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Magnolia
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Bayern

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Insgesamt 180 Bewertungen
Bewertung vom 25.09.2025
Der Donnerstagsmordclub und der unlösbare Code / Die Mordclub-Serie Bd.5 (eBook, ePUB)
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub und der unlösbare Code / Die Mordclub-Serie Bd.5 (eBook, ePUB)


gut

Very british-cosy-crime

Der Donnerstagsmordclub ermittelt zum nunmehr fünften Mal, hier geht es um einen unlösbaren Code. Was sich zunächst als ziemlich diffizil anhört, ist es auch. Denn wie soll man einen mehrfach gesicherten Code knacken? Noch dazu, wenn es mehr als einer Person bedarf, diesen nicht nur zu entschlüsseln, sondern auch die hierfür vorgesehene Eingangstür zu öffnen. Hört sich kompliziert an? Ja, es ist auch. Eine ganz schön anspruchsvolle Aufgabe steht dem Mordclub bevor, allen voran Elizabeth – natürlich.

Nachdem ich bisher einmal die Ehre hatte, dem Ermittlerquartett nahe zu sein, so war ich doch neugierig, wie sich Elizabeth, Joyce, Ron und Ibrahim so machen. Gleich mal bin ich Hochzeitsgast, Joyce Tochter Joanna, die ihren Paul übers Internet kennengelernt hat, will eine kleine Hochzeit, ihre Mutter dagegen findet dies geradezu jammerschade.

Nun, Nick Silver, der Trauzeuge, verschwindet spurlos, nachdem klar ist, dass jemand ihn ermorden will. Aus verschiedenen Gründen wollte er nicht zur Polizei gehen und nun ist es an Elizabeth, Licht ins Dunkle zu bringen. Licht heißt in dem Fall, den Code zu finden, ihn zu entschlüsseln, denn es hängt ne Menge Kohle dran. Und nicht nur auf ihn hat es jemand abgesehen…

Der sehr spezielle Humor ist es, der mich bis jetzt davon abgehalten hat, nach diesen Büchern zu greifen. Man soll aber niemals so ganz nie sagen – wer weiß, was einen entgeht.

Gleich mal hab ich mich über Elizabeths Art geärgert, sie macht Donna, die Polizistin, ganz schön nieder. Auch wenn es Cozy Crime ist, so sollte es doch einigermaßen im Rahmen sein. Eine unterwürfige Polizistin, die sich einer selbsternannten Detektivin nicht zu wehren weiß – wo gibt es denn sowas! Gut, dass sich dieses devote Verhalten nicht durchs Buch zieht, denn abgesehen davon ist es ganz unterhaltsam. Wenn etwa Joanna ihrem frisch Angetrauten unbedingt gefallen will und er augenzwinkernd mitspielt, das hat schon was. Ich hab geschmunzelt, hab gelacht und mich amüsiert. Und ja – auch hab ich um Nick gebangt. Und nicht nur um ihn. Die Story flaut zwischendurch ab, erholt sich dann aber wieder – ich vergebe 3 Sterne.

Bewertung vom 24.09.2025
Dem Himmel so nah / Herrliche Zeiten Bd.2 (eBook, ePUB)
Prange, Peter

Dem Himmel so nah / Herrliche Zeiten Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Liebe und Freundschaft über Grenzen hinweg

Nicht immer waren es „Herrliche Zeiten“, von denen Peter Prange erzählt. Nachdem ich „Die Himmelsstürmer“, das erste Buch der Dilogie, vor nunmehr einem Jahr gelesen habe, ist auch der Nachfolgeband „Dem Himmel so nah“ zugeklappt, es waren wiederum sehr intensive Lesestunden. Prange zeigt ein Europa zwischen Glanz und Abgrund, zwischen Traum und Albtraum.

Von der Gründung des Deutschen Kaiserreiches 1871 bis nach dem Ersten Weltkrieg sind die herrlichen Zeiten angesiedelt, der zweite Band beginnt im Jahre 1900.

Während der erste Band den Focus auf Vichy, Paul und Auguste legt, die sich in Karlsbad begegnen und nie mehr aus den Augen verlieren, sind es nun auch ihre Kinder und noch einige mehr, deren Wege wir verfolgen.

