Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Magnolia
Wohnort: 
Bayern

Bewertungen

Insgesamt 225 Bewertungen
Bewertung vom 16.12.2025
Weihnachten mit Tony
Lucas, Stella

Weihnachten mit Tony


weniger gut

Hoppla, jetzt kommt Carrie

Es sind noch zwölf Tage bis Weihnachten. Carrie sitzt im Flugzeug, da hört sie einen nicht enden wollenden Dialog, der sie nervt und mir das erste Schmunzeln entlockt. Wie sich herausstellt, sind es Stacy und Morris Dormond – ausgerechnet! Aber noch weiß Carrie nicht, wer sie sind und was sie nach Schottland treibt. Bald aber ist klar, dass dieses Paar mit dem Hotelprojekt nahe Luss, Carries Heimatort, zu tun hat. Dieses Luxusressort sollte auf Inchconnachan, einer Binneninsel im Loch Lomond in Schottland, entstehen, auf der die Wallabys vor vielen Jahren ihre Heimat gefunden haben. Sieben davon, einschließlich Tony, leben heute noch da…

…und nun kehrt Carrie zurück, nachdem sie vor sieben Jahren gen Australien regelrecht geflohen ist und seitdem weder von Tony noch seine Artgenossen etwas wissen wollte. Damals war sie ziemlich jung, der Antrag ihres Freundes hat sie dermaßen erschreckt, dass sie einfach weg musste. Seitdem hat sie niemand mehr gesehen, lediglich für ein paar Tage war sie da, zur Taufe der Kinder ihrer Schwester. Und nun erfährt sie, dass ihr Vater im Krankenhaus liegt, ihr Ex-Freund Marc, ein gefragter Architekt, dieses Hotelprojekt geplant hat und – wie sie vermutet, für ihre ehemals heiß geliebten Wallabys kein Platz mehr ist.

Kaum angekommen, holt sie zum Rundumschlag aus, sie organisiert blitzschnell eine wilde Demo, beschimpft ihren Ex, wann immer möglich, ist grundlos sauer auf ihn und auf alle, die vermeintlich ihre Wallabys weghaben wollen. Dabei pfeift sie auf jegliche Info, schnappt ein Wort auf, sieht eine Geste und schon geht’s wieder los. Sie benimmt sich wie die sprichwörtliche Axt im Walde, ist ungehobelt und rücksichtslos. Man meint, einen schwer pubertierenden Teenie vor sich zu haben, obwohl sie die dreißig überschritten hat. Sie ist sowas von drüber, dass man nicht weiß, sollte man über ihr Benehmen lachen oder eher die Augen rollen.

Ich hab ja nichts dagegen, wenn eine Figur überzeichnet ist, hier aber ist es kaum zu ertragen, wie eine erwachsene Frau dargestellt wird. Ein Weihnachtswunder sollte es geben, mit Tony und den anderen Wallabys, dazu etwas Romantik und ein happy end. Nun gut, wenn man großzügig ist, war da irgendwas von alledem, die Story an sich aber hatte weder mit Weihnachten noch mit Tony zu tun. Auch Romantik fand eher nicht statt, dafür gab es genug Schimpftiraden und unüberlegtes Handeln seitens Carrie.

Übrigens gibt es diese Insel und die Wallabys tatsächlich, sie wurden in den 1940er Jahren von Fiona Gore, Countess of Arran, hier angesiedelt. Es ist einer der wenigen Orte außerhalb Australiens mit einer Wallaby-Population. Und auch der Verkauf von Inchsonnachan an eine Familie ist so geschehen, selbst ein verfallener Holzbungalow, der im Roman als Hütte vorkommt, ist real. Einst waren es sechzig Tiere, die sich auf sieben reduziert haben, auch das stimmt. Ebenso die geplante Umsiedelung der Tiere und eine Widerstandbewegung. Stella Lucas hat um diese wahre Geschichte ihren Roman gesponnen, der - wäre weniger Carrie-Action gewesen – schon heimelig hätte werden können. So aber ist er für mich ins sehr Seichte abgerutscht. Hoppla, jetzt kommt Carrie.

