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odile

Bewertungen

Insgesamt 116 Bewertungen
Bewertung vom 22.09.2025
Die unversöhnliche Vergangenheit
Hartung, Alexander

Die unversöhnliche Vergangenheit


sehr gut

Bombenalarm - Nik Pohl ermittelt wieder - Eine unbekannte Frau erzwingt sich den Zugang zur Münchner Staatsanwaltschaft mittels einer Bombe. Sie fordert die Wiederaufnahme eines seit Jahren abgeschlossenen Falls. Doch bevor die zuständigen Personen die Verhandlungen überhaupt aufnehmen können, explodiert der Sprengsatz. Die Kripo steht vor einem Rätsel und Nik Pohl fallen ein paar Ungereimtheiten auf, die ihn veranlassen zu ermitteln. Auch der 7. Fall des unangepassten Privatermittlers erweist sich als spannend, doch der aufregende Plot hält nicht ganz, was er verspricht.

Die Geschichte hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Warum verlangt eine bis dahin unbescholtene Frau die Wiederaufnahme eines Verfahrens, das seit 12 Jahren abgeschlossen ist? Der Verurteilte ist vor 5 Jahren gestorben und anscheinend besteht keinerlei Verbindung zwischen ihm und der Frau. Und warum sprengt sie sich in die Luft, bevor die Verhandlungen begonnen haben? Die Polizei kann sich darauf keinen Reim machen, die Medien rasten wie immer aus und Nik Pohl beginnt zu ermitteln, da er ahnt, dass viel mehr hinter dem vermeintlichen Anschlag steckt.

Das Team bestehend aus Nik, Balthasar mit Kara und Jon ist sich einig, dass hier etwas ganz und gar nicht passt. Die Kripo kommt zum selben Schluss. Dieses Mal sind sogar der Privatdetektiv und sein ungeliebter ehemaliger Chef, Hauptkommissar Naumann von der Kripo München, einer Meinung und das ermöglicht eine lose Zusammenarbeit. Jon und Nik finden heraus, dass jemand einen beträchtlichen Aufwand betreibt, um an vergleichsweise harmlose Daten zu kommen. Bald gibt es die nächste Tote, die ebenso ein Zufallsopfer zu sein scheint wie die erste Ermordete. Nik kommt einem unglaublichen Plan auf die Spur und gerät selbst in tödliche Gefahr. Denn des Killers beste Chance sein eigentliches Ziel zu erledigen führt über Nik.

Die Sprache ist gewohnt flüssig und präzise. Niks Team, der schrullige Pathologe Balthasar und der fähige Computernerd Jon, helfen dem Privatdetektiv ein unglaubliches Komplott aufzudecken und der Kripo auf die Sprünge zu helfen. Dabei ist es sehr hilfreich, dass sich der unkonventionelle Nik nicht immer an die Regeln hält und oft auf verschlungenen Wegen ermittelt. Sein Instinkt und das Wissen seiner beiden Freunde helfen ihm, überraschende Ergebnisse zu erzielen.

Von Beginn an war ich begeistert von Niks 7. Fall und mochte das Buch kaum mehr aus der Hand legen. Der Plot ist hervorragend und der Fall entwickelte sich spannend und mit einigen Wendungen. Aber im letzten Drittel des Buches als die Person, die hinter allem steckt, sich an Nik heranmacht und ihn zu benutzen versucht, kippt der Krimi. Die Spannung lässt nach, die Logik ebenso. Es erschien mir nicht stimmig, dass diese Person das Superhirn sein soll, dass sich den genialen Plan ausgedacht hat und ihn knallhart ohne Rücksicht auf Verluste umsetzt. Den jetzt machte sie plötzlich Fehler. Zuletzt wird der Fall logisch aufgeklärt und Nik glänzt einmal mehr, aber es wäre noch mehr drin gewesen. So ist "Die unversöhnliche Vergangenheit" ein spannender und guter, aber kein herausragender Krimi.

Ich wurde gut unterhalten und vergebe am Ende des Buches vier Sterne, Ende des zweiten Drittels wäre es noch die volle Punktzahl gewesen.

Bewertung vom 22.09.2025
Das vergessene Museum
Suchanek, Andreas

Das vergessene Museum


ausgezeichnet

Kann Virginia Woolfs Füllfederhalter töten? - Ein Leben kann sich innerhalb weniger Minuten grundlegend ändern. Genau das passiert Fahrradkurier Liam. Gerade noch wollte er in einem geheimnisvollen Museum sein letztes Päckchen zustellen, da wird er Zeuge eines scheußlichen Mordes. Der sterbende Kurator bestimmt ihn überraschend zu seinem Nachfolger und stellt damit Liams Leben auf den Kopf.
Andreas Suchanek hat mich mit „Das vergessene Museum: Der Siegelwahrer von London“ dem Auftaktband seiner neuen Urban Fantasy-Reihe von Beginn an gefesselt.

