Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
_Lucy_

Bewertungen

Insgesamt 30 Bewertungen
Bewertung vom 21.07.2025
Eine Prise Liebe / A Taste of Cornwall Bd.1
Herzog, Katharina

Eine Prise Liebe / A Taste of Cornwall Bd.1


sehr gut

Manchmal braucht es einen Perspektivwechsel
„A Taste of Cornwall – Eine Prise Liebe“ ist der behagliche Auftaktsroman zu Katharina Herzogs neuer Cornwall-Reihe: Für die erfolgreiche Londoner Restaurantkritikerin Sophie folgt plötzlich eine Katastrophe auf die nächste. Erst zieht ihre lebenslustige Mutter bei ihr ein, dann findet sie sich nach einer desaströsen Restaurantkritik mitten in einem medialen Shitstorm wieder, wird schließlich auch noch nach Port Haven „strafversetzt“ mit dem Auftrag das heruntergekommene Pub Smuggler’s Inn in ein Spitzenrestaurant zu verwandeln und ganz nebenbei lässt die pubertäre Tochter auch noch ihre chronisch schlechte Laune an ihr aus. Einzig Koch Lennox unterstützt Sophie im Umgang mit dem exzentrischen Personal und den verschrobenen Dorfbewohnern Port Havens.
Das hübsche Cover mit der außergewöhnlichen Teekanne auf blauem Hintergrund regt unmittelbar zum Schmunzeln an und deutet treffsicher auf das hin, was den Leser hier erwartet – ein unterhaltsamer Wohlfühlroman mit viel Cornwallflair, erfrischenden Charakteren und einer großen Prise Liebe.
Durch Katharina Herzogs bildlichen und atmosphärischen Schreibstil fühle ich mich beinahe nach Port Haven versetzt und kann den heruntergekommenen Pub quasi vor mir sehen. Auch die Figuren werden mit ihren verschiedenen Charakterzügen wunderbar dargestellt und sind teilweise sehr vielschichtig angelegt. In den insgesamt 360 Seiten, die sich locker-leicht runterlesen, werden so einige Themen angeschnitten: angefangen bei der Macht der Medien und vor allem Social Media, über Eltern-Kind-Beziehungen, Vorurteile, Neubeginn, Großstadt vs. Fischerdorf und natürlich die Liebe. Sehr eindrücklich sind mitunter auch die Gedanken und Gefühle beschrieben – allen voran bei Protagonistin Sophie, aber auch bei Lennox und dem geheimniskrämerischen Model Annabelle, um die sich der zweite Band der Cornwall-Reihe dreht. Kleine Spannungsspitzen hat der Roman durchaus zu bieten, schließlich tritt Sophie mehr als einmal ins Fettnäpfchen. Doch genretypisch und in Erwartung eines Happy-End bleibt das Spannungsniveau überschaubar.
Die Charaktere haben allesamt ihre Eigenheiten und sind teils liebenswert schrullig. Sophies exzentrische Mutter Tanya, die auf Feng-Shui, pflanzliche Behandlungsmethoden und ihren eigenwilligen Kater Thomas behütet, schenkt dem Roman so frische und amüsante Momente. Tochter Riley ist ein typisch mürrischer Teenager und von dem Umzug in die Einöde, in der es ihr schwerfällt Fuß zu fassen, alles andere als begeistert. Doch in ihrer großen Tierliebe und ihrer Hilfsbereitschaft, wenn es darauf ankommt, zeigt sich ihr gutes Herz. Sehr rätselhaft tritt Model Annabelle in Erscheinung, die kurz nach ihrer Restauranteröffnung und Sophies fataler Kritik von der Bildfläche der Öffentlichkeit in eine Privatklinik verschwindet. Sie erscheint jedoch weit weniger oberflächlich als es das gängige Klischee über die Glanz- und Glamourbranche vermuten lässt. Ich bin sehr gespannt, welche Geheimnisse sich im zweiten Teil offenbaren. Der gutmütige Koch Lennox meint es offensichtlich gut mit Sophie und ist bereit zu vermitteln. Zwischen den beiden ist weit mehr als nur ein Knistern auszumachen. Doch auch ihn verfolgen die Dämonen seiner Vergangenheit und die Sorge, ob Sophie Port Haven nicht bald wieder den Rücken kehrt. Sophie selbst ist in meinen Augen vor allem zu Beginn nicht uneingeschränkt sympathisch, was sie meiner Meinung nach nur authentischer macht. In London ist sie eine perfektionistische Karrierefrau, wie sie im Buche steht, die unter dem Shitstorm in den Sozialen Medien leidet und es braucht für sie einen Neubeginn in Port Haven um die wahren Werte in ihrem Leben zu erkennen und über alte Trauma hinwegzufinden. Zwar ist ihr Ehrgeiz auch hier ungebrochen, doch ihr Fokus und ihre Erkenntnisse verändern sich nach und nach immens und dann ist da auch noch Lennox, für den sie weit mehr als nur Freundschaft empfindet. Doch die Chance mit neuer Jobperspektive zurück nach London zu gehen lockt und ist allgegenwärtig.
Ein überaus gelungener Wohlfühlroman, der zwar nicht durch großen Tiefgang, dafür aber mit unheimlich liebenswert verschrobenen Charakteren, ganz viel Atmosphäre und jede Menge Liebe besticht – ein absolut lesenswerter Sommerroman mit viel Cornwallfeeling für eine wundervolle Auszeit vom Alltag.

