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Magnolia
Wohnort: 
Bayern

Bewertungen

Insgesamt 206 Bewertungen
Bewertung vom 10.11.2025
Adama
Tidhar, Lavie

Adama


sehr gut

Die Geschichte Israels, die Geschichte einer Familie

Im Mittelpunkt dieses Thrillers, den ich eher als Roman sehe, steht Ruth, eine ungarische Jüdin, die es nach Palästina verschlägt, in einen Kibbuz. Ruth ist politisch aktiv, sie ist überzeugte Zionistin. Sie erlebe ich 1946 als junge Frau und folge bis hin zum Jahre 2009. Alles beginnt 2009 mit Hanna in Miami und es endet auch mit ihr in Florida im selben Jahr. Dazwischen sind wir 1989 im Kibbuz Trashim, um dann 1946 nach Haifa zu gehen, die Zeitebenen wechseln, auch die Orte und die Personen. Ruths Enkel Lior kommt an, als er von Dannys Tod erfährt. Er soll sich erschossen haben, was Lior jedoch nicht glaubt. Er ist im Kibbuz nicht gern gesehen, er sieht zu viel, sie alle wollen, dass er zurückgeht nach Tel Aviv.

Lavie Tidhar erzählt die Geschichte von Ruths Familie, vom Leben im Kibbuz, das gemeinschaftlich organisiert ist, von dem Kinderhaus und dem Gemeinschaftsverein, Privateigentum war nicht vorgesehen, diese Lebensform war mir so nicht bewusst. Immer wieder stehen andere Familienmitglieder mehr im Focus, dabei wird die israelische Geschichte lebendig. Von politischen Aktivitäten wird berichtet, vom Sechs-Tage-Krieg und dem Jom-Kippur-Krieg ist zu lesen, Drogenschmuggel scheint alltäglich zu sein, von Folter bis hin zu Mord spielt Gewalt immer mit, die Figuren sind nicht gerade zimperlich unterwegs.

Adama bedeutet auf hebräisch Erde. Und wie es im Roman heißt, gibt es kein Adama ohne dam. Was, wie ich gelernt habe, übersetzt „Kein Land ohne Blut“ bedeutet. Auf das Heute bezogen hat dieser Satz leider noch immer seine Gültigkeit, wir hören und lesen täglich davon.

Das Buch fordert Aufmerksamkeit und Zeit sollte man auch mitbringen, dann aber weiß man mehr um die Geschichte Israels, eingebettet ist diese in eine weit verzweigte Familie und deren Geschichte, Gewalt spielt immer eine Rolle. Ein für mich eher historischer Roman denn ein Thriller.

Bewertung vom 10.11.2025
Verstummte Narben: Thriller
Shepherd, Catherine

Verstummte Narben: Thriller


ausgezeichnet

Perfekt inszeniertes Verwirrspiel

„Verstummte Narben ist das nunmehr zehnte Buch um die Kölner Rechtsmedizinerin Julia Schwarz. Schon der Prolog lässt mich ratlos zurück und als dann mitten im Winter eine leichtbekleidete tote Frau vor dem Grab eines 15jährigen gefunden wird, bin ich wiederum infiziert, die raffiniert konstruierte Story lässt mich nicht mehr los. Catherine Shepherd beweist einmal mehr, dass sie eine Meisterin des morbiden Verwirrspiels ist.

Unter dem Leichnam dieser Frau liegt das Foto einer jungen Frau, das darauf geschriebene Datum lässt auf ein unumstößliches Ultimatum schließen. Am 19. Januar um 23 Uhr, also in drei Tagen, wird was geschehen? Noch sind die Kriminalkommissare Florian Kessler und sein Partner Martin Sandhoff samt Team ratlos. Die Zeit spielt gegen sie. Julia entdeckt bei der Obduktion über dem rechten Hüftknochen der Leiche drei kleine Kratzer, die sie nur zu gut kennt. Damals hat ein Serienkiller sein Unwesen getrieben, an seinen Opfern hat er exakt solche Kratzer hinterlassen und nun deutet wiederum alles auf diesen Inhaftierten hin, der den Hochsicherheitstrakt nie wieder verlassen wird. Und doch scheint es so, als sei es ihm gelungen, sich wieder sichtbar zu machen. Ist ein Nachahmungstäter am Werk? Zieht er gar in seinem Auftrag eine erneut mörderische Spur?