Der 27-jährige Liam Relish wohnt mit seinem besten Freund, dem Computernerd Harry, in Whitechapel. Als am Tag nach dem Mord der Nachlassverwalter des getöteten Kurators Rupert Bradford die kleine Wohnung betritt, verändert sich Liams Leben für immer. Der Anwalt teilt ihm mit, dass Mr. Bradford das Museum und alles was dazugehört an seinen langjährigen Schüler vererbt, nämlich ihn! Der pragmatische Harry drängt Liam, das Erbe anzunehmen, nicht zuletzt, damit er sich einen guten Anwalt leisten kann. Denn die Polizei sieht im Erbe ein mögliches Mordmotiv. Liam lässt sich überzeugen und ist erleichtert, dass Harry mit umzieht. Abends wird er von dem düsteren Schattenmörder, der Mr. Bradford tötete, mit einem magischen, bluttrinkenden Dolch angegriffen. Dank Harrys klugen und beherzten Eingreifens scheitert der Anschlag. Liam, der bisher nur an Magie in Büchern glaubte, muss seine Meinung ändern. Erst recht als er im Museum, das zahlreiche magische Artefakte birgt, seinen künftigen Lehrer trifft. Es ist Mr. Bradford, der als Geist weiterlebt. Und das ist nicht das Bizarrste, was Liam widerfährt.

Andreas Suchanek schreibt flüssig, bilderreich und sehr fantasievoll. Mühelos erzeugt er von der ersten Seite an Spannung. Seine Charakter sind stimmig und größtenteils sympathisch. Liam, Harry, Mr. Bradford und der snobistische, aber niedliche Hund Shakespeare erleben spannende Abenteuer, die die beiden jungen Männer bis nach Berlin führen. Das Buch gipfelt in einem rasanten Showdown mit Zeitbrücken und einigem magischen Schnickschnack, der konzentriertes Lesen erfordert. Ich habe diese Passage einfach zweimal gelesen. Die Spannung hält bis zum Schluss an. Dann endet die Geschichte, natürlich, mit einem fiesen Cliffhanger. Vorher wird noch der finstere Schattenmörder gestellt, dessen Identität mich wirklich überrascht hat und trotzdem stimmig ist. Begeistert haben mich die zahlreichen kreativen Ideen des Autors, die für beste Unterhaltung sorgen. Besonders vielversprechend für den nächsten Band erscheint mir Liams unbekannte Herkunft, er wuchs im Waisenhaus auf, und seine Affinität zur Magie. Ich bin sehr gespannt, was es da noch zu entdecken gibt.

Ich liebe Urban Fantasy und Andreas Suchanek ist sehr gut darin. Die Werbung des Verlags „Perfekt für Fans von Ben Aaronovitch …“ (bin ich), kann ich bestätigen, obwohl Andreas Suchanek ganz andere und doch ähnliche Geschichten schreibt. Da ich am liebsten einfach weitergelesen hätte und schon dem zweiten Band entgegenfiebre, gibt es von mir die volle Punktzahl und eine Empfehlung an alle Fans von Urban Fantasy.

Zur Titelfrage. Das Schreibgerät soll eine gefährliche Waffe sein, aber bisher hat der Füller diese Behauptung (noch) nicht bestätigt.

Bewertung vom 20.09.2025
Die Einladung - Mord nur für geladene Gäste (eBook, ePUB)
Mullen, Kelly

Die Einladung - Mord nur für geladene Gäste (eBook, ePUB)


sehr gut

Mord auf Mackinac Island - Die 77-jährige Rosemary, für ihre Freunde Mimi, führt seit 23 Jahren ein zurückgezogenes Leben auf der autofreien Insel Mackinac. Da droht eine Erpressung ihr Idyll zu zerstören. Mimi muss sich dieser Konfrontation stellen, bittet aber ihre Enkelin Addie um Hilfe, da sie sich fürchtet. Gemeinsam besuchen die beiden sehr unterschiedlichen Frauen eine Party und landen in einem mörderischen Albtraum ...
Kelly Mullen ist mit „Die Einladung – Mord nur für geladene Gäste“ ein spannender Krimi im Stil einer modernen Agatha Christie gelungen.

Rosemary erhält eine Einladung zu einer Party in der Nachbarschaft. Sie muss hingehen, den zusammen mit der Einladung erhält sie die Drohung, dass bei Fernbleiben, ihr schlimmstes Geheimnis offenbart wird. Woher weiß Nachbarin Jane, was Mimi vor vielen Jahren getan hat? Höchst beunruhigt alarmiert sie ihre Enkelin, die PC-Spieleentwicklerin Addie. Obwohl ihr Verhältnis angespannt ist, eilt diese ihrer Granny zu Hilfe. Auf der Party treffen sie wenige handverlesene Gäste, von denen einige ebenfalls erpresst werden. Zum Auftakt der Fete wird die Zugbrücke, der einzige Zugang zum Anwesen, hochgezogen. Eine Auktion, die den Opfern der Erpressung horrende Summen abverlangt, schließt sich daran an. Dann wird die Gastgeberin, die zunächst einen merkwürdigen Eindruck macht, tot in ihrem Bett gefunden. Ermordet. Anscheinend versucht jemand Mimi den Mord anzuhängen, den die Tatwaffe wird ihr untergeschoben. Ein Jahrhundertschneesturm und ein Stromausfall komplettieren die äußerst missliche Lage der Partygäste. Und der Killer ist noch nicht fertig.