Bewertung vom 02.07.2025
Great Big Beautiful Life
Henry, Emily

Great Big Beautiful Life


sehr gut

Zwei Geschichten und die Frage nach der Perspektive
Der Stand-alone-Roman „Great big beautiful Life“ ist für mich der erste Roman der Autorin Emily Henry.
Die beiden Journalisten und Autoren Alice Scott und Hayden Anderson konkurrieren auf Little Crescent Island um den Auftrag die Biografie der einst ebenso so glamourösen wie skandalumwitterten Margaret Ives zu schreiben. Während Margaret den beiden während eines Probemonats nur sehr rudimentäre Einblicke in die Geschichte ihrer berühmt-berüchtigten Familie und ihres Lebens gibt, kommen sich die ungleichen Konkurrenten ungewollt nahe.
Das Cover des Romans ist in den knalligen Rottönen und den großen Schriftzügen mit Autorin und Titel zwar in meinen Augen ästhetisch nicht unbedingt ansprechend, aber ein absoluter Blickfang. Die beiden klein abgebildeten Protagonisten liefern bereits einen ersten Eindruck ihrer Charaktere und der fragmentierte Hintergrund spielt bereits auf Margarets Geschichte an. Nicht richtig stimmig erscheint mir allerdings der Titel – ja, das Leben im Allgemeinen ist sicherlich sehr vielschichtig und setzt sich immer aus den unterschiedlichsten, perspektivabhängigen Facetten zusammen. Auf die Leben der drei Protagonisten bezogen finde ich die Adjektive aber nicht wirklich treffend.
Emily Henry erzählt in ihrem Roman sowohl die romantische Liebesgeschichte von Alice und Hayden, als auch die tragische Familien- und Lebensgeschichte von Margaret. Margarets Geschichte ist weitgehend durch Alices Notizen dargestellt, während die sich entwickelnde Beziehung zu Hayden aus Alices Perspektive in Ich-Form erzählt wird. Emily Henry nutzt überwiegend kurze, einfache Sätze. Der Roman lässt sich entsprechend leicht und flüssig lesen. Während viele Passagen eindrücklich und atmosphärisch dicht erzählt sind, weist die Handlung an einigen Stellen kleinere Längen auf. Zum Schluss verliert sie dagegen meiner Meinung nach ein wenig an Intensität. Zwar gefällt mir die Grundidee, aber da sich die Ereignisse am Ende beinahe überschlagen, bleiben die (emotionalen) Auswirkungen erzählerisch ein wenig auf der Strecke.
Mit den ziemlich gegensätzlichen Charakteren lässt sich „Great big beautiful Life“ zweifelsfrei den Tropes opposite attracts, rival to lovers und grumpy meets sunshine zuordnen. Alice ist auf den ersten Blick eine sympathische, stets positiv eingestellte kleine Nervensäge. Oberflächlich ist sie dabei allerdings nicht, sondern interessiert sich stets für ihre Mitmenschen und versucht immer das Gute zu sehen. Obwohl ihr die Gefühle, die Hayden in ihr hervorruft nicht ganz gelegen kommen, wäre sie nur allzu bereit ihnen nachzugeben. Trotz ihres Optimismus bleiben aber auch ihr leidvolle Erfahrungen mitunter nicht erspart. Hayden ist nach außen hin eher ein brummiger Eigenbrötler. Doch wie so oft verbirgt sich hinter der rauen Schale ein weicher, sehr sensibler Kern. Wenn er einmal eine Entscheidung getroffen hat, meint er es ernst und auf ihn ist in jeder Hinsicht Verlass. Seine Gefühle für Alice bereiten ihm Angst und er versucht sein Möglichstes sie nicht zu nah an sich heranzulassen. Ein Verhalten, dass mich beim Lesen zeitweise ein bisschen gestört hat, denn eigentlich ist es dafür schon viel zu spät. Margaret hingegen ist ein echter Sturkopf und verfolgt ihre eigenen Pläne von denen weder Alice noch Hayden etwas ahnen. Bei den Berichten aus dem Leben ihrer berühmt-berüchtigten Familie und ihres eigenen gibt sie meist nur sehr fragmentarische Informationen preis. Nach den tragischen Ereignissen in ihrer Vergangenheit, hat sie sich vollständig vom Leben außerhalb ihres Anwesens zurückgezogen, sodass die Anwesenheit von Alice oder Hayden für sie bereits ein großer Schritt ist.
Obwohl der Roman insgesamt einige Schwächen aufweist, gefallen mir die Grundideen der beiden Handlungsstränge und ihre Verbindung miteinander. Sicher hat die Autorin das Potential nicht voll ausgeschöpft, trotzdem habe ich angenehme Lesestunden mit dem Roman verbracht.