Wie nicht anders von Catherine Shepherd erwartet, ist auch dieser neueste, sehr komplexe Fall klug konstruiert. Sie präsentiert so manch undurchsichtigen Typ, lässt hinter die Kulissen blicken, allerdings perfekt dosiert. Denn wenn man meint, man hätte den Durchblick, kommt alles ganz anders. Es bleibt nicht bei diesem einen Mord, weitere folgen. Und da ist dieser eiskalte Kimpel im Gefängnis, seine kryptischen Anmerkungen muten überheblich an. Mit ihm hatte Julia schon in der Vergangenheit zu tun und nun brechen alte Wunden wieder auf.

Das nervenaufreibende, perfekt inszenierte Verwirrspiel zieht sich durchs Buch, so etliche Fährten erweisen sich als falsch und dem Ende zu bin ich wiederum verblüfft, wie sich die losen Fäden gekonnt verbinden. Diese absolut spannende, erbarmungslose Story ist ein Leckerbissen für jeden Thriller-Fan.

Bewertung vom 08.11.2025
Dann ruhest auch du / Maya Topelius Bd.3
Åslund, Sandra

Dann ruhest auch du / Maya Topelius Bd.3


ausgezeichnet

Fesselnder Abschlussband der Maya-Topelius-Trilogie

Johan zieht es immer wieder in diese Schlossruine von Borgholm auf Öland. Und nicht nur das, er sieht (verbotenerweise) auch hinter die für Besucher ausgewiesenen Räume. Es durchzucken ihnen regelrecht Blitze, als er seine Handflächen auf ein Brett legt, das einen Hohlraum verbirgt. Seine Neugier ist geweckt, er hebelt das Brett auf, er sieht einen verdrehten Körper, mit Genickschuss und einem zweiten Fangschuss hingerichtet. Nie hat er Grauenvolleres gesehen.

Ein Fall für die Kriminalinspektorin Maya Topelius und ihren Kollegen Pär. Bald darauf wird eine weitere, ähnlich zugerichtete Leiche gefunden. Alle Spuren führen in ein rechtextremistisches Milieu, das sich bestens zu tarnen weiß.

Maya kennt die Gegend um Borgholm gut, sie ist hier aufgewachsen, sie und ihre Freundinnen Clara, Sanna und Emely, mit denen sie auch heute noch in Verbindung ist, waren das vierblättrige Kleeblatt. Diese beiden Morde bringen Maya an ihre Grenzen, deutet doch vieles auf eine lange vermisste Person hin und auch, wenn sie seinerzeit nichts tun konnte, so lassen ihr die damaligen Vorkommnisse keine Ruhe. Dabei bringt sie sich selber in Gefahr.

Die beiden Vorgängerbände habe ich verschlungen und auch dieser finalen dritten Band der Maya-Topelius-Trilogie steht ihnen in nichts nach. Die Ermittlungen stehen im Vordergrund, die privaten Elemente sind fein dosiert, dabei trägt so manches davon direkt und auch indirekt zur Aufklärung bei, alles fließt gekonnt ineinander. Johan Magnelius, der den ersten Toten findet, ist ein eigenwilliger und zudem ein ziemlich undurchsichtiger Charakter, den ich – wie so einige andere – kritisch gesehen habe. Die fesselnde, logisch aufgebaute Story ist durchgehend spannend zu lesen, das Thema um ein rechtsradikales, staatenübergreifendes Netzwerk gut eingebunden. Der Fall ist - wie auch die der beiden vorangegangenen Bücher - in sich abgeschlossen, kann also ohne Vorkenntnisse gelesen werden.

Gerne wäre ich dem sympathischen Ermittlerduo Maya und Pär noch bei weiteren Ermittlungsarbeiten gefolgt, aber nun heißt es Abschied nehmen, die Autorin Sandra Åslund jedoch werde ich im Auge behalten.

Bewertung vom 06.11.2025
Blutbuße / Hanna Ahlander Bd.3 (eBook, ePUB)
Sten, Viveca

Blutbuße / Hanna Ahlander Bd.3 (eBook, ePUB)


sehr gut

Spannender dritter Teil der Åre-Morde

„Blutbuße“ ist Viveca Stens drittes Buch der Polarkreis-Reihe. Kurz zuvor habe ich bereits Band vier gelesen und ihn als TOP bewertet, ganz kommt diese Blutbuße nicht an „Lügennebel“ heran, allerdings hat mich auch dieses Buch nicht losgelassen, an Schlaf war nicht zu denken.