Kelly Mullen schreibt flüssig und versteht es vortrefflich, Spannung aufzubauen und zu halten. Mit Mimi MacLaine und ihrer Enkelin Addie verfügt sie über ein sympathisches Ermittlerteam, das sich wunderbar ergänzt und nachvollziehbar dem Täter auf die Spur kommt. Die komplizierte Beziehung der Frauen wird während der Ermittlung ebenso durchleuchtet wie die individuellen Probleme, die beide beschäftigen. Derweil befinden sie sich in höchster Gefahr und sind auf sich allein gestellt, da die Polizei nicht auf das Anwesen gelangen kann. Besonders reizvoll fand ich die Idee, dass Addie die Ermittlung im Stil eines PC-Games aufzieht. Damit Mimi nicht außen vor bleibt, muss sie diese (und mich) in ihre Spielewelt einführen, was ihr gut gelingt. Die übrigen Protagonisten bleiben dagegen etwas blass. Bald stellt sich heraus, dass nichts so ist wie angenommen, doch letztlich, nach einigen Wendungen, wird der Täter entlarvt und der Fall logisch aufgeklärt.

Mir hat der Krimi gut gefallen. Das Setting mit der Kombination altes Herrenhaus, hochgezogene Zugbrücke mit geheimem Code, heftiger Schneesturm und Stromausfall überzeugt, obwohl es nicht neu ist. Die Könnerschaft einer Agatha Christie wird zwar nicht erreicht, aber Addies Ermittlungsansatz und Mimis spröder Humor sind erfrischend und unterhaltend. Ein paar Verwicklungen zusätzlich hätten dem Krimi gutgetan, ebenso mehr Tiefe für die Nebencharaktere und ein konsequenteres Korrektorat. Insgesamt finde ich das Buch dennoch spannend und lesenswert. Ich kann mir Mimi und Addie gut in weiteren Fällen vorstellen, die ich dann auch lesen würde.

Von mir gibt es eine Leseempfehlung an alle Fans von britischem Cosy Crime und gute vier Sterne.

Bewertung vom 17.09.2025
Nightingale
Weidig, Danielle

Nightingale


sehr gut

Wenn die Lady mit dem Butler ... Was erwartet eine junge Frau aus Massachusetts, die einen echten englischen Lord heiratet? Lydia schwebt nach ihrer aufregenden Hochzeitsreise auf Wolke Sieben. Die Verhaftung ihres Mannes, kurz nach der Rückkehr nach Ravensridge, dem Stammsitz der Familie, holt sie unsanft in die Realität zurück. Lord Nigel Nightingale soll seine ehemalige Geliebte ermordet haben. Lady Lydia zweifelt keine Sekunde an ihrem Mann und ergreift die Initiative ...
Mit "Nightingale: Tod im Musensaal" ist Danielle Weidig ein unterhaltsamer Auftakt ihrer neuen Cosy Crime-Reihe gelungen.

Eine italienische Künstlerin, die Malerin Florentine Moretti, wird tot im Musensaal des Kunstmuseums von Whispering Pines gefunden. Nahe der Leiche prangt ein Graffiti "Tod den Nightingales". Bald stellt sich heraus, dass die junge Frau vergiftet wurde. Alle Indizien weisen auf Lord Nigel als Täter hin. Da sie keine Sekunde an der Unschuld ihres Mannes zweifelt, wohl aber an der Kompetenz der Polizei, beginnt Lydia selbst zu ermitteln. Tatkräftig wird sie dabei vom vielseitigen Butler ihrer Schwiegermutter, Godfrey, unterstützt. Dank ihres Könnens als Maskenbildnerin und Schauspielerin gelingt es der unerschrockenen Lydia neue Beweise zu finden. Godfrey erweist sich dabei als wertvoller Helfer. Doch je näher sie der Lösung des Falles kommt, umso größer wird die Gefahr in der sie.

Lydia, eine unkonventionelle US-Amerikanerin, hat aus Liebe, nicht aus Kalkül ihren englischen Lord geheiratet. Sehr spontan bzw. unüberlegt, wie es Lydias Mutter nennt. Ihre zukünftige Rolle an der Seite eines britischen Adligen hat sie dabei nicht bedacht. Anders als in Boston, scheint ihr Leben in Whispering Pines zukünftig aus Charity Events und Teekränzchen mit ihrer snobistischen Schwiegermutter zu bestehen. So energisch wie sie die Entlastung Nigels angeht, bezweifle ich sehr, dass sie auf ihren geliebten Beruf verzichten und sich künftig auf gepflegtes Nichtstun und Repräsentieren beschränken wird. Neben unserer sympathischen Heldin hat mir vor allem der unerschütterliche Butler imponiert, der fast immer seine Haltung bewahrt und stets für überraschende Lösungen gut ist. Godfrey ist tatsächlich ein Mann für alle Fälle. Seine Phraseologismus-Schwäche, das bedeutet, er verdreht Sprichwörter wie "Reden ist Silber, Schweigen Platin" lockert seine steife Perfektion charmant auf. Die anderen Charaktere bleiben noch etwas flach, was sich in den späteren Fällen bestimmt ändern wird. Nur die Buchhändlerin Zara Baptiste und der clevere Kater Winston stechen heraus. Danielle Weidig schreibt flüssig und versteht es hervorragend, Ravensridge und Whispering Pines vor unseren Augen entstehen zu lassen. Sehr gut ist Lydias Unbehagen in ihrer neuen Rolle nachzuvollziehen.