Bewertung vom 29.06.2025
Und plötzlich ist es wunderbar
McFarlane, Mhairi

Und plötzlich ist es wunderbar


gut

Mit dem Happy End fangen die Probleme an
In ihrem Roman „Und plötzlich ist es wunderbar“ startet die Autorin Mhairi McFarlane mit dem Happy End und setzt die Handlung mit dem recht außergewöhnlichen Beziehungsalltag zwischen Edie Thompson und dem berühmten Schauspieler Elliot Owen fort.
Eine frische Idee die mir im Vorfeld wirklich gut gefallen hat, zumal ich von der Autorin schon einiges gelesen habe und mindestens einer ihrer Romane zu meinen Lieblingsbüchern zählt. Vielleicht liegt es also an meinen zu hohen oder falschen Erwartungen, dass ich von diesem jüngsten Werk leider doch ein wenig enttäuscht bin.
Auf dem vorherrschend rosafarbenen Cover, von pinken und blauen Filmstreifen umgeben küsst sich ein Paar, wohl die Protagonisten des Romans. Die Filmstreifen setzen sich auf dem Buchschnitt fort. Das Cover wirkt ansprechend stellt den Inhalt aber eher oberflächlich dar. Zudem passt es leider überhaupt nicht zum Vorgängerroman „Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt“. Dass es diesen überhaupt gibt und ich ihn vor einigen Jahren auch gelesen habe, ist mir erst nach einigen Kapiteln der Fortsetzung aufgefallen.
Auch dem Schreibstil der Autorin konnte ich bei diesem Roman deutlich weniger abgewinnen als sonst. Den Emotionen der Protagonisten fehlt in meinen Augen die Tiefe und viele Gespräche und Situationen wirken eher ein wenig kryptisch und verwirrend. Die Atmosphäre in diesem Liebesroman konnte mich nur teilweise ansprechen und war mir nicht behaglich genug für dieses Genre. Zwischendurch gab es allerdings auch einige Passagen, die mir gut gefallen oder mich amüsiert haben. Im Großen und Ganzen kann der Schreibstil mich aber nicht wirklich begeistern. Zwar kostet das Weiterlesen keine allzu große Überwindung, ein Pageturner ist dieses Buch für mich aber beim besten Willen nicht.
Spannung kommt hingegen durchaus auf, denn Edie und Elliot leben auf unterschiedlichen Kontinenten. Ihre Verbindung ist also eher weitläufig und beide sind umgeben von Menschen, die ihre Treue auf die Probe stellen könnten. Eine echte Herausforderung also sowohl für Edie als auch für Elliot Vertrauen in den Partner zu haben. Zugegebenermaßen war ich mir beim Lesen oft unsicher wie das ganze Dilemma denn nun enden wird – und welches Ende nun ein wirkliches Happy End wäre. So richtig passend erscheint mir der Titel nämlich nicht. Viel Raum erhalten auch die Themen Medien und Social Media. Hier wird wieder einmal klar, welchen Einfluss sie auf das Leben von (meist vollkommen unschuldigen) Menschen ausüben können.
Die beiden Protagonisten konnten den Roman für mich auch nicht merklich aufwerten. Obwohl der Neubeginn ihrer Beziehung offenbar gut überlegt ist, dauert es nicht lange bis Zwietracht und Misstrauen aufkommen. Elliot kommt sogar schon in der Versöhnungsphase ganz zu Beginn ziemlich heuchlerisch rüber: kurz die so immens wichtige Beziehung erneuern und dann schnell rüber zum nächsten (unwichtigen) Job. Auch Edie ist ihm gegenüber nicht gänzlich aufrichtig. Insgesamt scheint mir ihre Beziehung nicht nur räumlich, sondern auch emotional distanziert und ziemlich instabil zu sein. Gut gefallen haben mir dagegen einige Nebenfiguren, wie Elliots Bruder Fraser oder Edies leicht exzentrische Schwester Meg.
Insgesamt schien die Idee des Romans zwar wirklich vielversprechend, die Umsetzung hat aber ihre Schwächen und konnte meine Erwartungen nicht erfüllen – keine vertane Lesezeit, aber sicherlich auch kein Must-Read.

Bewertung vom 29.06.2025
tiptoi® Bildergeschichten über den Umgang mit Gefühlen - Kira Katze und die Sache mit dem Streit
Kiel, Anja

tiptoi® Bildergeschichten über den Umgang mit Gefühlen - Kira Katze und die Sache mit dem Streit


ausgezeichnet

Streit ist ganz normal
Dieses liebevoll illustrierte tiptoi Buch „Kira Katze und die Sache mit dem Streit“ vermittelt auf kindgerechte Art den Umgang mit Gefühlen.
Um Familie Meerschwein, die neuesten Bewohner des Sonnenblumenhofes willkommen zu heißen, plant Kira Katze ein großes Fest. Bei den Festvorbereitung treffen die unterschiedlichen Ansichten und Meinungen der Hofbewohner aufeinander, aber auch Eifersucht und Gedanken- bzw. Rücksichtlosigkeit sorgen für einige Meinungsverschiedenheiten und Streitereien. Doch trotz der zahlreichen Konflikte wird das Fest ein riesiger Erfolg, denn die Tiere des Sonnenhofes können nicht nur streiten, sondern sich auch vertragen.
Hanno Hahn führt mit angenehmer Stimme durch das Geschehen auf dem Sonnenhof. Dabei bleibt auch er nicht vom Streiten verschont. Die Texte können dank des tiptoi-Stiftes auch mehrfach angehört werden ohne das jedes Mal ein Erwachsener unterstützen muss. Beim ersten Hören und gerade bei jüngeren Kindern ist dies natürlich trotzdem empfehlenswert. Mein einziger Kritikpunkt zu diesem, ansonsten meines Erachtens rundum gelungenen Buch ist die Textlänge. Für einige Kinder im angegebenen Altersfenster von 4 bis 7 Jahren sind die Texte ein wenig zu lang, sodass die Konzentrationsspanne in meinen Versuchen mit mehreren Kindern nicht immer bis zum Ende eines Kapitel ausreichte. Davon abgesehen thematisiert das handliche Buch mit den stabilen Seiten auf verständliche und einfühlsame Art und Weise, aus welchen unterschiedlichen Gründen Streit zustande kommen kann, welche verschiedenen Gefühle ein Streit hervorrufen kann und wie man Streit beilegt und sich wieder verträgt. Zusätzlich macht es in Figur von Manu Meerschwein aber auch deutlich, dass es wichtig ist die eigene Meinung zu vertreten und dafür notfalls auch mal in einen Konflikt zu treten. Wo mehrere Menschen zusammenleben, gibt es nun einmal auch verschiedene Meinungen und Streiten gehört zum Leben dazu.
Die Geschichte eignet sich auch hervorragend um daran anknüpfend auf eigene Streiterfahrungen und die Gefühle dabei zu sprechen zu kommen, denn die Tiere bieten für die Kinder wunderbare Möglichkeiten zur Identifikation.
Insgesamt ein wunderschönes, pädagogisch wertvolles Buch, das in einer liebenswerten Geschichte Empathie anbahnt und für den Umgang miteinander sensibilisiert. Das tiptoi-System motiviert zusätzlich.

