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Ulgu1978

Bewertungen

Insgesamt 33 Bewertungen
Bewertung vom 13.09.2025
Das Flüstern der Marsch
Keweritsch, Katja

Das Flüstern der Marsch


ausgezeichnet

60er-Jahre-Trauma

Ein schönes Cover, das die Schönheit der Marsch erahnen lässt. Schon bald stellt sich in dem Buch heraus, dass es hinter der friedlichen Fassade einige Geheimnisse gibt, die selbst vor den Kindern und Enkeln in den Familien verborgen bleiben sollen.
Annemie Hansen, Monas Oma, ist eines Tages unauffindbar und taucht auch nach längerer Suche nicht auf. Durch ihr Verschwinden werden einige Ungereimtheiten entdeckt, die die Kinder und Enkel zu Nachforschungen veranlassen. Werden sie alles herausfinden, was so verzweifelt unter der Decke gehalten werden soll?
Erzählt wird aus verschiedenen Sichtweisen, wobei Enkelin Mona die einzige Ich-Erzählerin ist. Oma Annemies Geschichte wird in Rückblicken erzählt. Der Leser erhält damit Einblicke in Annemies Vergangenheit, die vor ihren Nachkommen verborgen bleiben sollen.
Welche Verbindung Freya zur Familie Hansen hat, bleibt auch für den Leser lange ungeklärt.
Der Umgang mit demThema nichtehelicher Kinder wird in diesem Buch über drei Generationen hinweg beleuchtet. Und man kommt mal wieder zu der Erkenntnis, dass früher nicht alles besser war.
Katja Keweritsch hat es mit ihrem flüssigen Erzählstil geschafft, dass ich mich - mit Ausnahme von Opa Karl - in das Handeln aller Figuren hineinversetzen konnte.
Für mich ist dieses Buch ein Highlight in diesem Lesejahr und ich kann es uneingeschränkt empfehlen.

Bewertung vom 08.09.2025
Mein Name ist Emilia del Valle
Allende, Isabel

Mein Name ist Emilia del Valle


sehr gut

Aufgeben ist keine Option
Emilia, uneheliche Tochter eines chilenischen Aristokraten wächst behütet in San Francisco bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater auf. Schon früh beginnt sie erfolgreich damit, Groschenromane unter einem männlichen Pseudonym zu schreiben. Ihre Mutter liefert ihr die Ideen zu den Geschichten. Emilias Ziel ist es aber Journalistin zu werden
Als beim Examiner eine Stelle frei wird, ergreift sie diese Chance, darf aber vorerst ihre Artikel nur unter ihrem Pseudonym veröffentlichen. Als in Chile der Bürgerkrieg ausbricht, überredet sie den Chefredakteur, sie gemeinsam mit ihrem Kollegen Eric als Berichterstatterin dort hinzuschicken; einerseits wegen ihrer Abenteuerlust, andererseits in der Hoffnung, dort ihren leiblichen Vater treffen zu können. Um authentische Artikel über die dortigen Vorgänge schreiben zu können, schließt sie sich den Cantineras an und erlebt den Krieg hautnah und muss um ihr Leben fürchten.
Isabel Allende lässt den Leser mit Emilia als starke Persönlichkeit in jeder Situation mitfühlen und beschreibt den Bürgerkrieg in Chile in all seinen blutigen Einzelheiten.
Mich hat besonders Isabel Allendes Schreibstil gut gefallen und ich kann das Buch nur empfehlen.

Bewertung vom 04.09.2025
Die Probe
Kitamura, Katie

Die Probe


schlecht

Mutter und Sohn?