Claire ehelicht den Unternehmersohn Friwi, der zunächst in China und bald danach in den deutsch-südwestafrikanischen Kolonien gegen die Ureinwohner kämpft. Ein blutiger Kampf gegen die Herero, alles um Deutschland als kommende Weltmacht zu etablieren. Nachdem die Ehe gescheitert ist, geht Claire zurück nach England, dort schließt sie sich den Suffragetten an, während es Kaspar, ihre einstige große Liebe, nach Russland verschlägt. In St. Petersburg gerät er immer tiefer hinein in die politischen Unruhen, die Revoluzzer werden zunehmend radikal, was ihm dann doch nicht mehr behagt.

Drei Handlungsstränge – in Berlin, London und Paris – sind ineinander verwoben. Über Ländergrenzen hinweg verstehen sie sich, sowohl menschlich als auch kulturell funktioniert das Zusammenleben, was auf der politischen Ebene allmählich verloren geht. Der wiedererstarkte Antisemitismus etwa ist es, der mit dem Nationalsozialismus einhergeht und auf den Ersten Weltkrieg zusteuert. Ein Szenario, das aufzeigt, wie unfähig die Menschheit ist, in Frieden zu leben.

Zuvor aber wird investiert, es ist die Zeit der großen Erfindungen, die Untertunnelung des Ärmelkanals ist wieder im Gespräch. Auch Paul, der inzwischen mit Vicky verheiratet ist, hat große Pläne, die Auguste Escoffier, der Koch aus Leidenschaft, seit jeher umtreiben. Er pendelt zwischen Frankreich und England, vergisst dabei auch seinen deutschen Freund Paul nicht, viele seiner Kreationen sind weltberühmt – man denke nur an Crêpe Suzette.

Eingebettet in den historischen Hintergrund sind es die Charaktere, die den herrlichen Zeiten Struktur geben und die Geschichte lebendig werden lassen. Durch die kurzen Kapitel, die wechselseitig von den Hauptakteuren und deren weit verzweigter Familie, von deren Wünsche und Träume und ihrem unbedingten Durchhaltewillen erzählen, zuweilen aber auch von ihrem verbissenen Kampf und ihren Irrwegen, verliert man nie den Überblick. Die Personen sind überwiegend fiktiv, dem gut gegliederten Personenverzeichnis am Ende des Buches kann man die historischen Persönlichkeiten entnehmen, zu denen auch Auguste, der König der Köche oder auch der Koch der Könige gehört.

„Herrliche Zeiten – Dem Himmel so nah“ ist eine Geschichte von Liebe und Freundschaft in einem von Fortschritt geprägten Europa fern jeglicher Grenzen – auch wenn dieser schöne Traum nicht von Bestand ist. „Auf die herrlichen Zeiten, in denen wir leben“ und die wir uns hoffentlich nicht selbst zerstören.

Bewertung vom 23.09.2025
Was du siehst (MP3-Download)
Maaß, Laura

Was du siehst (MP3-Download)


sehr gut

Über die Liebe und das Leben und noch viel mehr

Das Hörbuch von Laura Maaß Debütroman „Was du siehst“, gesprochen von Heike Warmuth, erzählt über 8 Stunden und 18 Minuten von Jule und Andi, beginnend 1967, als Jule noch nicht geboren ist. Ihre schwangere Mutter Ruth kommt von Ost-Berlin nach Mecklenburg, dort findet sie in Hannah eine Freundin. Deren Sohn Andi und Jule wachsen gemeinsam auf, sie werden älter, beide verbindet mehr als nur Freundschaft, aber doch zieht es Jule hinaus in die Welt, sie sucht nach ihrem ihr unbekannten Vater, der sich – so mutmaßt ihre Mutter – einst in den Westen abgesetzt hat. Lediglich ein Foto hat Ruth von ihm. „Warte auf mich“ hat er auf die Rückseite geschrieben.

„Ich sehe was, was du nicht siehst“ ist ein Wechselspiel der Farben, das auch Jule und Andi verbindet. Auch dann noch, als es Jule hinauszieht, während Andi seiner Heimat verbunden bleibt. Sie schreiben sich, drücken ihre Gefühle in allen Farben aus.