Bewertung vom 03.05.2025
Licht und Schatten / Montmartre Bd.1
Lacrosse, Marie

Licht und Schatten / Montmartre Bd.1


sehr gut

„Montmartre – Licht und Schatten“ ist der Auftakt zu Marie Lacrosses Montmartre-Dilogie. Zwei Frauen, die am gleichen Tag in Montmartre geboren sind, aber aus äußerst gegensätzlichen sozialen Schichten stammen, streben nach der Erfüllung ihrer Träume. Während dies für die aus einer wohlhabenden Familie stammende Valerie bedeutet, sich als Malerin einen Namen in der Kunstwelt zu machen, möchte Elise als Tänzerin berühmt werden und nicht mehr ständig von der Hand in den Mund leben müssen. Im Kampf für ihre Träume kommt es für beide Frauen zu ungeahnten Herausforderungen, auch in Sachen Liebe.
Das Cover ist hübsch gestaltet und zeigt in der Mitte das Bild einer eleganten jungen Frau an einem hübschen, historischen Café in Montmartre, dort wo die Bohème im 19. Jahrhundert ihren Anfang nahm.
Marie Lacrosse schildert sehr eindrücklich und meist ausgesprochen atmosphärisch dicht, wie sich das Leben in Montmartre für die unterschiedlichen sozialen Schichten abgespielt haben könnte. Insbesondere die Herausforderungen, die sich hier für zielstrebige junge Frauen zum Ende des 19. Jahrhunderts ergeben, lassen sich absolut nachempfinden. Dass sie sich auf viele historische Quellen und Fakten stützt, kommt der Authentizität des Romans in hohem Maß zugute. Obwohl Marie Lacrosse einen sehr angenehmen Schreibstil beweist und der Roman sich größtenteils sehr flüssig und ausnehmend interessant lesen lässt, wirken einige Schilderungen in meinen Augen ein wenig langatmig.
Durch die hohe Authentizität ist auch das Spannungsniveau durchaus gehoben. Kaum glaubt man als Leser, dass nun endlich ein wenig Ruhe für eine der beiden Frauen eingekehrt, folgt oft prompt der nächste Schicksalsschlag. Der strahlende Glanz des Künstlerviertels verschleiert kaum die erschütternde Gnadenlosigkeit und Grausamkeit, der viele Bewohner Montmartres Tag für Tag ausgesetzt sind – allen voran weibliche.
Neben den beiden fiktionalen Protagonistinnen und ihren Familien sind auch eine große Anzahl historischer Personen im Roman vertreten. Die vielen historischen Fakten werden bei Ungereimtheiten oder Leerstellen in der Biographie dieser Personen mit Fiktion gefüllt, angepasst und um die Bekanntschaft mit den beiden Protagonistinnen bereichert.
Elise kommt unter ärmlichsten Bedingungen zur Welt, das Geld für das Allernötigste wird vom Vater versoffen und nur durch die Unterstützung ihrer Ziehoma Marianne und Vernunft und Pflichtbewusstheit ihrer Mutter können Elise und ihre ein Jahr jüngere Schwester Simone überhaupt überleben. Schon als Kind muss sie hart arbeiten, um etwas zu essen im Bauch und ein Dach über dem Kopf zu haben. Obwohl Elise ähnlich vernünftig und pflichtbewusst ist wie ihre Mutter, wird sie von ihrer Freundin Louise immer wieder in unschickliche oder gar gefährliche Situationen hineingezogen. Nach und nach erweitert sich dadurch jedoch auch Elises Horizont und sie findet besser bezahlte Arbeiten, als jene in der Wäscherei. Unterstützt wird sie dabei sowohl von ihrer Familie als auch vom liebenswerten Andre, der für Elise zunächst Beschützer und starke Schulter zum Anlehnen und später ihr Verlobter ist. Doch im Lauf ihrer eigenen Veränderung, verändert sich auch Elises Verhältnis zu Andre. Als sie es ist, die mit ihrem Geld die Familie ernährt und als Tänzerin erfolgreich ist, scheint Andre in seiner männlichen Ehre gekränkt und leidet darunter selbst nicht mehr beitragen zu können. Immer öfter kommt es dadurch zu Missstimmungen zwischen dem Paar.
Louise Weber alias La Goulue ist eine historische Figur und erhält in Elise eine fiktionale Freundin. Die beiden Kinder arbeiten zusammen mit ihren Müttern in der Wäscherei. Doch im Gegensatz zu Elise ist Louise schon in jungen Jahren ziemlich egoistisch und verschlagen und überschreitet ständig Grenzen. Bei ihren Mitmenschen kommt die schamlose Louise allerdings gut an, macht sich als Tänzerin einen Namen und hat bald keinerlei Geldsorgen mehr.
Valerie hingegen wächst behütet auf. Zum Missfallen ihrer religiös fanatischen Mutter interessiert sie sich sehr für das weltliche Geschehen und vor allem die Malerei. Obwohl der Vater sie weitgehend in ihrer Malerei unterstützt, hat Valerie auch vor ihm Geheimnisse. Es braucht ihre ganze List, um Malerei studieren zu dürfen und sich Freiräume zu erkämpfen. Als die Schere zwischen ihren eigenen Interessen und denen ihrer Familie immer größer wird, muss sie eine folgenschwere Entscheidung treffen.
Zwar kennen sich beide Protagonistinnen und haben gemeinsame Bekannte, mir fehlt jedoch in diesem ersten Teil noch ein größerer Zusammenhang, der die Schicksale beider Frauen miteinander verbindet.
Insgesamt lädt der Roman dazu ein ins Montmartre des 19. Jahrhunderts einzutauchen – mit allen Facetten – und schildert dabei auf ergreifende und tiefgängige Art die Schicksale zweier junger Frauen, die für ihre Träume einiges riskieren. In meinen Augen ein gelungener Mix aus Fakten und Fiktion - sehr lesenswert.