Das Cover ist ein Hingucker, schon allein durch das intensive Rot. Und auch das Thema an sich klingt interessant. Ein junger Mann wendet sich an eine nicht mehr ganz junge Schauspielerin und behauptet, ihr Sohn zu sein. Während sie sich mit ihm (Xavier) in einem Restaurant trifft, taucht hier auch ihr Ehemann (Thomas) auf und verlässt kurz darauf das Lokal, ohne sich an die beiden zu wenden. Hat er sie gesehen und was denkt er sich dabei? Oder hat er kurzfristig seine Pläne geändert und hat deshalb den Schauplatz wieder verlassen?
So weit, so gut - bis dahin konnte ich der Geschichte noch folgen. Aber je länger ich las, um so ratloser wurde ich. War alles nur ein merkwürdiges Spiel oder habe ich zwischendurch etwas nicht verstanden? Ich konnte mich weder mit dem Verlauf der Geschichte noch mit den Protagonisten anfreunden. Auch wurde für meine Begriffe zu wenig Spannung aufgebaut. Sorry, aber leider nicht mein Geschmack.

Bewertung vom 03.09.2025
Die Hummerfrauen
Gerstberger, Beatrix

Die Hummerfrauen


gut

Drei Frauen -Schicksale

Das Cover verrät, dass es auch um Hummer geht. Aber in erster Linie geht es um Frauenfreundschaften. Ann, Julie und Mina haben sich auf den Hummerfang spezialisiert, der eine anstrengende Tätigkeit ist und ursprünglich den Männern vorbehalten war. Doch die drei Frauen beweisen, dass sie nicht nur körperlich stark sind und in ihrem Beruf genauso wie in ihrem Privatleben ihren "Mann" stehen können.
Der Einstieg in das Buch gestaltet sich etwas schwierig, insbesondere durch die vielen verschiedenen Personen, die der Leser zunächst nicht einordnen kann. Auch den Prolog habe ich erst verstanden, nachdem ich fast das gesamte Buch gelesen hatte. Es braucht also so seine Zeit bis man einen roten Faden erkennt. In den Rückblicken erfährt man vieles über das frühere Leben der Figuren und kann deren Verhalten besser einschätzen. Zusätzlich erhält man viele Informationen über Hummer und ihre Lebensweise. Besonders erstaunt und verwundert hat mich, dass hier ein Hummer als "Haustier" gehalten wird.
Ein Buch, das bei mir persönlich nicht besonders nachhallt, aber eine passable Urlaubslektüre darstellt.

Bewertung vom 30.08.2025
Der Sommer am Ende der Welt
Völler, Eva

Der Sommer am Ende der Welt


gut

Villa Aurelia

Titel und Cover suggerieren einen Urlaubsroman, der es allerdings nur teilweise ist.
Hanna ist Journalistin und reist mit ihrer Tochter Katie auf die Insel Borkum, um einen Artikel über Verschickungskinder zu schreiben. Hanna wurde durch die Erlebnisse ihrer Mutter als damaliges Verschickungskind auf das Schicksal dieser Kinder vorwiegend in den 60er Jahren aufmerksam. Sie quartieren sich in dem Hotel ein, in dem sich damals die "Kurklinik" befand. Die Hotelbetreiber erfahren bald von Hannas Vorhaben, einen Artikel über die unrühmliche Vergangenheit des Hotels zu veröffentlichen und sind darüber alles andere als glücklich. Und auch die Familie des Inselarztes, in den Hanna sich verliebt, scheint untrennbar mit der damaligen Kinderkurklinik verbunden zu sein.
Gegenwart und Vergangenheit wechseln sich in diesem Roman ab, wobei für mich die Vergangenheit sehr in den Hintergrund gerückt wird. Durch die aktuellen Ereignisse auf der Insel wird meines Erachtens dem Schicksal der Verschickungskinder zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, geraten teilweise zur Nebensache. Das ist schade, denn die Traumata dieser Kinder klingen ihr ganzes Leben nach und haben mehr Beachtung verdient.
Insgesamt ein Buch, das versucht, eine Liebesgeschichte mit einer dunklen Vergangenheit zu verknüpfen.

