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clematis

Bewertungen

Insgesamt 172 Bewertungen
Bewertung vom 11.02.2025
Der Fotograf der Kaiserin (eBook, ePUB)
Sacher, Tom

Der Fotograf der Kaiserin (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Mord in Mayerling

Wir schreiben das Jahr 1882 am kaiserlichen Hof in Wien. Sisi kasteit sich beim Essen und raucht ohne Unterlass, sie und ihr Gemahl Kaiser Franz Joseph haben einander ohnehin schon lange nichts mehr zu sagen. Als auf den Schauspieler und Geliebten von Schwager Erzherzog Ludwig ein Mordanschlag verübt wird, ist ausgerechnet Hoffotograf Viktor Angerer zugegen und gerät, gemeinsam mit Kammerdienerin Liesel, in aufregende Ermittlungen zwischen Gendarmerie und militärischer Geheimpolizei.

Wortgewandt und humorvoll erzählt Tom Sacher, wie es bei Hofe zugeht, nachdem bereits im Prolog ein schrecklicher Mordfall im schönen Mayerling passiert. (Achtung - es handelt sich nicht um den allseits bekannten Anschlag!) Rasch muss Gendarmerie-Major Vösenhuber eine Entscheidung bezüglich der Tatortfotografie treffen – und schon ist Angerer mitten im Geschehen. Dazu gesellt sich, vorerst getarnt als seine Assistentin, die gewitzte Kammerdienerin Liesel, welche, aufgrund ihres Unvermögens zu schreiben und zu lesen, einen Brief der Kaiserin Sisi an Schwager Ludwig, innerhalb der Familie gerne Luziwuzi genannt, überbringen sollte.

Die Figuren im Roman sind blendend beschrieben, der Humor und die Ironie des vielseitigen Schriftstellers dürfen auch diesmal nicht fehlen, um den dramatischen Geschehnissen ein gewisses Maß an Pfiffigkeit zu verleihen. Um die Authentizität zu gewährleisten, werden Liesel zuweilen bayerische, der Schauspielerin Mina Pick jiddische Begriffe in den Mund gelegt. Etliche historische Figuren werden wieder zum Leben erweckt und mit Eigenschaften ausgestattet, welche zum Teil belegt sind, zum Teil auf Gerüchten beruhen. Jedenfalls wirkt alles höchst lebendig und bestens vorstellbar, sodass man sich selbst mitten in den Wirren rund um den Mordanschlag und anderen üblen Taten wähnt. Die komplizierten Beziehungen zwischen den einzelnen Figuren wecken nicht nur beim Leser Zweifel, auch Angerer und Liesel wissen mitunter nicht, wem sie trauen können und wer auf feindlicher Seite agiert. So überschlagen sich besonders in der zweiten Romanhälfte die Ereignisse und lassen der bauernschlauen Kammerdienerin kaum Zeit zum Atmen, während der Fotograf einer falschen Fährte zum Opfer fällt. Halt, nicht zu viel verraten, diese spannende Geschichte muss man selber lesen!

P.S.: Da nicht immer ein schlauer Kater mit von der Partie sein kann, wird Ludwig begleitet von seiner Hundedame Fifi, einer polnischen Rassehündin, welche über eine großartige Menschenkenntnis verfügt. Ohne sie wäre der Roman nicht vollständig.

Bewertung vom 10.02.2025
Ein Sonntag in den Bergen (eBook, ePUB)
De Roulet, Daniel

Ein Sonntag in den Bergen (eBook, ePUB)


gut

Geständnis

Der Schweizer Architekt und Autor Daniel de Roulet hat im Jahre 1975 das in den Bergen gelegene Chalet des Pressemagnaten Axel Springer in Brand gesetzt. Erst viele Jahre später erkennt er, dass sein Motiv auf falschen Annahmen beruht, weshalb er dieses Buch als Geständnis und Erklärung niederschreibt.

In wechselnder Zeitabfolge dokumentiert dieses Büchlein einerseits die Tat selbst, andererseits die weltgeschichtlichen Hintergründe und Zusammenhänge für dessen Planung und die spätere Sicht auf die Fehleinschätzung. So springt das Geschehen munter hin und her und verlangt volle Aufmerksamkeit vom Leser, um nicht hoffnungslos unterzugehen zwischen falschen Doktoren und Ausflügen bis nach Hanoi.