Bewertung vom 19.04.2025
Verliebt in Stockholm
Lönnqvist, Anna

Verliebt in Stockholm


sehr gut

Seelenverwandtschaft und die Macht der ersten Liebe
In dem Stand-alone-Liebesroman „Verliebt in Stockholm“ von Anna Lönnqvist kreuzen sich in Schwedens Hauptstadt nach 14 Jahren völliger Funkstille unvorhergesehen die Wege von Mira und William. Damals hat ihre jugendliche Liebe nach einem fatalen Ereignis ein ebenso jähes Ende gefunden wie auch ihre Zukunftspläne. Trotz der Geschehnisse und ihrer traumatischen Jugend haben Mira und William sich unabhängig voneinander zielstrebig ein neues Leben in Stockholm aufgebaut. Doch plötzlich bringt eine Schulterverletzung Miras hoffnungsvolle Karriere als Violinistin in Gefahr, ihre Beziehung mit dem Stargeiger Alessandro bleibt eher oberflächlich und die mehrfachen und unerwünschten Begegnungen mit William bringen sie durcheinander und fördern verdrängte Gefühle an die Oberfläche.
Das stilisierte Cover zeichnet ein angenehm harmonisches Bild von der schwedischen Hauptstadt mit den beiden Protagonisten im Vordergrund und ruft ein behagliches Gefühl in mir hervor.
Anna Lönnqvist beweist einen angenehm leicht zu lesenden Schreibstil. Zwar kommt die Handlung zu Beginn ein wenig schleppend in Fahrt, nach wenigen kurzen Kapiteln ändert sich dies jedoch und die Geschichte gewinnt an Brisanz. Durch die Erzählperspektive in Ich-Form lassen sich Miras intensiv dargestellten Gefühle und Gedanken gut nachfühlen. Die Handlung verläuft dabei in zwei Zeitsträngen: der Vergangenheit vierzehn Jahre zuvor im nordschwedischen Lulea und der Gegenwart in Stockholm. In Anbetracht des Genres ist es nicht schwer den Ausgang des Romans zu erraten, aber ehrlich gesagt wäre ich vermutlich auch enttäuscht, wenn ich mich für einen solchen Roman entscheide und etwas anderes als ein Happy End bekomme. Der Weg dorthin ist für die beiden Protagonisten allerdings durchaus steinig und gepflastert mit Sorgen, Schuldgefühlen, häuslicher Gewalt, Traumata und vor allem Einsamkeit. All das sorgt im Zusammenspiel mit den Sprüngen in der erzählten Zeit für Spannung, zumal der Leser lange rätseln darf, welches Ereignis in der Vergangenheit zu einem solchen Bruch geführt hat.
Interessant sind auch die beiden Protagonisten. Beide mussten sich von ihren ursprünglichen Zukunftsplänen überraschend verabschieden und haben auf verschiedene Arten ihr Leben umgekrempelt. Trotzdem bleibt die charakterliche Wandlung bei beiden deutlich hinter meiner Erwartung zurück. Denn obgleich beide sich ein vernünftiges Leben eingerichtet haben und sich von ihrem familiären Druck befreit haben, bleiben doch Unsicherheit, Schuldgefühle zurück. Vor allem aber haben beide noch immer Schwierigkeiten sich anderen gegenüber zu öffnen und anzuvertrauen und leiden unter einem allgegenwärtigen Gefühl von Einsamkeit. Bei Mira bricht dies umso mehr hervor, als sie es nicht mehr mit dem Geigenspiel kompensieren kann. Der Roman zeigt eindrucksvoll wie leicht Probleme und vor allem Missverständnisse sich durch offene Worte aus der Welt schaffen lassen oder eben durch verschweigen Einfluss auf den Lebensweg nehmen. Die Romantik kommt dabei natürlich trotzdem nicht zu kurz.
Insgesamt ein kurzweiliger Roman, der vor allem in der vergangenen Erzählzeit schwerwiegende Themen anschneidet, diese aber mit der Gegenwart aussöhnt und ein wohliges Lesegefühl hinterlässt.

Bewertung vom 13.03.2025
Hollywood Badboys Autogramm inklusive Dylan
Allie Kinsley

