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odile

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Insgesamt 60 Bewertungen
Bewertung vom 13.04.2025
Das Schweigen der Kanarienvögel (eBook, ePUB)
Walther, Ingrid

Das Schweigen der Kanarienvögel (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Das Rotkehlchen soll leben

Amalia Fink, emeritierte Professorin der Zoologie mit Fachgebiet Ornithologie, plant ein Sachbuch über die Vogelwelt Teneriffas zu schreiben. Dazu gönnt sie sich zusammen mit ihrer besten Freundin Lydia, der Philosophin, eine erholsame Auszeit auf der Insel. Bei einem Ausflug in das Küstenstädtchen Puerto Santiago treffen sie eine ehemalige Studentin Amalias, die inzwischen Gesang studiert. Was macht Katie während des Semesters hier? Das Rotkehlchen, wie die Professorin sie insgeheim nennt, denn sie gibt allen ihren Bekannten Vogelnamen, erzählt, dass sie sich unsterblich in einen, leider verheirateten, Tinerfeño verliebt hat und ihm auf die Insel gefolgt ist. Die drei Frauen verabreden sich für den nächsten Tag, aber die Studentin erscheint nicht. Nach 24 Stunden hat sich die sonst zuverlässige Katie noch immer nicht gemeldet und die besorgte Amalia geht zur Polizei.

Dieses Mal hat die Autorin Ingrid Walther die Provence gegen Teneriffa getauscht. Ich war sehr gespannt auf ihren ersten Kanarenkrimi.

Obwohl der zuständige Kommissar Martínez einen guten Eindruck hinterlässt, beschließen die beiden Salzburgerinnen das Rotkehlchen selbst zu suchen. Schnell identifizieren sie Katies mysteriösen Liebhaber als Héctor Guarnido, einen zwielichtigen Unternehmer. Als sie bei ihrer Suche zuerst auf den rätselhaften Todessturz eines deutschen Touristen stoßen und dann die Leiche der bekannten Abgeordneten Margarita Sánchez Jiménez finden, kommt Bewegung in den Fall. Zunächst wird ihr Chauffeur Jesús bedroht, dann gerät auch Amalia in Gefahr.

Ingrid Walther schreibt gewohnt locker und bildhaft. Sie beschreibt die unbekannteren Seiten und die raue Natur Teneriffas so anschaulich, dass sofort Reiselust aufkommt. Von der bedrohten Lorbeertaube bspw. hatte ich vorher noch nie gehört. Ich hoffe sehr, dass sie jedem skrupellosen „Feinschmecker“ oder Jäger im Hals steckenbleibt.

Der Kriminalfall entwickelt sich rasch, sodass sich bald Spannung aufbaut, die bis zum Schluss anhält. Da zwischendurch aus der Perspektive Katies, statt aus der Sicht Amalias erzählt wird, behält der Leser stets den Überblick über die Geschehnisse.

Die Charaktere sind glaubwürdig, allen voran die sympathische Vogelkundlern Amalia, taff, klug, attraktiv und fürsorglich. Ihre liebenswerte Marotte finde ich amüsant. Mir leuchtet ein, dass sie sich Vogelnamen einfach besser merken kann. Ihr Beruf, der genaues Beobachten ihrer gefiederten Studienobjekte verlangt, hat ihren Blick für Details geschärft. Amalias beste Freundin Lydia besticht mit ihrer Lebensweisheit, sie ist bodenständig, humorvoll, klug und tiefgründig. Auch die übrigen Protagonisten konnten mich überzeugen.

Ingrid Walthers Kanarenkrimi lädt zum Miträtseln ein. Mir gefällt, dass der Lesende stets alle Fakten erhält, die auch den Hobbydetektivinnen bekannt sind. Im letzten Viertel des Buchs erhält Amalia einen wichtigen Hinweis, der uns beide auf die richtige Spur gebracht hat. Der Fall wird aufgelöst und hat mich bestens unterhalten. Im Lauf ihrer Ermittlung bahnt sich für Amalia nebenbei eine vielversprechende Romanze an, die sich gut in die Geschichte einfügt.

Ein kurzes Glossar der verwendeten fremdsprachlichen Ausdrücke am Buchende rundet den Krimi ab.

Da mir die Geschichte gut gefallen hat und ich gespannt bin, wie es mit Amalia und Maurizio weiter geht, hoffe ich auf eine baldige Fortsetzung der neuen Krimi-Reihe. Vielleicht gelingt es Ingrid Walther am Ende sogar, eine Vogelbeobachterin aus mir zu machen. Darauf einen Barraquito!

Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen und eine Leseempfehlung an alle Krimifans.