Heike Warmuth hat mir mit ihrer ausdrucksstarken, der jeweiligen Situation angepassten Stimme nicht zum ersten Mal angenehme Hörstunden beschert. Es ist ein leises (Hör)Buch, das vor dem Hintergrund der damaligen DDR vom Leben in einem kleinen Dorf an der Elbe erzählt, von der Wende und von der Sehnsucht nach der anderen Welt, die einst hinter Mauern für sie verborgen war. Von Lebensgeschichten weiß Laura Maaß zu berichten, nicht nur von Jule und Andi, auch von den anderen Dorfbewohnern, von ihrem Alltag, den kleinen und den größeren Sorgen und von den gesellschaftlichen und den politischen Entwicklungen über vier Jahrzehnte.

Es ist ihr ein warmherziger Roman in vielen Schattierungen gelungen mit starken Charakteren, denen man gerne folgt. Einzig die Suche nach dem Vater steht ein wenig abseits, irgendwie verloren, nicht unbedingt real. Und doch ist es eine lesens- bzw. hörenswerte Geschichte, die so oder so ähnlich zigmal das Leben schreibt.

Bewertung vom 23.09.2025
Garden Girls
Patch, Jessica R.

Garden Girls


sehr gut

Ein Schöngeist der besonderen Art

„Garden Girls“ klingt nach Schönheit, nach Freiheit, nach Natur, nach Sommer und Wärme, auch vermittelt das Cover auf den ersten Blick dieses warme Gefühl - von Blumen umgeben, ein stimmungsvolles Ambiente, dazu Beethovens Mondscheinsonate. Zum Dahinschmelzen romantisch.

Wäre da nicht diese Dissonanz, dieser Missklang, diese so falschen Töne, denn schon der Prolog zerstört dieses Bild, er lässt mich frösteln. „Komm, meine kleine Blume. Hinein mit dir.“

FBI-Agent Tiberius Granger, kurz Ty genannt, wird mit seinen Kollegen zu einem Leichenfund gerufen. Eine vom Hals bis zu den Schenkeln mit Rosen tätowierte Frau lehnt am Eingang eines Leuchtturms. Bald ist klar, dass es sich um Amy-Rose Rydell handelt, die seit einem halben Jahr vermisst wird. Auch Lily Hayes Leiche, von der seit fünf Monaten jede Spur fehlt, wird an einem anderen Leuchtturm, ähnlich drapiert, mit Lilien tätowiert, gefunden.

Ty wird von seiner Vergangenheit eingeholt, er trifft auf seine große Liebe Bexley Hemmingway, die er viele Jahre nicht mehr gesehen hat. Ahnah, Bex Schwester, ist verschwunden – ist auch sie diesem „Tattoo-Künstler“ in die Hände gefallen? Die fieberhafte Suche beginnt.

Die Zeit drängt, denn ein schwerer Sturm hält genau auf ihre Gegend zu. Sie gehen momentan von acht vermissten Frauen aus, sie alle tragen eine Blume im Namen. Die bedrohliche Atmosphäre ist stets gegenwärtig und die Frage, ob auch Bex Schwester von diesem schöngeistigen Ungeheuer festgehalten wird, schwingt mit. Zwischendurch meldet sich der Täter selber zu Wort, er scheint Ty ganz nahe zu sein, bleibt jedoch unsichtbar. Und - wir bekommen Einblicke in seine Welt.

Die Story fesselt sofort. Es tauchen so etliche zwielichtige Gestalten auf, denen man jedes Verbrechen zutrauen würde. Dann wieder sind es private Offenbarungen, die Ty fast den Boden unter den Füßen wegziehen. Man spürt seine innere Zerrissenheit, auch scheint eine Sekte eine nicht zu unterschätzende Rolle zu spielen. Und immer wieder dieses „schöne“ Bild der Blumen, die vollkommene Ästhetik, die doch so verstörend anmutet.

Dieser Thriller ist voller Dramatik, die Szenen beklemmend, die Figuren gut nachvollziehbar gezeichnet. Lediglich der Schluss war mir zu langatmig, ich hätte ihn mir kurz und knackig gewünscht, dieses Langgezogene, alles bis ins letzte Detail Erklärende, wäre für meine Begriffe nicht notwendig gewesen. Alles davor ist Gänsehautfeeling, es ist Spannung pur – ein absolut empfehlenswerter Thriller.

