Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
_Lucy_

Bewertungen

Insgesamt 20 Bewertungen
12
Bewertung vom 28.01.2025
Die verborgene Tochter / Die verlorenen Töchter Bd.4
Lane, Soraya

Die verborgene Tochter / Die verlorenen Töchter Bd.4


sehr gut

In Teile wirklich großartig
Mit dem Roman „Die verborgene Tochter“ hat Autorin Soraya Lane nun bereits den vierten Teil aus ihrer Familiensaga „Die verlorenen Töchter“ veröffentlicht. Wer bisher noch keinen Roman aus dieser Reihe gelesen hat - wie ich - findet problemlos sofort ins Geschehen. Alle anderen werden das Treffen der sieben Frauen in der Anwaltskanzlei wohl schon einmal erlebt haben und auch Mia, sowie Ella (Band 3) wiedererkennen. In ihrer Suche nach dem familiären Hintergrund erinnern die Romane um die insgesamt sieben Frauen in gewisser Weise stark an die „Sieben Schwestern“-Reihe von Lucinda Riley.
Mias Großmutter hatte den Kontakt zu ihrer Enkelin stets unterbunden. Doch dann erhält Mia überraschend ein Kästchen, das den Namen der inzwischen verstorbenen Frau trägt. Ihre Urgroßmutter hatte die Schachtel einst in einem ehemaligen Frauenhaus für ihre Tochter hinterlegt, bevor diese adoptiert wurde. Was haben der italienische Zeitungsartikel und der wunderschöne rosa Edelstein in dem Kästchen wohl mit ihrer Familie zu tun? Obwohl Mia sich normalerweise keinen Gedanken an die scheinbar so hartherzige Frau erlaubt, begibt sie sich doch auf die Suche nach der Vergangenheit. Die Spuren führen Mia an den Genfer See, wo der gutaussehende Juwelier Luca sie bei den Rätseln um den geheimnisvollen Stein und ihre Familie unterstützt.
Das Cover wirkt mit seiner idyllischen Landschaft zwischen Weinhängen und Häuseransammlungen entlang des Sees, sowie den Bergen im Hintergrund absolut einladend. Die leichte Wolkenschicht chargiert zwischen zartem rosa bis hin zu violett, was perfekt zu dem Edelstein der Geschichte passt.
Soraya Lanes Schreibstil lässt sich sehr flüssig lesen. Erzählt wird der Roman in zwei Zeitsträngen: Zum einen wird in der Vergangenheit, überwiegend um 1951/52, die Geschichte von Delphine aufgegriffen. Zum anderen sucht Georgia in der Gegenwart nach Antworten auf ihre Fragen. Obwohl mir der Teil mit Georgia und Florian mit kleinen Abstrichen gut gefallen hat, konnte mich der Roman mit Delphines tragischem Schicksal absolut berühren. Ihre Geschichte lädt regelrecht dazu ein mitzufiebern, mitzuleiden und sich mit ihr zu freuen, sodass ich ihren Kapiteln regelrecht entgegen gefiebert habe. Besonders herzergreifend finde ich auch das Ende ihrer Geschichte noch einmal. In Georgias Geschichte fehlt mir hingegen etwas Tiefe. Gerade zum Ende hin ereignen sich wichtige Geschehnisse so übereilt, dass es auf mich wenig authentisch und nicht uneingeschränkt befriedigend wirkt. Außerdem passen die Erzählstränge meiner Meinung nach in ihrer Logik nicht uneingeschränkt zusammen.
Die Charaktere in beiden Erzählsträngen rufen unterschiedliche Gefühle in mir hervor: Zum einen sind mir Martina und Hope unheimlich sympathisch. Sie stehen Delphine in schwierigen Zeiten zuverlässig wie Freundinnen zur Seite. Delphines Mann Giovanni ist hingegen lieblos und kalt seiner Frau gegenüber. Ihre Gefühle und Bedürfnisse kümmern ihn nicht. Aber auch er hat sich seine Situation, ebenso wie Delphine, nicht ausgesucht und musste seine Ehe aus familiären und unternehmerischen Gründen schließen. Delphine wünscht sich allerdings sehr die Liebe ihres Mannes zu erlangen. Seine Gleichgültigkeit macht ihr schwer zu schaffen und erschüttert ihr ohnehin geringes Selbstbewusstsein noch mehr. In Florian findet sie endlich jemanden, der sie ebenso rückhaltlos liebt, wie sie auch ihn liebt. Schade, dass der Prolog schon viel vorweg nimmt und damit zumindest zu Beginn auch die Spannung vermissen lässt.
Im anderen Teil ernten Georgias beste Freundin Sam und ihre Familie meine volle Sympathie. Nach dem tragischen Tod der Eltern haben sie Georgia ohne zögern in ihrer Familie aufgenommen und sind nach wie vor immer für sie da. Luca ist für meinen Geschmack leider zu oberflächlich dargestellt. Er wirkt galant und sehr familienverbunden. Trotzdem bin ich beim Lesen einfach nicht so richtig an seine Figur herangekommen. Georgia hat durchaus ein paar charakterliche Ecken und Kanten. Sie wird von einem alten Trauma eingeholt und nimmt in dieser Situation wenig Rücksicht auf ihre Mitmenschen und zeigt sich kaum kompromissbereit. In meinen Augen macht sie das aber durchaus authentisch. Schließlich kann eine rundum perfekte Protagonistin auch schnell mal langweilig sein.
Insgesamt ein überaus angenehm zu lesender Roman mit einer geheimnisumwobenen Handlung. Vor allem der ergreifende Erzählstrang in der Vergangenheit macht das Buch zu einer Empfehlung.