Bewertung vom 10.04.2025
Hans Zimmer : Werkbiografische Betrachtungen

Hans Zimmer : Werkbiografische Betrachtungen


ausgezeichnet

Das Phänomen Hans Zimmer

Hans Zimmer wird 1957 in Frankfurt/Main geboren. Seine turbulente Schulzeit, angeblich „flog“ er von einer Vielzahl dieser Einrichtungen, schließt er im englischen Dorking ab. Seit frühester Kindheit fasziniert ihn die Musik, doch sein einziger Klavierlehrer (das kommt uns bekannt vor) soll bereits nach einer Woche Unterricht geflohen sein. Jetzt also in England gelandet, zieht er nach London und startet dort seine Karriere.
Dr. Andreas Mäckler, Biograf und Schriftsteller, hat sich das große Ziel gesetzt, die umfassende Werksbiografie eines der größten lebenden Hollywood-Komponisten, Hans Zimmer, zu verfassen. In neun Kapiteln erzählt er uns vom Leben und Schaffen des großen Musikers.
Nach einer kurzen Einführung in die Kindheit und Jugend Zimmers sind wir also bei seinem Karrierestart im London der 1970er Jahre dabei. Er experimentiert mit Synthesizern, leidet an Geldmangel und auch mal unter einer Rattenplage. Doch er knüpft auch erste wertvolle Kontakte und widmet sich zunächst der Popmusik und der Werbebranche. Wir begleiten Hans Zimmer nach Hollywood, wo er mit Talent, Durchhaltevermögen und Beharrlichkeit den Durchbruch schafft ...
Für die vorliegende Werksbiografie wertete der Autor eine Vielzahl an Rezensionen, Medienberichten, Artikeln und Interviews aus. Er verwendet Anmerkungen und Erinnerungen von Mitarbeitern und Weggefährten Zimmers (z. b. Henning Lohner, S. 175, Christopher Nolan, S. 262), um ein umfassendes Nachschlagewerk erstellen zu können. Dazu diskutiert er Rezensionen, hinterfragt die Intentionen der Kritiker, die stets auch subjektiv sind, je nach Geschmack und Schwerpunkt des Einzelnen. Gefallen hat mir, dass er, um diesen Eindruck zu verdeutlichen, zwei Kritiken zum selben Soundtrack einander gegenüberstellt (z. B. S. 192). Ein weiteres Plus des Buches ist, dass auch kritische Stimmen und negative Rezensionen enthalten sind.
Die menschliche Seite des vielfachen Preisträgers kommt auch nicht zu kurz. Leider hat Hans Zimmer dem Autor kein Interview gegeben, deshalb hat dieser Interviews und Zitate verwendet, um den Komponisten zu Wort kommen zu lassen. „Das Wichtigste für einen Musiker ist, hören zu lernen - nicht, spielen zu lernen! Die Inspiration kommt von den Anderen."(S. 77) oder  "Mit Kritiken ist es so eine Sache. Wenn ich für Filme wie „Besser geht’s nicht“ intimere Musik schreibe und sparsam mit dem Orchester arbeite, werfen sie mir vor, ich kriege den „großen Zimmer-Sound“ nicht mehr hin. Gehe ich’s bombastisch an, schreiben sie „Typisch Zimmer - immer dasselbe“ (S. 136). Am Buchende entdeckte ich, dass ich eine gemeinsame Vorliebe mit Hans Zimmer teile. Er ist ebenfalls ein großer Fan des britischen Komikers Tommy Cooper (S. 411)
Durch dieses Buch lernte ich ein für mich neues Phänomen kennen. Obwohl flüssig geschrieben, konnte ich, erschlagen von der Fülle an Information, Wissen und Material stets nur wenige Seiten auf einmal lesen. Dann musste sich der neue Input erst einmal setzen. Ich habe viel mehr als erwartet über den Werdegang Hans Zimmers, seine Entwicklung, sein Schaffen und sein Werk erfahren. Ebenso über das Entstehen, die Bedeutung und die Geschichte der Filmmusik. Über das Komponieren und den Weg zur Spitze (Stichwort Mentorenprinzip). Der Autor hat die herausfordernde Aufgabe, die er sich gestellt hat, bravourös gemeistert. Herausgekommen ist ein umfassendes Standardwerk für alle Fans von Hans Zimmer, aber auch für jeden, der sich für die Filmmusik Hollywoods und deren Geschichte interessiert.
Mir hat lediglich ein Personen- bzw. Stichwortverzeichnis gefehlt, das mir das Navigieren in dieser umfangreichen Werksbiografie erleichtert hätte. Das ein oder andere Foto würde den komprimierten Text auflockern.
Von mir 4,5 von 5 Sterne und eine Leseempfehlung für den genannten Leserkreis.

Bewertung vom 08.04.2025
Die Yacht
Goodwin, Sarah

Die Yacht


sehr gut

Tödliche Silvesterparty

Hannah ist zur alljährlichen Silvesterparty ihrer reichen Freundin Libby eingeladen. Statt auf einer Burg in Schottland, findet das Luxus-Event dieses Mal auf der eigenen Yacht an der italienischen Riviera statt. Da Hannah sich einen Flug nicht leisten kann, nimmt sie eine 12-stündige Fahrt sowie eine Übernachtung im Auto auf sich, um mit ihrer Freundin zu feiern. Dort angekommen, erweist sich die Location als sehr exklusiv, die Stimmung eher unterkühlt. Alkohol und Drogen werden reichlich konsumiert. Olly und Leon, die Männer von Libby und Maggie, einer weiteren betuchten Schulfreundin, behandeln Hannah äußerst herablassend. Einer bietet ihr sogar Geld für Sex. Als einziger Lichtblick erscheint Harry, ein weiterer Freund aus Studienzeiten, der erst seit kurzem als Künstler seinen Durchbruch feiern konnte. Hannah beschließt, die Yacht am nächsten Morgen zu verlassen. Sie hat es endgültig satt, sich als Sozialprojekt behandeln zu lassen, trotz aller Reminiszenzen an früher. Diesen vernünftigen Entschluss kann sie jedoch nicht umsetzen, da die Yacht am nächsten Morgen führerlos auf dem Meer treibt. Wie sich bald herausstellen wird, ohne Proviant, ohne Rettungsboote, ohne Funk, ohne Sprit. Der Kampf ums Überleben kann beginnen.