Bewertung vom 17.09.2025
Dass es uns überhaupt gegeben hat (eBook, ePUB)
Wanda, Marco

Dass es uns überhaupt gegeben hat (eBook, ePUB)


sehr gut

Marco Wanda – der Mensch hinter der Band

„Eine bestechend ehrliche Geschichte über das Leben“ will er präsentieren. Ich bin mal gespannt. Marco Wanda berichtet über die Entstehungsgeschichte seiner Band. Ein Wiener, den es auch in die Welt hinaus treibt. Ich mag Wien, ich mag die Wiener und ich mag ihre Lieder. Aber …

…Marco Wanda? Nie gehört. Und plötzlich liegt das Buch vor mir. Ganz schön leichtsinnig, denke ich mir, als ich das Cover betrachte, das zugegebenermaßen seinen Anteil an meiner Neugier hat. Bevor ich zu lesen beginne, höre ich mir so einiges an und das, was ich höre, gefällt mir. Die erste Hürde ist genommen, auf geht´s – direkt ins Buch. Und das hat es in sich.

Musik ist das, was ihn antreibt. Er probiert sich aus, nimmt Drogen, verfällt dem Alkohol. Und dies alles exzessiv, bis zur Schmerzgrenze. Passt eigentlich ganz gut, denken wir nur an all die Rockstars und deren zertrümmerte Hotelzimmer. Gelegentlich schweift er ab, hat direkt ein nostalgisches Heimatgefühl. Er erzählt vom italienischen Teil seiner Familie, die in Bologna lebt. Geht weit zurück zu seinem Urgroßvater, den es nach Rumänien verschlägt. Und von seiner Mutter, die schließlich über Umwege in Wien landet. Und dann natürlich ist es die Musik, sind es seine Freunde, die nicht bleiben. Gar zerstörerisch ist er zuweilen unterwegs. Kaputte Bilder auf der Bühne, damit kokettiert er. Kaputt aber glücklich fühlt er sich nach einem Konzert. Er steht zu seiner Glatze, will keinen Hut wie Udo, er hat sein Innerstes nach außen gekehrt, beschönigt nichts. Das muss man mögen oder eben nicht, ich bin hin- und hergerissen, mag die Musik, das Buch etwas weniger, um dann doch wieder ganz gebannt weiterzulesen.

Es ist ein tiefer Einblick, den Marco Wanda gewährt. In seinen Schreibstil musste ich mich wie gesagt erst einfinden, nicht jede Passage ist gleich flüssig zu lesen. Er wollte eigentlich Autor werden, wie er verlauten lässt. Als Musiker ist er vielleicht besser dran. Nun, dass es sie überhaupt gegeben hat, hat er teils kurzweilig und dann doch wieder ziemlich langatmig ausgeführt. Neben dem Lesen hab ich immer wieder in die gerade angesprochenen Titel hineingehört, was für mich unbedingt dazugehört, was auch dafür verantwortlich ist, dass ich lange mit Wanda und seinem Buch zu tun hatte. Er schreibt von seinem Leben, von der Band, von Drogen und Alkoholexzessen, von Freundschaft, von Verlust und Tod und wird daneben erwachsen. Irgendwie.

Bewertung vom 17.09.2025
Bodenfrost / Kreuthner und Wallner Bd.12
Föhr, Andreas

Bodenfrost / Kreuthner und Wallner Bd.12


ausgezeichnet

Spannend, launig und ein wenig schlitzohrig

Das fängt ja gut an! Polizeihauptmeister Leonhardt Kreuthner wird sozusagen zwangsverpflichtet, den Kindernachmittag zu gestalten und zu leiten. Leo wäre nicht er, hätte er sich nicht ganz besondere Attraktionen ausgedacht wie etwa die, den Kindern die Funktion der Floriansschaukel anschaulich zu demonstrieren. Seine Warnung, dies nicht nachzumachen, folgt schon auch. Eh klar.