Charlotte legt gleich mal einen absolut unsympathischen Auftritt hin. Man spürt förmlich ihre unverfrorene Art. Sie liebt es, andere zu beherrschen und auf Gedeih und Verderb ihren Willen durchzusetzen. Nun, es ist sozusagen Charlotte Wretlinds letztes Aufbegehren, denn am Tag darauf wird sie tot aufgefunden. Sie liegt erstochen in ihrem Hotelzimmer, das Bett voller Blut, sie ist an ihrem eigenen Blut erstickt.

Wir sind im Bergdorf Åre, hoch oben im Norden Schwedens, es ist ein Skiparadies und wie bald bekannt wird, wollte Charlotte das alte, leer stehende Luxushotel abreißen und durch einen spektakulären Neubau ersetzen lassen. Dazu brauchte sie angrenzende Grundstücke, deren Ankauf so gut wie abgeschlossen war, jedoch sollte dieser Grundstückskauf rückgängig gemacht werden. Charlotte reagiert ungehalten, zu viel hat sie schon investiert.

Im Mordfall Charlotte Wretlind ermitteln Hannah Ahlander und ihr Kollege Daniel Lindskog. Bald führt eine erste Spur zu einem Hotelmitarbeiter, den sie jedoch merkwürdigerweise nicht antreffen. Unterstützt werden sie von ihrem Kollegen Anton, in dessen Privatleben wir kurze Einblicke bekommen und auch bei Hanna und Daniel ist privat so einiges los - die Ermittlungsarbeit steht aber schon im Vordergrund. Diese Ermittlung jedoch bringt sie nicht recht voran, bis dann ein weiterer Mord geschieht.

Hanna und Daniel – beide sind sie gefordert und beide lassen nicht locker. Zwischendurch lesen wir von DAMALS, um die Weihnachtstage des Jahres 1973 - was es damit auf sich hat, wird zunehmend klar. Im Heute dann verschwindet ein junger Mann spurlos – noch hoffen sie, dass er noch lebt. Alles spitzt sich zu, es gilt, unverzüglich zu handeln, denn sie meinen, endlich auf der richtigen Spur zu sein. Was dann geschieht, ist nervenaufreibend, allerdings war mir die Aufklärung, die sich über viele Seiten hinzog, viel zu lange. Gefühlt dreht sich Hanna im Kreis, es passiert viel und doch tritt sie auf der Stelle, dies hätte durchaus abgekürzt werden können, wenngleich es ein trotzdem spannender dritter Teil der Åre-Morde war. Gerne mehr von Viveca Sten, gerne bin ich lesend an den Polarkreis gereist.

Bewertung vom 06.11.2025
Die Welt in Meran - Walzerblut (eBook, ePUB)
Reinhardt, Angela Marina

Die Welt in Meran - Walzerblut (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Faszinierendes Meran zwischen Kurbetrieb und Maskenbällen

In Meran kündigt sich der Frühling an, als Helen von Burt, die Tochter eines englischen Squire, in Begleitung von Mrs David und Lady Greville ankommt. Helen hofft auf eine gute Partie, die Maskenbälle eigenen sich ihrer Meinung nach hierfür hervorragend. Zur gleichen Zeit treffen andere Kurgäste ein wie etwa der Korse Jean de Benedetti und auch der Arzt Sigmund Hirsch, dessen Dienste alsbald benötigt werden. Neben dem Erbgrafen Maximilian von Montalban begegnen wir noch so etlichen anderen, auch dem Dienstmädchen Anna und einem Lohnkutscher, werfen einen Blick in eine Spinnerei und in so einige Familien. Bei einer davon lebt das Kostkind Lucia, die achtjährige Waise Rosa schuftet von früh bis spät - die Standesunterschiede sind nicht nur hier deutlich sichtbar.

Wir sind in Südtirol im Fasching des Jahres 1872. Die so unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten und die damaligen Gepflogenheiten, auch in moralischer Hinsicht, sind hervorragend in die Geschichte eingewoben, die einzelnen Charaktere, deren Lebensentwürfe und deren Mentalität bestens herausgearbeitet. Einmal angefangen, konnte ich das Buch nicht mehr weglegen, wollte es auch gar nicht. Dieser gut recherchierte erste Band, der in und um Meran angesiedelt ist, hat mich sofort begeistert, auch die Beschreibung dieser Gegend weckt so manch Erinnerung.