„Die Yacht“ ist der neue Thriller von Sarah Goodwin. Ich habe schon ihren Roman „Das Resort“ gelesen.

Sarah Goodwin schreibt flüssig und bildhaft. Ihr Plot ist vielversprechend und die Geschichte beginnt spannend. Eine Yacht, die führerlos und ohne Ressourcen im Meer treibt. Die verwöhnten Reichen entpuppen sich als völlig hilflos in der Krise und kompensieren ihre Ängste mit Alkohol und Aggressionen. Das führt zu Streit und Tätlichkeiten. Einige schmutzige Geheimnisse werden gelüftet und die Lage wird immer unerträglicher. Nur Harry und Hannah behalten die Nerven. Als Libby spurlos verschwindet, droht die Situation zu eskalieren. Dann entschließt sich Harry zu einer Kamikaze-Rettungsaktion und lässt Hannah mit den asozialen Reichen zurück. Durch die häufigen Wiederholungen, die Protagonisten streiten und dann beleidigen sie wieder Hannah, verliert die Geschichte an Fahrt und die Spannung lässt nach.

Außer der sympathischen, gelegentlich viel zu gutherzigen, Hannah und dem undurchsichtigen Harry bleiben die Charaktere eindimensional, Leon und Olly sogar austauschbar.

Mein Fazit fällt durchwachsen aus. Sarah Goodwins Schreibstil gefällt mir, sie kann sehr gut Spannung aufbauen und der Plot hat mich überzeugt. Doch die Ausführung weist Mängel auf.

Da die Geschichte aus Hannahs Sicht erzählt wird, erfahren wir, was in ihr vorgeht, was sie bewegt, warum sie an der Kindheitsfreundschaft mit Libby und Maggie festhält, obwohl sie fühlt, dass die beiden mittlerweile auf sie herabsehen. Auf ihrem einsamen Felsen im Meer mit sich selbst konfrontiert, erkennt Hannah, was in ihrem Leben falsch gelaufen ist. Sich von Gefühlen für andere abzuschirmen, um den Schmerz zu vermeiden, den ihre Mutter durchleben musste. Ihre Kunst aufzugeben, weil sie ihr nicht genug einbrachte und ihre Ideen gestohlen wurden. Das hat mir gut gefallen.

Umso mehr stört, dass die übrigen Charaktere zum größten Teil so flach bleiben. Die Auflösung erfolgt auch nicht vollständig, z. B. Libbys Verschwinden, der Blutfleck an der Wand. Dazu kommen Logikfehler: Die Route der Yacht wird nachgezeichnet, u.a. hat sie die Straße von Gibraltar durchfahren. Diese ist eine der meistbefahrenen Wasserstraßen der Welt, die täglich von ca. 300 Handelsschiffen durchfahren wird. Trotzdem keine Sichtung? Harry wurde von einem Fischtrawler gerettet, aber die Yacht taucht nicht auf deren Radar auf?

Ich vergebe knappe 4 Sterne. Wem „Das Resort“ und „Stranded - Die Insel“ gefallen hat, wird auch von „Die Yacht“ gut unterhalten.

Bewertung vom 07.04.2025
Commissario Gaetano und der lügende Fisch / Commissario Gaetano Bd.1
Nola, Fabio