Bewertung vom 28.08.2025
Strandgut
Myers, Benjamin

Strandgut


ausgezeichnet

Buckys Comeback

Bucky Bronco, ein 70jähriger, gealterter Soulsänger erhält eine zweite Chance. Das Leben hat es bisher nicht besonders gut mit ihm gemeint. Aber durch seine Frau Maybell hat er alles ertragen können. Seit fast einem Jahr ist seine Frau verstorben und Bucky hat mit ihr jeglichen Halt verloren. Die Einladung ins englische Scarborough, die er aber nur aus Neugier auf England annimmt, gibt ihm einen kleinen Lichtblick.
Dort angekommen, kümmert sich Dinah um ihn und versucht, ihm einen angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen. Sie lebt mit Mann und Sohn in einer Art Zweckgemeinschaft , aus der sie sich nur schwer lösen kann.
Bucky stellt erstaunt fest, dass es in England eine große Fangemeinde seiner Musik gibt, obwohl er nur wenige Songs gesungen hat und seit vielen Jahren nicht aufgetreten ist. Bucky und Dinah geben während dieses Wochenendes einander Halt.
Ein warmherziges Buch über das Leben und welche Möglichkeiten es bietet, wenn man es zulässt.

Bewertung vom 26.08.2025
Durch das Raue zu den Sternen
Kloeble, Christopher

Durch das Raue zu den Sternen


ausgezeichnet

Neo-Bechstein und Frau Beethoven
Arcadia Fink, ein hochbegabtes Mädchen hat die Liebe zur Musik von ihrer Mutter geerbt. Ihre Mutter, die "kurz weggegangen ist", ist in all ihrem Denken und Handeln präsent. Ihr größter Wunsch ist es, in einem Knabenchor zu singen. Sie versucht mit großer Hartnäckigkeit dieses Ziel zu erreichen. Aufgrund ihrer Unangepasstheit hat sie zu anderen Kinder wenig Kontakt. Ihr Vater versucht das Fehlen der Mutter auszugleichen und steht doch hilflos der ganzen Situation gegenüber. Arcadias einzige Freundin ist Bernhardina, die Freundin ihrer Mutter. Sie lebt in einem Pflegeheim und erwartet ein tägliches Telefonat von Arcadia.
Ein ziemlich trauriges Buch über ein kleines, einsames Mädchen, das seine Ziele mit teils unkonventionellen Mitteln zu erreichen versucht und sich auch von Rückschlägen nicht entmutigen lässt.

Bewertung vom 20.08.2025
Lilianas unvergänglicher Sommer
Rivera Garza, Cristina

Lilianas unvergänglicher Sommer


sehr gut

Spurensuche

Liliana wurde vor 30 Jahren Opfer eines Femizids. Angel bemüht sich mehrere Monate, um die Aufmerksamkeit und Liebe Lilianas zu erlangen. Als sie ihn endlich erhört, findet sie sich in einer toxischen Beziehung wieder, in der sie lange aushält. Als sie es endlich schafft, sich von ihm zu trennen, versucht er immer wieder Kontakt zu ihr aufzunehmen
Doch sie bleibt standhaft und begibt sich damit unwissentlich in Lebensgefahr. Eines Tages dringt Angel in ihre Wohnung ein und ermordet sie. Auch 30 Jahre nach dieser Tat wurde er nicht gefasst.
Cristina Rivera Garza ist Lilianas ältere Schwester und begibt sich nach dieser langen Zeit auf die Suche nach den Ermittlungsakten. In diesem Buch beschreibt Cristina Rivera Garza wie schwierig es ist, an die Akten zu gelangen. Sie erzählt von der gemeinsamen Kindheit mit ihrer Schwester. Sie lässt auch die Freundinnen und Freunde sowie ihre Eltern zu Wort kommen. Auch die in Lilianas Nachlass gefundenen Notizen und Briefe runden das Bild einer lebenslustigen jungen Frau ab, die viel zu früh einen gewaltsamen Tod sterben musste.
Cristina Rivera Garza setzt mit diesem Buch ihrer Schwester ein Denkmal und prangert gleichzeitig Femizide an.
Der gelungene Versuch , ein schwer verdauliches Thema umzusetzen.

