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fantasia

Bewertungen

Insgesamt 51 Bewertungen
Bewertung vom 09.10.2025
Prinzessin Alice
Dische, Irene

Prinzessin Alice


ausgezeichnet

Eine echte Dische - schräg, humorvoll und stilistisch brilliant
Gerne habe ich dieses Buch gelesen - mir war zuvor nicht bewusst, wer diese Prinzessin Alice war - und dass dieses Königshaus bis heute agiert und Verbindungen nach Deutschland bestehen. Prinz Philipp, der Ehemann der verstorbenen englischen Königin Elisabeth - Sohn besagter „schräger“ Alice. Irgendwie unglaublich und dann in der beschriebenen Geschichte amüsant und verblüffend zu lesen.
Da wimmelt es von - für Nichtblüter- schrägen Verbindungen, aus denen zum wiederholten Male Bluter hervorgehen, und Querverbindungen zur Psychoanalyse. Mir hat es gefallen, in diese Welt einzutauchen. Allein das Zitat am Anfang: “Wenn du mit Gott sprichst, ist das Beten. Wenn Gott mir dir spricht, ist es Schizophrenie.“ (Thomas Szasz)- weckt Neugier, stimmt auf dieses Buch ein.
Alice, die gehörlose, sprachbegabte, vieles verstehende Prinzessin ist eine Frau mit Hang zum exzessiven Gottesglauben, der für sie mit erotischen Extasen verbunden ist. Das passt nur bedingt in die sie umgebende Welt. Einem Klinikaufenthalt, dem sie zeitweilig Gutes abgewinnen kann, kann sie letztendlich entfliehen.
Wenn man den Roman liest, entwickelt man sehr viel Sympathie für die Protagonistin und man stellt sich trotz all ihrer Extasen die Frage, wer denn eigentlich schräg/verrückt ist in dieser Adelswelt.
Witzig und spannend zu lesen - nur gut.

Bewertung vom 03.10.2025
Weißes Licht
Puchner, Eric

Weißes Licht


gut

Zu viel gewollt?

Diese Frage stellt sich mir nach über 500 Seiten dieses Romans. Eric Puchner, der bislang vor allem Kurzgeschichten verfasste, hat in dieses umfangreiche Werk eine Fülle an Themen gepackt: neben Freundschaft, Liebe und Tod auch Klimakatastrophen, Waldbrände, Umweltzerstörung, Aussterben von Tieren, Traumata, Schuld, Homosexualität, Drogenabhängigkeit und deren fatale Folgen, Suizid, Alzheimer, Pflegeheim. Mir war das zu viel.
Als störend empfand ich zudem auch die ab und an eingesetzte Fäkalspreche. Das passte gar nicht zu den leisen Tönen, mit denen Puchner Stimmungen und die Landschaft Montanas einfühlsam beschreibt.
Die Rahmenhandlung entfaltet sich in großen zeitlichen Abständen und wechselnden Perspektiven - dabei bleiben allerdings Lücken.
Bewegt hat mich die Darstellung des männlichen Protagonisten Garret, seine Wärme und Bereitschaft für etwas einzustehen und Verantwortung zu übernehmen: nicht zuletzt sein bedingungsloses Kümmern um seine Frau am Ende ihres Lebens. Hätte Puchner den Roman stärker auf diesen Strang konzentriert - auf Garret, die Beziehung zu seinem Freund und die Liebe zu seiner Frau -, wäre mir das Buch weitaus nähergegangen. Auffällig ist, dass auch in der offiziellen Zusammenfassung des Romans ausschließlich dieser Handlungsstrang hervorgehoben wird …

Bewertung vom 02.10.2025
Joshua Jackelby
Mirow, Benedict

Joshua Jackelby


ausgezeichnet

Ein roter Faden aus Magie und Menschlichkeit

Der Autor bedankt sich bei seinen Leserinnen und Lesern, dass sie ihm in seine „bunte Welt der Magie“ gefolgt sind. Und ich denke, das haben sie gerne getan.