Bewertung vom 22.12.2024
Hercule Poirots Weihnachten / Agatha Christie Classics Bd.3
Christie, Agatha;Bottier, Isabelle

Hercule Poirots Weihnachten / Agatha Christie Classics Bd.3


ausgezeichnet

Ein starker Klassiker kurzweilig verpackt
Die Graphic Novel „Hercule Poirots Weihnachten“ gehört zu der Agatha Christie-Reihe von Carlsen Comics, in der bereits zwei weitere Comics erschienen sind. Das Szenario stammt von Isabelle Bottier, die Zeichnungen aus der Feder von Callixte.
Eine Graphic Novel zu lesen hat mich ziemlich gereizt. Mein letzter Comic geht wohl auf die Anfänge meiner Teenagerzeit zurück. Umso neugieriger war ich, ob und wie sich ein Agatha Christie Klassiker wirklich als Comic adaptieren lässt. Das ganz klare Ergebnis: Es geht – ganz wunderbar sogar.
Wäre ich nicht sowieso schon so neugierig gewesen – das Cover hätte mich sofort auf den Geschmack gebracht: Vor einer winterlich verschneiten Landschaft mit einer hell erleuchteten herrschaftlichen Villa im Hintergund, jagt Hercule Poirot wie besessen einer gewaltigen Blutspur nach. Ganz der passionierte Ermittler eben.
Obwohl der reiche Mr. Lee seine gesamte Familie und weitere Gäste zum Fest eingeladen hat, ist von Weihnachtsstimmung in Gorston Hall nichts zu spüren. Die einzelnen Familienmitglieder sind sich mitunter Spinnefeind und Lee selbst hat Freude daran seine Kinder so gut wie möglich zu tyrannisieren. Als der Alte dann am 24. Dezember mit durchgeschnittener Kehle aufgefunden wird, ist die Liste der Verdächtigen entsprechend lang, zumal auch das Erbe sehr ansehnlich ist. Poirot und der diensteifrige Inspector Sugden haben also jede Menge zu tun, um das wenig weihnachtliche Verbrechen aufzuklären.
Sehr beeindruckend, wie gut Handlung und Atmosphäre einzig und allein mittels Sprechtexten, einigen Sounddarstellungen und den ausdrucksstarken Bildern von Callixte eingefangen wird. Insbesondere die Mimik der einzelnen Charaktere ist ausgesprochen gelungen getroffen. Mit seinen spitzen Eckzähnen wirkt Mr. Lee von Anfang an furchteinflößend. Wenn er im Verlauf der Handlung seine Kinder immer wieder diskreditiert und erniedrigt, erscheint er gänzlich unsympathisch. Eigentlich also kein großer Verlust. Poirot und sein eifriger Kollege Sudgen stürzen sich natürlich trotzdem mit vollem Einsatz in die Ermittlungen. Wie gewohnt lässt Poirot sich dabei kaum in die Karten schauen, sodass das Miträtseln eine echte Herausforderung ist. Die Seiten lesen sich wie im Flug und die immer neuen Motive der Verdächtigen scheinen stark, doch dann kommt doch alles anders. Spannend bleibt es in der 64 Seiten starken Graphic Novel also bis zum doch recht überraschenden Ende. Dieser Mord war aber auch wirklich ziemlich perfide geplant. Beinahe muss man das Geschick des Mörders bewundern. Während Poirot ganz unverkennbar gezeichnet ist und mit einem wunderschönen Schneemann-Pendant entzückt, hatte ich anfangs mit Zuordnung von Mr. Lee’s größtenteils recht überheblicher Sippe so meine Schwierigkeiten und konnte sie teilweise nur anhand der Kleidung auseinander halten. Warum dies genau so beabsichtigt ist, wird jedoch erst zum Schluss des Comics deutlich. Ein paar Sympathieträger dürfen in diesem Buch natürlich auch nicht fehlen. Mit der Ehrlichkeit nehmen die es aber trotzdem nicht so genau. Viel zu schnell neigt dieser Comic sich seinem Ende.
Chapeau muss ich hier sagen! Diese Graphic Novel liefert einen Klassiker verpackt als kurzweilige Unterhaltung und stark bebildert. Ebenso ideal als Einstiegsklassiker, wie für begeisterte Klassiker-Leser, die sich auch mal einen neuen Zugang wünschen. Kurzum: Ein Lesevergnügen für wirklich (fast) jeden.