Neugierig, wie Kinder nun mal sind, hat sich die kleine Martha, die Tochter des Polizeipräsidenten, klammheimlich ins angrenzende, leer stehende Bauernhaus geschlichen. Dass da einer auf dem Boden liegt, gehört nicht zu den vorbereiteten Szenen, denn der ist wirklich tot. So endet der Kindernachmittag in einem Mordfall, denn es ist nicht davon auszugehen, dass der Brauereibesitzer Vitus Zander, der da mit verrenkten Gliedmaßen in der Stube liegt, eines natürlichen Todes gestorben ist. Zumal ein auf seine Haut skizziertes Mal an einen Serienkiller, der vor Jahren sein Unwesen getrieben hat, erinnert. Geht der Harpunier wieder um?

„Bodenfrost“ ist der mittlerweile zwölfte Fall, dem Kreuthner und sein Kollege Clemens Wallner von der Miesbacher Polizei nachgehen müssen. Der Autor gewährt uns Lesern Einblicke in Vitus Ehe, wir lernen seine Angetraute Isabell näher kennen und auch ihre Freundin Emmy, die Vitus ein gewaltiger Dorn im Auge ist. Wir springen zurück, 31 Tage vor dem Leichenfund.

Für Kreuthner und Wallner gibt es jede Menge zu tun, beide sind sie in sich gefestigte, unverwechselbare Typen, wobei Kreuthner mit seinen schon sehr eigenwilligen (Ermittlungs)Methoden zuweilen den sprichwörtlichen Vogel abschießt. Pippa, seine Angebetete, ist allein schon von ihrem Wesen her die genau Richtige für ihn. Es kann durchaus vorkommen, dass sie gemeinsam haarscharf am Legalen vorbeischrammen. Und auch wenn Wallner (eigentlich) das genaue Gegenteil von Kreuthner ist, so halten seine Nerven nicht unbedingt einen überkorrekten Kollegen aus, der die Münchner Umweltzone verteidigt, ohne Rücksicht auf seinen Polizeieinsatz. Da kann auch Wallner ganz schön grantig werden und aufs Gas drücken.

„Bodenfrost“ kommt mit viel Lokalkolorit daher mit sympathischen Figuren und zwielichtigen Gestalten mit viel krimineller Energie, um deren Charakter mal nett zu umschreiben. Eigenwillig sind sie allesamt, auch knorrig und kauzig, wie es im Leben eben so ist. Ja, auch schlitzohrig, dabei fällt mir Wallners Opa Manfred ein, der hier natürlich nicht fehlen darf. Die vielschichtige Story entwickelt sich, die Ermittlung führt sie auch fernab der bayerischen Grenzen hinauf in den Norden, es bleibt spannend bis zum Schluss.

Andras Föhr weiß, seine Leser zu fesseln. Seine Regio-Krimis sind Kult, man kann mittendrin einsteigen, man muss sie nicht alle gelesen haben. Was mich besonders freut, denn ich mag zwar Reihen an sich, aber die einzelnen Bände sollen in sich abgeschlossen sein. Der spannende „Bodenfrost“ ist ein wiederum rundum gelungener Krimi mit viel Lokalkolorit und launigen Dialogen, der mit Charme und witzig-spritzigen Szenen zu punkten weiß.

Bewertung vom 15.09.2025
Ciao bis zu den schönen Tagen (eBook, ePUB)
Recchia, Roberta

Ciao bis zu den schönen Tagen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Einfühlsam erzählt

„Im Sommer, als er zehn war, wurde Luca Nardulli vom Blitz getroffen.“ Betta war es, von der er seinen Blick nicht abwenden konnte, die ihn sofort fasziniert hatte und genau in diesem Moment begriff er, dass er sie liebte. Die Sommer verbringt die um einige Jahre ältere Betta im Ferienhaus ihrer Eltern in Torre Domizia, einem kleinen Ferienort an der italienischen Küste und diesen Sommer, Luca ist nun zwölf, sollte er sie zum letzten Mal sehen. Denn eines Nachts geschieht ein Unglück, die sechzehnjährige Betta wird tot aufgefunden.

In ihrem Debütroman „Endlich das ganze Leben“ erzählt Roberta Recchia von dieser schicksalhaften Nacht, vom Davor und dem Danach. Von den Ansaldos, Bettas bis dahin glücklicher Familie und von den Nardullis, denn Lucas älterer Bruder Maurizio wird zwei Jahre danach mit zwei anderen Jugendlichen für die Tat zur Verantwortung gezogen.