Junge wie Junggebliebene finden in dieser Geschichte nicht nur spannende Abenteuer, sondern auch viele Denkanstöße. So erfährt man z.B. etwas über die Ausbeutung in den englischen Kolonien, das Leben und die rechtlose Situation armer Kinder und Waisen oder über die Ursachen der Cholera. Diese Themen sind so fein in die Handlung eingewoben, dass sie ohne erhobenen Zeigefinger wirken und den Leser dadurch umso mehr berühren.
Historisch ist das Buch gut eingebunden; der Autor schildert die Situation Ende des 19.Jahrhunderts sehr anschaulich und lebendig.

Freundschaft, Nächstenliebe und Tierliebe ziehen sich wie ein warmherziger roter Faden durch die Geschichte. Ich habe das Buch mit Freude gelesen und empfehle es gerne weiter.

Bewertung vom 08.09.2025
Aufsteiger
Huth, Peter

Aufsteiger


gut

Zwischen Sogwirkung und Überfrachtung

Cover und Klappentext haben mich neugierig gemacht. Der Schreibstil des Autors ist flüssig und man taucht sehr schnell in das Geschehen ein, das schon eine gewisse Sogwirkung hat. Auch das Thema ist spannend und aktuell: neue Medien, Meinungsmache, News um jeden Preis oder doch nicht.
Aber nach etwa drei Vierteln des Buches wurde es mir zu viel.
(Aus)haltbar ist ja noch die auf einem Hausboot lebende Herausgeberfamilie, die sich mit ihrem neuen Reichtum von der rechten Szene lossagen will. Wenig überzeugt hat mich der Feminismus - das wirkt aufgesetzt und banal - und das Coming-out einer Protagonistin war mir zu viel. Dass dann noch diese Protagonistin sich mit dem männlichen Protagonisten einlässt, war zu vermuten, nach dem Coming-out allerdings recht gewagt.
Das Ende ist recht konstruiert, der Epilog überraschte und konnte noch positiv überzeugen.
Insgesamt ein Buch mit starken Momenten - das durch überzeichnete Szenen leider sehr verliert.

Bewertung vom 18.08.2025
KI und du
Knodel, Diana;Lesch, Hannah

KI und du


ausgezeichnet

Die Welt der KI entdecken und reflektieren

KI ist aus unserem Alltag wohl nicht mehr wegzudenken. Dafür gibt es unzählige Beispiele, auch solche, die für Kinder relevant sind.
Hier setzt das Buch an und sagt gleich, bleibe kritisch und prüfe die KI-Angaben. Dies finde ich gut, da ja nicht wirklich erreicht werden soll, dass das Denken vollständig auf der Strecke bleibt.
Auch für Erwachsene ist dieses Buch interessant. So hat nicht jeder von Ada Lovelace, der ersten Programmiererin der Welt oder von Fei-Fei Li gehört, der amerikanischen Informatikerin. Oder weiß um die vielfältigen Einsatzbereiche von KI- aber auch hier gilt, wie mehrfach in diesem Buch gefordert: „Es ist wichtig, kritisch zu bleiben und nicht alles blind zu glauben, was das KI-Tool sagt. Und verrate nichts Persönliches.“
Ein wichtiges und gutes Buch - nicht nur für Kinder.

Bewertung vom 31.07.2025
Rückkehr nach St. Malo
Gestern, Hélène

Rückkehr nach St. Malo


sehr gut

Auf Spurensuche: Woher komme ich und wer bin ich?