Daniel de Roulets Schreibstil ist sachlich, aber detailverliebt, sodass man die Überlegungen des Täters gut nachvollziehen und den Tag des Brandanschlages bestens mitverfolgen kann. Dazwischen findet der geneigte Leser aber allerlei Ausschmückendes und Ausschweifendes, das gleichzeitig erklärt und ablenkt vom zentralen Thema, mich also zwiegespalten zurücklässt.

Der Sonntag in den Bergen ist ausgesprochen interessant, man muss sich aber auf allerlei Zeitgeschichtliches einlassen, um den Autor, der gleichzeitig Brandstifter ist, zu verstehen.

Bewertung vom 09.02.2025
Kummersee (eBook, ePUB)
Schwarz, Iver Niklas

Kummersee (eBook, ePUB)


sehr gut

Endlager

Ein Endlager soll im See bei Horlow, nahe der Grenze zur ehemaligen DDR errichtet werden. Dazu kommt erst einmal ein Vermessungsteam, begleitet von Polizeischutz, dem auch Lena Wolff angehört. Der Einsatz selbst ist aber nicht Lenas Motivation, wieder hierherzukommen, ins Dorf ihrer Kindheit, nein, die 42jährige hat noch eine Rechnung offen mit dem Kummersee, in dem ihr Bruder dreiunddreißig Jahre zuvor auf mysteriöse Weise ertrunken ist.

Ein Dorf nahe der Grenze, am anderen Seeufer ist schon „drüben“, einzelne Wohnhäuser und ein Stacheldrahtzaun rund um das Gewässer. Die Gesichter hinter den Fensterscheiben spähen dem Vermessungsteam schon ablehnend hinterher, bald darauf verschwindet ein Mann aus dem Team, alte Geistergeschichten und Legenden über Monster im See werden wieder erzählt. Was hat es auf sich mit diesem dunklen Teich, was bringt ihn des Nachts zum Leuchten und die Menschen zum Fürchten? Lauert das Böse am Grund? Wilde Mythen ranken sich um die Gegend und beschwören eine düstere Atmosphäre herauf, welche Iver Niklas Schwarz lebhaft beschreibt. Beklemmend erscheinen die Szenen, mit Grauen erinnert sich Lena an das Drama in ihrer Kindheit.

Kapitel für Kapitel fließt dahin, die Dunkelheit und der Regen, welche sich über die Gegend breiten, hüllen die Wahrheit allerdings lange ein, bis man erkennen kann, ob mystische Elemente Dorf und See heimsuchen oder nachvollziehbare Erklärungen möglich sind. Während sich also irgendwann einige Längen einschleichen, kommt es gegen Ende hin zu sich überschlagenden Ereignissen und Informationen, mit welchen man kaum rechnen konnte, dabei aber auch zu eher unglaubwürdigen Details. Die Charaktere selbst wiederum sind gut vorstellbar, die Themen Endlagerung und Umweltschutz unaufgeregt ins Geschehen eingebettet, wodurch der Handlungsverlauf stimmig daherkommt.

Die Themen, insbesondere Lenas Trauma durch den Tod ihres Bruders, sind geschickt kombiniert und zu einem roten Faden verflochten, sodass der „Kummersee“ trotz kleiner Kritikpunkte aufregende Lesestunden bedeutet.

Bewertung vom 08.02.2025
Das Dinner - Alle am Tisch sind gute Freunde. Oder? (eBook, ePUB)
Rudolf, Emily

Das Dinner - Alle am Tisch sind gute Freunde. Oder? (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Parallelen

Nach fünf Jahren treffen einander Jonathan, Lotta, Hanna, Kiano und Tristan in einem abgelegenen Spitzenrestaurant in der Eifel wieder. Nur Maria fehlt, sie ist während der letzten gemeinsamen Veranstaltung spurlos verschwunden. Das geplante Krimi-Dinner führt schon kurze Zeit später in ein Desaster, denn mehrere Teilnehmer erkennen frappierende Parallelen zu dem Abend am Musikfestival, seit dem Maria nicht mehr unter ihnen weilt. Ist sie tatsächlich freiwillig abgereist oder ist sie ermordet worden? Sitzt gar der Mörder mitten Im Saal? Schnell ist klar, dass jeder hier ein Motiv gehabt hätte.