Bewertung vom 16.12.2025
Der Blutmacher
Haller, Elias

Der Blutmacher


sehr gut

Ein perfider Totentanz

Der dritte Fall für Tara Kronberg ist ihr persönlichster Fall, gerät sie doch immer tiefer in das perfide Spiel des BLUTMACHERS, dabei lässt er ihre Familie keineswegs außen vor.

„Was Ist Ein Mensch Wert?“ Diese Frage steht bald im Raum.

Ein Mensch wird vor laufender Kamera ermordet, sein Blut spritzt auf die schon bereitstehende Leinwand, der komplett vermummte „Künstler“ verfeinert und vervollständigt das abstrakte Bildnis. Das so entstandene Kunstwerk wird live versteigert, die eingeblendete Uhr zeigt die hierfür zur Verfügung stehende Zeit an, sie tickt gnadenlos. Die Bieter werden mehr, die Minuten und Sekunden immer knapper. TikTok…

Die Ermittlung übernimmt das Dezernat 47 des LKA Sachsen, geleitet von Tara Kronberg. Ihr zur Seite steht Gabriel Schneider, beide arbeiten sie erfolgreich zusammen, wovon wir uns schon im ersten Tara-Kronberg-Thriller „Signalrot“ und auch danach in „Todesstimme“ überzeugen konnten.

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, denn bald steht fest, dass eine ganze Reihe ähnlicher, meistbietend versteigerter Bilder - „gesponsert von BleedCraft“ - existieren. Als feststeht, dass Tara direkt betroffen ist, ist sie raus, also ermittelt sie an dem neu eingesetzten LKA-Team vorbei, sozusagen undercover. Und sie ist gut, sie schaut genau hin, entdeckt kleinste Hinweise und doch bekommt sie nicht alles zu fassen, der Täter scheint sich einen Spaß daraus zu machen, mit ihr und dem LKA zu spielen. Was treibt ihn an? Welch Motiv steckt hinter diesen grausamen Taten? Nach welchen Kriterien sucht er seine Opfer aus?

Bis zuletzt weiß ich nicht, wer denn hinter diesen Morden steckt, wer sich dieses barbarische Todesspiel ausdenkt. Auch das Tagebuch, von dem ich zwischendurch lese, gibt diesbezüglich nichts preis. Sind es die Taten eines Wahnsinnigen? Ist es Rache? Und wenn ja, warum? Um Tara habe ich nicht nur einmal gebangt, sie steht hinter ihrer Arbeit, sie ist couragiert und zielstrebig, aufgeben ist für sie keine Option.

Dieses dritte Buch um Tara Kronberg steht den beiden Vorgängerbänden in nichts nach, die Story ist so abgefahren wie rasant, sie ist spannend von Anfang bis Ende.

Bewertung vom 13.12.2025
In den Scherben das Licht
Korn, Carmen

In den Scherben das Licht


ausgezeichnet

Tieftraurig und doch so voller Hoffnung

Oktober 1946. Gisela streift durch die Straßen Hamburgs, alles voller Schutt und Trümmer. Ihre Schlafstelle ist der steinerne Koloss, ein Bunker. Viele bleiben liegen im Feldbett, sie haben keine Kraft mehr.

Gisela aber will weg, sie hat ein ganz bestimmtes Haus schon länger im Blick, im Erdgeschoss brennt Licht, auch wenn es weiter oben nicht gar so heimelig wirkt. Sie ist vierzehn, als sie sich in das Gärtchen schleicht, über das Kellerfenster steigt sie ein. „Bleib, wo du bist“ hört sie. Der sechzehnjährige Junge erwischt sie, auch er, Gert, ist ein Eindringling, aber schon länger hier. Hitlers letzte Blutreserve war er und nun lebt er im Keller von Friede Wahrlich, der einstigen Schauspielerin.