Hollywood Badboys Autogramm inklusive Dylan


sehr gut

Locker-leichte Lektüre mit Hollywood Glamour

„Autogramm inklusive: Dylan“ ist der Auftakt von Allie Kinsleys Hollywood BadBoys Reihe. In diesem ersten Teil dreht sich alles um Filmstar Dylan und die „Normalsterbliche“ Luna. Leider fehlt dem eBook das Cover, was ich sehr bedauere.
Dylan, erfolgreicher und selbstbewusster Jungschauspieler ist mit seinen 26 Jahren von seinem Leben gelangweilt. Beruflich läuft es hervorragend, seine Freunde stammen aus denselben Kreisen wie er und fürs Bett kann er täglich aus neuen willigen Kandidatinnen auswählen, trotzdem plagt Dylan eine innere Unzufriedenheit. Als die Wahl seiner Bettgefährtin eines Nachts im Club auf Luna fällt, handelt Dylan sich eine unerwartete Abfuhr ein. Trotzdem will sie ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen und auch Dylan lässt Luna keineswegs kalt.
Allie Kinsley beweist einen flüssigen Schreibstil, der sich sehr gut lesen lässt und den Roman im Zusammenspiel mit der unterhaltsamen Story und dem dazugehörigen Spice-Anteil zu einem echten Pageturner macht. Die personale Erzählform in der dritten Person wechselt innerhalb der Kapitel die Perspektive und beleuchtet abwechselnd Luna und Dylan, was dem Leser einen guten Einblick in deren Gefühlswelt und Gedankengänge ermöglicht. Während im ersten Drittel noch die Spannungen zwischen den beiden Protagonisten dominieren und im zweiten Drittel vor allem die Hürden des Alltags und einige spicy Momente unterhaltsames, aber recht oberflächliches Lesevergnügen liefern, gewinnt der Roman im letzten Teil deutlich an Substanz. Sicher ist der Roman in seiner Handlung nicht übermäßig spannend, aber die Entwicklung der Protagonisten und deren Beziehungsverlauf liefern eine reizvolle Geschichte.
Luna hat ein Stipendium an einer Musikhochschule und befindet sich im letzten Studienjahr. Ihre Interessen unterscheiden sich von denen der meisten Gleichaltrigen. Neben der Freundschaft zu ihren Mitbewohnerinnen interessiert sie sich vor allem für Musik in verschiedensten Formen. Für Filme oder gar Stars hat sie dagegen wenig übrig. Luna ist zielstrebig und weiß, was sie will – zumindest, wenn ihr Herz nicht gerade einen Strich durch die Rechnung macht. Dabei schleppt sie allerdings auch noch eine traumatische Erfahrung aus der Vergangenheit mit sich herum. Dylan macht eine echte Entwicklung durch: schon als Teenager eine Berühmtheit, fehlen ihm viele wertvolle Erfahrungen des „normalen Lebens“. Er ist es gewohnt, dass sich das Leben und die Menschen um ihn drehen und ihm jeden Wunsch von den Augen ablesen. Dies führt zu seinem egozentrischen und arroganten Machogehabe, zumal die Leben seiner Freunde ähnlich verlaufen. Aber ganz ehrlich – auch ein schnukeliger Macho kann Sympathien wecken. Zumal er sich wirklich bemüht Lunas Herausforderung anzunehmen, sie zu verstehen und ihren Wünschen und Bedürfnissen entgegenzukommen, was mal mehr, mal weniger gut gelingt. Vielleicht erfolgt seine Entwicklung ein wenig schneller als es glaubwürdig ist, auf 240 Seiten ist dies aber kaum anders möglich. Durchaus interessant und ein wenig erschütternd finde ich auch die Folgen und Einschränkungen, die sich aus Dylans Berühmtheit für ihn selbst und sein Umfeld ergeben.
Insgesamt ein wirklich unterhaltsamer Roman, der mit einem liebenswerten Macho, ein wenig Hollywood-Glamour und der passenden Dosis spice wunderbar das gelegentliche Bedürfnis auf eine locker-leichter Lektüre stillt.

Bewertung vom 07.03.2025
Die Melodie der Lagune
Constable, Harriet

Die Melodie der Lagune


ausgezeichnet

Ein Leben für die Musik – eine fiktionale Geschichte um historische Musikvirtuosen
Selten hat mich ein Roman derartig gefangen genommen, wie „Die Melodie der Lagune“ von Harriet Constable. Dabei wäre mir das Buch beim ersten schnellen Blick über das Cover beinahe nicht aufgefallen. Auf den zweiten Blick hat mich die Raffinesse umso mehr begeistert: Das vorherrschende Blau zieht sich in seichten Wellen, die nach unten hin Nuance um Nuance dunkler werden über den Einband, durchbrochen von dem F-Loch einer Geige, das den Blick auf zwei historische Bilder des Markusplatzes in Venedig freigibt. Ein Cover, das großartig zur Handlung des Romans passt.
Das zentrale Motiv ist natürlich die Musik, die das Leben von Protagonistin Anna-Maria bestimmt. Eigentlich handelt es hier in meinen Augen um einen regelrechten Liebesroman – einen Roman von der Liebe zur Musik. Aber auch Rollenverteilung, Freundschaft, Erfolg und Leistungsdruck, Leben und Überleben in Venedig sind mehr als nur Zwischentöne.
Der Schreibstil von Harriet Constable hat aber eine sehr eigene Note. Mitunter wechseln sich kurze Hauptsätze mit sehr komplexen Satzgefügen ab und Namen werden oft durch Pronomen ersetzt. Wirklich spektakulär sind aber die Melodien, die von der Protagonistin in Bilder und Farben gefasst und mit enormer Intensität an die Leser weitergegeben werden. Überhaupt verleiht Harriet Constable ihrem Roman eine beeindruckende atmosphärische Dichte, u. a. lässt sie ihre Leser in einigen wenigen aber eindrücklichen Darstellungen den mitunter sehr perspektivlosen venezianischen Alltag im 18. Jahrhundert erleben, und hält für den Leser jede Menge Emotionen bereit. Für mich war „Die Melodie der Lagune“ kein Pageturner – ich habe im Gegenteil recht lange an dem Roman gelesen. Obwohl ich doch dringend wissen wollte, wie die Handlung fortgeführt wird, brauchte ich immer wieder Zeit um die Ereignisse des Romans auf mich wirken zu lassen, emotional zu verarbeiten und für mich zu bewerten. Hier ist definitiv Tiefgang statt seichter Unterhaltung angesagt.
Mit teils überraschenden Wendungen und Anna-Marias steter Anspannung, die im vierten und letzten Teil des Buches zur Eskalation führt, ergibt sich eine stimmige Spannungskurve.
Besonders viel zur Wirkung des Romans tragen die zwei Hauptcharaktere Anna-Maria und ihr Lehrer, die auf Basis historischer Personen geschaffen wurden, bei. Beide sind kaum als sympathisch zu bezeichnen, durchlaufen bis zum Ende des Romans jedoch deutliche Entwicklungen – positiv wie negativ. Anna Maria della Pietà wächst als Waisenkind im Ospedale della Pietà unter ihrem Lehrer Antonio Vivaldi zum Geigenvirtuosen heran, erlangt internationalen Ruhm und führt den Titel Maestro. Ansonsten ist von ihr kaum etwas überliefert, sodass Harriet Constable ihr Leben mit einer fiktiven Geschichte, wie sie ähnlich stattgefunden haben könnte, füllen kann. Anna Maria ist schon als Kind geradezu besessen von einer großen Karriere als Musikerin, die sie nicht nur bekannt, sondern in den Köpfen der Menschen unsterblich macht. Ihr Glück findet die selbstbewusste Anna Maria neben der Musik, die für sie nicht nur hörbar, sondern vor allem in allen Nuancen der Farbpalette sichtbar ist, einzig in der Gegenwart ihrer beiden besten Freundinnen. Mit Auftauchen des Lehrers und ihrem ersten Geigenunterricht kennt Anna Marias Ehrgeiz keine Grenzen mehr, mit unbeirrbarer Zielstrebigkeit arbeitet sie an ihrer Karriere und stellt ihre Musik über alles. Als sie dadurch gleich beide Freundinnen verliert, wird sie in ihrer Einsamkeit und von Schuldgefühlen geplagt nur noch verbissener, verspürt noch größeren Erfolgsdruck und sieht ihre Konkurrenz regelrecht als Feind an. Angestachelt wird Anna Marias Verbissenheit durch ihren Lehrer, der ihr Talent erkennt, sie intensiv fördert und sich immer wieder für sie stark macht. Während er zunächst noch einen freundlichen Eindruck macht, beginnt er bald seine Schülerin zu manipulieren. Die Manipulationen fallen bei Anna Maria, die seine Aufmerksamkeit genießt auf fruchtbaren Boden, sodass sie sich von den anderen Mädchen des Orchesters immer mehr distanziert und stattdessen vom Lehrer nur allzu bereitwillig zum Komponieren eingespannt wird. Doch auch der Lehrer duldet keine Konkurrenz neben sich und als Anna Maria ihm immer mehr den Rang abzulaufen droht, offenbart er narzisstische Züge und demoralisiert sie immer mehr. Nachdem großen Enttäuschungen laufen Anna Lenas Emotionen völlig aus dem Ruder. Doch ihr Ausbrauch fördert Unerwartetes zu Tage und ermöglicht ihr ebenso Schlussstrich wie Neuanfang.
„Die Melodie der Lagune“ bricht mit unheimlicher Wucht über die Leser hinein. Nicht nur für Musikliebhaber ein unheimlich interessanter Roman mit bemerkenswertem Tiefgang. Für mich ein absoluter Favorit.