Ein spannendes Szenario bietet sich dem Leser, da nicht nur die fünf Freunde im aktuellen Geschehen eine tragische Vergangenheit verbindet, sondern auch sechs fiktive Rollen im Spiel auftauchen, die für einen unterhaltsamen Krimi-Abend sorgen sollen. Die Ähnlichkeiten zwischen Realität und Spiel rufen Misstrauen und Unruhe hervor, die Stimmung im Luxusrestaurant verdüstert sich zunehmend. Emily Rudolf versteht es, ausgesuchte Personen aufeinandertreffen zu lassen, die Geheimnisse hüten und womöglich durch Alkohol und Drogen nur getrübte Erinnerungen haben an das, was fünf Jahre zuvor geschehen sein mag. Kann man überhaupt einem von ihnen trauen? Ist Maria tatsächlich tot? Schließlich hat man nie eine Leiche gefunden.

Die abwechselnde Schilderung des Krimidinners mit neuen Charakteren aus dem Rollenspiel und des verregneten Zeltfestes damals lässt über manche Langatmigkeit im Mittelteil hinwegsehen. Überraschende Details, die immer wieder auftauchen und durch die unterschiedlichen Blickwinkel der einzelnen Freunde dargestellt werden, spornen an, stets noch ein Kapitel weiterzulesen, die Sogwirkung kann man nicht leugnen. Der flotte Schreibstil tut ein Übriges, den Leser an die Seiten zu fesseln. Überzeugt schon die laufende Handlung an sich, so bietet das Ende dann noch einmal eine Steigerung, diese verblüffende, kaltschnäuzige Wendung habe ich nicht erwartet. Perfekt auf den Punkt gebracht!

Ein interessanter Thriller mit durch Drogen vernebelten Erinnerungen und vielfältigen Motiven, denen man nachspüren kann, auch die Atmosphäre in allen Ebenen ist bestens getroffen. Ich hatte großen Spaß beim Lesen und empfehle dieses mehrgängige Menü gerne weiter.

Bewertung vom 06.02.2025
Die Zuverlässigkeit des Zufalls (eBook, ePUB)
Beck, Lilli

Die Zuverlässigkeit des Zufalls (eBook, ePUB)


sehr gut

Aufblühen

Gemeinsam mit ihrer Mutter betreibt Nina-Marie eine kombinierte Buch- und Blumenhandlung und hat sich damit einen Traum erfüllt. Mit Freude empfiehlt sie alte und neue Bücher und bindet duftende Sträuße, allerdings fehlt ihr selbst das wahre Glück im Leben, seit sie drei Jahre zuvor ihre große Liebe verloren hat. Können vielleicht der alte Herr, dem Nina-Marie Blumen liefern soll, oder sein Sohn, dem sie irgendwo schon einmal begegnet ist, die junge Frau wieder zum Aufblühen bringen?

Mit einem bunten Mix an Erzählung im Jetzt, Erinnerungen an Nina-Maries Zeit mit Eric und einem Buch, das unsere Hauptfigur zur Bewältigung ihrer Trauer niederschreibt, geht es abwechslungsreich durchs Geschehen. Wenige, überschaubare Charaktere sind liebevoll gezeichnet und treffen in unterschiedlichsten Varianten aufeinander, wobei sich Ninas Rückzug in ihr Schneckenhaus wie ein roter Faden durch die Handlung zieht. Angst vor neuerlicher Verletzung lässt sie Distanz halten und sich völlig in ihre Arbeit zurückziehen. Ob die Begegnungen mit Curt Fernau und Jack dem zuverlässigen Zufall geschuldet ist, ob es Schicksal ist oder ganz etwas anderes, Nina-Marie entwickelt sich jedenfalls langsam heraus aus ihrer Lethargie, aus ihrer Verklärung der Vergangenheit. Auch die anderen Figuren erleben einen Fortschritt auf ihrem Lebensweg, den man ein Stück weit begleiten darf. Die doch sehr intensiven Gedanken über Trauer und Verhaftung im Gestern überschatten teilweise die hoffnungsvollen und zukunftsorientierten Kapitel, abgesehen davon handelt es sich aber um einen liebens- und lesenswerten Roman mit sympathischen Charakteren und unaufdringlichen Tipps im Umgang mit kleineren oder größeren Herausforderungen im Leben.