Der Mordfall Moretti wird dank Lydia und Godfrey logisch aufgeklärt und Nigel völlig entlastet. Die Hintergründe des Verbrechens bzw. das Tatmotiv haben mich nicht völlig überzeugt und die Identität des Mörders war mir relativ früh klar. Trotzdem hat mich der Cosy Crime gut unterhalten. Lady Lydia und Butler Godfrey sind ein echtes Dreamteam und Ermittler mit großem Potenzial. Und Kater Winston hat mal wieder bewiesen, dass Katzen schlauer sind als Menschen.

Bewertung vom 13.09.2025
Winzergrab (eBook, ePUB)
Wagner, Andreas

Winzergrab (eBook, ePUB)


sehr gut

Mord im Weinberg - Bei einer der beliebten Funzelfahrten in rheinhessischen Weinbergen nimmt der Junggesellinnenabschied für die Braut ein abruptes Ende. Als diese sich kurz in die Büsche zurückzieht, findet sie dort eine Leiche. Winzertochter Kerstin war erst vor kurzem in ihr Heimatdorf zurückgekehrt. Jetzt liegt sie tot im Unterholz, ermordet, wie sich bald herausstellt. Mit "Winzergrab" präsentiert uns Autor Andreas Wagner den 4. Fall seines nach Dosenwurst süchtigen Amateurdetektivs Kurt-Otto Hattemer. Der launige Regionalkrimi hat mich nach etwas zähem Beginn gut unterhalten.

Wie so oft in Familiendramen scheint sich alles ums Erbe zu drehen. Der erfolgreiche und vermögende Winzer Hans-Georg Algesheimer hat drei Kinder, Kerstin und zwei Söhne. Der Jüngste, Jörn, hat das väterliche Geschäft übernommen und wartet ungeduldig darauf, endlich das Gut überschrieben zu bekommen. Derweil hadern seine älteren Geschwister mit ihrer Abfindung und wünschen sich mehr vom Kuchen. Beunruhigt beobachtet Jörn, wie Kerstin den Vater umgarnt. Dann wird seine Schwester ermordet und die Polizei scheint bei der Tätersuche im Dunkeln zu Tappen. Deshalb beginnt Hobbydetektiv Kurt-Otto Hattemer selbst zu ermitteln. Zunächst macht er sich erfolgreich auf die Suche nach der Tatwaffe und unterstützt so wirkungsvoll die Polizei. Doch bald gibt es einen weiteren Toten ...

Ziemlich skurrile Typen bevölkern das Weindorf Essenheim. So die betagte Posthalters Sigrun, eine der drei "lebenden Gardinen" mit ihrem kreativen Geschäftsmodell, oder unser Hobbydetektiv Kurt-Otto, der stets befürchtet von seiner Frau Renate auf Diät gesetzt zu werden. Um nicht auf seine geliebte Dosenwurst verzichten zu müssen, findet er ungewöhnliche Verstecke für seinen Notvorrat. Wagner erzählt flüssig und locker, manche humorvolle Szene erinnert an einen Cosy Crime. Er geizt nicht mit seinem Wissen als Winzer und der Leser erfährt Vieles über die Situation der Weinbauern, ihr Handwerk und ihr Produkt.

Das Mordmotiv scheint zunächst offensichtlich. Doch ging es dabei wirklich um Geld? Neben Kerstins Anspruch auf ein größeres Erbe war da noch ein undurchsichtiger Journalist, dem sie ein Interview zugesagt hatte. Friedbert Führich sucht Informationen über das Schicksal jüdischer Weinhändler in der Region während der NS-Zeit. Wollte jemand die Weitergabe dieser brisanten Informationen verhindern oder handelt es sich beim Mord um ein Sexualdelikt?

Kerstins Tod wird nicht zuletzt dank Kurt-Ottos Mithilfe restlos aufgeklärt. Dabei sorgen einige Wendungen für Spannung. Doch nicht alles Wissenswerte kommt ans Tageslicht, manches nehmen die Verstorbenen mit in ihr Grab.

Mich hat der Regionalkrimi gut unterhalten. Die Sachkenntnis des Autors bezüglich Weinbau, Land und Leuten ist gut spürbar. Der langatmige Einstieg hat meine Leselust etwas gebremst und ganz soviel Fachwissen hätte ich nicht benötigt. Dafür ist Kurt-Otto Hattemer mit seinen Schrullen ein wirklich sympathischer Ermittler, den ich gern begleitet habe.

Ich vergebe gute 4 Sterne und eine Leseempfehlung an alle Fans von Regionalkrimis und Wein. Das Buch ist auch ohne Kenntnisse der Vorgängerbände gut lesbar.