Man merkt die Verbundenheit der Autorin mit diesem Landstrich und ihre besondere Faszination mit der Meraner Geschichte der letzten 150 Jahre, wie sie im Nachwort verrät. Ihre „Sardische Hochzeit“, die sie als Grit Landau schreibt, habe ich seinerzeit verschlungen, weitere Bücher folgten und jedes einzelne war ein Lesegenuss. Umso schöner, dass diesem ersten Band „Walzerblut – Die Welt in Meran“ weitere Bücher folgen werden.

Erwähnen möchte ich noch das hilfreiche Glossar, das vom Affront über so manch Hallodri bis hin zum Vicomte vieles erklärt und auch das Personenverzeichnis, das gerade anfangs eine gute Stütze ist - unterteilt nach den Tirolern und den Kurgästen, den Ärzten, dem Adel und noch etlichen anderen. Bald aber sind sie alle im Gedächtnis, dem genussvollen Lesen steht nichts mehr im Wege.

Der erste Band dieses so wundervollen, sehr lesenswerten historischen Romans ist ausgelesen, ich freue mich auf die Folgebände, auch wenn es noch ein Weilchen dauern mag.

Bewertung vom 05.11.2025
Großmutters Geheimnis
Koppel, Benjamin

Großmutters Geheimnis


gut

Ruths Geschichte überzeugt, der zweite Erzählstrang dagegen weniger

In Kopenhagen begegne ich Gry und Alexander und Lillian, seiner Mutter, einer gefeierten Musical-Sängerin. Wir schreiben das Jahr 2015. Lillians Geburtstagsvorstellung zu ihrem Siebzigsten steht an, die Bühne war ihr Metier und dahinter war seit jeher Alexanders Kinderstube. Dort hat er auf sie gewartet. Auf sie, den Star, ihr Kind hatte nur allzu oft das Nachsehen. Auch heute noch wähnt sich Lillian im Mittelpunkt, drängt sich in Alexander und Grys Leben, ist übergriffig und auch hat sie Alexander die vor langer Zeit von ihrer Mutter Ruth besprochenen Kassetten für ihn nie gegeben. Alexander verdient seine Brötchen als Musiker, er und Gry sind schon lange zusammen. Ihr Kinderwunsch hat sich nie erfüllt und nun versuchen sie es schon länger mit der In-vitro-Fertilisation.

Und da ist Ruth, die ich als junge Frau im Jahre 1943 sehe. Die Musik liegt ihr im Blut, ihre Stimme ist die einer Opernsängerin. Bis zu dem Tag, als sie und ihr Vater nach Theresienstadt deportiert werden, als sie verstummt. Dorthin folge ich ihr, sehe ihr tagtägliches Leid, ihr Elend und das ihrer Mitgefangenen. Benjamin Koppel beschreibt die Herrschaft der Nationalsozialisten und das Dahinvegetieren im Lager sehr eindringlich, die Qualen, deren die Inhaftierten ausgesetzt sind und so manch Martyrien, deren sie sich nicht erwehren können.

Und da ist die alte Ruth, die schon lange erblindet ist. Sie ist die älteste von vier Geschwistern, es verschlägt sie von Polen nach Dänemark, sehr viel später dann lebt sie in den USA. Dort bespricht sie für ihren Enkel, den sie nicht kennt, diese Kassetten, die er auf dem Dachboden seiner Mutter findet.

Vor einiger Zeit habe ich „Annas Lied“ von dem Autor gelesen. Auch dieses Buch ist ein Zeugnis einer Zeit, voll politischer Wirren, über eine jüdische Familie, die ihren Glauben hoch hält. Also war ich voller Vorfreude, als ich „Großmutters Geheimnis“ in Händen hielt. Ruths Part hat mir sowohl als junge und auch als sehr alte, 96jährige Frau, gut gefallen. Ich konnte ihr folgen, konnte sie verstehen, habe mit ihr gelitten. Ruths Geschichte hätte wesentlich mehr Raum verdient, denn auch wenn zwei Zeitebenen wechselseitig erzählt werden, so müssen sie beileibe nicht den in etwa gleichen Umfang haben.

Alexanders und Grys Geschichte mitsamt Lillians Dasein in der Jetztzeit nehmen dem Buch sehr viel. Gefühlt lese ich in dieser Erzählebene nur von der Fertilitätsbehandlung, gespickt mit einigen Nebensächlichkeiten. Schade, denn „Großmutters Geheimnis“ hat mit diesem über den in zu vielen Seiten ausgewalzten Kinderwunsch nichts zu tun.