Palutke, einer ihrer Verehrer, hat Friede einst dieses Haus vermacht, zwanzig Jahre ist das nun her. Ihr Herz jedoch hat einem anderen gehört - Franke, einem Juden, was in Zeiten des Nationalsozialismus gefährlich war. Sie denkt oft an ihn – ob er das Ghetto in Litzmannstadt überlebt hat?

Von den Nachkriegsjahren in Hamburg erzählt Carmen Korn, von 1946 bis 1955. Das Hörbuch hat sie selber eingesprochen, sie vermittelt mir mit ihrem Erzählstil und auch mit ihrer Sprechweise das Gefühl, direkt dabei zu sein. Der Krieg ist zwar vorbei, aber noch gibt es nichts. Der Schwarzmarkt blüht, der Hunger ist allgegenwärtig. Es wird geplündert, es wird organisiert, Zigaretten sind ein beliebtes Tauschmittel, im Haus ist es bitterkalt, denn auch Heizmaterial ist Mangelware. Sie sind sowas wie eine Notgemeinschaft, sie müssen ganz einfach zusammenhalten. Und immer wieder die bange Frage, wer von ihren Angehörigen noch lebt und ob sie sich jemals wiederfinden werden.

Der unbedingte Überlebenswille ist deutlich spürbar, sie unterstützen und stürzen sich gegenseitig, sind voller Hoffnung und Zuversicht, dass es trotz ihres entbehrungsreichen Lebens von nun an aufwärts gehen wird. Leben in Ruinen haben wir Nachkriegskinder nie kennengelernt, von Lebensmittelmarken wissen wir aus Büchern. Carmen Korn zeichnet diese Lebensweise behutsam nach. Es gelingt ihr, die Realität dieser Jahre aufzuzeigen, dem Alltag nachzuspüren, in den Scherben das Licht zu finden.

Bewertung vom 11.12.2025
Wenn die Sonne untergeht (eBook, ePUB)
Illies, Florian

Wenn die Sonne untergeht (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Exil unter Palmen

Wer kennt sie nicht, die Familie Mann. Florian Illies nimmt sich ihrer während einer Zeit an, in der die Nationalsozialisten alles Jüdische verbannen, ja ausrotten wollen. Thomas Mann, der deutsche Schriftsteller, wurde 1929 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet, schon 1901 erschien Buddenbrooks, weitere bekannte Werke folgten.

Katia und Thomas Mann sind bald unterwegs nach Amsterdam, es ist Februar. Der 11. Februar des Jahres 1933, um genau zu sein. Noch sitzen sie mit drei ihrer sechs Kinder beim Mittagessen. Golo, 23, ist noch in Göttingen, er bereitet sich auf sein Staatsexamen vor. Michael, 13, ist in Neubeuern im Internat und Monika, 22, in Berlin. Mit leichtem Gepäck will das Ehepaar Mann reisen, die Wintersachen sollen direkt nach Arosa geschickt werden, hier werden sie in ihrem geliebten Waldhotel wohnen, das in Thomas „Zauberberg“ eine tragende Rolle spielt. Wir lesen noch öfter davon, wie Thomas Manns Werke direkt in diese Geschichte einer Vertreibung mit einfließen.

Nun, sie werden den Sommer 1933 im südfranzösischen Exil verbringen - es gibt beileibe schlechtere Orte, dem NS-Regime zu entfliehen. Im Mai kommen Thomas und Katia nach Bandol, hier wohnen sie zunächst in einem Hotel, um dann in ein Haus in Sanary-sur-Mer zu wechseln. Dort treffen sie sich alle, auch Thomas Bruder Heinrich ist zuweilen zu Gast, auch er musste Nazi-Deutschland verlassen. Lion Feuchtwanger, Stefan Zweig, Bertold Brecht und wie sie alle heißen - für Deutschlands Dichter und Denker war die Côte d'Azur Zufluchtsort, bevor sie weiterziehen mussten.