Bewertung vom 22.12.2024
Fake Dates and Fireworks
Groh, Kyra

Fake Dates and Fireworks


ausgezeichnet

Romantische Momente mit Tiefgang im Wunderkerzenschein
Passend kurz vor Silvester kommt mit „Fake Dates and Fireworks“ ist eine überaus unterhaltsame Enemy-to-Lover Romance von Kyra Groh auf den Buchmarkt.
Jedes Jahr verbringt Becca genau eine einzige Nacht, nämlich die Silvesternacht mit ihrem in London lebenden besten Freund Nils. Zu ihrem 10-jährigen Jubiläum möchte sie ihm nun endlich ihre Liebe gestehen. Die Erzieherin will nichts dem Zufall überlassen, kratzt ihre Ersparnisse zusammen und lädt Nils in ein schickes Wellnesschalet ein. Doch es kommt ganz anders als geplant: Erst steht ihr Raphael, der verhasste Onkel eines Kindergartenkindes im Hotel gegenüber und dann taucht auch noch Nils in Begleitung einer überaus schönen Verlobten auf. Dass die sympathische Frau ausgerechnet Raphael fälschlicherweise für Beccas Freund hält, macht das Chaos komplett.
Der Roman besticht schon beim Anblick mit seiner auffälligen Optik: Becca und Raphael zieren rechts und links des Titels das fliederfarbene Buchcover, ergänzt von Eiskristallen und den passenden Silvesteraccessoires. Letztere finden sich auch auf dem überaus schönen, farbigen Buchschnitt.
Eine gefällige Optik kann natürlich nicht schaden, trotzdem ist es in meinen Augen der Inhalt der zählt – und der überzeugt ebenso.
Kyra Grohs beweist einen flüssig zu lesenden Schreibstil, der den Roman zu einem echten Pageturner macht. Auch wenn das zufällige Aufeinandertreffen der Protagonisten im Hotel doch ein wenig konstruiert wirkt, sind die Hoffnungen, Sorgen und Fragen Beccas so authentisch und teilweise extrem alltagsnah und treffend beschrieben, dass es beim Lesen eine reine Freude ist. Dazu trägt sicherlich auch die Erzählform in der Ich-Perspektive inklusive Rückblicke bei, die Protagonistin Becca den Lesern noch näher sein lässt.
Obgleich man an einen solchen Wohlfühlroman natürlich in der potenziellen Erwartung eines Happy-Ends herangeht, bewahrt „Fake Dates and Fireworks“ doch beinahe über die gesamten knapp 400 Seiten eine unterschwellige Spannung. Einzelne, für Becca nicht immer erfreuliche Situationen, der richtige Grad an Spicemomenten und vor allem die starke Entwicklung der beiden Protagonisten lassen die Spannungskurve zwischendurch auch mal nach oben schnellen.
Die Figuren werden von Kyra Grohs wunderbar glaubwürdig und mit viel psychologischem Fingerspitzengefühl gezeichnet. Nils Verlobte Priya wirkt ausgesprochen sympathisch und sehr offen. Da sie eigentlich nicht auf den Kopf gefallen ist, verwundert es ein wenig, dass sie die Schmierenkomödie um sich herum nicht durchblickt. Nils dagegen erscheint restlos egozentrisch mit narzisstischen Zügen. Zwar schafft er es nach außen hin einen charmanten Eindruck zu machen und sein Handeln mit einem traumatischen Verlust zu rechtfertigen, doch wer genauer hinschaut erkennt schnell Nils‘ wahres Gesicht – zumindest alle bis auf Becca. Raphael scheint ein absoluter Karrieremensch zu sein. Sein Auftreten und sein Verhalten bringen Becca regelmäßig auf die Palme. Sein augenscheinlich verantwortungsloser Umgang mit seinem Neffen tragen bei Becca auch nicht gerade zu einer besseren Meinung über den Onkel bei. Doch nach und nach offenbart Raphael durchaus auch eine nette und überraschend hilfsbereite Seite. Vor allem sein enormes Einfühlungsvermögen bringt Becca ziemlich aus dem Gleichgewicht. Während Becca in ihrem Beruf als Erzieherin mit absoluter Souveränität glänzt, fehlt es ihr im Alltag oft an Selbstsicherheit und Selbstwertgefühl. Da sie absolut vernarrt in ihren besten Freund und heimlichen Schwarm Nils ist, merkt sie kaum, wie sehr dieser sie auf Abstand hält und seinen Bedürfnissen entsprechend manipuliert. Kritik an Nils lässt Becca aber nicht zu und lebt stattdessen schon in einer imaginären Zukunft mit ihm. Umso mehr trifft sie Nils heimliche Verlobung. Um „ihrem“ Nils trotzdem noch den Rücken zu stärken, ist sie nun ausgerechnet auf die Hilfe des verabscheuten Raphael angewiesen. Irgendwann ist es dann keine Wut mehr, die in Raphaels Gegenwart für einen regelrechten Funkenflug sorgt. Doch da ist auch noch Nils und Raphael gehört nicht gerade zu Nils‘ Fanclub.
„Fake Dates and Fireworks“ ist ein wunderbar zu lesender Enemy-to-Lover Roman, der beste Unterhaltung mit Alltagsnähe und einem gelungenen Maß an Tiefgang vereint. In meinen Augen absolut lesenswert!

Bewertung vom 04.12.2024
Der Viscount und das unerwartete Glück (eBook, ePUB)
MacBride, Freda

Der Viscount und das unerwartete Glück (eBook, ePUB)