Wäre noch das Ende, das zu gewollt geraten ist. Nicht alles muss sich in Wohlgefallen auflösen, nicht alles bis ins kleinste Detail geklärt sein. Von meinen anvisierten vier Sternen bleiben letztendlich drei übrig.

Bewertung vom 05.11.2025
Die Chemie des Verbrechens - Die Fährte
Weiß, Sabine

Die Chemie des Verbrechens - Die Fährte


ausgezeichnet

Verräterische DNA-Spuren?

Sabine Weiss legt mit „Die Chemie des Verbrechens. Die Fährte“ den Auftaktband um die forensische Kriminologin und Rechtsanwältin Dr. May Barven vor. Gemeinsam mit dem Privatdetektiv Tarek beginnt sie zu ermitteln.

Gleich mal sind wir im Jahre 2007, als Jugendliche einem anderen übel mitspielen, um danach May und ihren beiden kleinen Kindern bei einem DNA-Experiment zuzuschauen.

May Barven hat sich als Strafverteidigerin selbständig gemacht, Ihre Mandate allerdings sind sehr überschaubar. Als dann der Startup-Millionär Ruben Rickleffs unter Mordverdacht gerät und dieser in U-Haft sitzt, bietet sie ihm ihre Dienste an. Als erfahrene DNA-Forensikerin, die lange im Polizeidienst war, ist sie für diesen Fall geradezu prädestiniert.

Damals, im Jahre 2007, wurde eine junge Frau ermordet und nun haben deren Eltern auf einem Schal DNA-Spuren sichern lassen, die Ruben Rickleffs zum Verhängnis werden könnten. Der Mordfall Ute Pusch wird neu aufgerollt, für den Verdächtigen sieht es nicht gut aus. Wie vor achtzehn Jahren mischt auch heute Kriminalhauptkommissar Hattentrop wieder mit, unterstützt von seinem jungen Kollegen Jo Mückenhaupt. Der Fall wurde seinerzeit unerledigt zu den Akten gelegt und nun sieht es so aus, als ob sie mit Rickleffs den Schuldigen gefunden haben, was May jedoch anzweifelt. Sie legt Beweise für seine Unschuld vor, Ihr Mandant jedoch bleibt inhaftiert.

Vorab werfen wir einige Blicke in andere Vorfälle, die dem Anschein nach nichts mit diesem Cold Case zu tun haben, zwischendurch dann treffen wir immer wieder auf die Jugendgruppe im Jahre 2007 und auch, wenn so einiges und einige der damaligen Freunde näher beleuchtet werden, bleibt der Mord an Ute weiterhin nebulös. War Ruben in die Gruppen involviert? Auch dies bleibt unklar.

Es kommt zum Prozess und hier ist May in ihrem Element. Denn es geht darum, den DNA-Abgleich dem wahren Täter zuzuordnen. Ob ihr das gelingen wird? Sie ihren Mandanten entlasten kann? Der Prozess ist eine Herausforderung, die sie trotz so manch lücken- und lügenhaften Aussagen zu meistern weiß. Wie nebenbei erfahren wir so einiges über die Beweislast der DNA-Spuren, verfolgen gespannt Tarek und seine Ermittlungen, wissen mehr um die Jugendgruppe und auch rückt Rickleffs Familie in den Fokus.

Sabine Weiss versteht es bestens, trotz der vielen Informationen, die sie uns Lesern gibt, die Spannung hochzuhalten und nichts vorschnell zu verraten. Ihre Charaktere sind allesamt glaubhaft angelegt, angefangen von May und Tarek über die Familie Rickleffs bis hin zu dem Familien- und Freundeskreis des Mordopfers. Verdächtig sind sie mir fast alle, letztendlich kristallisiert sich dann doch der wahre Täter heraus, den ich bis zum Schluss nicht auf dem Schirm hatte. Ein rundum gelungener Auftakt der neuen Reihe, die ich unbedingt weiter verfolgen muss.

Bewertung vom 02.11.2025
Wir dachten, das Leben kommt noch (eBook, ePUB)
Sandmann, Elisabeth

Wir dachten, das Leben kommt noch (eBook, ePUB)


sehr gut

Stille Heldinnen

Elisabeth Sandmann erzählt in ihrem historischen Roman „Wir dachten, das Leben kommt noch“ vom Zweiten Weltkrieg, hier ganz besonders von den mutigen Frauen, deren heldenhaftes Wirken nie wirklich an die Öffentlichkeit drang. Ein gut recherchierter Roman, der auf wahren Begebenheiten beruht.