Illies gewährt tiefe Einblicke in das Innenleben dieser so exzentrischen Familie Mann im Ausnahmezustand, jeder für sich ist eine Persönlichkeit. „Ein Thomas Mann lässt sich von niemandem sagen, an welchem Ort er zu sein hat!“ Ja, natürlich weiß er, dass er nicht zurück kann. Er wird vom Rotary-Club ausgeschlossen, hat Probleme mit der Pass-Verlängerung, seine Münchner Villa wird durchsucht, später konfisziert, um nur einige der Repressalien zu benennen.

„Wenn die Sonne untergeht“ ist trotz der Schwere des Themas ein leichtes Buch voller Leben und auch voller Tragik. Man spürt die bedrohliche Situation, in der sie sich befinden und doch sind sie hier, im Exil, frei. Der Autor geht ganz nah ran, fängt sinnliche Momente genauso ein wie die kritischen Augenblicke, er hält den prominenten Exilianern, auch den Dichterkollegen mitsamt Ehefrauen und Geliebten, den Spiegel vor.

Es ist heiß in diesem Sommer. „Waldbrand in der Nähe, wovon abends eine rosige Rauchwolke über Sanary schwebte. Dazu Feuerwerk“ notiert Mann in diesem in jeglicher Hinsicht heißen August. Bis September erzählt Florian Illies von ihnen, vom Verlust der Heimat, vom Exil dieser außergewöhnlichen Familie Mann. Es ist ein lesenswertes Buch geworden, das ich gerne gelesen habe, das ich nicht missen möchte.

Bewertung vom 11.12.2025
Grünes Feuer
Lehmann, Rüdiger und Sonja

Grünes Feuer


ausgezeichnet

Gelungener Abschluss der O`Brian-Familien-Trilogie

Mit dem Abschlussband „Grünes Feuer“ endet die fulminante O’Brian-Familien-Trilogie aus der Feder des Autorenpaares Rüdiger und Sonja Lehmann. „Zwei Federn“ und „Schattenbrüder“ sind die absolut lesenswerten Vorgängerbände. Man solle sie schon allein des besseren Überblicks wegen kennen.

Zunächst sind wir mit Bridget O’Brian und Allen „Dakota“ Harris unterwegs nach Bologna. Hier treffen sie auf Julie Farrell. Sie erforscht die Familiengeschichte und teilt nun ihr Wissen mit den beiden. In angenehmer Atmosphäre verbringen sie Zeit in Julies Atelier, schlendern durch Bologna… Schon allein diese ersten Eindrücke sind es, die mich förmlich ins Geschehen ziehen. Die Erkenntnis, dass ihre Väter – Davy Farrell und Liam O’Brian - Zwillingsbrüder waren, ist das erste von so einigen Geheimnissen, die im Laufe der Erzählung aufgedeckt werden.

Danach reisen Bridget und Dakota weiter nach Rom. Der Notar eröffnet Bridget, dass Dr. Mauritia Albioni sie als Alleinerbin ihres beachtlichen Vermögens eingesetzt hat. Wird sie das Erbe annehmen? Noch ist sie am Überlegen. Unterschwellige Warnungen von Seiten des Erzbischofs machen sie vorsichtig.

Es ist aber noch so viel mehr, von dem ich lese. Von der weitreichenden Familiengeschichte über mehrere Generationen hinweg, die auch von Irland erzählt. Von der großen Hungersnot, beginnend mit der Kartoffelfäule bis hin zum Nordirlandkonflikt spannt sich der Erzählbogen. Auch ist von Bodhi Bai, dem angeblich unsterblichen Meister der Schatten-Brüder, die Rede mitsamt dem geheimnisvollen Babel-Projekt. Spuren führen direkt zur Mafia – alles scheint mit allem zusammenzuhängen.