Bewertung vom 08.09.2025
Rabenthron / Helmsby Bd.3
Gablé, Rebecca

Rabenthron / Helmsby Bd.3


sehr gut

Wie alles begann - 1013. England liegt darnieder und hat den marodierenden Wikingern wenig entgegenzusetzen. Ein schwacher König, Æthelred der Unberatene, verschärft die Lage. Ælfric of Helmsby, ein junger Engländer, bricht aus persönlichen Gründen nach London auf und wird so Teil einer spannenden Epoche der englischen Geschichte. Mit dem Prequel „Rabenthron“ vollendet Rebecca Gablé nach knapp 20 Jahren ihre Helmsby Trilogie. Überzeugend und unterhaltsam, wie ich finde.

Es herrschen harte Zeiten. Die englische Bevölkerung ächzt unter den hohen Abgaben, die zu leisten sind. Das sogenannte „Danegeld“ soll die Dänen von weiteren Überfällen auf England abhalten. Doch Sven Gabelbart und seine Wikinger überfallen das Land weiterhin nach Belieben. Das Volk ist Raub, Mord, Vergewaltigung und Verschleppung willkürlich ausgesetzt. Dann reißt Sven Gabelbart die Macht an sich und erobert den englischen Thron. König Æthelred flieht in die Normandie, die Heimat seiner Gemahlin Emma. Doch Sven bringt der englische Thron keine Glück. Er stirbt nach wenigen Monaten Regierungszeit und Æthelred kehrt mit seiner Familie nach England zurück. Die Kämpfe gehen weiter.

Das Buch berichtet über die Geschehnisse von 1013 bis 1041. In dieser Zeit sieht England sieben verschiedene Regenten auf seinem Thron. Gablé schildert den Übergang der Krone von den Angelsachsen über die Dänen zu den Normannen. Eine zentrale Rolle nimmt dabei die normannische Prinzessin Emma ein, die, als 14-Jährige, mit dem viel älteren Æthelred verheiratet wird. Als dessen Witwe ehelicht sie später Gabelbarts Sohn Knud. So wird sie zweimal Königin von England und die Mutter zweier englischer Regenten. Sie ist eine kluge Strategin, mit Machtinstinkt und Resilienz, die wenig Lust verspürt, ohnmächtig ihrem Schicksal entgegenzusehen. Stets eng an ihrer Seite befindet sich Ælfric of Helmsby als Berater, Unterstützer und Freund.

Wie immer vermischt Rebecca Gablé auf gekonnte Weise Fiktion und historische Fakten. Der Leser verfolgt die Schlachten, Intrigen und Verhandlungen, die die Geschicke der Herrscher über England in dieser Zeit prägen. Gleichzeitig verfolgen wir an der Seite Ælfrics und seines Sohnes Penda, wie die Ereignisse außerhalb des Hofes und im normannischen Exil verlaufen. Ergänzt wird die Erzählung durch einige Romanzen, einen historisch verbürgten Flugversuch, schmählichen Verrat und mysteriöse Todesfälle.

Gablés Sprache lässt bei mir keine Wünsche offen. Sie schreibt gewohnt flüssig und bildhaft. Die Mischung aus Fiktion und Fakten erscheint mir ausgewogen und sehr gelungen, wobei dieses Mal der historische Anteil überwiegt. Gablés Charaktere sind wie immer überzeugend, ob es sich um skrupellose Intriganten wie den Raffer oder Godwin handelt oder Sympathieträger wie Godgifu oder Eilmer. Die Lektüre hat mich schnell gefesselt und ich habe äußerst ungern Lesepausen eingelegt. Da meine Kenntnisse der englischen Geschichte vor 1066 bescheiden waren, konnte ich einiges Neues erfahren und mein Wissen erweitern. Wäre mein Geschichtsunterricht annähernd so spannend und mitreißend gewesen wie dieses Buch, hätte ich weniger Lücken füllen müssen. Gablé versteht es zudem vortrefflich, mich zu eigenen Recherchen anzuregen.

Ein paar kleine Kritikpunkte habe ich dennoch anzumerken. Ælfrics Gutmenschentum war mir zu stark ausgeprägt für einen Thane im 11. Jahrhundert. Was er seinem Cousin Offa alles nachsah, von Verrat und Meineid bis hin zur Folterung von Ælfrics schwangerer Tochter, erschien mir wenig glaubwürdig. Dann war für mich die dritte Rettung in letzter Minute, eine zu viel. Aber, na ja, das ist dichterische Freiheit. Obwohl ich das Buchende zudem als ziemlich abrupt empfand, vergebe ich trotzdem 4,5 Punkte, da ich den historischen Input als ebenso hervorragend empfand wie Gablés Schreibstil. Zusammenfassend gesagt, „Rabenthron“ erweist sich als würdiger Auftakt der Helmsby Trilogie.

Da sich viele Namen ähneln, erweist sich das Personenverzeichnis am Buchanfang als besonders wichtig. Das von mir bei allen Büchern der Autorin hochgeschätzte Nachwort schließt „Rabenthron“ ab. Die Einordnung in Fakten und Fiktionen beweist einmal mehr, dass die abenteuerlichsten Geschichten, wie die Umstände von Edmunds Ermordung, Eilmers Flugversuch oder Harolds Satanismus der Realität entsprechen.