Der Roman wird auf zwei Zeitebenen erzählt, der für mich spannendere Teil spielt während des Zweiten Weltkrieges in den Jahren 1939 bis 1942.

1998 dann bekommt Pat Conway von der BBC-Redakteurin Gwen einen Anruf. Sie interessiert sich für Pats Vergangenheit, speziell für ihre Arbeit in Frankreich während des Zweiten Weltkrieges. Woher weiß Gwen davon? Nun, Pat ist auch heute nicht bereit, darüber zu sprechen. Gwen indessen reist auf den Spuren ihrer Großmutter Ilsabé nach Paris, denn auch sie scheint involviert gewesen zu sein.

Die beiden Erzählstränge vermischen sich zuweilen, was mir das Hineinfinden ins Buch schon erschwert hat. Auch die vielen Namen musste ich erst zuordnen, um der Geschichte gespannt folgen zu können. Abgesehen von diesen anfänglichen Hürden ist es eine eindringlich erzählte Geschichte über mutige Frauen im Widerstand, die ich nicht mehr weglegen wollte.

England hat für den Einsatz in Frankreich Agentinnen für geheime Missionen des SOE (Special Operatons Executive) ausgebildet. Sie wurden etwa als Kurierinnen und Funkerinnen eingesetzt, sie haben nicht nur Sprengstoff geschmuggelt, sie haben auch Explosionen durchgeführt. Ihre Aufgaben waren vielfältig, nach außen hin waren sie ganz normale, möglichst unauffällige junge Frauen. Dafür brauchte es auf französischem Gebiet Muttersprachlerinnen, die eine neue Identität bekamen, die sie voll und ganz verinnerlichen mussten, denn jeder noch so kleine Fehler konnte für sie tödlich enden. Pat war eine von ihnen, die Sprache beherrschte sie dank ihrer französischen Mutter perfekt.

Viel habe ich über diese und ähnliche Themen gelesen, über diese Frauen der SOE jedoch wusste ich nichts. Gerne wäre ich noch länger in die Vergangenheit abgetaucht, wobei die Gegenwart schon auch interessant, zuweilen jedoch zu ausschweifend, zu ausführlich war. Im Finale werden dann noch die geschichtlichen Fakten präsentiert. Nicht jede dieser mutigen, dieser unangepassten Frauen hat überlebt.

Bewertung vom 02.11.2025
Sonnenaufgang Nr. 5
Henn, Carsten Sebastian

Sonnenaufgang Nr. 5


ausgezeichnet

Lebensklug, einfühlsam, wundervoll erzählt

Der 19jährige Jonas Engelbaum hat gerade sein Germanistikstudium geschmissen, er versucht sich nun als Ghostwriter. Seine erste Kundin, die alternde Filmdiva Stella Dor, lebt in einem Strandpavillon an der Küste. Ihre Autobiographie soll ihr schillerndes, ihr glückliches, ihr erfülltes Leben widerspiegeln.

Ihre Gedanken hat sie im Laufe der Jahre auf vielen Zetteln festgehalten und diese dann in Bücher ihres Regales gesteckt, die sie nun wieder hervorholt, um sie gemeinsam mit Jonas auszuwerten. Darüberhinaus beginnt er, eigene Recherchen anzustellen, was Stella so gar nicht gefällt. Mehr noch, sie bricht die Arbeit ab.

Noch bevor sich die beiden Hauptakteure kennenlernen, trifft Jonas auf Bentje, die jeden Tag auf ihren Mann wartet. Später dann begegnen wir Paul und Guter Junge, seinem Hund und Geraldo, der immer wieder Sonnenaufgänge malt und Gustav, den ganz besonders - obwohl Stella ein Geheimnis um ihn macht und auch warum sie über ihn nicht sprechen kann, erfahren wir dann doch noch. Da ist auch Nessa, die Jonas sehr gerne sieht und sein Vater, mit dem er endlich reden kann. Denn auch Jonas holt seine nicht unproblematische Vergangenheit ein.