Beginnend in Bologna im Jahre 2024 wechseln Zeiten und Orte mehrmals, wir gehen hier zurück bis 1798, dabei sind den einzelnen Kapiteln die notwendigen Infos, die handelnden Personen mit Orts- und Zeitangaben, vorangestellt. Man hat also stets den Überblick und kann sich voll und ganz auf die Handlung einlassen. Der Roman besticht durch seine gründliche Recherchearbeit und auch der einnehmende Schreibstil hält einen direkt im Buch gefangen. Er basiert auf historischen Ereignissen, verwebt diese mit realen und mit den fiktiven Personen, die mir mittlerweile sehr vertraut sind.

Erwähnt sei noch das der Geschichte vorangestellte Namensverzeichnis, gegliedert nach den Familien in Irland, Indien und Kanada sowie noch einige Personen mehr. Die Autoren verstehen es, Geschichten zu erzählen, die viel historisch Interessantes vermitteln, indem sie fiktive und auch reale Personen zum Leben erwecken, diese gekonnt vermengen und gut lesbar aufbereiten.

Bewertung vom 09.12.2025
Die Welt in unseren Händen
Walton, Emily

Die Welt in unseren Händen


ausgezeichnet

Vom Krieg, von Freundschaft und von der Liebe - intensiv erzählt

Die Erinnerungen ihrer Großmutter Jean sind es, die Emily Walton inspirieren, ihre Geschichte zu erzählen. June Johnson ist dabei ihre Protagonistin, die schon auch ein Eigenleben entwickelt, wie die Autorin im Nachwort verrät.

„Die Welt in unseren Händen“ erzählt von June, die während des Zweiten Weltkrieges ihren eigenen Weg geht. „Versprich mir, dass du etwas aus deinem Leben machst, Junebug.“ Sie erinnert sich an ihre zu früh verstorbene Mutter, die sie darin bestärkt hat.

June nimmt all ihren Mut zusammen, fährt nach London, bewirbt sich bei der WAAF, der Women´s Auxiliary Air Force, der Frauenhilfsluftwaffe. Schon bald lernt sie Dotty und Peggy kennen, die ihr zu guten Freundinnen werden, die sich während der Ausbildung gegenseitig stützen. Peggy wird abkommandiert, während Dotty und June als Schreibkräfte gefordert sind. Ihre Aufgabe ist es unter anderem, den Angehörigen schlimmste Nachrichten zu übermitteln. Danach geht es für June mit der Royal Navy weiter, ihre Stationen sind Kairo, Ägypten und später dann Italien, ihr Dienst fordert sie enorm, sie lernt neue Freunde kennen, allen voran ist es Ken, der ihr Herz erobert.

Das Buch hat mich sofort gefesselt, es hat mich regelrecht ins Geschehen gezogen und mir eine total fremde Welt nähergebracht. Ich war mit June in der Wüste, habe den Sand zwischen den Zehen und auch zwischen den Zähnen gespürt und die hier kriechenden Skorpione weit weg gewünscht. Habe bei ihrer Arbeit, bei ihrem ganz persönlichen Einsatz mitgefühlt, als sie persönliche Worte fand, entgegen des Befehls, Formbriefe an die Hinterbliebenen zu senden. Habe gelernt, was Sperrballons sind und wie diese eingesetzt wurden und noch so vieles mehr.

Es waren gar nicht so wenige Frauen (250.000), die bei der WAAF gedient haben. Mutige Frauen, die bis Kriegsende in achtzig unterschiedlichen Bereichen eingesetzt waren. Emily Waltons Nana hat dies hautnah erlebt, ihr ledergebundenes Büchlein, das sie nun mit ihrer Enkelin durchblättert, birgt so manch Geheimnis. Es waren schöne, tieftraurige und auch angenehme Zeiten, nicht alles wendet sich zum Guten - so wie das Leben eben spielt.

Ein großartiges Buch ist ausgelesen, der so intensive Schreibstil und die Geschichte um June, einer jungen, mutigen Frau unter vielen anderen, machen es zu etwas ganz Besonderem. Zwei sehr persönliche Fotos am Ende runden diese lesenswerte Erzählung dann perfekt ab.