Commissario Gaetano und der lügende Fisch / Commissario Gaetano Bd.1


sehr gut

Neapel sehen und sterben

Dieses Sprichwort überlieferte der Dichter Johann Wolfgang von Goethe bereits bei seiner „Italienischen Reise“ 1786. Für Dottore Ianus Capuano wird es zur Realität.
Am 19. September, dem höchsten Feiertag Neapels, kommt ein gestresster Mann in die Questura, um einen geplanten Anschlag auf seine Person zu melden. Obwohl an diesem Tag die Hölle los ist und er die Ängste des unsympathischen Dr. Capuano nicht nachvollziehen kann, sagt Commissario Salvatore Gaetano widerwillig seine Hilfe zu. Noch ist ihm nicht bewusst, dass er vor den schwierigsten Ermittlungen seiner Karriere steht.
„Commissario Gaetano und der lügende Fisch“ ist der erste Band, der in Neapel spielenden Krimi-Reihe von Fabio Nola. Der Autor, ein deutscher Historiker, hat einige Jahre in der Stadt gelebt. Der ungewöhnliche Titel hat sofort mein Interesse geweckt und mir eine spannende Ermittlung in Neapel beschert.
Am 19. September jeden Jahres feiern die Neapolitaner ihren Stadtpatron San Gennaro. Im Dom von Neapel warten die Gläubigen auf das „Blutwunder“, das nach altem Volksglauben eine glückliche Zukunft für die Stadt verspricht. Für Ianus Capuano nimmt der Festtag kein gutes Ende. Er wird von der Streife, die Gaetano ihm versprochen hatte, tot in seiner Wohnung aufgefunden. Enthauptet – wie sein Namensvetter San Gennaro.
Die Geschichte hat mich schnell gefesselt. Während der Festa di San Gennaro wird ein anderer Januarius geköpft. Dieser Plot passt gut zu einer Stadt, in der schnell die Emotionen hochkochen und die Einwohner häufig abergläubisch sind. Wir lernen einige von ihnen kennen, allen voran den Commissario, der früher ein Winzer war und jetzt bei der Polizei arbeitet. Salvatore Gaetano kommt aus schwierigen familiären Verhältnissen, die ihn noch heute verfolgen. Über sein Ermittlungsgeschick bin ich mir noch nicht im Klaren, einerseits wird nur durch seine Sturheit der wahre Täter entlarvt, andererseits übersieht er wichtige Details oder lässt sich von einem attraktiven Äußeren ablenken. Seine Nichte Carla ist für mich eher schwierig. Ich kann ihre Ängste um den Vater verstehen, aber mit ihrem aufbrausenden Temperament, das in überzogenen Anschuldigungen und sogar Tätlichkeiten gipfelt, wenig anfangen. Gaetanos Team bleibt noch etwas blass, aber das finde ich bei einem Auftaktband nachvollziehbar. Insgesamt ist bei der Charakterzeichnung noch Luft nach oben.
Fabio Nola versteht es, Neapel mit all seinen Facetten zu beschreiben. Ich habe den Verkehrslärm gehört, die stechende Sonne auf meinen Armen gespürt, mal Meeresluft, mal Espresso gerochen und mich im bunten Gewühl der Neapolitaner und Touristen aus aller Welt vorwärts gekämpft. Ob es aber in der ganzen Stadt wirklich überall so dreckig ist, wie mehrfach beschrieben?
Missfallen hat mir das Verhör eines kleinwüchsigen Verdächtigen. Zwar wird erklärt, warum in Neapel Vorurteile gegenüber diesem Handikap entstanden sind, das entschuldigt den Umgangston der Polizisten aber nicht. Auch das Verhalten gegenüber Frauen ist dringend verbesserungsfähig. Zwei Beispiele: Eine Kollegin wird aus Faulheit oder Ignoranz konstant nicht mit ihrem richtigen Namen angesprochen. Es wird die Ansicht geäußert, nur sexuelle Übergriffe, die auch zur Anzeige kommen, fänden statt.
Zum Lektorat werde ich nichts weiter schreiben, da darauf hingewiesen wird, dass es noch nicht abgeschlossen sei. Das stimmt.
Insgesamt hat mich der Krimi gut unterhalten, der Plot ist spannend und Neapel ein attraktiver Schauplatz. Der Autor schreibt flüssig und bildhaft. Seine Kenntnisse der Stadt, ihrer Geschichte und Einwohner sind jederzeit spürbar. Der Fall wird letztendlich nach einigen Wendungen gelöst.
Faszinierend finde ich das Napulitano, die eigene Sprache Neapels, die mittlerweile offiziell anerkannt ist. Ein kleines Glossar am Ende des Buches erklärt die im Krimi verwendeten Ausdrücke.
Ich vergebe 4 Sterne und eine Leseempfehlung an Fans leicht skurriler Krimis.

Bewertung vom 05.04.2025
Tod im Samtmantel
Wynne, Sarah

Tod im Samtmantel


ausgezeichnet

Zwei pfiffige Teenager und ein Cold Case

Grace und Suzy sind zwei sympathische Teenager und allerbeste Freundinnen. Ihr Alltag verläuft ziemlich typisch für Dreizehnjährige, wobei die Schule viel Zeit beansprucht. Das ändert sich jäh, nachdem Grace einen schicken Vintage-Samtmantel in einem Secondhand-Laden kauft. Das Kleidungsstück scheint bei Grace Visionen auszulösen, die sie Ereignisse aus dem Leben der Vorbesitzerin des Kleidungsstücks, Olivia, sehen lassen. Als wäre das nicht schon verstörend genug, erlebt Grace während einer weiteren Rückschau mit, wie Liv vor 50 Jahren ermordet wird. Was soll sie jetzt machen?

„Tod im Samtmantel“ ist ein Jugendkrimi der englischen Schriftstellerin und ehemaligen Grundschulpädagogin Sarah Wynne, Das sehr gelungene, ansprechende Cover hat mein Interesse geweckt. Nach dem Lesen des Buches sieht man es mit anderen Augen ...

Der Plot ist ungewöhnlich. Ein Secondhand-Kleidungsstück löst bei der Protagonistin Visionen aus. Es ist leicht vorstellbar, in welch schwieriger Situation sich Grace plötzlich befindet. Zuerst bewahrt sie Stillschweigen und versucht herauszufinden, was mit ihr passiert. Nur ein Traum? Bald erkennt sie die Magie des Samtmantels. Sehr schön fand ich, dass Grace mit Suzy eine Freundin hat, der sie selbst dieses schräge Geheimnis anvertrauen kann, ohne ausgelacht oder für verrückt erklärt zu werden. Überhaupt zieht sich die unerschütterliche Freundschaft der beiden wie ein roter Faden durch die Geschichte. Gemeinsam überstehen sie die schwierigsten Situationen.

Sarah Wynne hat mit Grace und Suzy zwei glaubwürdige mutige Dreizehnjährige gestaltet, die clever und kreativ Rätsel lösen, Spuren verfolgen und sich nicht beirren lassen. Dadurch gelingt es ihnen aufzuklären, was Liv vor Jahrzehnten widerfahren ist. Auch die Nebencharaktere überzeugen und das Ambiente wird bildhaft beschrieben.