Ein flüssig geschriebener Roman mit bewegendem Inhalt, bei dem man den Duft der Pflanzen und die wohltuende Stimme eines Vorlesers zwischen den Zeilen spüren kann. Für unterhaltsame Stunden vergebe ich vier Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 03.02.2025
Die Porzellanmanufaktur - Zerbrechliche Träume
Maiwald, Stefan

Die Porzellanmanufaktur - Zerbrechliche Träume


ausgezeichnet

1966 - 1967

Einige Zeit ist ins Land gegangen seit Teil 2, der Wirtschaftsaufschwung lässt nach, die Thalmeyer-Schwestern Marie und Sophie stecken mit ihrer Porzellanmanufaktur zudem nach wie vor in einem Zwist mit dem Druckereibesitzer und Bürgermeister Abel Metsch. Der ältere Bruder, Joachim Thalmeyer, ist weiterhin als Agent in der Künstlerszene aktiv und überlässt seine Wohnung in München Maries Tochter Jana, die hier Jura studiert und mit einer Gruppe von gewalttätigen Studenten in Kontakt kommt. Spannende und interessante Episoden aus den 1960er-Jahren erwarten den neugierigen Leser.

Gleich zu Beginn wird es aufregend in diesem dritten und letzten Band der Thalmeyer-Saga, leistet doch der nunmehrige KFZ-Mechaniker Gustav Beihilfe zum illegalen Grenzübertritt aus der DDR. Hat man diese ersten Schrecksekunden verdaut, geht es um Intrigen und Gerüchte gegen die in fünfter Generation geführte Porzellanmanufaktur. Aber es wäre nicht Stefan Maiwald, beließe er es bei einer Geschichte um feinstes Hartporzellan, nein, diese wird umgeben von vielfältigen anderen Szenen, welche die entsprechende Zeit prägen. Ein nervenaufreibendes Autorennen mit Luca am Steuer eines Fiat Abarth gehört da genauso dazu wie ein Blick in die Künstlerszene mit dem feschen Joachim Fuchsberger oder dem erratischen Klaus Kinsky. Die Rolling Stones bringen das legendäre Album „Paint It Black“ heraus und erste Golfplätze entstehen, während in München eine Gruppe aggressiver Studenten gegen Reichtum und Besitz demonstriert. Derlei abwechslungsreich fließt der kurzweilige Text mit knappen Kapiteln und rasch wechselnden Schauplätzen dahin, die Thalmeyer-Geschwister bekommen wieder einige Prügel vor die Füße geworfen und trachten danach, diese mit Raffinesse und großem Geschick zu überwinden. Wie sie mit neu gegründeten Gewerkschaftsverbänden und schrägen Werbeagenturen umgehen? Das und noch viel mehr verrät Stefan Maiwald auf seine locker-leichte Art, mit der er diesen großartig recherchierten Roman präsentiert.

Ein wahres Lesevergnügen ist (nach den ersten beiden Bänden) auch dieser abschließende Teil der bewegenden Thalmeyer-Saga, welche mit spürbarer Leidenschaft zu Papier gebracht worden ist. Die Porzellanmanufaktur und ihr gesellschaftspolitisches Umfeld sind über all die Jahre von 1947 bis 1967 voller Liebe zum Detail dargestellt und vermitteln auch persönliche Höhen und Tiefen, ohne jedoch in irgendeine Art von Sentimentalität abzudriften, dabei aber sehr wohl den Leser zu berühren. Mir hat die Lektüre viel Vergnügen bereitet, ich empfehle die gesamte Reihe daher von Herzen gerne weiter!

Bewertung vom 02.02.2025
Die Porzellanmanufaktur - Zerbrechliche Hoffnung
Maiwald, Stefan

Die Porzellanmanufaktur - Zerbrechliche Hoffnung


ausgezeichnet

1952 - 1953

Wirtschaftswunder und empfindliche Rückschläge prägen die anfänglichen 1950er-Jahre in der Selber Porzellanmanufaktur der Familie Thalmeyer. Wie die Geschwister Marie, Sophie und Joachim damit umgehen und was sich sonst noch alles tut zu dieser Zeit, erzählt Stefan Maiwald in diesem zweiten Band mit einer Leichtigkeit und Detailgenauigkeit, die ihresgleichen sucht.