Zuweilen spielen uns die Erinnerungen einen Streich, wir verklären oder verdrängen so manch Erlebnis, auch um uns selbst zu schützen. Auch Stella und Jonas sind nicht frei davon, die Erkenntnis jedoch ist schmerzhaft. Emotionen kochen hoch, so manch Gespräch endet abrupt. Stella fällt gerne in die Rolle der glamourösen Diva zurück, ihre schillernde Persönlichkeit verdeckt nur zu gerne die verletzliche Stella.

Oliver Siebeck liest das über 7 Stunden und 21 Minuten dauernde Hörbuch. Er ist für diesen so einfühlsam erzählten Roman der perfekte Sprecher, gibt den so unterschiedlichen Charakteren ihre ganz besondere Note. Sie sind glücklich, sie sind wütend, sie sind unendlich traurig und dazwischen fühlen sie in so vielen unterschiedlichen Nuancen - so, wie das Leben nun mal ist.

Diese wunderbare Geschichte ist auserzählt, sie lässt mich nachdenklich zurück. Carsten Henns „Sonnenaufgang Nr. 5“ - ein (Hör)Buch voller Wärme, voller weiser Gedanken, das ich sehr gerne empfehle.

Bewertung vom 31.10.2025
Dunkler Sog (eBook, ePUB)
Born, Leo

Dunkler Sog (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Düster, rasant, spannend

Mara Billinsky, genannt Die Krähe, wird ein neuer Kollege zugeteilt. Tobias Cronberg. Er ist ziemlich gesprächig, was Mara gleich mal im Keim mit ihrer schroffen Art erstickt. Für Animositäten bleibt nicht viel Zeit, denn sie haben es mit einem Todesfall zu tun. Ein ehemaliger Arzt, der im Wohnstift für Senioren qualvoll erstickt ist, ist allem Anschein nach keines natürlichen Todes gestorben. Alles deutet auf ein schwer nachweisbares Gift hin. Maras feine Antennen sind ausgefahren.

Leo Born erzählt in sieben Episoden Geschichten voller hässlicher Abgründe, die lange zurückreichen, die auch in die ehemalige DDR führen. Bei dem einen Toten bleibt es nicht, es folgen noch etliche, die immer mit dem medizinischen Bereich zu tun hatten. Hängen sie alle zusammen? Haben wir es mit ein und demselben Täter zu tun? Und hautnah erleben wir eine Racheaktion, die grausamer nicht sein könnte. Auch hier stellt sich die Frage, ob diese barbarische Tat den mit Gift Getöteten zugeordnet werden kann.

Mara Billinsky ist so brillant wie unerbittlich. Das bekommt auch Cronberg zu spüren, den sie am liebsten ganz weit weg wüsste und doch ist er ihr zugeteilt, was ihn letztendlich ins Verderben führen könnte. Immer wieder ist es Jan Rosen, ihr ehemaliger Partner, dem sie von ihren Ermittlungen erzählt. Er weiß sie im Gegensatz zu vielen anderen durchaus so zu nehmen, wie sie nun mal ist. Sie ist schon ein ganz spezieller Charakter. Sie pfeift auf das Urteil ihrer Kollegen, ist sperrig und widerspenstig, eigenbrötlerisch und rechthaberisch, sie ist schlichtweg teamunfähig. Und doch hat sie auch eine coole, trockene Art. Sie kontert zielgenau, ihre Sprüche lassen mich so manches Mal schmunzeln. Sie verbeißt sich regelrecht in ihre Aufgabe, nimmt dabei auf nichts und niemanden Rücksicht, sich selber eingeschlossen. Sie ist unerbittlich, sie gibt nie auf. Hindernisse sind für sie da, um sie zu umschiffen. Meist mag ich sie nicht besonders gut leiden, ihre Erfolgsquote spricht jedoch ihre ganz eigene Sprache.

Düster und brutal geht es zur Sache, die Ermittlungen führen von Frankfurt in ein kleines Dorf im Schwarzwald, die Schattenwälder hier sind unheimlich und schwer zugänglich, man wird regelrecht von der Schwärze verschluckt. Es gilt, die einzelnen Spuren zu verfolgen. Nichts ist vorhersehbar und doch ist es dann, als sich alles klärt, gut nachvollziehbar. Der rasante Schluss hat es dann nochmal in sich, bis dahin bleibt es spannend. Ein Thriller, nichts für Zartbesaitete, der in sich abgeschlossen ist, für Billinsky ist „Dunkler Sog“ der mittlerweile zehnte Fall, ich werde auch ihren nächsten Fall verfolgen.