Die Geschichte liest sich flüssig, ist spannend und altersgerecht. Die Visionen von Grace sind durch die kursive Schrift deutlich hervorgehoben. Eingestreute Dialoge und Gedankengänge der Täter erhöhen die Spannung und sind teilweise gruselig. Obwohl ich der Zielgruppe des Buchs absolut nicht entspreche, gelegentlich aber gern Jugendbücher lese, fühlte ich mich gut unterhalten. Die sympathischen Hauptfiguren haben mich überzeugt, sodass ich mitgefiebert und mit gezittert habe bei ihrem spannenden Abenteuer. Gut gefallen hat mir auch, dass Grace an Selbstbewusstsein gewonnen hat und der Klassenzicke Jill nunmehr Kontra gibt.

Es ist nur natürlich, dass ein Jugendkrimi für einen Erwachsenen in Teilen vorhersehbar sein mag, doch das hat mich zu keiner Zeit gestört. Vielmehr hoffe ich auf ein Wiedersehen mit Suzy und Grace. Ihren erneuten Einkauf im Secondhand-Laden, dieses Mal ein Ballkleid und ein Rucksack, interpretiere ich mal als Cliffhanger.

Von mir gibt es 4,5 Sterne und eine Leseempfehlung für alle Fans von Jugendkrimis mit einem Schuss Mystery.

Bewertung vom 27.03.2025
Mord auf Westwater Manor (eBook, ePUB)
Hamilton, Henrietta

Mord auf Westwater Manor (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Wer ermordete Sir Mark?

Sally und Johnny Heldar, ein junges Buchhändlerpaar aus London, wird von Sir Mark Mercator beauftragt, die Bibliothek von Westwater Manor zu taxieren. Sie sollen klären, welche Teile der Bibliothek ihm und welche Bücher seinem Großneffen Richard Thaxton zustehen. Bald entdecken Sally und Johnny, dass eine wertvolle Erstausgabe der Sammlung gegen eine schlechte Kopie ausgetauscht wurde. Dann hat Sir Mark einen Unfall, den er mit einer schweren Gehirnerschütterung übersteht. Doch nur eine Woche später wird er ermordet. Richard Thaxton bittet die Heldars auf Westwater Manor zu bleiben und bei der Aufklärung des Verbrechens zu helfen.

Die Originalausgabe von „Mord auf Westwater Manor“ ist bereits 1957 unter dem Titel „Death at One Blow“ erschienen. Es handelt sich um den zweiten Band von Henrietta Hamiltons wieder entdeckter fünfteiliger Krimiklassikerreihe rund um das sympathische Ermittlerpaar Sally und Johnny Heldar, der jetzt ins Deutsche übersetzt wurde. Die Bände können unabhängig voneinander gelesen werden.

Henrietta Hamilton, eigentlich Hester Denne Shepherd, war im Zweiten Weltkrieg beim Women’s Royal Naval Service, dem britischen Marinedienst für Frauen, und arbeitete später in einer antiquarischen Buchhandlung in London. Ich finde, dass sich diese Erfahrungen in ihren Krimis widerspiegeln.

Bereits im ersten Teil „Mord in der Charing Cross Road“ hat sich das Buchhändlerpaar Heldar seine ersten Sporen als Ermittler verdient. In Anspielung auf diesen Fall werden die beiden vom Hausherren um ihre Mithilfe gebeten. Akribisch versuchen sie einen Zeitplan für den Ablauf des Verbrechens aufzustellen und mit den Alibis der Verdächtigen abzugleichen. Doch dann liegt ihr Hauptverdächtiger tot im Stausee und der Verdacht richtet sich ausgerechnet gegen die Person, die sie für unschuldig halten.

Bei „Mord auf Westwater Manor“ handelt es sich um einen klassischen britischen Kriminalroman, der in den 1950er Jahren spielt. Dank der behutsamen Übersetzung und einer vorsichtigen Modernisierung wirkt der Schreibstil zwar etwas altmodisch, aber nicht antiquiert. Also genau so, dass man sich bei den Beschreibungen und Gesprächen vorübergehend in die damalige Zeit versetzt fühlt. Die Charaktere wirken teilweise exzentrisch und das Aufgebot an Personal erstaunt. Erwartungsgemäß ist das Frauenbild ein anderes, aber nicht abschätzig oder herabwürdigend. Atmosphäre und Ambiente stimmen, die Geschichte verläuft ruhig und gänzlich ohne Hektik. Das eher gemächliche Erzähltempo ist zwar ungewohnt, macht aber einen Teil des Charmes dieses Krimiklassikers aus, wenn man sich darauf einlassen kann.

Henrietta Hamilton erzählt uns von einem Mord im Stil einer Agatha Christie oder Dorothy L.Sayers, auch wenn sie deren Klasse nicht ganz erreicht. Unterhaltsam und spannend ist „Mord auf Westwater Manor“ auf jeden Fall. Die Ermittler Sally und Johnny können das Verbrechen logisch und nachvollziehbar auflösen. Ihre Gespräche und Recherchen regen zum Mitraten an. Dass ich mit meinem Verdacht dieses Mal richtig lag, hat meinen Lesespaß nicht getrübt. Vielmehr freue ich mich, dass sich ein Verlag gefunden hat, der diese Krimiklassikerreihe nach Deutschland bringt. Den ersten Band habe ich bereits gelesen und harre nun auf das Erscheinen von Band drei.

Ich vergebe 4,5 Sterne und eine Leseempfehlung an alle, die nostalgische Krimiklassiker schätzen.