Der Protagonist kehrt in sein Elternhaus zurück und betritt das Arbeitszimmer seines verstorbenen Vaters, das er und sein Bruder nie betreten durften. Kistenweise stapeln sich Akten und was viel spannender ist Briefe, Abschriften von Briefen, nur ein Fotoalbum will sich nicht finden. Wie ein Sog zieht ihn das alles an und er begibt sich auf Spurensuche nach seiner Familie und auch zu sich selbst. Kindheitserlebnisse werden präsent, die Frage, wie sein Vater zu dem wurde, was ihn später auszeichnete, ob er selbst ein guter Vater ist, warum über manches geschwiegen wurde …

Die Stammbäume am Ende des Buches sind hilfreich, ich musste häufig zurückblättern, um mich in dem umfangreichen Buch zurechtzufinden und die Namen einzuordnen.
Nach einiger Zeit gelingt das ganz gut und das Buch fesselt einem – man möchte wissen, was damals geschah, auch wenn man über 500 Seiten dafür lesen muss. Eine weniger umfangreiche Darstellung hätte ich mir gewünscht, andererseits wäre dabei einiges auf der Strecke geblieben.

Das Buch lebt auch durch seine Naturbeschreibungen, die gut die Stimmung in der jeweiligen Situation wiedergeben.

Bewertung vom 31.07.2025
Das Geschenk
Schoeters, Gaea

Das Geschenk


ausgezeichnet

Wenn Politik auf die Rüssel genommen wird … so gut
„Beim letzten Punkt zuckt Winkler zusammen. Nein, nein, nein. Heißes Eisen.“ Alles, aber auch alles läuft schief, nachdem die deutsche Regierung mit Winkler an der Spitze das Elfenbeingesetz verabschiedet hat. Als „Dank“ sind auf einmal 20.000 Elefanten in Deutschland und das Land ist mit all den Problemen konfrontiert, die sie mitbringen: Fressen, Wasser, Ausscheidungen, Paarung, invasivem Wuchs neuer Pflanzen und nicht zuletzt dem Zusammenstoß mit Autos und den daraus resultierenden Folgen für Mensch und Tier. Das ganze dann im Zusammenspiel mit den Mächtigen, der Politik und den damit verbundenen Intrigen und Spielchen. Machterhalt um jeden Preis, koste es was es wolle. Ähnlichkeiten mit aktuell oder ehemals regierenden Politikern sind rein zufällig…

Das wird alles so witzig beschrieben, dass man das Buch einfach nicht aus der Hand legen will und kann, bis man auch die letzte Seite verschlungen hat. Auch die Danksagung der Autorin zeugt von ihrem Witz. Da wird dem „Rudel“ gedankt oder „allen Tapferen“, die mit ihr während des Schreibprozesses zusammenleben müssen und „es auch diesmal wieder überlebt haben“.

Das Buch zeigt aber auch, wie leicht ein Gesetz verabschiedet wird, das zunächst mal den Tieren hilft, aber ein Land mit all den Problemen allein lässt, die sie evtl. mit sich bringen können. Ist ja alles weit weg… bis man eines Tages eines Besseren belehrt wird.

Ich habe das Buch, den Stil der Autorin genossen und will unbedingt mehr von der Autorin lesen.

Bewertung vom 21.07.2025
Dein Körper glaubt dir alles
Benson, Sven;Bingel, Ulrike

Dein Körper glaubt dir alles


ausgezeichnet

Wie positive Gedanken helfen und heilen können


„Dein Körper glaubt alles“- ein Sachbuch über die positiven Auswirkungen des Placebo-Effekts -vermittelt neue Erkenntnisse aus Forschung und Praxis, die auch sofort anwendbar sind. Gut gliedert erhält die Leserin/der Leser einen Überblick über die Aspekte, die im Buch behandelt werden. Dies geht von den Abläufen in Körper und Gehirn, über einzelne Erkrankungen bis hin zu Forderungen an die Politik.

Jedes Kapitel wird mit einem Zitat zum Thema eingeleitet, das in gut lesbarem Stil Wissenswertes vermittelt. Blau unterlegte Wissensboxen erinnern ein bisschen an Schulbücher, sind aber hilfreich als Kurzinfo. Ein Glossar erklärt gut verständlich einige Fachtermini, auf weiterführende Literatur so wie Selbsthilfegruppen wird hingewiesen.