Und hier knüpft „Ciao bis zu den schönen Tagen“ an das damalige Drama an. Man muss das hier erwähnte Vorgängerbuch nicht gelesen haben, Roberta Recchia erzählt in ihrem zweiten Roman von Luca, von seiner Mutter und von seinem Vater und davon, wie sie an Maurizos Schuld zerbrechen.

Um Luca vor den Schuldzuweisungen, die seine ganze Familie betreffen, zu schützen, setzt seine Mutter ihn in den nächsten Zug nach Bergamo zu seinem Onkel Umberto und seiner Familie. Zunächst wird er herzlich aufgenommen, aber später dann, als Umbertos Töchter heranwachsen, duldet seine Frau Mara Luca nicht mehr in der Nähe ihrer Kinder. So setzt sich das Drama fort, das ihn immer wieder einholt. Es sind Jahre der Verzweiflung, es geht um Schuld und um Schuldgefühle. Die Jahre vergehen, Luca meint, endlich angekommen zu sein, als ihn wieder ein Schicksalsschlag aus der Bahn zu werfen droht. Gibt es ein Verzeihen? Kann man irgendwann vergeben?

Dieser Roman hat mich tief berührt. Die Autorin weiß jede einzelne Figur in feinen Nuancen zu beschreiben, sie zum Leben zu erwecken. Hier ist sie über Betta Ansaldos Drama hinausgegangen, um von Luca zu erzählen. Er ist ihr nicht mehr aus dem Sinn gegangen, sie musste einfach diese Geschichte aus Lucas Sicht wiedergeben, um ihn, den Zwölfjährigen, hin zum Erwachsenwerden und darüber hinaus zu begleiten. Und es ist eine so eindringlich erzählte, eine so aufwühlende Geschichte, die nicht nur ihn betrifft, denn die ganze Familie wird mit hineingezogen.

„Ciao bis zu den schönen Tagen“ ist ein ergreifender, ein behutsam erzählter Roman, der trotz allen Widrigkeiten aufzeigt, wie wichtig der Zusammenhalt in der Familie ist und man doch zueinander finden kann. Sehr lesenswert, absolut empfehlenswert.

Bewertung vom 14.09.2025
Die Toten von nebenan
Monti, Olivia

Die Toten von nebenan


sehr gut

Die Geister der Toten

Frau Löfflers Großmutter erzählt ihr, dass sie sich durch die Welt der Lebenden frei bewegen kann. Sie kann durch Dächer und Wände schweben, kann ihr Alter frei wählen - eine durchaus verlockende Welt, wenn man nicht tot wäre. Denn das ist sie nun, nach dem Fahrradunfall…

…und sie staunt nicht schlecht, als ihr hier, in ihrem Viertel, die schon lange toten Nachbarn begegnen. Mehr noch, sie alle wohnen wie zu ihren Lebzeiten in ihren Häusern - egal, ob diese nun leer stehen oder wieder bewohnt werden. Die Lebenden nehmen sie nicht wahr, sie haben sich nach dem Ableben der früheren Bewohner neu eingerichtet, ein Haus wurde sogar abgerissen und neu aufgebaut, was die Parallelwelt der Toten nicht zu stören scheint, denn diese wohnen nach wie vor mit ihren alten Möbeln, ihrem Geschirr und all ihrem Besitz - nur die Toten sehen sich gegenseitig.

Kaum hat sich Frau Löffler mit ihrer neuen Situation vertraut gemacht, kommt Herr Tober ins Spiel. Seine Anhänger sind Feuer und Flamme, als er ihnen das „Paradies auf Erden“ – wie er sein Projekt nennt – verspricht. Sie wollen die Lebenden aus ihren angestammten Häuser und Wohnungen vertreiben, sie wollen sie regelrecht vergraulen.

Ein so faszinierendes wie schwer greifbares Szenario stellt Olivia Monti in den Raum, ihre Parallelwelt hat gar satanische Züge. Herr Tober ist die Verführung in (Geister)Person, der ihnen Wünsche abverlangt, um diese dann zu ihrer mehr oder weniger Zufriedenheit einzulösen. Es kommt wie im richtigen Leben zu Rivalitäten, zu Eifersucht und Missgunst, all die schlechten Gefühle drängen sich mehr und mehr in den Vordergrund.