Bewertung vom 23.03.2025
Der letzte Mord am Ende der Welt (eBook, ePUB)
Turton, Stuart

Der letzte Mord am Ende der Welt (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Noch 107 Stunden bis zum Aussterben der Menschheit

Vor neunzig Jahren hat eine Katastrophe die Erde weitgehend verwüstet. Es gab nur Wenige, die auf einer Mittelmeerinsel überlebt haben. Von drei Wissenschaftlern unterstützt, haben diese sich im Schutz einer undurchdringlichen Sicherheitsbarriere ein einfaches Leben aufgebaut. Über allem wacht schützend die KI Abi, die gleichzeitig als eine Art Erzählerin fungiert. Sie ist nur gegenüber der ältesten der Wissenschaftler, Niema Mandripilias, weisungsgebunden und kann mit den Insulanern gedanklich kommunizieren. Alles wirkt beinahe paradiesisch. Dieses Idyll weist nur geringe Makel auf, wie die Tatsache, dass die Inselbewohner stets mit Erreichen des 60. Lebensjahrs sterben, während die drei Ältesten die Hundert deutlich überschritten haben. Doch die Privilegien der Wissenschaftler hinterfragt keiner der Inselbewohner – außer Emory.

Dann wird die Älteste, Niema, tot aufgefunden, scheinbar ermordet. Ausgelöst durch den Todesfall schaltet sich das Sicherheitssystem ab, sodass nur noch wenige Tage bis zur Katastrophe bleiben. Laut Abi kann die Barriere gegen den drohenden giftigen Nebel nur durch das Entlarven des Täters reaktiviert werden. Querdenkerin und Krimifan Emory erhält den Auftrag, umgehend den Mörder zu finden. Während ihrer Ermittlungen fördert sie unglaubliche Fakten und unbequeme Wahrheiten ans Licht. Wird sie die Katastrophe verhindern können?

Als Sciencefiction-Apokalypse-Roman bezeichnet der Autor Stuart Turton
sein neues Buch „Der letzte Mord am Ende der Welt“. Ich würde noch Krimi hinzufügen, was den Genre-Mix komplettiert.

Stuart Turtons Setting, sein Weltenbau, ist sehr überzeugend. Er bevölkert seine kleine Insel mit glaubwürdigen Charakteren. Die leicht rebellische Emory, die häufig aneckt, weil sie alles hinterfragt, ist eine sympathische Hauptfigur, die hervorragend in die Rolle der Ermittlerin passt. Auch die weiteren Protagonisten überzeugen, wie Clara, die ihre Angst durch besonders mutiges Verhalten bekämpft, die komplizierte Niema, die schwer zu durchschauen ist, Emorys Vater Seth, der längst nicht so stur ist, wie gedacht oder Adril, der Ausgestoßene.

Die Geschichte spielt in der Zukunft. Vor dem ultimativen Gau verfügte die Menschheit über technische Errungenschaften, die unseren weit überlegen sind. Trotzdem war die Kluft zwischen Arm und Reich unverändert groß, Kriege und Umweltzerstörung an der Tagesordnung. Bis ein giftiger Nebel voll tödlicher Insekten die Erde unbewohnbar machte. Jetzt führen die Nachfahren der Überlebenden ein einfaches, arbeitsreiches Leben, das dem Wohl der Gemeinschaft gewidmet ist.

Turton schreibt flüssig und sehr bildhaft. Manche Szene löste mein Kopfkino aus. Überhaupt kann ich mir das Buch gut als Vorlage für eine Verfilmung vorstellen. Die Erzählung beginnt verhalten, allmählich baut sich Spannung auf, die nicht nur bis zum Ende anhält, sondern sich sogar kontinuierlich steigert. Zahlreiche Wendungen und Enthüllungen sorgen für anhaltendes Lesevergnügen, sodass ich das Buch nicht aus der Hand legen wollte.

„Der letzte Mord am Ende der Welt“ hat mich hervorragend unterhalten. Der Genre-Mix aus Krimi, Dystopie und Sciencefiction ist sehr gut gelungen. Themen wie Umweltzerstörung, KI, Umgang mit künstlichen Lebensformen oder skrupellose Wissenschaft, verarbeitet der Autor spannend und nachvollziehbar. Immer wieder dachte ich, dem Täter auf der Spur zu sein und wurde schließlich doch überrascht.

Am Autor fasziniert mich, dass bisher jedes seiner Bücher einem anderen Genre zuzurechnen ist und trotzdem oder gerade deswegen sehr gut unterhält. Als nächstes Buch hat Stuart Turton einen wilden Gegenwart-Thriller angekündigt. Ich bin gespannt.

Bewertung vom 23.03.2025
Espresso mit Schuss
Troi, Heidi

Espresso mit Schuss


ausgezeichnet

Caffè Corretto und Mord

Marescialla Bianca Rossi bekommt einen neuen Fall. Ramona Desideri, Juniorchefin einer angesehenen Kaffeerösterei, wurde an ihrem Arbeitsplatz ermordet. Der Tatort befindet sich in Malcesine, einer kleinen Stadt am Gardasee, an die Bianca denkbar schlechte Erinnerungen hat. Kaum dort angekommen, fühlt sich die Polizistin belauert und glaubt, überall ihren gewaltbereiten Ex zu sehen. Was ist Fiktion, was ist Fakt? Die sonst so selbstbewusste Marescialla ist stark verunsichert. Auch mit den Ermittlungen läuft es nicht gerade glänzend. Alle Verdächtigen verfügen über scheinbar bombenfeste Alibis. Bereits am Tag darauf stirbt das nächste Mitglied der Familie Desideri und Bianca gerät zunehmend unter Druck

„Espresso mit Schuss“ ist der zweite Band der Reihe „Ein Fall für Bianca Rossi“ von Heidi Troi. Als Neueinsteigerin in die Serie hatte ich keinerlei Probleme. Die Bände können also unabhängig voneinander gelesen werden.