sehr gut

Humorvoll, lockerer Regency-Roman
„Der Viscount und das unerwartete Glück“ ist der sechste Teil von Freda MacBrides Regency-Reihe. In diesem, von der Reihe unabhängig zu lesenden Band geht es dieses Mal um die junge Charlotte und den Viscount Timothy Hornible.
Das Cover zeigt die Rückansicht der Protagonistin im weißen Kleid, die in einem parkähnlichen Anwesen steht und auf ein hochherrschaftliches Gebäude im Hintergrund blickt. Eigentlich ein wirklich hübsches Cover, dass in meinen Augen aber nicht gänzlich zum Roman passen mag. Zum einen erscheinen mir die Farben für einen Regency-Roman viel zu kräftig, zum anderen spielt der Roman in London, also den Stadthäusern der feinen Gesellschaft.
Die ersten Begegnungen zwischen Charlotte und Timothy stehen unter keinem guten Stern, doch als ihre verwitweten Elternteile Gefallen aneinander finden, verbindet die beiden plötzlich ein gemeinsames Ziel: Die ältere Generation soll keinesfalls heiraten. Doch das Vorhaben die Eltern auseinander zu bringen ist einfacher gesagt als getan und Charlotte muss nebenbei auch noch selbst nach einem passenden Ehemann Ausschau halten. Obwohl zwischen Charlotte und Timothy zunächst die Fetzen fliegen, kommen die beiden sich bei ihrer gemeinsamen Mission überraschend näher.
Die Handlung des Romans ist nicht unbedingt sonderlich originell. Auf Bällen und bei gesellschaftlichen Verpflichtungen geht es immer wieder darum die jungen, heiratsfähigen Mädchen möglichst gut und schnell unter die Haube zu bringen. Alles schicklich und im Rahmen der vorherrschenden Konventionen versteht sich. Erfrischend finde ich, dass auch in der älteren Generation Liebe und Heirat eine Rolle spielen. In Anbetracht des offensichtlichen Titels bleibt die große Spannung im Handlungsverlauf allerdings aus. Zu deutlich ist es einfach, wie die Situation für die beiden Protagonisten endet. Lediglich die Frage nach Lady Hornible, Timothy Mutter und Lord Dallingham, Charlottes Vater bringt dem Buch ein wenig unterschwellige Spannung ein. Trotzdem ist der Roman ein echter Pageturner und ich konnte ihn nur schwer aus der Hand legen. Die Kapitel sind abwechselnd aus Charlottes und Timothys Sicht erzählt, wodurch beide Blickwinkel und Handlungen wunderbar nachvollziehbar sind. Der Schreibstil ist sehr flüssig, ausgesprochen anschaulich und mitunter ziemlich amüsant. Nichtsdestotrotz bevorzuge ich bei Regency-Romanen eigentlich doch einen eher veralteten Sprach- bzw. Schreibstil. Auch wenn dieser sich oft nicht ganz so flüssig lesen lässt, gehört es für mich einfach dazu und macht Roman dieser Ära authentischer.
Die besondere Stärke des Romans liegt meiner Ansicht nach in den Charakteren. Beide Hauptfiguren sind ausgesprochen direkt und ehrlich, zumindest soweit es die gesellschaftlichen Konventionen zulassen. Vor allem für eine junge Frau der feinen Gesellschaft wie Charlotte ist diese forsche Art eher ungewöhnlich, sodass sie aus der breiten Masse heraussticht. In Anbetracht der Kürze des Romans gelingt es der Autorin Freda MacBride vergleichsweise vielschichtige Protagonisten zu erschaffen, deren Charakterzüge sie mal bei gesellschaftlichen Anlässen, mal im privaten Umfeld zum Vorschein bringt.
Insgesamt eine sehr gefällig zu lesende locker-leichte Lektüre mit einer interessanten Protagonistin und (fast) allem, was ein Regency-Roman braucht.

Bewertung vom 29.10.2024
Ein Funke nur, ein kleines Licht - Eine Geschichte über Liebe und Mut
Shan, Milla

Ein Funke nur, ein kleines Licht - Eine Geschichte über Liebe und Mut


sehr gut

Mit kleinen Taten etwas Großes bewirken
Das Bilderbuch „Ein Funke nur ein kleines Licht – Eine Geschichte über Liebe und Mut“ von Milla Shan und von Anita Schmidt liebevoll illustriert wird für Kinder ab 4 Jahren empfohlen. Schon das Cover ist absolut zauberhaft gestaltet und ruft in mir geradezu das Bedürfnis hervor, das Buch anzuschauen.
Mit der Lebensgeschichte des kleinen Mäuserichs vermittelt das Buch auf herzerwärmende Weise Menschlichkeit, Mitgefühl und Nächstenliebe. Die Botschaft welch große Wirkung jede einzelne kleine Tat haben kann, ist auch für kleinere Kinder mit etwas Unterstützung erkennbar. Es bietet sich allerdings an, die einzelnen Sequenzen noch einmal eingehender mit den Kindern zu besprechen und nicht einfach unkommentiert stehen zu lassen.
Die Bilder sind wunderschön und ansprechend gestaltet. Durch das große Format lässt sich problemlos gemeinsam in das Buch schauen. Den so liebenswerten und herzensguten Mäuschen fliegen die Herzen regelrecht entgegen. Geschickt umgibt Anita Schmidt die Mäuschen passend zum Motto des Buches immer wieder mit einem dezenten Schleier aus Funken und Lichtern.
Milla Shan rahmt das Buch gelungen mit zwei Szenen zwischen Großvater und Mäusekind ein. Ist der Text am Anfang und Ende des Buches auch identisch, so ist das Mäusekind vom Beginn des Buches am Schluss selbst zum Großvater geworden, der die wichtige Botschaft von Liebe und Mut an seinen Enkel weitergibt. Die kompakten Texte sind von Milla Shan in Reimform angelegt und enden auf jeder Doppelseite mit der Botschaft: „Ein Funke nur, ein kleines Licht. Liebe und Mut, mehr braucht es nicht.“. Sehr gelungen, zumal es die Kinder nach den ersten Seiten durchaus animiert die Botschaft mitzusprechen. Leider wird aber das Versmaß nicht immer eingehalten, sodass einige Reime mitunter etwas holprig klingen. Dies wiederum ist sehr schade! Obwohl ich Reime in Bilder- und Kinderbüchern sonst sehr schätze, wirkt es hier manchmal etwas zu sehr gewollt und weniger wäre wohl mehr gewesen. Das gilt auch für die Themen. Man begleitet Mäuserich fast durch sein gesamtes Leben – soweit so gut. Dass aber die Themen Tod und Abschied auf einer Doppelseite kurz angerissen werden, finde ich ein wenig oberflächlich. Allerdings sollten Kinder natürlich generell beim Betrachten des Bilderbuches begleitet werden, somit lässt sich das Thema (wie auch alle anderen Themen) bei Bedarf noch vertiefen.
Großartige Bilder und die äußerst bedeutungsvolle Botschaft machen das Bilderbuch absolut lesens- und vorlesenswert.