Was uns zu denken geben sollte, von elf (!) Prinzen blieb nur einer übrig – derjenige, der die Krone eigentlich nicht wollte ...

Bewertung vom 08.09.2025
Post, Mord und Provinzgeflüster - Das Geheimnis der Rosengärtnerin (eBook, ePUB)
Kaltenborn, Jill

Post, Mord und Provinzgeflüster - Das Geheimnis der Rosengärtnerin (eBook, ePUB)


sehr gut

Gärten und Rätsel - Der radelnde Detektiv Sully hat sich mittlerweile gut in seinem Luxemburger Exil eingelebt. Sein neuestes Projekt ist ein eigener Garten, obwohl er sich mit Pflanzen überhaupt nicht auskennt. Da kommt es ihm sehr gelegen, dass Charlotte, Rose Freundin, ihn neben einem Honorar mit Gartentipps versorgt. Im Gegenzug soll er ihren Lebensgefährten überprüfen. Auch der zweite Fall für Sully hat mich bestens unterhalten.

Warum beklaut Doktor Benno Mensing seine Freundin Charlotte? Ist es Geldnot oder steckt etwas Anderes dahinter? Wieso wirkt die Beziehung der Beiden so unharmonisch? Bald erfährt Sully, dass Richard, Charlottes Ehemann, vor acht Jahren spurlos verschwunden ist und Benno zeitnah dessen Platz eingenommen hat. Das Interesse unserer Spürnase ist geweckt. Allzu gern möchte er diesen Cold Case aufklären. Er ahnt nicht, was er mit seinen Nachforschungen auslöst.

Sully verdient sich weiterhin seinen Lebensunterhalt als Hilfsbriefträger. Seit er seinen Kollegen Jhemp als Mörder überführt hat, ist sein Arbeitspensum sogar noch gestiegen. Doch der Unterhalt seiner Wiesbadener Wohnung verschlingt fast sein gesamtes Salär. Da kommt so ein honorierter Ermittlungsauftrag gerade recht, denn die Gastfreundschaft seiner Patentante und deren Familie will er nicht ausnutzen. Außerdem scheint das Ermitteln eine Art Lebenselixier für Sully zu sein, auf das er ungern verzichtet. Damit ist er auf einer Wellenlänge mit Polizistin Claire, die sich langweilt und nach einem neuen spannenden Fall lechzt.

Jill Kaltenborn hat mit Sully und seiner Luxemburger Familie sympathische Protagonisten erdacht, an deren Leben ich gern teilnehme. Die liebenswerten Charaktere des ersten Falls haben mich erneut für sich eingenommen. Es macht Spaß, mit Fernand, Sully und Serge am Tisch zu sitzen. Inzwischen ist Claire die große Ehre zuteilgeworden, die illustre Kartenrunde zu komplettieren, während Rose alle mit leckeren Häppchen verwöhnt.

Sullys Ermittlungen fördern einige Geheimnisse zutage. Dank Luxemburgs bestem Leichenspürhund auch einen Toten. Wie dieser zum Einsatz kommt, war eine meiner Lieblingsszenen. Der Fall wird restlos aufgeklärt, wenn auch anders als ich vermutet habe. Obwohl dieses Mal der Lokalkolorit für meinen Geschmack ein wenig zu kurz gekommen ist, hat mir dieser Fall wieder gut gefallen. Jetzt bin ich schon gespannt auf die nächste Ermittlung.

Bewertung vom 04.09.2025
Man sieht nur mit der Schnauze gut (eBook, ePUB)
Aichner, Bernhard

Man sieht nur mit der Schnauze gut (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Aspro ist der Beste! Warum sehen Dynamitstangen nur aus wie Stöckchen? Jetzt ist der Chef tot und sein Hund hat kein Zuhause mehr. Doch der sympathische Vierbeiner hat Glück im Unglück. Die nette Polizistin am Tatort adoptiert ihn. Die Geschichte der beiden und Aspros Gedanken und Kommentare haben mir großen Spaß gemacht und mich sehr gut unterhalten. Ein absolutes Gute-Laune-Buch für Hundefreunde.

Die neue Chefin gibt ihrem vierbeinigen Begleiter den Namen Aspro, weil ein Spaziergang mit dem dreijährigen Hund ihre Migräne lindert. Immerhin besser als Thomapyrin, denkt Aspro zufrieden. Sein Ehrgeiz ist geweckt. Da die Chefin als Polizistin arbeitet, will Aspro unbedingt ein Polizeihund werden. Für einen ehemaligen „Jagdhundstreber“ kann das doch nicht so schwierig sein? Tatsächlich zeigt er sich der selbst gestellten Aufgabe durchaus gewachsen und löst seinen ersten Fall, Diebstähle absurder Dinge, mit Bravour.

Mit dem liebenswerten Aspro hat Autor Bernhard Aichner die düstere Welt der Thriller vorübergehend verlassen. Er lässt den cleveren Vierbeiner seine Sicht der Dinge schildern und von den Abenteuern mit der neuen Chefin aus seiner Perspektive erzählen. Der offensichtliche Hundefreund Aichner kann sich überraschend gut in Aspro einfühlen.