Bianca Rossi ist eine taffe, aber sympathische Ermittlerin, die dieses Mal einen besonders kniffeligen Fall zu lösen hat. Das Opfer war überaus beliebt und hatte anscheinend keine Feinde. Die Überprüfung der Alibis erweist sich als unergiebig und niemand will etwas gesehen habe. Der einzige Hinweis ist ein Zweirad als mögliches Fluchtfahrzeug. Eine Vespa mit unbekanntem Kennzeichen in Italien? Das erinnert an die berühmte Nadel im Heuhaufen. Die Ermittlungen stagnieren und werden zunehmend überschattet von den bösen Erinnerungen Biancas an Malescine. Bald stellt sich heraus, dass Bianca selbst in großer Gefahr schwebt. Und dann geschieht der nächste Mord.

Heidi Troi schreibt flüssig und bildhaft. Sie schafft es mühelos, Urlaubsstimmung und italienische Lebensart zu vermitteln. Wiederholt glaubte ich, Kaffeeduft zu riechen, wohl weil mich die Vorliebe für Koffein in Form von Espresso mit Bianca verbindet. Gleichzeitig baut die Autorin ernste Themen wie Femizide, häusliche Gewalt, KI und die Gefahren der Social-Media-Accounts ganz beiläufig in ihre Geschichte mit ein. Ihre Charaktere haben mich überzeugt, allen voran die kompetente Marescialla. Die eingestreuten Überlegungen aus Sicht des durchgeknallten Ex verursachten Gänsehaut bei mir. Gut, dass Bianca ein so kollegiales, sympathisches Team zur Seite steht.

Heidi Troi ist ein spannender Krimi gelungen, der mit einigen Wendungen aufwartet. Der Fall wird spät, aber vollständig aufgeklärt und hinterlässt keine offenen Fragen. Gelegentlich fand ich Biancas Handlungsweise etwas nervend, aber jederzeit verständlich. Der Krimi hat mich gut unterhalten, war spannend und die Lösung logisch nachvollziehbar. Ich werde mir auch Band eins besorgen. Erfreut habe ich gelesen, dass die Reihe fortgesetzt wird.

Ich vergebe 4,5 Sterne und eine Leseempfehlung an alle Freunde spannender, eher unblutiger Krimis.

Bewertung vom 21.03.2025
Mord mit Talblick (eBook, ePUB)
Wasner, Simon

Mord mit Talblick (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Mord in den Alpen oder wie man lernt, Alpakas zu lieben

Larissa und Martin Imhoff planen, eine Familie zu gründen. Dazu wünschen sie sich eine Wohnung im Grünen. Und tatsächlich gelingt es ihnen eine Immobilie zu kaufen, die sie sich nur mit einer liebreizenden, alten Dame, so der Makler, teilen müssen. Leider begehen die beiden den folgenschweren Fehler, ihre Nachbarin nicht vor dem Kauf kennenzulernen. Karolina Strobl ist keine nette ältere Frau, nein sie ist Satan persönlich - in Leopardenleggins. Fortan macht sie den jungen Leuten das Leben zur Hölle und sabotiert jeden Versuch, die dringend sanierungsbedürftige Immobilie zu renovieren. Nach zwei Jahren Kampf startet das Paar eine Räumungsklage gegen die renitente Nervensäge. Um Energie für den Kampf vor Gericht zu tanken, reisen die Imhoffs in die Schweizer Berge. Doch auch diese Unternehmung gerät zum Horrortrip, denn Frau Strobl verfolgt die Beiden bis an ihr Urlaubsziel.

„Mord mit Talblick“ von Simon Wasner entpuppt sich als schwarzhumoriger Alpenkrimi. Für mich war es das erste Buch des Autors.

Wozu wäre man fähig in der Situation von Larissa und Martin? Durch einen Immobilienkauf hoch verschuldet, mit einer renitenten Hausmitbesitzerin gestraft, die morgens um vier den Rasenmäher anwirft und die vierteljährliche Eigentümerversammlung regelmäßig eskalieren lässt? Aus dieser Konstellation entwickelt sich ein Drama, das in Mord und Totschlag endet. Aber nicht im Karlsruher Magnolienweg, sondern in Graubünden in den Schweizer Alpen.

Dazu hat der Autor das passende Personal gestaltet, das die abstruse Geschichte überzeugend in Szene setzt. Die Protagonisten, das sind der harmoniesüchtige Versicherungskaufmann Martin, ein vorsichtiger Typ, der stets korrekt gekleidet, durchs Leben schleicht. Seine taffe Frau, die Bio- und Sportlehrerin Larissa, ist temperamentvoll, fit, abenteuerlustig und hat dem Hausdrachen mehr entgegenzusetzen. Womit wir bei Frau Strobl wären, die vermutlich Satan aus der Hölle vertreiben könnte, mit ihren wüsten Drohungen und nervtötenden Aktionen. Weitere skurrile Gestalten, z. B. Kuno, Rentner aus Sachsen, der stets mit der Urne seiner Frau Gertrud unterwegs ist, die Gastgeberin Yvonne, „die irgendwo zwischen fünfunddreißig und mehrfach operiert changierte“ oder der Schriftsteller Daniel Burgstaller, der angeblich mit dem Roman »Bittere irische Herzen auf der kleinen Caféhausterrasse am Ende des Regenbogens« Erfolg hatte. Sie alle treffen in einem Schweizer Chalet, eigentlich einer heruntergekommenen Jagdhütte, aufeinander.