Bewertung vom 09.12.2025
Flutrache (eBook, ePUB)
Hoorn, Heike van

Flutrache (eBook, ePUB)


weniger gut

Kurzweiliger Erzählstil, überladene Story

Der vierte Fall für den Kriminalkommissar Stephan Möllenkamp und die Lokaljournalistin Gertrud Boekhoff ist für mich der erste Fall dieser Ostfriesland-Krimi-Reihe von Heike van Hoorn.

Schon der Prolog lässt darauf schießen, dass es sich bei diesem noch Unbekannten um einen ganz fiesen Charakter handelt. Die Story dann beginnt einige Tage zuvor, als einer Briefe mit verdächtigem Inhalt verschickt. Was dies mit dem Toten zu tun hat, der am Fuße einer übergroßen Lenin-Statue gefunden wird, ist unklar.

Nun, Lars Kröger, der Tote, war Chef einer deutschen Sicherheitsfirma. Möllenkamp und sein Team ermitteln zusammen mit ihren niederländischen Kollegen. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit klappt sowohl im beruflichen als auch im Zwischenmenschlichen, das viel Raum einnimmt. Auch von Möllenkamp und seiner Meike bekomme ich viel mit, nicht zu vergessen von der Lokaljournalistin Gertrud Boekhoff.

All dies liest sich kurzweilig, wenngleich ich mich des Öfteren frage, was denn einzelne Einschübe mit der Aufklärung zu tun haben, wie etwa die einer Reisegruppe, die auf den Toten aufmerksam wurde. Auch warte ich gespannt, was es mit diesen Briefen auf sich hat. Mittlerweile weiß ich, dass eine Spur direkt zu einem Reichsbürger führt, andere Erzählstränge berichten von Waffenschmuggel, gehen zurück in die damalige DDR bis hin ins KZ. Auch von Offshore-Konten und von noch so einigem mehr lese ich. Die Frage wie dies alles zusammenhängt, wird schon geklärt, trotzdem mutet es abenteuerlich an, die Story ist heillos überfrachtet. Und genau dieses Vollgepackte ist es, dass mir diese FLUTRACHE zunehmend suspekt anmutet.

Gut finde ich die Endnotes zum Schluss, welche die niederländischen Einschübe im Text übersetzen, allerdings hab ich, trotzdem ich die Sprache nicht beherrsche, alles verstanden. Auch der flotte Schreibstil der Autorin sei erwähnt, die viele Akteure ins Rennen schickt. Für meinen Geschmack sind es zu viele, grundsätzlich ist dieser Krimi zu überladen. Daher mein Fazit: Weniger wäre hier wesentlich mehr gewesen, auch hätte ich so einige mutige Aktionen nicht gebraucht, die schon am gesunden Menschenverstand zweifeln lassen.

Bewertung vom 04.12.2025
Die weiße Nacht
Stern, Anne

Die weiße Nacht


ausgezeichnet

Spannender Reihenauftakt

An diesem 14. Dezember 1946 ist es bitterkalt in Berlin, das in Trümmern liegt. Die Fotografin Lou Faber ist auf Motivsuche, dabei findet sie eine Tote, die mit wie zum Gebet gefalteten Händen im Schnee liegt. Kriminalkommissar Alfred König bearbeitet diesen Todesfall und als dann eine zweite Leiche entdeckt wird, ist von einem Ruinenmörder die Rede.

„Die weiße Nacht“ ist der Auftaktband der Lou & König-Kriminalreihe. Den Kriminalkommissar und die junge Fotografin bringt eher der Zufall zueinander, ist doch dem Polizeifotografen bei der Entwicklung der Bilder von der Toten im Schnee ein Missgeschick passiert. Nur gut, dass Lou ebenfalls einige Bilder gemacht hat, die König sich holt. Der Aufklärung der Morde scheint ziemlich aussichtslos zu sein, zudem wird König von seinem Vorgesetzten ausgebremst, was ihn allerdings nicht daran hindert, jeder Spur nachzugehen. Auch bleibt es nicht bei den beiden Toten, weitere Opfer sind zu beklagen.