Bewertung vom 04.03.2025
Sommernachtsküsse auf Fehmarn
Hof, Kira

Sommernachtsküsse auf Fehmarn


gut

Alte Wunden und neue Liebe auf der Sonneninsel Fehmarn

„Sommernachtsküsse auf Fehmarn“ ist der Auftakt zu Kira Hofs Ostsee-Liebesroman-Reihe. Der Roman besticht auf den ersten Blick mit einem hübschen, verspielten Cover, das die (Urlaubs)Idylle der Ostseeinsel gut einfängt. Allerdings macht das idyllische Setting nur einen kleinen Teil des Romans aus. Hinweise auf die eigentlich Handlung sind dem Cover kaum zu entnehmen.
Marie ist mit ihrem ruhigen Leben auf der beschaulichen Insel Fehmarn eigentlich sehr zufrieden. Auch die sich anbahnende Beziehung mit dem ortsansässigen Tierarzt Jörn macht nun langsam zarte Fortschritte. Nie hätte die Mittzwanzigerin damit gerechnet, dass Ben – Feriengast in der Pension ihrer Eltern und plötzlich zudem noch ihr Kunde im Immobilienbüro – ihr sorgsam geregeltes Leben so dermaßen durcheinander wirbeln könnte. Doch nicht nur Maries Gefühle geraten in Aufruhr. Dunkle Schatten aus der Vergangenheit breiten sich - nicht nur - über Ben und Marie aus. Ob die tragischen Ereignisse der Vergangenheit um der glücklichen Zukunft willen nun endlich überwunden werden können?
Kira Hof beweist einen Schreibstil der sich angenehm flüssig lesen lässt. Vor allem zu Beginn fängt die Autorin die Atmosphäre der beliebten Sonneninsel Fehmarn sehr bildhaft ein und macht Lust auf einen Abstecher ans Meer. Große Spannung lässt der Roman nicht aufkommen, auch wenn es in Maries Leben plötzlich deutlich aufregender zugeht. Lediglich kurz vor Schluss lässt sich ein kleiner Spannungshöhepunkt ausmachen. Für dieses Genre ist die geringe Spannung in meinen Augen allerdings vollkommen ok. Schließlich ist auch bereits zu erahnen, wie der Roman ausgeht. Ein wenig schade finde ich, dass Kira Hof die gewählte Ich-Erzählperspektive nicht noch intensiver nutzt, um Maries Gefühlswelt greifbarer zu machen. Das Trauma, dass sie nach dem Tod ihrer Schwester mit sich herumträgt wird zwar immer wieder angerissen, bleibt in meinen Augen aber doch ein wenig oberflächlich. Ein anderes Ereignis in der Vergangenheit von Maries Vermieterin und Oma-Ersatz Hilde ist so vorhersehbar, dass es beinahe schon wieder überrascht. Die Figuren wirken (fast) allesamt sympathisch, könnten jedoch etwas mehr Tiefe vertragen. Maries beste Freundin und Mitbewohnerin Franzi bringt mit ihrer lebhaften Art Schwung in die Handlung. Tierarzt Jörn scheint ein absoluter Schatz zu sein, erhält aber im Roman wenig Raum seinen Charakter zu entfalten. Zu ihren Eltern hat Marie offenbar ein harmonisches Verhältnis. Sie bieten ihr stets Rückhalt, drängen sie zu nichts und zeigen viel Verständnis für ihre Tochter – manchmal vielleicht mehr als gut für Marie ist. Ben ist Schauspieler in einer Schaffenskrise. Einen Plan wie sein Leben sich nach seiner Auszeit weiterentwickeln soll, muss er noch entwickeln. Aber noch etwas anderes belastet sein Gewissen und immer wieder auch sein Verhältnis zu Marie. Marie selbst führt ein ruhiges, geregeltes Leben mit wenig Raum für Überraschungen. Sie übernimmt gern die Verantwortung für die Theatergruppe und zeigt meistens viel Verständnis für ihre Mitmenschen. Das Trauma, dass sie durch den Tod ihrer Schwester erlitten hat, konnte sie nie so recht bewältigen, sondern hat viel mehr gelernt im geregelten Alltag damit umzugehen. Doch nun gerät sie immer mehr in eine Ausnahmesituation, in der Verdrängung keine Option mehr ist. Sowohl Ben als auch Marie müssen sich mit ihren qualvollen Gefühlen auseinandersetzen.
„Sommernachtsküsse auf Fehmarn“ ist ein angenehm geschriebener, wirklich unterhaltsamer Roman, der den Leser in Urlaubsstimmung versetzt. Insgesamt konnte mich das Buch leider nicht ganz in seinen Bann ziehen, weil ich mir hier und da ein bisschen mehr Tiefe gewünscht hätte. Trotzdem war es auch für mich eine angenehme und lesenswerte Lektüre.