„Die Toten von Nebenan“ haben mich sofort in ihr Universum gezogen, ich kenne und schätze Olivia Montis Stil seit „Sterbewohl“. Ein nachdenklich machendes Buch über eine erzwungene Sterbehilfe, eine Mischung aus Krimi und Dystopie. Und hier, bei den „… Toten von Nebenan“, hat sie neben anderem auch paranormale Studien mit einfließen lassen. Ihre Figuren werden stets mit Frau oder Herr angesprochen, was schon allein deshalb für eine gewisse Distanz sorgt, dem Thema der Toten durchaus angemessen.

Was wäre wenn… man dem Bösen folgt, der den Hass und die Gier weiter schürt um des eigenen Vorteils willen? Natürlich sollte jedem klar sein, dass nichts umsonst ist. Ist dieses angebliche Paradies wirklich erstrebenswert? Ein schaurig-schönes Lesevergnügen über die Kunst der Verführung, ohne Weiteres auf die Lebenden und unsere gar nicht so heile Welt übertragbar.

Bewertung vom 11.09.2025
Du musst meine Hand fester halten, Nr. 104
Abel, Susanne

Du musst meine Hand fester halten, Nr. 104


ausgezeichnet

Das Schicksal zweier Heimkinder, das tief berührt

Susanne Abel erzählt die Geschichte zweier Heimkinder, die gegen Ende des Zweiten Weltkrieges nichts mehr haben außer sich selbst. Der Junge ist 1942 geboren, mehr geben seine Ausweispapiere nicht her. Auch der Familienname ist bis auf die ersten Buchstaben unleserlich, also wird er ab sofort als Willeiski geführt. Die Liste mit den Vornamen steht bei Hartmut, seine neue Identität steht somit fest. Wir schreiben das Jahr 1945. Zu dem Zeitpunkt ist Margret Tucke elf Jahre alt, ihre Eltern sind im Krieg umgekommen. Beide wachsen in einem Kinderheim auf, in dem Nonnen für Zucht und Ordnung sorgen.

Die Handlung und die Personen – bis auf wenige Ausnahmen – sind fiktiv, die Schicksale jedoch sind es nicht. Die Autorin hat viel Zeit in die Recherche investiert, viele Zeitzeugenberichte fließen mit ein. Alles, was sie schreibt, was sie beschreibt, entspricht den Tatsachen. Wenn man bedenkt, dass beim Suchdienst des DRK in den Nachkriegsjahren 1945 bis 1950 14 Mio Suchanfragen eingingen und davon 300.000 Kinder betrafen, die von ihren Eltern gesucht wurden oder selbst gesucht haben, wird erst das ganze Ausmaß dieser verlorenen Kinder sichtbar. Das Nachwort gibt darüber Auskunft.

Es sind zwei Zeitebenen, die im Wechsel erzählt werden. Von 2006 bis 2017 ist es Emily, die bei ihren Urgroßeltern Margret und Hardy aufwächst wie zuvor schon ihre Oma Sabine und ihre Mama Julia. Die beiden Letztgenannten sind sehr jung Mutter geworden, beide waren sie überfordert, beide haben sie ihr Kind an Margret und Hardy abgeschoben. Emilys Nachfrage nach ihrem Vater beantwortet Julia nicht, dabei wäre dies für ihre Tochter so wichtig. Das Schweigen, das Verschweigen, zieht sich wie ein unsichtbares Band durch die Generationen.

Die Zustände in den Heimen waren alles andere als christlich, die Kinder werden körperlich und seelisch grausam misshandelt. Von Nächstenliebe keine Spur. An den wehrlosen Kindern werden Medikamententests durchgeführt, sie werden als Nummern geführt und auch so angesprochen, jede kleinste Verfehlung wird mit Schlägen und Einsperren geahndet. Mit dem kleinen Hardy durchlebe ich seine Odyssee, es verschlägt ihm regelrecht die Sprache. Was den Nonnen einen weitern Grund gibt, ihn zu bestrafen. Die etwas ältere Margret ist es, die sich seiner annimmt und auch sie ist es, die ihn fest an der Hand hält, wann immer es ihr möglich ist. Aber auch sie durchlebt ihre persönliche Hölle, auch sie erlebt Missbrauch, geglaubt wird ihr jedoch nicht. Die Nachwirkungen dieser schrecklichen Jahre ziehen sich durch ihrer beider Leben.