Mich hat der zukünftige Polizeihund schnell mit seinem Charme bezaubert. Es macht großen Spaß, die Welt aus Hundeaugen zu betrachten. Einige menschliche Gepflogenheiten liefern Situationskomik, wenn sich Aspro darüber Gedanken macht. Warum handeln die Zweibeiner so, wie sie es tun? Wieso nennt ihn jeder Wiener „Rex“, wo er doch gar kein Schäferhund ist? Warum heiraten die Menschen?

Ohne falsche Bescheidenheit listet Aspro seine Erfolge auf. Am wichtigsten war natürlich die Rettung der Chefin, denn seither liebt ihn auch deren Ehemann, der neue Chef. Aber damit nicht genug. Er klärt Verbrechen auf, rettet Menschenleben und entdeckt sogar eine Bombe. Großzügig wie er ist, unterschlägt er auch seine Sünden nicht, die da wären Mundraub, Erbrechen auf den Autositz, Diebstahl und Hühnermord – aber das war keine Absicht, also eher Hühnertotschlag.
.
Der Autor schreibt flüssig und sehr anschaulich. Einen Dobermann der Marke Putin kann ich mir ebenso gut vorstellen, wie einen kleinen Bichon Frisé mit Helfersyndrom, der jeden „Sechzig Kilo-Bernhardiner zurück auf seinen Platz kläfft“. Besonders gut gefallen hat mir das gelegentliche Einfließen österreichischer Begriffe wie „Schliafhansl“. Der Grundton der Geschichte ist positiv, da für den optimistischen Aspro das Glas stets halbvoll ist. Mir geht es wie der neuen Chefin. Zwar muss der bezaubernde Vierbeiner bei mir glücklicherweise keine Migräne vertreiben, aber er verhilft mir zu guter Laune.

Bernhard Aichner ist auf den sympathischen Hund gekommen.
Die daraus resultierenden Geschichten haben mich so gut unterhalten und sind so amüsant und humorvoll, dass ich auf eine baldige Fortsetzung des amüsanten Hundekrimis hoffe. Inzwischen gibt es Streicheleinheiten und „Frankfurter“.
Partyzeit für Aspro!

Bewertung vom 31.08.2025
Rentner Mikado
Amrein, T. D.

Rentner Mikado


sehr gut

Campende Rentner leben gefährlich - Bauarbeiten auf einem Campingplatz werden überraschend zwei menschliche Skelette gefunden. Ein Herzschrittmacher, der aus dem Jahr 1983 stammt, weist den Fall als Cold Case aus und ruft Kommissar Krüger auf den Plan. Mich hat der sachlich und unaufgeregt dargelegte Fall ganz gut unterhalten, aber die Spannung hat mir zeitweise gefehlt.

Die gefundenen Knochen und die vermeintliche Identität der Toten passen nicht zusammen, andrerseits treten weitere Fälle verschwundener Rentner zutage. Der Fall erweist sich als kniffelig und die Ermittlungen stagnieren bald. Glücklicherweise hat Krüger ein gutes Händchen bei der Wahl seiner Mitarbeiter. Die neue Kollegin, Frau Freitag, die die beförderte Nadja ersetzt, erweist sich als Ass in der Internetrecherche und verfügt über ein undurchsichtiges, aber effektives Netzwerk. So kann sie ihrem wenig technikaffinen Chef zeitnah neue Indizien und Fakten liefern.

Während wir die akribisch betriebenen Ermittlungen von Krüger, Freitag, Hummel und Co. verfolgen, begleiten wir in einem zweiten Erzählstrang den Täter. Zunehmend abgestoßen, beobachten wir ihn bei der Ausübung seines Geschäftsmodells. Skrupellos verübt er einen Mord nach dem anderen, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren.

Mir hat die sachliche, fast nüchterne Sprache und die unspektakuläre Ermittlungsarbeit gefallen. Die Charaktere wirken authentisch. Krüger und seine Partnerin Elisabeth ergänzen sich hervorragend. Vor allem, wenn sie ihn bei Ermittlungen unterstützt, da sie zu unterschiedlichen Ansätzen neigen. Ihre Geplänkel machen Spaß. Auch mit der neuen Kollegin Freitag arbeitet der Kommissar auf Anhieb gut zusammen. Dem Täter fehlt es leider etwas an Tiefe. Mir wurde nicht klar, warum er sich zu einem derart skrupellosen Mörder entwickelt hat und wieso er diese Art zu leben als alternativlos betrachtet. Seine Bekannte mit der Olivenfarm bietet ihm ja eine bürgerliche Existenz an.

Der Fall wird schließlich aufgeklärt. Auch Verbrecher werden nicht jünger und machen Fehler. Doch Krüger dürfte das Interesse an einer Laufbahn als Dauercamper in der Rente verloren haben. Ein paar Wendungen und Verwicklungen mehr hätten dem Spannungsaufbau gutgetan. Der Plot scheint mir grundsätzlich realistisch. Wie der alte Hippie zu Elisabeth sagt: „Kaum ist man tot, ist man vergessen.“

Für Freunde solider Krimis mit wenig Schnickschnack, sachlichem Grundton und solider Ermittlungsarbeit kann ich „Rentner-Mikado“ empfehlen.