Bewertung vom 21.10.2024
Die Himmelsstürmer / Herrliche Zeiten Bd.1
Prange, Peter

Die Himmelsstürmer / Herrliche Zeiten Bd.1


ausgezeichnet

Verspricht eine herrliche Lesezeit
Der historische Roman „Herrliche Zeiten – Die Himmelsstürmer“ ist der Auftakt zu Peter Pranges neuen Dilogie. Angesiedelt im viktorianischen Zeitalter, in der Blüte der Industrialisierung, begleitet man die drei ungleichen Protagonisten durch die letzten drei Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts.
Auch wenn Peter Prange in seinem gut recherchierten Roman viele interessante historische Ereignisse und Personen auftreten lässt, bleibt die Handlung doch fiktional: Die junge Vicky aus bestem Londoner Hause lernt bei einem Aufenthalt in Karlsbad den französischen Koch Auguste und den deutschen Ingenieur Paul kennen. Heimlich verbringen sie einen unvergesslichen Nachmittag bevor sich ihre Wege trennen. Beruflich und privat schlagen alle drei verschiedenste Wege ein, halten aber über die Jahre den Kontakt miteinander. Doch die politische und wirtschaftliche Lage in dieser Zeit ist angespannt und auch das Familienleben nicht einfach.
Das ansprechende Cover verdeutlicht sofort das Genre des historischen Romans. Wer die weiteren Bücher Pranges kennt, bemerkt auch den Wiedererkenungswert auf den ersten Blick.
Inhaltlich gelingt Peter Prange eine ausgesprochen bewegende, wie unterhaltsame Kombination: Er verknüpft wunderbar die spannenden, fiktionalen Lebenswege der Protagonisten mit bedeutenden historischen Gegebenheiten. Derart interessant gestaltet, weckt der Roman eine Menge Neugier. So wurde bei mir das Bedürfnis geweckt, meine geschichtlichen Kenntnisse ein wenig auszubauen und einzelne Ereignisse während des Lesens weiter zu recherchieren. Der Roman, der mit immerhin 663 Seiten ein ordentlicher Wälzer ist, lässt sich ausgesprochen flüssig lesen und begeistert mit enormer atmosphärischer Dichte. Aufgeteilt in drei große Teile mit zahlreichen, oft sehr kurzen Kapiteln, lässt Prange seine Leser mit jedem Kapitel zu einer anderen Figur springen. Prange versteht sich meisterlich darin die Erwartungen des Lesers zu schüren und seine Kapitel genau auf dem Höhepunkt zu beenden, um sich zunächst einem der beiden anderen Protagonisten zu widmen. Das Spannungsniveau bleibt damit konstant auf einem gehobenen Niveau. Hierzu tragen aber auch die vielfältigen familiären, wie finanziellen und existenziellen Probleme und Unstimmigkeiten der drei Figuren bei, die das Geschehen absolut authentisch wirken lassen. Und auch die angespannte politische Lage mit der mal eher hintergründig schwelenden, mal deutlich hervortretenden Kriegsgefahr zieht den Leser in den Bann des Romans.
Die in London beheimatete Vicky hat ihre Jugend sehr behütet und privilegiert verbracht, fühlte sich dabei aber von ihrer strengen Mutter oft eingesperrt. Nach einem folgenschweren Ereignis beugt sich Vicky dem Wunsch der Mutter und heiratet. Nie hätte sie erwartet, dass diese Ehe sie so glücklich macht. Doch die privaten Schicksalsschläge lassen nicht lange auf sich warten.
Nach dem tragischen Verlust des Vaters ist der Berliner Ingenieur Paul zum Familienoberhaupt aufgestiegen. Die nahezu hoffnungslose Lage der Firma und die schwierige Situation innerhalb der Familie verlangen ihm eine Menge ab und treiben ihn in eine Kalkül-Ehe. Gerade in Deutschland ist die drohende Kriegsgefahr besonders präsent, was zu enormen politischen Meinungsverschiedenheiten führt. Meine besondere Sympathie gilt Pauls Neffen Kaspar, der sich entgegen der damals geläufigen Wertvorstellungen seine eigene Meinung bildet, Menschlichkeit beweist und den Mut aufbringt seine Haltung trotz aller Widerstände entsprechend zu zeigen.
Der stolze französische Koch Auguste Escoffier muss hart für sein Ansehen in der Gesellschaft arbeiten. Er gehört, ebenso wie seine Frau Delphine zu den historisch belegten Figuren des Romans. Sein Beruf ist für ihn eine Berufung, quasi die Liebe seines Lebens. Im Gegensatz zu seinen beiden Freunden ist Auguste aber zudem auch eine Liebesheirat vergönnt. Mit der Treue nimmt er es trotzdem nicht allzu genau, was ihn gelegentlich in die Bredouille bringt.
Ein absolut wunderbarer historischer Roman in dem der Leser drei interessante und auf besondere Art miteinander verbundene Charaktere auf ihren verschlungenen Lebenswegen durch schwierige, wie „Herrliche Zeiten“ begleitet. Absolute Leseempfehlung! Ich bin schon sehr gespannt auf den zweiten Teil.

