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Benutzername: 
C. Loeb
Wohnort: 
München

Bewertungen

Insgesamt 4 Bewertungen
Bewertung vom 23.10.2025
Das goldene Zeichen: Historischer Krimi (eBook, ePUB)
Gralle, Albrecht

Das goldene Zeichen: Historischer Krimi (eBook, ePUB)


sehr gut

Dieses Buch habe ich eher zufällig entdeckt, und ehrlich gesagt wundere ich mich, dass es so unbekannt geblieben ist. Für mich ist es ein echter Geheimtipp für alle, die historische Krimis lieben, besonders, wenn sie ein Faible für Köln und seine bewegte Geschichte haben.

Die Geschichte spielt im Jahr 1106, als Köln prachtvoll und fromm, aber auch gefährlich, von Intrigen durchzogen war. Mehrere rätselhafte Morde erschüttern die Stadt, und jedes Mal findet man ein goldenes Zeichen am Tatort. Der englische Mönch Egwin beginnt zu ermitteln, während die junge Fiona, deren Leben eng mit der Kirche verbunden ist, immer tiefer in das Netz aus Schuld, Macht und Geheimnissen hineingezogen wird.

Was mich beeindruckt hat, war die Atmosphäre. Aber Gralle verliert sich nie in bloßen Beschreibungen. Stattdessen schafft er Figuren, die glaubwürdig, fehlerhaft und menschlich sind. Der Kriminalfall selbst ist spannend, aber auf eine stille, überlegte Weise. Kein Blutrausch, sondern ein Rätsel das sich Schicht für Schicht entfaltet.

"Das goldene Zeichen" ist für mich ein verborgener Schatz unter den historischen Krimis: klug, atmosphärisch, gut recherchiert. Wer Köln liebt, wer sich für die geistige und menschliche Welt des Mittelalters interessiert, und Spannung lieber durch Nachdenken als Action erlebt, sollte das Buch für sich entdecken.

Bewertung vom 18.10.2025
Trügerische Feste: Historischer Krimi (eBook, ePUB)
Eik, Jan

Trügerische Feste: Historischer Krimi (eBook, ePUB)


gut

Schon nach den ersten Seiten war ich mitten im Berlin des Jahres 1701, wo sich Friedrich I. gerade zum König in Preußen krönen lässt. Zwischen Festvorbereitungen, höfischem Glanz und politischer Intrige geschieht ein Mord, und plötzlich hat das prächtige Berlin auch seine dunklen Schatten...

Ich mochte besonders die Figur des Ermittlers Fahrenholtz. Er ist kein Held, der mit dem Säbel durch die Straßen rennt, sondern ein ruhiger, kluger Beobachter, der mit Logik, Menschenkenntnis und trockenem Witz arbeitet. Diese unaufgeregte Art passte für mich perfekt in die Zeit und machte den Roman glaubwürdig. Die Epoche wird sehr gut beschrieben und das Buch versprüht viel Atmosphäre.

Der Kriminalfall selbst ist mir persönlich etwas zu ruhig erzählt, kein rasantes Spektakel, sondern eine Geschichte, die sich langsam entfaltet und dabei viel über Macht, Moral und Gesellschaft erzählt. Ich musste mich manchmal etwas gedulden. Es ist ein Buch zum Eintauchen, nicht zum Durchjagen. Aber unterm Strich doch ein sorgfältig komponierter historischer Krimi mit Stil und gewisser Tiefe.

Bewertung vom 06.10.2025
Tyll
Kehlmann, Daniel

Tyll


gut

Ich liebe Daniel Kehlmann. "Die Vermessung der Welt" zählt zu meinen Lieblingsbüchern, weil es Wissen, Witz und Menschlichkeit so klug verbindet. Deshalb war meine Vorfreude auf "Tyll" riesig. Und ja, der Roman hat mich beeindruckt – aber nicht so, wie ich das erwartet hatte.

Kehlmann verlegt die Figur des Narren Ulenspiegel mitten in den Dreißigjährigen Krieg und zeigt eine Welt voller Elend, Aberglauben und Willkür. Die Sprache ist präzise, oft von einer leisen Ironie getragen, und manche Szenen sind schlicht brillant.

Und doch: Ich bin da nicht ganz hineingekommen. Die episodische Struktur – mal hier, mal dort, mal Jahre dazwischen – liess mich oft wieder neu ansetzen. Ich vermisste einen emotionalen Faden, eine Figur, an der ich wirklich hängenbleiben konnte. Tyll selbst bleibt ein Rätsel, der ist mehr Symbol als Mensch. Das ist sicherlich gewollt, aber mir hat manchmal das Herz im Text gefehlt.

Trotzdem ist Tyll ein starkes Buch. Nur ist es diesmal ein Roman, den ich mehr bewundere als liebe. Handwerklich graßartig, sprachlich virtuos, aber innerlich blieb ich ein Stück weit draußen vor der Bühne, während der Narr sein schönes Spiel trieb.

Bewertung vom 29.09.2025
Wölfe / Tudor-Trilogie Bd.1
Mantel, Hilary

Wölfe / Tudor-Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Hier habe ich das Gefühl gehabt, direkt in die Zeit Heinrichs VIII. hineinzufallen. Statt trockener Historie liefert Mantel ein scharfes, gegenwärtiges Porträt des englischen Hofes zu Beginn der Reformation. Schon die ersten Seiten klingen wie ein leises, gefährliches Flüstern: Hinter jeder Tür lauern Machtspiele, Intrigen und das unbarmherzige Spiel um Nähe zum König.

Im Zentrum steht Thomas Cromwell, Sohn eines gewalttätigen Schmieds, der sich mit Verstand, Loyalität und taktischem Genie bis zum engsten Berater Heinrichs hochkämpft. Mantel macht aus ihm keinen glatten Helden, sondern einen Menschen voller Ambivalenzen – zärtlich zu seiner Familie, kühl berechnend in der Politik. Ich habe selten erlebt, dass ein historischer Roman so konsequent durch die Wahrnehmung seiner Hauptfigur erzählt ist: Man denkt, fühlt, plant mit Cromwell.

Wölfe bildet den Auftakt der Thomas-Cromwell-Trilogie, die mit Falken (engl. Bring Up the Bodies) und Spiegel und Licht (engl. The Mirror & the Light) weitergeht. Alle drei Bände wurden preisgekrönt, die ersten beiden erhielten den Man Booker Prize – eine literarische Seltenheit. Gemeinsam entfalten sie den Bogen von Cromwells Aufstieg bis zu seinem dramatischen Sturz und bieten ein Panorama des religiösen und politischen Umbruchs im 16. Jahrhundert.

Mich hat besonders Mantels Sprache begeistert: glasklar, manchmal ironisch, immer präzise. Sie lässt die Gerüche der Gassen und das Flackern der Kerzen spürbar werden und verwebt historische Fakten mit psychologischer Tiefe, ohne belehrend zu wirken. Für mich ist Wölfe ein grandioser historischer Roman – lebendig, klug und so modern erzählt, dass man beim Zuklappen kaum glauben kann, dass diese Ereignisse fünf Jahrhunderte zurückliegen.