmenbedingungen und Richtlinien für den Umgang mit KI-Systemen definiert werden.

Trotz kleinerer Schwächen verdient das Buch aus meiner Sicht uneingeschränkt fünf Sterne – nicht zuletzt, weil es diese zukunftsweisende Thematik fundiert und praxisnah behandelt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.09.2025
Kosmos Schloss Erbach

Kosmos Schloss Erbach


ausgezeichnet

Schloss Erbach ist heute in erster Linie bekannt als Sitz des Deutschen Elfenbeinmuseums, war die Stadt Erbach doch bis ins 20. Jahrhundert hinein ein weltweit führendes Zentrum der Elfenbeinschnitzerei. Die unternehmerischen Grundlagen dieses erfolgreichen „Industriezweiges“ schuf Graf Franz I. zu Erbach-Erbach, ein im besten Sinne aufgeklärter Herrscher des 18. Jahrhunderts, der selber das fürstliche Hobby der Elfenbeindrechselei betrieb. Franz sammelte auch mit Leidenschaft - nicht etwa Elfenbein, sondern Antiken, asiatisches Porzellan, Rüstungen, Waffen, ethnologische und zoologische Exponate, worunter die (nicht jagdliche!) Geweihsammlung wohl das Kurioseste ist. Mit für seine Zeit großer Sachkunde trug er zu einigen Themen enzyklopädische Kollektionen zusammen, die er in opulent ausgestatteten Katalogen dokumentierte und bearbeitete. Seit 2005 ist Schloss Erbach inklusive der erhaltenen gräflichen Sammlung in staatlichem Besitz und gehört zu den bedeutenden nationalen Kulturgütern Hessens.

„Kosmos Schloss Erbach“ ist die erste große Monografie über die Bau- und Sammlungsgeschichte dieses Kulturdenkmals, Resultat eines wissenschaftlichen Symposiums aus 2023. Die Autoren behandeln neben der erstmals systematisch bearbeiteten Baugeschichte der Burg, die bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht, auch die Geschichte des Adelsgeschlechts derer von Erbach, die ihre Abstammung (unbelegt) auf Karl den Großen gründen. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Ausnahmeerscheinung Franz I. und seiner Sammlungstätigkeit. Er dokumentierte seine Sammlung so mustergültig, dass selbst heute verlorene Objekte in einen größeren Kontext gesetzt werden können, wie einer der Beiträge im Buch zeigt. Sie war eine aufgeklärte Wunderkammer, die Franz selber qualifiziert kuratierte und dies nicht durch Angestellte erledigen ließ, wie die meisten Fürsten der Zeit. Texte, Zeichnungen, Aquarelle, später auch Fotos zeigen Ausstellungskonzepte und Nutzung, sowie die zeitgenössische Bewertung der mehr oder weniger kostbaren Stücke. Ein fast schon moderner wissenschaftlicher Zugang richtete sich nicht mehr nach dem reinen Schauwert, sondern bezog den Erkenntnisgewinn in die Auswahl mit ein: So sammelte Franz die ersten römischen Limes-Funde im Odenwald. Die renaissancezeitliche Rüstungssammlung im „Rittersaal“ war auch schon früh ein touristischer Anziehungspunkt und ist es bis heute. Die relative Vollständigkeit des ganzen Konvoluts macht es für die Forschung heute so interessant.

Die Beiträge sind anschaulich geschrieben, auch für Laien gut verständlich und hervorragend illustriert. Die geplante Sanierung des Schlosses wird sicher noch einige Überraschungen zu Tage fördern. Der jetzt vorliegende Band sammelt das derzeit vorhandene Wissen, bereitet es strukturiert und qualifiziert auf und vermittelt ein lebendiges Bild von Graf Franz und seiner Zeit, und seiner geistigen Offenheit für die „Wunder der Welt“, die er in seinem Schloss abzubilden suchte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.09.2025
Sam Altman
Hagey, Keach