Bewertung vom 07.10.2024
Weihnachten in der Rosenholzvilla
Bach, Tabea

Weihnachten in der Rosenholzvilla


ausgezeichnet

Harmonische Weihnachtsstimmung mit Glockengeläut
Der Kurzroman „Weihnachten in der Rosenholzvilla“ von Tabea Bach reiht sich nach den ersten beiden Bänden in die Saga rund um die Rosenholzvilla ein. Trotz der vielen Charaktere lässt sich der Roman gut ohne Kenntnis der ersten beiden Bücher lesen. Ich habe mich allerdings sehr über das Wiedersehen mit bekannten Gesichtern in der Tessiner Kulisse gefreut.
Mit etwa 140 Seiten lässt sich das Buch auch in der mitunter stressigen Vorweihnachtszeit entspannt lesen. Zum Schluss gibt es dann auch noch einen Vorgeschmack auf den abschließenden Band der Saga „Entscheidung in der Rosenholzvilla“, der im nächsten Frühjahr erscheint. Backfans werden sich über das vorhandene Spampezie Rezept freuen.
Im Namen der Niklas-Eschbach-Stiftung für erkrankte Musiker begrüßt Elisa kurz vor Weihnachten den ersten Gast in der Rosenholzvilla. Eine unliebsame Überraschung nicht nur für Elisa, denn der Gast stellt sich als alter Bekannter und früherer Konkurrent heraus. Auch das Weihnachtsfest, dass im großen Kreis in der Rosenholzvilla gefeiert wird, muss geplant werden. Zwischen Plätzchenduft, Christbaum schmücken und natürlich musikalischen Klänge bemerkt zunächst niemand, dass eine Katastrophe unmittelbar bevorsteht.
Das weihnachtliche Cover ist ansprechend, hat deutlichen Wiedererkennungswert in Bezug auf die weiteren Bände und passt inhaltlich hervorragend zum Roman. Einzig die Anspielung auf die musikalische Komponente vermisse ich auf dem Cover ein wenig.
Tabea Bach fängt die Weihnachtsstimmung in der Rosenholzvilla sprachlich und atmosphärisch wunderbar ein. Selbst wenn die Stimmung zwischenzeitlich manchmal etwas gedrückt ist, leben die Charaktere bei den gemeinsamen Weihnachtsvorbereitungen spürbar auf. Von den frischgebackenen Spampezie hätte ich am liebsten direkt probiert, dem Streichquartett mit ihren funkelnagelneuen Campanulas gern gelauscht und am Brauch des Glockenläutens teilgehabt. Auch die Aufregung und Angst ist deutlich spürbar, wenn im letzten Drittel des Romans die bis dato eher unterschwellige Spannung sprunghaft ansteigt. Sehr stimmungsvoll finde ich auch, dass weihnachtliche Traditionen aus verschiedenen Ländern in der Rosenholzvilla vereint werden. Ein ganz besonders festliches Gefühl liefert mir vor allem das viersprachig gesungene „Stille Nacht“.
Doch nicht nur musikalisch sind in der Rosenholzvilla diesmal harmonische Töne zu vernehmen. Auch zwischen den Charakteren geht es trotz aller sonstigen Spannungen ungewohnt friedlich zu. Neben den sehr einträchtig verlaufenden weihnachtlichen Vorbereitungen, lässt ein Katastrophenfall die so unterschiedlichen Menschen noch näher zusammenrücken und gemeinschaftlich ihr Bestes geben. Obwohl die Kürze des Buches und die ausgeglichene Stimmung den zahlreichen Charakteren ein wenig Tiefe nimmt, ist es für einen Weihnachtsroman in meinen Augen absolut angemessen: Mit viel Herzenswärme wird der Weihnachtsgedanke der Nächstenliebe in der Rosenholzvilla gelebt. Neben Elisa, die augenscheinlich mit ihren Aufgaben wächst und in fast jeder Situation Ruhe und Überblick bewahrt, rückt auch Mimi, die Heiligabend ihren sechsten Geburtstag feiert, in den Mittelpunkt und wird zu einer echten Heldin. Beide Figuren sind trotz der begrenzten Seitenzahl vielschichtig und authentisch angelegt. Über den Hintergrund Adrien Dufois‘, erster Gast der Rosenholzvilla, erfährt man ein einige interessante Details. Seine mitunter hilfsbereite Art bereits darauf hinweist, dass er hinter seiner ruppigen Fassade eigentlich ein gutes Herz verbirgt. Daher freue ich mich, ihn hoffentlich im nächsten Band wiederzutreffen.
„Weihnachten in der Rosenholzvilla“ ist ein herzerwärmender Weihnachtsroman, in dessen Fokus neben jeder Menge stimmungsvoller Weihnachtsatmosphäre auch Werte wie Nächstenliebe und bedingungslose Hilfsbereitschaft stehen. Im Tessin werden passend zu Weihnachten allseits die Herzen geöffnet. Eine klare Leseempfehlung meinerseits, nicht nur für Weihnachtsromanfans.