Wie bereits im ersten Teil der Trilogie wechseln einander sehr kurze Kapitel mit unterschiedlichsten Szenen ab, sodass nicht nur das familiengeführte Porzellanwerk im Mittelpunkt steht, sondern viele Episoden aus dem Nachkriegsdeutschland Eingang ins Geschehen finden, um die zeitgeschichtliche Einordnung perfekt zu dokumentieren. Seien es Autotypen, Film- und Schauspiellegenden rund um Joachim Thalmeyer, Musiktitel, das italienische Restaurant von Bepi oder Arzneien aus Harrys Apotheke, alle finden Platz in dieser interessanten und ansprechenden Reihe, ja sogar Einblicke ins Gefängnis werden gewährt. Um Ursache und Auswirkung stets plausibel darzustellen, gibt es des Öfteren Rückblenden in vergangene Jahre, sodass die Handlung immer wieder durch allerlei Einschübe unterbrochen, deshalb aber keineswegs gestört wird. Gerade die wenigen Kapitel rund um Thalmeyers selbst sind spannend und emotionsgeladen, obwohl sie mit bemerkenswerter Ruhe ohne jegliche Gefühlsduselei erzählt werden. Stefan Maiwalds Kraft der Worte muss man an dieser Stelle jedenfalls klar hervorheben. So ist es ein Vergnügen, mit dabei zu sein, wenn Gerüchte über die Porzellanmanufaktur gestreut werden und die Familie Wege findet, möglichen Schaden abzuwenden oder wenn ein unerwartetes Testament auftaucht. Die Geschwister Thalmeyer kämpfen an vielerlei Fronten um ihr Familienerbe und ihr persönliches Glück, das ihnen wahrlich nicht von selbst in den Schoß fällt.

Auch Teil zwei überzeugt durch penible Recherche und eine großartige Verquickung unterschiedlichster Themen, sodass ich gleich mit dem letzten Band der Trilogie fortfahren werde. Leseempfehlung!

Bewertung vom 01.02.2025
Die Schwarze Gräfin. Geheimnisse an der Eisenstraße (eBook, ePUB)
Miglar, Astrid

Die Schwarze Gräfin. Geheimnisse an der Eisenstraße (eBook, ePUB)


sehr gut

Im Mittelpunkt

1949: Das Grenzgebiet Niederösterreich – Oberösterreich – Steiermark wird gemeinhin auch Eisenstraße genannt ob der aufstrebenden Industrie, welche hier vorherrscht. Während da die reichen Schneebergs wohnen, lebt dort Magdalena in armen Verhältnissen mit einem gewalttätigen Säufer als Mann. Nicht bereit, solch ein Dasein zu fristen, trachtet Magdalena nach gesellschaftlichem Aufstieg.

Erst einmal muss man sich orientieren im Buch, das zu Beginn eher informativ als erzählend wirkt und die grundlegenden Rahmenbedingungen der damaligen Zeit mitten in Österreich schildert. In kurzen Kapiteln geht es dann aber bald flott dahin mit einer raffinierten, berechnenden Protagonistin, welche nicht nur den Leser immer wieder überrascht und verblüfft. Die gesellschaftlichen Gepflogenheiten, die dörfliche Struktur in Windischgarsten sind exzellent getroffen, die Atmosphäre bedrückend und ironisch wiedergegeben. Durch Perspektivenwechsel und unterschiedliche Blickwinkel (Magdalena erzählt in der Ich-Form, andere Kapitel sind aus neutraler Sicht verfasst) wird die Geschichte lebendig und authentisch, auf raffinierte Weise wird Magdalenas berechnendes Vorgehen immer deutlicher offenbar. Aber nicht nur sie, auch der Pfarrer, der Jäger, der Maler oder Oscar als Erbe einer Hammerherrendynastie sind ausgezeichnet charakterisiert. Wer spielt die Hauptrolle für die eigenwillige Frau? Das ist wohl sie selbst, die auf ihre ganz besondere Art sogar den Teufel hinters Licht führt.

Ein besonderes Buch, welches durch Raffinesse der im Mittelpunkt stehenden Figur ebenso besticht wie durch die kunstvolle Erzählweise, welche den Leser durch die Handlung führt.

Bewertung vom 31.01.2025
One Perfect Couple (eBook, ePUB)
Ware, Ruth

One Perfect Couple (eBook, ePUB)


gut

Trauminsel Ever After

Obwohl Lyla als Wissenschaftlerin ganz andere Interessen hat, will sie ihrem Freund die Chance nicht verwehren, die sich ihm bei seiner Schauspielkarriere bietet und willigt ein, an einem Interview für eine Realityshow teilzunehmen. Tatsächlich reisen die beiden mit vier anderen Paaren und dem Filmteam auf eine entlegene Insel mitten im Indischen Ozean, aus dem Traum wird aber nach einem verheerenden Sturm bald ein Alptraum, ein Kampf ums Überleben.