Bewertung vom 16.08.2025
Wir sehen uns wieder am Meer
Teige, Trude

Wir sehen uns wieder am Meer


sehr gut

Norwegen in Kriegszeiten
Das Cover verspricht eine Leichtigkeit, die leider nicht vorhanden ist. Der Roman erzählt von der schwierigen Zeit als Norwegen von den Deutschen besetzt war und viele russische Kriegsgefangene in Lagern leben und Zwangsarbeit durchführen mussten. Widerstand gegen die deutschen Besatzer war gefährlich und doch gab es eine Gruppe mutiger Norweger/innen, die im Untergrund agierten. Eines Tages stößt die Krankenschwester Birgit zu ihnen und hilft verwundete russische Kriegsgefangene zu pflegen. Dabei verliebt sie sich in Alexander und verhilft ihm zur Flucht. Gleichzeitig lernt sie die schwangere ukrainische Zwangsarbeiterin Nadia kennen und hilft ihr, dem Lager und der Arbeit in der Fischfabrik zu entkommen.
Birgits zusätzliche Agententätigkeit und das verbotene Verhältnis zu Alexander bringen sie in große Schwierigkeiten, denen sie sich standhaft versucht zu widersetzen.
Die Figur Birgit ist aus den zusammengefassten Schicksalen zweier tatsächlich damaliger norwegischer Agentinnen entstanden. Trotzdem hat mich teilweise das naive Agieren Birgits verwundert und ich hatte Schwierigkeiten diese nachzuvollziehen. Aber vielleicht passt hier auch der Spruch, dass "Liebe blind macht".
Wer sich für die Situation der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter interessiert, ist bei diesem Buch gut aufgehoben.

Bewertung vom 15.08.2025
Anna oder: Was von einem Leben bleibt
Sußebach, Henning

Anna oder: Was von einem Leben bleibt


ausgezeichnet

Zeitreise mit Familienanschluss

Henning Sußebach versucht mit diesem Buch seiner Urgroßmutter - die er nie kennengelernt hat - ein schriftliches Denkmal zu setzen.
Anna wird 1867 in eine aus heutiger Sicht frauenfeindliche Welt hineingeboren. Schon früh entflieht sie den schwierigen Familienverhältnissen, um Lehrerin zu werden. Ein Beruf, der damals nur unverheirateten Frauen zugestanden wurde. Mit einer späteren Hochzeit verloren die Frauen automatisch ihren Arbeitsplatz und auch sämtliche Rentenansprüche. Respekt konnten sich die Frauen nur durch eine "harte Hand" (Schläge gegen die Schüler/innen) verschaffen. Aber Anna beißt sich durch und darf nach 12jähriger heimlicher Liebe ihren Clemens heiraten mit den zuvor genannten Einschränkungen. Nach seinem Tod darf Anna aufgrund seiner testamentarischen Verfügung sämtliche Geschäfte seiner Familie übernehmen. Dieser Umstand und auch, dass Anna nach Clemens' Tod einen Sohn zur Welt bringt, wird von der Familie ihres verstorbenen Mannes nicht gern gesehen. Aber Anna ist hart im Nehmen und trotzt allen Feindseligkeiten.
Henning Sußebach schafft es mit den ihm von seiner Urgroßmutter gebliebenen Fotos, Postkarten und Gegenständen Annas Lebenslauf in groben Zügen nachzuvollziehen. Dabei hilft ihm vor allem seine Vorstellungskraft. Die eingestreuten, seinerzeit aktuellen wirtschaftlichen und politischen Ereignisse helfen dem Leser sich in die damalige Zeit hineinzuversetzen.
Der durchaus lesenswerte Bericht über eine starke Frau, die es verstanden hat, sich über die damaligen Konventionen hinwegzusetzen.
Von mir eine klare Lesepfehlung.