Sam Altman


sehr gut

Sam Altman ist die zentrale Figur hinter OpenAI. Doch wer steckt wirklich hinter dem erfolgreichen Unternehmer und Investor? Die Journalistin Keach Hagey wollte genau das herausfinden und hat dafür zahlreiche Gespräche geführt – nicht nur mit Altman selbst, sondern auch mit seiner Familie, engen Freunden, Wegbegleitern und Geschäftspartnern. Aus diesen intensiven Recherchen entstand die aufschlussreiche und lesenswerte Biografie mit dem Titel „Sam Altman: OpenAI, Künstliche Intelligenz und der Wettlauf um unsere Zukunft“.

Keach Hagey bietet in ihrem Buch einen Einblick in das Leben und Wirken des Tech-Visionärs Sam Altman. Sie schildert seinen Weg vom talentierten Jugendlichen in St. Louis über seine Zeit als Präsident des Gründerzentrums Y Combinator bis hin zur Gründung und Leitung von OpenAI. Altman wird als strategischer Denker dargestellt, der nicht nur technologische Innovationen vorantreibt, sondern auch politische und gesellschaftliche Debatten beeinflusst. Selbst eigene politische Ambitionen als Gouverneur von Kalifornien oder US-Präsident werden ihm nachgesagt. Besonders im Fokus steht die Veröffentlichung von ChatGPT, die OpenAI schlagartig ins Zentrum der globalen KI-Diskussion rückte. Hagey beleuchtet die komplexe Struktur von OpenAI, die zwischen gemeinnütziger Mission und kommerziellem Erfolg balanciert. Die dramatische Episode rund um Altmans kurzzeitige Absetzung als CEO im Jahr 2024 zeigt die internen Spannungen und Machtkämpfe innerhalb des Unternehmens, die für den außenstehenden Leser aufgrund der Komplexität und der vielen involvierten Personen nicht immer ganz einfach nachzuvollziehen sind. Das Buch basiert auf über 250 Interviews und zeichnet das Bild eines Mannes, der zwischen Idealismus und Pragmatismus agiert. Die Autorin beleuchtet auch kritische Themen wie zum Beispiel zur Verantwortung von KI-Entwicklern und zur Kontrolle über mächtige Technologien. Gleichzeitig zeigt sie, wie Altman versucht, ethische Leitplanken für die Zukunft der KI zu etablieren. Trotzdem hätte ich mir bei vielen Themen gewünscht, dass Sam Altman selbst zu Wort kommt – statt nur die Sichtweise und Interpretation der Autorin zu lesen.

Die deutsche Übersetzung des Buches „Sam Altman“ nimmt sich sprachliche Freiheiten heraus, die im Original nicht vorgesehen sind. Durch die Verwendung von gendergerechter Sprache – etwa partizipialen Formen wie „Forschende“ oder binären Paarungen wie „Gründerinnen und Gründer“ – wird dem Text eine ideologische Färbung verliehen, die mit dem sachlichen, nüchternen Stil der englischen Ausgabe nicht vereinbar ist.
Diese Eingriffe sind nicht nur stilistisch fragwürdig, sondern auch inhaltlich problematisch. Sie verändern den Ton des Buches und suggerieren eine Haltung, die die Autorin selbst nicht formuliert hat. Gerade bei einem Sachbuch, das eine reale Person porträtiert und komplexe technologische Entwicklungen beschreibt, sollte die Übersetzung dem Original so nahe wie möglich bleiben – und nicht als Bühne für sprachpolitische Experimente dienen.
Wer eine werkgetreue Übersetzung erwartet, wird hier enttäuscht.

Das Buch gibt spannende Einblicke in Altmans Leben und zeigt, wie er zu einem der einflussreichsten Köpfe der Tech-Welt wurde. Es ist eine Mischung aus Biografie, Wirtschaftskrimi und gesellschaftspolitischer Analyse und regt dazu an, über die Chancen und Risiken der KI-Revolution nachzudenken.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.