Bewertung vom 08.02.2025
»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1
Klüpfel, Volker

»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1


sehr gut

Drolliges Duo auf kurioser Ermittlungstour

„Wenn Ende gut, dann alles“ ist der Auftakt von Volker Klüpfels neuer Krimireihe „Svetlana und Tommi ermitteln“. In ihrem ersten Fall widmen sich Svetlana und der Dichter einem einsamen Kind, das sie zufällig am Waldrand auflesen.
Eigentlich war Tommi, der zukünftige Thrillerautor in spe mit seiner ukrainischen Putzfrau Svetlana verabredet, damit diese sein Wohnmobil mal wieder auf Vordermann bringt. Doch als die beiden am Waldrand ein einzelnes Mädchen mit Down-Syndrom auflesen, das durch den Regen gewandert war und sie in die Obhut der Polizei übergeben, ist vor allem Svetlanas Helfersyndrom geweckt. Die gemeinsame Suche nach der Familie des Kindes fördert einige Überraschungen ans Tageslicht und bringt nicht nur das schräge Ermittlerduo in eine brenzliche Situation.
Volker Klüpfels Schreibstil lässt sich ausgesprochen angenehm lesen. Svetlanas immer mal wieder eingeworfenen ukrainischen Sprichwörter und ihre ausbaufähige Grammatik lockern den Roman bei aller Gewitzheit noch weiter auf und haben mich an einigen Stellen durchaus zum Grinsen gebracht. Nicht ganz erschließt sich mir, warum Volker Klüpfel dem Mädchen eine Trisomie 21 angedeihen lässt, da die für die Handlung eigentlich kaum relevant ist und auch nicht weiter darauf eingegangen wird. Was dem Roman in meinen Augen zunächst aber eindeutig fehlt ist Spannung, schließlich handelt es sich hier um einen Krimi. Ein, zwei spannende Situationen gibt dann aber doch noch, sodass ,humorvoller Cosy Crime‘ es wohl ganz gut beschreibt.
Wirklich abenteuerlich sind dagegen die Figuren des Romans und zwar nicht nur die Protagonisten. Zum einen gibt es Tommis Vater Leo, bis vor kurzem noch ein Abenteuer, der mit seinem Wohnmobil durch die Welt zog und sich nun mit 63 Jahren plötzlich in einer Seniorenresidenz einquartiert hat. Dort sorgt Leo allerdings für gewaltigen Wirbel und schaut den Röcken offenbar nicht nur hinterher. Tommi, ebenso erfolg- wie mittellos lebt aufgrund seiner prekären finanziellen Lage im Wohnmobil seines Vaters, was ihm immer wieder die Konfrontation mit dem Ordnungsbeamten Kleinschmidt einbringt. Tommi ist alles andere ein strahlender Protagonist und noch nicht einmal sonderlich sympathisch. Stattdessen wirkt er mit seinem fehlenden Blick für die Realität trotz seiner 32 Jahre oft unselbstständig, einfältig und jämmerlich und auch seine (Selbst-)Wahrnehmung ist in vielen Situationen gelinde gesagt ziemlich befremdlich. Auch sein Hang zur politischen Korrektheit wirkt ein wenig befremdlich. Ob sein großer Thriller jemals fertiggestellt wird steht wohl in den Sternen, denn sowohl in Sachen Kreativität, als auch Arbeitsmoral überschlägt Tommi sich nicht gerade. Obwohl er eine ziemlich hohe Meinung von sich selbst hat, lässt er sich von Svetlana beinahe so problemlos wie eine Marionette lenken ohne sich dessen bewusst zu sein. Man muss Tommi aber unbedingt zugutehalten, dass er sich im Verlauf des Romans ein wenig weiterentwickelt und zumindest ein klein bisschen Einsatz zeigt. Vielleicht wird der „kleine Tommi“ im Verlauf der Reihe ja noch Erwachsen und landet auf dem Boden der Tatsachen. Die knapp 50-jährige Svetlana hingegen weiß was sie will und wie sie ihr Ziel erreicht. Sie wirkt ziemlich aufgeweckt und selbstbewusst und verpasst Tommi im übertragenden Sinne immer mal wieder den dringend notwendigen Tritt in den Allerwertesten. Aber auch, wenn sie wohl nur sein Bestes im Sinn hat, manipuliert sie Tommi immer wieder nach ihrem Gutdünken. Über ihr Privatleben und ihre Vergangenheit schweigt Svetlana wie über ein streng gehütetes Geheimnis. Dabei nimmt sie sonst kaum ein Blatt vor den Mund.
Auch wenn mir die Figuren des Romans alle nicht uneingeschränkt sympathisch sind, begeistert mich die Dynamik zwischen den Charakteren, die meiner Meinung nach mindestens so spannend wie der Krimifall selbst ist. Daher bin ich auch sehr gespannt, wie sich die Konstellation um das abenteuerliche Duo weiter entwickelt.
Mit einer Menge humorvoller Höhepunkte und der äußerst gelungenen Zusammenstellung der Figuren auch ohne echte Krimispannung ein überaus lesenswerter Auftakt für Klüpfels Solo-Reihe, der Lust macht auf mehr.