Bewertung vom 19.09.2024
Winterzauber auf dem kleinen Bücherschiff
Hansen, Tessa

Winterzauber auf dem kleinen Bücherschiff


gut

Oberflächliche Unterhaltung im hübschen Bücherschiff-Ambiente
„Ein Buch über Bücher“, dass muss einfach toll sein - insoweit stimmen Miri, Mitbesitzerin des Bücherschiffes und ich in unseren Erwartungen überein. Und ganz ehrlich: Dem kleinen Bücherschiff im Hamburger Museumshafen Övelgönne würde ich sofort einen Besuch abstatten.
„Winterzauber auf dem kleinen Bücherschiff“ ist der zweite Teil von Tessa Hansens Bücherschiff-Reihe: Katja, Besitzerin des kleinen Bücherschiffs, plant gemeinsam mit dem anderen Trauzeugen Mathis die Hochzeit ihrer besten Freundin Miri. Leider hält Mathis aber im Gegensatz zu Katja rein gar nichts von detailgenauer Planung. Trotz der Widrigkeiten kommen die beiden sich näher. Doch Katjas Vergangenheit holt sie wieder ein und plötzlich steht auch noch die Existenz des kleinen Bücherschiffes auf dem Spiel.
Es mag zumindest teilweise meiner hohen Erwartungshaltung an den Roman geschuldet sein, dass er mich beim Lesen nicht so recht überzeugen konnte. Ich hatte mir einfach mehr versprochen.
Das Cover mit dem stilisierten Bücherschiff im winterlichen Hafen ist zunächst einmal sehr gefällig und passt auch inhaltlich hervorragend zum Roman.
Tessa Hansens Schreibstil ist locker-leicht, sodass sich das Buch trotz einiger Längen gut liest. Allerdings nehmen eben diese Längen dem Roman auch einiges an Spannung aus den Segeln. Es gibt zwar zwei, drei Höhepunkte, dass meiste dreht sich jedoch um den inneren Konflikt den Protagonistin Katja mit sich austrägt und an dem Tessa Hansen ihre Leser nur sehr bedingt teilhaben lässt. Auch in Anbetracht der Tatsache, dass Katja sich immer wieder im Kreis dreht, hätte ich mir hier mehr Tiefe und Intensität gewünscht. Überhaupt hat der Roman zwar definitiv Unterhaltungswert, bleibt aber in Sachen Handlung, Spannung und vor allem mit Blick auf die Charaktere deutlich hinter meinen Hoffnungen zurück.
Mit den Charakteren bin ich leider gar nicht warm geworden. Die eigentlich leicht chaotische Miri ist mir zwar sehr sympathisch geworden, wirkt aber wenig authentisch. Sie scheint auf einer rosa-roten Wolke zu leben und hat kurz nach der verfrühten Geburt ihres Kindes sofort wieder alles im Griff. Stammkundin Frau Tietjen ist ein ziemliches Original und sorgt für das ein oder andere Schmunzeln. Im Verlauf des Romans stellt sich heraus, dass sie eine entfernte Angehörige Katjas ist. Für meinen Geschmack ein recht unglaubwürdiger Zufall. Die erste Begegnung mit Mathis fällt etwas schräg aus. Dann präsentiert er sich jedoch warmherzig und hilfsbereit. Leider lernt man auch ihn nur oberflächlich kennen und erfährt beim Lesen nichts über seine Gedanken und Gefühle. Was das Buch meiner Meinung nach sicherlich aufgewertet hätte. Mit Katja kann ich hingegen gar nichts anfangen. Sie ist von ihrer Vergangenheit offensichtlich ziemlich traumatisiert und erschwert damit sich selbst und anderen das Leben. Ihre Reaktionen wirken teilweise vollkommen unberechenbar und Mathis zeigt sich immer wieder ausgesprochen geduldig ihren „Launen“ gegenüber. In ihrem Fall wäre vermutlich professionelle psychologische Unterstützung ratsam gewesen. Schade auch, dass die Beziehung zwischen Mathis und ihr, zumindest in meinen Augen, sehr oberflächlich bleibt, sodass der Funke einfach nicht so richtig überspringen mag.
„Winterzauber im kleinen Bücherschiff“ ist ein gut zu lesender Unterhaltungsroman in schönem Ambiente, dem aber die Intensität ein wenig abgeht. Ohne allzu hohe Erwartungshaltung lassen sich auf dem Bücherschiff sicher ein paar schöne Lesestunden verbringen.

Bewertung vom 12.09.2024
Midsummer House
Lucas, Rachael

Midsummer House


sehr gut

Romantische Feel-Good-Story in idyllischem Setting

„Midsummer House“ ist bereits der dritte Teil von Rachael Lucas‘ ,Das Erbe von Applemore‘-Reihe. Auch ohne die beiden vorangegangenen Teile, in denen andere Familienmitglieder der Frasers im Zentrum stehen zu kennen, kann ich auf Anhieb in das Geschehen eintauchen.
Das stilisierte Cover deutet bereits auf eine cosy Lovestory hin und passt wunderbar zu dem idyllischen Schauplatz in den schottischen Highlands.
Vollkommen untypisch stürzt die verantwortungsvolle Charlotte Fraser sich während eines Aufenthalts in Edinburgh in eine abenteuerliche Nacht mit einem gut aussehenden Unbekannten – nicht ahnend, dass sie ihm nur kurze Zeit später wieder gegenübersteht. Ausgerechnet Rob scheint Charlottes Traum Midsummer House zu kaufen zu durchkreuzen. Während sie gemeinsam in einer erzwungenen WG unter dem Dach von Midsummer House leben, fliegen zwischen den Beiden nicht nur die Fetzen – auch das Knistern lässt sich kaum noch ignorieren.
Zugegeben der Ausgang des Romans ist – zumindest in Teilen – vorhersehbar. Das Spannungsniveau bleibt also, wie bei vielen Feel-Good-Romanen auf einem eher niedrigen Level und das zweite Aufeinandertreffen der Protagonisten lässt für meinen Geschmack ziemlich lange auf sich warten. Trotzdem gibt durchaus kleinere Überraschungsmomente und auch in den zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen Charlotte und Rob ist die Spannung greifbar. Der locker-leichte Schreibstil der Autorin sorgt für ein entspanntes Lesevergnügen und bildet die idyllische Atmosphäre von Applemore und vor allem von Midsummer House mit all seinen Tieren sehr greifbar ab. Die Erzählperspektive in der dritten Person offenbart dem Leser Gedanken und Gefühle der beiden Protagonisten. Und die sind durchaus sehr verschieden:
Rob, reich, erfolgreich, Mitte 30, hat bisher ein Playboy Leben geführt: Grenzen ausgetestet, Abende mit oberflächlichen Bekannten in teuren Lokalen und Nächte mit stetig wechselnden attraktiven Frauen verbracht. Die streng strukturierte, beinahe pedantische, aber gelegentlich auch ziemlich dominante Charlotte ist mit ihrer Vorliebe für’s Listenerstellen das glatte Gegenteil. Da Rob ihren Plänen im Weg steht, wird er kurzerhand zum Feind erklärt. Wenn nur das Herzklopfen nicht wäre. Während in Charlottes Familie Geborgenheit und absoluter Zusammenhalt herrscht, ist das Verhältnis in Robs Familie ausgesprochen distanziert. Die gemeinsame Zeit in Midsummer House sorgt jedoch dafür, dass beide ihre Position im Leben noch einmal überdenken – der eine mehr, die andere etwas weniger – zu sich selbst finden und ihre Konsequenzen ziehen.
Überhaupt ist das leicht verfallene Midsummer House mit all seinen Tieren und der ziemlich schrulligen Besitzerin ein ganz bezauberndes Setting, das zusammenschweißt. Ob gewollt oder ungewollt.
„Midsummer House“ von Rachael Lucas ist ein wunderschöner Wohlfühlroman. Ohne großen Anspruch eignet sich diese cosy Enemy-to-Lover Story perfekt um zwischendurch einfach mal abzuschalten und zu genießen. Sympathische Charaktere und die beschauliche Atmosphäre runden die Lektüre ab.