„Manchmal hilft es, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, damit die alten Wunden heilen können“ meint eine Ärztin, die Margret wegen eines Rezeptes aufsucht. Hört sich gut an, ist aber nicht einfach. Sollen all diese schrecklichen Jahre wieder präsent sein? Da ist Verdrängen oft der einzige Ausweg.

Das Buch hat mich tief berührt und es hat mich erschüttert ob dieser unfassbaren Härte, die Heimkinder ertragen mussten, die sie für ihr weiteres Leben gezeichnet haben. Die Figuren sind feinfühlig gezeichnet, man spürt ihre innere Zerrissenheit und auch die Liebe und die Fürsorge, die sie verbindet. Ein wiederum sehr lesenswertes Buch von Susanne Abel, das ich jedem ans Herz legen möchte.

Bewertung vom 05.09.2025
Der Italiener
Pérez-Reverte, Arturo

Der Italiener


sehr gut

Spionage und mehr in Kriegszeiten

Elena Arbués findet einen schwer verletzten Mann am Strand. „Er trug einen Gürtel mit einem Messer, am linken Handgelenk zwei seltsame große Uhren und am rechten eine dritte. Die Zeiger einer von ihnen standen auf 7.43Uhr.“ Einen Moment lang dachte sie, es könnte sich um einen Matrosen handeln, denn sie erinnert sich an die nächtliche Explosion und das brennende Schiff. Sie schleppt ihn kurzerhand zu ihrem nahe gelegenen Haus, sie ruft nicht die Guardia Civil. Kurz darauf wird er von Unbekannten abgeholt.

Was sie zu dem Zeitpunkt noch nicht weiß ist, dass er – Teseo - als Kampftaucher einer italienischen Spezialeinheit mit Stützpunkt in Algeciras angehört, die mit ihren maiale (das sind mit jeweils zwei Tauchern bemannte Torpedos) sich direkt an die britischen Schiffe heranpirschen, um diese mit Sprengsätzen zu versehen mit den Ziel, sie zu versenken. Es waren sehr effiziente Kriegswaffen und sollten sie wider Erwarten doch entdeckt werden, sind sie entsprechend ausgerüstet, um ihr Gerät zu zerstören und sich selbst dem verräterischen Tauchanzug zu entledigen.

Elena Arbués entscheidet sich, für die Italiener die Lage auszukundschaften. Sie als Spanierin kann ohne größere Probleme auf die britische Seite wechseln, auch hat sie in einem befreundeten Buchhändler eine Tarnadresse und doch kann sie als Spionin jederzeit auffliegen. Ein gefährliches, ja ein durchaus tödliches Spiel beginnt.

Arturo Perez-Revertes Roman basiert auf realen Ereignissen. Lediglich die hier agierenden Personen sind fiktiv, auch einige Situationen sind der Handlung angepasst. 1942 und 1943 - während des Zweiten Weltkrieges - versenkten oder beschädigten italienische Kampftaucher in Gibraltar und in der Bucht von Algeciras insgesamt vierzehn Schiffe der Alliierten. Diese Info lese ich, bevor ich mit der Gruppe Orsa Maggiore, wie sie sich nannten, abtauche.

Diese Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Zum einen sind es die Protagonisten - die Tauchgruppe und auch Elena - mit denen ich hautnah am gefährlichen Geschehen bin. Und dann führt der Autor Jahrzehnte später mit einigen der damaligen Helden Gespräche. In diese Art der Erzählung musste ich mich erst einfinden, da lediglich ein neuer Absatz die unterschiedlichen Zeiten und Sichtweisen voneinander trennt. Bald aber war ich tief drin, sodass ich mich auf diese gefährlichen Szenarien ganz einlassen konnte.

„Liebe und Sabotage in Zeiten des Krieges“ ist eher Sabotage in vielen Facetten denn Liebe, die eher angedeutet wird. Was mir sehr zupass kommt, denn ein Zuviel davon wäre diesem Kriegs- und Spionageroman abträglich gewesen. So aber stimmt die Balance, diese unglaubliche und dicht erzählte Geschichte ist für jeden historisch Interessierten sehr zu empfehlen.