Bewertung vom 15.08.2025
Schwüre, die wir brechen / Svea Karhuu & Jon Nordh Bd.2 (eBook, ePUB)
Voosen, Roman; Danielsson, Kerstin Signe

Schwüre, die wir brechen / Svea Karhuu & Jon Nordh Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Wer tötet ägyptische Götter? Das schwedisch-deutsche Schriftstellerpaar Kerstin Signe Danielsson und Roman Voosen lässt sein Team Karhuu und Nordh erneut gemeinsam ermitteln. Da mir Band eins gut gefallen hat, war ich sehr gespannt auf Teil zwei. Soviel sei schon verraten: Ich wurde nicht enttäuscht!

Svea Karhuu und Jon Nordh werden zu einem bizarren Mordfall gerufen. Der Killer präsentiert sein Opfer als den ägyptischen Krokodilgott Sobek. Svea ist sofort getriggert und möchte unbedingt ermitteln, während ihr Partner Jon seinem miesen Bauchgefühl folgend, den Fall abgeben will. Als erfahrener Ermittler weiß er, was ein solches Verbrechen an psychischen Belastungen, aber auch an Zündstoff mitbringt. Doch seine ehrgeizige Chefin manipuliert Nordh einmal mehr. Sie bietet ihm für die Übernahme der Ermittlungen, Einsicht in geheime Unterlagen zum Unfalltod seiner Ehefrau. Wider besseres Wissen lässt Jon sich auf den Deal ein. Dieser Ausflug in die ägyptische Mythologie wird nicht sein letzter sein,

Nordh ist ein fähiger, erfahrener Ermittler, der von den Schicksalsschlägen des vergangenen Jahres gezeichnet ist. Seine Frau Linda und Calle, Jons bester Freund und Partner, sind gemeinsam tödlich verunglückt. Dabei wurde ihr heimliches Verhältnis offenbart. Weder den Verlust noch den Verrat hat Nordh bisher verarbeitet. Es fällt ihm schwer, neben dem Beruf, seine Aufgaben als alleinerziehender Vater zweier traumatisierter Kinder zu bewältigen. Auch Svea Karhuu hat mit den Dämonen ihrer Vergangenheit zu kämpfen. Seit sie einen korrupten Kollegen aus Notwehr bei einem Undercover-Einsatz erschoss, läuft einiges falsch in ihrem Leben. Sie wurde strafversetzt und erhält Drohungen. Svea ist eine intelligente, taffe Polizistin. Auch die Nebencharaktere, ob Ions Schwiegermutter Rosa oder die Teamkollegen Wallgren und Stöcker sind glaubwürdig gezeichnet.

Die Autoren schreiben flüssig und bildhaft. Allein die Beschreibungen der Tatorte und der drapierten Leichen haben morbide Bilder in meinem Kopfkino ausgelöst und sind nichts für schwache Nerven. Das nordische Ambiente und die skandinavischen Besonderheiten, z. B. das Meänkieli, der Dialekt, mit dem Svea groß geworden ist, zeichnen den Krimi aus.

In eingestreuten Kapiteln aus dem Jahr 1973 lernen wir Peter kennen, der in der berüchtigten deutschen Sekte Colonia Dignidad in Chile aufwächst. Die Szenen sind schwer erträglich. Zunächst wird nicht klar, wohin sie führen.

Der Fall entpuppt sich als die harte Nuss, die Nordh vorausgesehen hat. Die Ermittlungen werden durch eine skrupellose Presse behindert, die nicht davor zurückschreckt, Tatortfotos der makaber inszenierten Leichen zu veröffentlichen. Als eine populäre True-Crime-Podcasterin in den Medienhype um die „Krokodilmorde“ mit einsteigt, wird der Druck auf die Ermittler unerträglich. Dann verschwindet ein junges Mädchen – und die Ereignisse überschlagen sich …

Der Thriller hat mich sofort gepackt, ich konnte das Buch fast nicht mehr aus der Hand legen. Teilweise waren die Gewalt und die heraufbeschwörten Bilder nicht leicht wegzustecken, aber meine Neugier siegte. Ich musste unbedingt erfahren, wer hinter den bizarren Morden steckt. Die Spannung steigert sich im Lauf der Geschehnisse und hält bis zum Schluss an, bis das Verbrechen restlos aufgeklärt ist. Schockierend fand ich einmal mehr die Rolle der Medien.

Auch die privaten „Baustellen“ der Ermittler entwickeln sich weiter. Ob es nicht zu viel des Guten ist, dass beide Ermittler, Svea und Jon den geheimen kriminellen Machenschaften von Politik/Geheimdienst/Polizei auf der Spur sind, muss jeder Leser für sich entscheiden. Ich bin jedenfalls gespannt, wie es mit Nordh und Karhuu weitergeht.

Band zwei ist unabhängig von Teil eins lesbar, da das notwendige Hintergrundwissen mitgeliefert wird.