Bewertung vom 04.09.2024
Die Leuchttürme der Stevensons
Weiß, Sabine

Die Leuchttürme der Stevensons


ausgezeichnet

Zwischen Pflichten und Träumen – Jugendjahre eines großen Schriftstellers

Wer ist der Mann hinter „Die Schatzinsel“ und „Dr Jekyll & Mr Hyde“? Beide Werke haben mich sowohl bei der Lektüre als auch auf der Bühne fasziniert. Was liegt da näher als einen Blick auf den Autor Robert Louis Stevenson (RLS) zu werfen? Vor allem dann, wenn die historischen Fakten, mit einer guten Portion Fiktion angereichert, in einem so wunderbaren historischen Roman wie „Die Leuchttürme der Stevensons“ von Sabine Weiss verpackt sind.
Auf dem grau-blau gehaltene Cover thront ein Leuchtturm in gefährlich tosender See. Nicht nur wie, sondern eben auch auf dem sprichwörtlichen Fels in der Brandung.
Der Roman beleuchtet die drei Jahre des jungen „Louis“ während seines Ingenieurstudiums von 1868-71. Insbesondere die Konflikte mit seinem Vater, den Louis nicht zufriedenstellen kann, und sich selbst im Zwiespalt zwischen Pflichterfüllung und der Sehnsucht seinem eigenen Lebenstraum, der Schreiberei nachzugehen, nehmen viel Raum ein. Auch die angeschlagene Gesundheit begleitet RLS durch den Roman und sein ganzes Leben. Geschickt ergänzt Sabine Weiss in Prolog und Epilog auch noch Momente seiner Kindheit und seiner letzten Lebenstage, was hilft die Handlung aus einem etwas differenzierten Blickwinkel zu betrachten.
Besonders stark gelungen sind die sehr intensiven Landschaftsbeschreibungen, bei denen ich förmlich fühlen konnte, wie diese Eindrücke Louis‘ Fantasie beflügeln. Obgleich sich an den biografischen Fakten nicht rütteln lässt, versteht Sabine Weiss es Spannung aufzubauen und aufrecht zu erhalten. So muss man sich als Leser immer wieder fragen, ob insbesondere die überaus brenzlichen Szenen gerade Louis‘ Träumen oder seiner Fantasie entspringen oder sich real ereignen. Sehr hilfreich für die Einordnung in Fakten oder Fiktion ist dabei das ausführliche Nachwort der Autorin. Nur an wenigen Textstellen hätte ich mir eine kleine Straffung zugunsten höherer Dynamik bzw. Dramatik gewünscht.
Hauptcharakter Louis wächst mit dem calvinistischen Glauben auf, entwickelt sich selbst aber zu einem Freigeist. Als Kind aufgrund seiner vielen lebensgefährlichen Erkrankungen noch liebevoll behütet und gehätschelt, fallen Louis seine Verpflichtungen als Heranwachsender schwer. Er kann und will sich diesen nicht mit der nötigen Intensität widmen. Obwohl Louis ausgesprochen stolz darauf ist, was seine Familie im Leuchtturmbau leistet, sieht er sich nicht in der Lage in die familiären Fußstapfen zu treten. In der heutigen Zeit selbstverständlich, Louis kann sich seine halbherzige Herangehensweise an sein Studium jedoch nur durch die finanzielle Sicherheit seines Elternhauses leisten. Eine Sicherheit, die auch Abhängigkeit schafft, denn sein Vater diktiert die strengen Regeln. Dabei unterscheiden sich Louis Vorstellungen von Pflichtgefühl, Moral und Glaube grundlegend von denen seiner Eltern. Die daraus resultierenden regelmäßigen Konflikte mit seinem Vater belasten Louis schwer. Trotz aller innerfamiliären Widerstände hält Louis stets an seiner Schreibleidenschaft fest. Mit seiner enormen Beobachtungsgabe erkundet er immer wieder das „wahre Leben“ und die Gesellschaft. Statt Standesunterschiede zu machen, begegnet Louis anderen Menschen dabei offen und vorurteilsfrei. Um seine Familie nicht noch mehr zu enttäuschen und großen Differenzen aus dem Weg zu gehen, sucht Louis Kompromisse. Trotz allem Unverständnis füreinander ist die liebevolle Verbindung im Hause Stevenson nicht gänzlich vergessen.
Mit lebhaften Beschreibungen von Natur und Gesellschaft, dramatischen Spannungsmomenten und dem konfliktbeladenen Familienleben des Robert Louis Stevenson erzählt dieser historische Roman in einem überaus gelungenen Verhältnis aus Fakten und Fiktion den steinigen Weg des berühmten Schriftstellers. Sehr empfehlenswert!

12