Der Krieg ist vorbei und doch hungern und frieren sie nach wie vor, es ist ein täglicher Kampf ums Überleben. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, es gibt viele Versehrte, sofern sie den Krieg überhaupt überlebt haben. Auch König ist nicht ungeschoren davongekommen, trotzdem verrichtet er seinen Dienst gewissenhaft. Seine Wege führen zurück in die Nazizeit, die gewisse Personen nur zu gerne hinter sich lassen. Die einen reden nicht, weil sie zu viel zu verbergen haben und die anderen haben Angst vor Repressalien. Auch Lou hat es nicht leicht, ihr Ehemann ist verschollen, ihre Bilder kann sie nicht so gut verkaufen, wie sie es müsste. Ihre Fotos jedoch sind für König hilfreich, ihr geschultes Auge sieht so manch Detail, das anderen entgeht.

Anne Stern ist ein rundum gelungener Kriminalroman gelungen. Wir sind wie gesagt im Nachkriegswinter 1946 und begleiten König und auch Lou bis zum Jahresende, denn bis dahin zeichnet sich das Motiv um die Morde glasklar ab. Angefangen von der Story an sich und die gut nachvollziehbaren Wege hin zur Aufklärung passt auch das gut recherchierte Historische perfekt zum Geschehen. Die Charaktere sind glaubhaft angelegt, allen voran Lou und König, aber auch so manch andere Personen wie etwa Justus und Gerti und ihre Rolle inmitten des Schwarzmarktes, der zwar verboten, aber doch notwendig fürs Überleben ist. Der Krimi ist noch sehr viel komplexer, dabei stets verständlich, ich bin restlos überzeugt davon und werde dieser neuen Reihe treu bleiben.

Bewertung vom 04.12.2025
Mama & Sam (eBook, ePUB)
Kuttner, Sarah

Mama & Sam (eBook, ePUB)


sehr gut

Liebesbetrug

Sarah Kuttner nimmt sich eines Themas an, das leider in unsere virtuelle Zeit passt. Love Scammer. Von ihnen hört und liest man immer wieder, es wird vor ihnen gewarnt und doch haben sie Erfolg. Die Frauen (denn meistens sind es Frauen) wollen Liebe, wollen Zuneigung, die Betrüger jedoch wollen nur eins: sie wollen ihr Geld. Und möglichst viel davon, auch wenn ihre Opfer es sich nicht mehr leisten können. Dann helfen sie nach, finden Mittel und Wege, pressen sie aus wie eine Zitrone.

„Mama & Sam“ wird aus Sicht der Tochter erzählt. Sie steht in Mamas Wohnung, Mama ist tot. Das Erbe hat sie ausgeschlagen, denn außer Schulden ist nichts geblieben. In Mamas Laptop und in ihrem Handy findet sie den Chat zwischen Mama und Sammy, der nüchtern betrachtet sofort auf einen dieser Love Scammer schließen lässt. Er behauptet, Sam Heughan zu sein, ein berühmter Schauspieler, den ich zugegebenermaßen nicht kenne. Ein Blick ins Netz macht sofort deutlich, wer er ist, wie und mit wem er lebt, was er gerade macht – man könnte also meinen, dass keine Frau auf so eine Story hereinfallen würde. Nun, Mama ist verliebt, sie glaubt ihm zwar nicht alles, widerspricht sogar und doch lässt sie sich permanent auf ihn und seine Lügen ein. Sie lechzt geradezu nach Liebesbeweisen, die spärlich fließen, ihr Geld jedoch fließt umso mehr Richtung Sam. Sarah Kuttner erzählt davon und von der Tochter, die mit dieser Situation irgendwie zurecht kommen muss. Die Mutter-Tochter-Beziehung war ziemlich kühl, auch spüre ich nicht viel von Trauer, der Schreibstil ist eher nüchtern. Bis hin zur lieblosen Urnenbeisetzung, die mir eher als lästiges Übel vorkommt, wechseln sich das Lesen der Chateinträge und das Nachspüren von Mutters Leben und auch das der Tochter ab.