Simon Wasner schreibt flüssig und bildhaft, sodass sich der Leser zwei mit einem menschlichen Kopf Fußball spielende Alpakas durchaus vorstellen kann. Er versteht es glänzend, Spannung aufzubauen und zu halten. Seine Charaktere überzeugen in der aberwitzigen Geschichte und der Fall wird letztendlich aufgeklärt.

Mein Fazit

Hier muss der Leser zum Krimi passen. Wer keinen Sinn für schwarzen Humor, skurrile Situationen oder unkonventionelle Protagonisten hat und stringente Logik schätzt, wird mit „Mord mit Talblick“ nur bedingt glücklich. Wer dagegen Geschmack an abstrusen Konstellationen findet und schräge Typen ohne Vorbehalte akzeptieren kann, wird bei diesem Krimi mit einem Lesegenuss der besonderen Art belohnt.

Ich habe mich bei der Lektüre köstlich amüsiert und freue mich auf ein Wiedersehen mit der Hackebeil schwingenden Vreni und dem Menschen therapierenden Alpaka Richie. Der Cliffhanger am Ende lässt mich auf eine Fortsetzung hoffen.

Von mir gibt es die volle Punktzahl und eine Leseempfehlung an alle Freunde schwarzhumoriger Krimis.

Bewertung vom 18.03.2025
Irish Kisses - Mein Weg zu dir
Donovan, Josie

Irish Kisses - Mein Weg zu dir


ausgezeichnet

Love Story und mehr auf irisch

Der 17.03., St. Patricks Day, wird von den Iren heißgeliebt und enthusiastisch gefeiert. Carly McCormick teilt diese Liebe ihrer Landsleute nicht. Für sie hat sich der irische Nationalfeiertag in den letzten Jahren zu einem wahren Alptraum entwickelt. Also flieht sie stets rechtzeitig in einen möglichst weit entfernten Urlaubsort. Dieses Jahr will sie in den Etosha-Nationalpark nach Namibia reisen. Leider macht der Reiseveranstalter kurz vor Reisebeginn Pleite. Was also tun? Carly sieht sich nicht in der Lage, St. Patricks Day in Dublin zu verbringen. Auf die Schnelle scheint die einzige Fluchtmöglichkeit eine Radrundreise entlang der irischen Westküste zu sein. Mit gemischten Gefühlen steigt Carly in den Bus nach Galway …

Auf der Suche nach einem Wohlfühlroman fiel mir das Cover von „Irish Kisses. Mein Weg zu Dir“ von Josie Donovan auf. Trotz des für meinen Geschmack etwas sehr romantischen Titels hat mich die Aussicht auf Irish Feeling überzeugt. Es war das erste Buch der Autorin für mich.
Wir lernen zunächst die kleine, aber diverse Reisegruppe kennen. Fünf Touristen, das sind neben Carly, die coole Rechtsanwältin Wanda, der sympathische Rentner Fred, die liebenswürdige Großmutter Dottie und der schroffe Archäologe Horan. Reiseleiter Sam und die Fahrerin des Begleitfahrzeuges, Aminata, vervollständigen die bunte Truppe. Drei der Teilnehmer haben den Radtrip geschenkt bekommen, aus guten Gründen, wie sich noch herausstellen wird.

Die Charaktere sind glaubwürdig und passen hervorragend in die Geschichte, die sich flüssig liest und bei mir des Öfteren Kopfkino auslöste. Dann radelte ich neben Carly, versuchte mit Wanda mitzuhalten und spürte meine Sitzfläche wie die untrainierte Dottie. Auf dieser Reise erlebt die kleine Gruppe einige Krisen und überwindet manche Schwierigkeit. Das schweißt sie zusammen und allmählich lernen wir die Schicksale der einzelnen kennen. Dabei kommen Themen zur Sprache, die der romantische Titel nicht erwarten lässt. Da wurde ich angenehm überrascht.

Mein Fazit
Ich habe einen Wohlfühlroman gesucht und mit „Irish Kisses. Mein Weg zu Dir“ auch gefunden. Carly war mir von Beginn an sympathisch, aber auch die anderen Reiseteilnehmer habe ich im Lauf der Lektüre ins Herz geschlossen, selbst die adrenalinsüchtige Wanda und den muffigen Horan. Wie so oft entpuppen sich die Menschen, wenn man sie näher kennenlernt, als anders als zunächst eingeschätzt. Diese Einsicht vermittelt die Autorin auf unterhaltsame und spannende Weise. Die Beschreibung der herrlichen irischen Landschaft und des dazugehörigen Lebensgefühls runden den Roman zu einem gelungenen Lesevergnügen ab. Mein einziger, kleiner Kritikpunkt: Ich hätte gern noch etwas ausführlicher über das Leben der Teilnehmer nach Abschluss der Radtour gelesen.
Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen und eine Leseempfehlung an alle, die einen Wohlfühlroman mit Irish Feeling schätzen.