Das Buch verdient eine größere Leserschaft, da das Thema in der öffentlichen Diskussion oft zu kurz kommt. Wer mit dem Placebo- bzw. Nocebo-Effekt bislang wenig anfangen konnte, wird hier verständlich und fundiert eingeführt. Es ist schon spannend zu sehen, wie unsere innere Haltung messbare Auswirkung auf unser Wohlbefinden und den Verlauf von einigen Krankheiten haben kann. Es ist ein Ansatz, der Beachtung verdient.

Bewertung vom 15.07.2025
Treppe aus Papier
Szántó, Henrik

Treppe aus Papier


ausgezeichnet

Geschichte wohnt nebenan

„Treppe aus Papier“ von Henrik Szanto arbeitet mit der Metapher eines Hauses, das erzählt, was so alles im Lauf der Jahre in ihm passiert ist. Das ist eine ganze Menge wie auch schon der erste Satz verdeutlicht, der ein ganzes Kapitel, 3,5 Seiten ausmacht. Das muss man mögen – zunächst geht es stakkatohaft weiter.
Mir hat gefallen, dass sich das änderte und man den Gesprächen zwischen der jungen Nele und der 90-jährigen Irma Thon folgen konnte, die schon zur Zeit des Dritten Reiches hier lebte. Sie ist im Nationalsozialismus groß geworden, mit einer fragwürdigen Erziehungsmethode, Zwängen und Schuldgefühlen. Ihre Freundin war Jüdin, die mit ihren Eltern in der Wohnung lebte, in der jetzt Nele wohnt.
Parallel und manchmal gleichzeitig wird von den Bewohnern des Hauses damals im Vergleich zu denen heute erzählt. Das ist spannend und man kann dem ganzen gut folgen. Geschichte wird so greifbar. Das Buch zeigt auch, wie schwer es bisweilen auch heute ist, über die eigene Geschichte zu sprechen.

Bewertung vom 26.06.2025
Strandgut
Myers, Benjamin

Strandgut


ausgezeichnet

Vom Weiterleben

Benjamin Myers überzeugt in diesem Buch wie auch in seinem anderen Werk „Offene See“ mit seiner Sprache. Sensibel und bildhaft beschreibt er seinen Protagonisten - den 70-jährigen Bucky - der nach dem Tod seiner Frau vor sich hinlebt und erst nach der Einnahme von Schmerztabletten und einem zweiten Kaffee, den er „in sich hineingeschüttet hatte. Dann, erst dann, mochte er in Betracht ziehen, seinen Korpus aus den vier Wänden des kleinen, müden Hauses hinauszubewegen, das er seit vierzig Jahren sein Zuhause nannte.“ (S.13) Das Geld reicht nur für das Allernötigste, er hat keine Krankenversicherung - alles in allem trostlos.
Die Einladung zu einem Musikfestival in England trifft ihn unvorbereitet, er soll dort für eine gute Entlohnung seinen Song singen, den er als 17-Jähriger aufgenommen hatte. In England erwartet ihn Dinah, die trotz ihres alkoholabhängigen und bisweilen stehlenden, arbeitslosen Mannes und ihres in den Tag hineinlebenden Sohnes ihr Leben mehr oder weniger meistert. Er trifft auch auf Shabana eine indische Putzfrau, die still und leise jede Drecksarbeit verrichtet. Alle drei – vom Leben gezeichnet und auf ihre Weise getrieben – wirken wie vom Schicksal an Land gespültes Strandgut. Der Roman bildet nur wenige Tage ab, doch diese Begegnungen und die raue und imposante Kulisse der Nordsee verändern Bucky und die anderen.
Mit feinem Gespür zieht der Autor die LeserInnen in das Geschehen hinein. Bisweilen berührend traurig und wiederum voller Wärme, Menschlichkeit und Lebensmut - auch im Alter. Ein absolut lesenswerter Roman der leisen, nachhallenden Töne.