Das Nachwort gibt Empfehlungen für den Umgang mit einem Opfer eines Love Scams und greift auch das typische Verhalten eines Menschen auf, der sich auf diese manipulative Betrügermaschinerie einlässt. Ich bin zutiefst erschüttert, musste das Buch des Öfteren weglegen, denn die Story ist heftig, abwegig jedoch ist sie nicht.

Bewertung vom 03.12.2025
Schatten über dem Kloster / Isabella Falk ermittelt Bd.1
Schörghofer, Manuela

Schatten über dem Kloster / Isabella Falk ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Intrigen hinter Klostermauern

Allgäu, 1376: Isabella Falk ermittelt in ihrem ersten, sehr persönlichen Fall. Schon der Prolog hat es in sich. Es scheint, als ob einer in eine Falle gelockt würde. Und ja, ein Messer wird gezückt, Öl läuft aus, entzündet sich, zurück bleibt eine verkohlte Leiche, daneben ein Indiz, das dem Bürgermeister zugeordnet werden kann. Zuständig ist hier der Richter Rudolf Falk, der bald darauf verstirbt. Der neu ernannte Richter hat jedoch kein Interesse an einer Aufklärung, für ihn ist es nichts anderes als ein selbst verschuldeter Unfall.

Richter Rudolf Falk hat vor seinem Tod seinen Nachlass notariell geregelt. Darin hat er seine Ehefrau als Alleinerbin benannt, vorausgesetzt, sie klärt den Mord an Bürgermeister Vogler auf. Sollte sie scheitern, geht das Erbe an seinen Bruder, der schon habgierig darauf lauert. Isabella ist eine junge, gebildete, kluge und weitsichtige Frau, die nun für Haus und Gesinde zuständig ist. In ihrem Schwager Berthold hat sie einen gefährlichen Gegenspieler, der vor nichts zurückschreckt. Der neu ernannte Stadtschreiber Leonhard Stadler jedoch steht auf ihrer Seite, er unterstützt sie mit Rat und Tat, ebenso der junge Magnus Bader, Sohn des alten Medicus und selber ausgebildeter Mediziner.

„Schatten über dem Kloster“ ist der Auftaktband um Isabella Falk, ein historischer Krimi voller Intrigen und finsteren Machenschaften. Man spürt direkt die dunklen Klostermauern, die Schatten in den verborgenen Winkeln, ahnt Verschwörung und Betrug, lehnt so manch giftigen Trank vehement ab und glaubt unter der Gugel, dem Überwurf mit Kapuze, an so manch zwielichtige Gestalt.

Da ich sowohl historische Romane als auch alles Kriminalistische sehr gerne lese, bin ich hier genau richtig. Nicht jedem würde ich trauen, so einigen traue ich vieles zu und in manch einer Person täusche ich mich dann doch. Trotzdem Isabella mit dunklen Machenschaften zu kämpfen hat, hat sie ihr Ziel nie aus den Augen verloren. Mit nicht nur einem Widersacher hat sie es zu tun und auch eine verirrte Seele bringt tödliche Gefahren mit sich. Die Autorin versteht es, Spannung zu erzeugen und diese kontinuierlich hoch zu halten. Schon allein die damaligen Begriffe, die sie im (dem Geschehen vorangestellten) Glossar erklärt, lassen mich eintauchen in diese Zeit. Dabei sei auch das gut gegliederte Personenverzeichnis sowie der Stadtplan von Füssen anno 1376 noch erwähnt.

Der durchgehend spannende historische Roman, der im Spätmittelalter angesiedelt ist, hat mich bestens unterhalten. Und selbstredend werde ich Isabella Falk treu bleiben, ein weiterer Fall deutet sich an.