Detailreiche Beschreibungen bringen dem Leser Lyla von Anfang an nahe, ihre Liebe zu ihrem Beruf als Virologin wird immer wieder betont, wobei auch gleich die gravierenden Unterschiede zu ihrem Freund Nico herausgearbeitet werden. Es dauert geraume Zeit, bis wir endlich die Trauminsel betreten, das Luxusresort ist allerdings noch nicht fertiggestellt und verlangt einiges an Improvisation von den Teilnehmern der TV-Show und den Mitgliedern der Crew. Die Spannung steigt nur allmählich, was ich ein wenig schade finde, denn mehr Tempo, mehr Dynamik während der unglaublichen Vorfälle auf dem kleinen Eiland hätte die angespannte Atmosphäre noch deutlicher unterstrichen. Ebenso bleiben die Charaktere und ihre Motivation für ihr Tun hinter meinen Erwartungen zurück, ich kann mich kaum in eine Figur außer Lyla hineinversetzen und deren Gedanken nachvollziehen. Die Insel Ever After hingegen ist wunderbar beschrieben, mit vielen Einzelheiten zu den Unterkünften, der Vegetation und den Geckos im Dachgebälk hat man sofort farbenfrohe Bilder vor Augen, die aber aufgrund der drastischen Umstände bald in stürmisches Grau wechseln und Tage widerspiegeln die abwechselnd von Hoffnung, Resignation und Misstrauen geprägt werden. Das Ende kommt im Vergleich zur bisherigen Handlung recht schnell daher, ist auch logisch dargestellt, scheint aber trotzdem eher „am Reißbrett entworfen“ zu sein als flüssig aus dem Geschehen hervorzugehen. Nichtsdestotrotz bietet die Geschichte interessante Einblicke in die Gruppendynamik, weitere Themen wie Überlebensstrategien bei Krankheit oder Verletzung, knappen Wasser- und Lebensmittelvorräten, Vertrauen oder Neid finden Platz mitten im Ozean.

Auch wenn dieses Buch für mich nicht an „Zero Days“ heranreicht, hat es mir doch unterhaltsame Stunden beschert.

Bewertung vom 30.01.2025
Sonnenhang (eBook, ePUB)
Weßling, Kathrin

Sonnenhang (eBook, ePUB)


sehr gut

Worauf warten?

„Das mit dem Glück ist wie mit dem Unglück, es schleicht sich hinterrücks an und ist einfach plötzlich da.“ [kindle, Pos. 2283]

Mit Ende dreißig bekommt Katharina eine erschütternde Diagnose, sie muss sich einer Operation unterziehen und kann künftig keine Kinder bekommen. Bislang hat sie sich damit getröstet, dass der Richtige noch nicht aufgetaucht ist, nun nützt das auch nichts mehr. Eine Traurigkeit legt sich über sie und lässt sie schwer los, da hat jemand die Idee, dass sie doch der Späßekenulla vom Seniorenheim Sonnenhang nachfolgen und dort jeden Samstag einen Spielenachmittag mit den Bewohnern abhalten könnte.

Nachdenkliche Worte prägen diesen Roman, ruhig, manchmal fast schwermütig begegnet uns die Hauptfigur Katharina, weiß sie doch momentan gar nicht, wie sie ihr Leid aushalten soll, während ihre Freundinnen mit ihren Babys spazieren gehen. Arbeit und Kneipennächte haben ausgedient, aber wo soll sie Sinn in ihrem Leben finden? Da kommt die ehrenamtliche Stelle im Sonnenhang gerade recht, vielleicht findet sie dort, wonach sie sucht? Und tatsächlich kommt Katharina auf andere Gedanken, sieht neue Wege, auch wenn es hier ebenso wenig ein Wunschkonzert gibt wie im Leben außerhalb der Seniorenresidenz. Gespräche und Späße mit den „Alten“ fachen langsam wieder eine Lebendigkeit in Katharina an, die sie schon verloren geglaubt hat, ein mutiger Blick in die Zukunft mit Vertrauen in sich selbst ist wieder möglich.

Überaus einfühlsam erzählt Kathrin Weßling eine Geschichte, die vom Leben geschrieben wird, schildert flüssig und schnörkellos eine Achterbahn von Enttäuschung und Aufraffen, zeigt anhand einer sehr authentischen Protagonistin, dass nicht jeder Rückschlag gleich das Ende ist. „Im Leben wartet man nicht auf den Tod, man wartet darauf, erwachsen zu werden, … dann wartet man auf die Liebe, … den Urlaub, …den Lohn, … dass die Kinder ausziehen und dann, dass die Kinder zurückkommen.“ [kindle, Pos. 1588] Ja, so ist es wohl.

Ein Buch, das keine rosarote Brille vor sich her trägt, ein Buch, das nichts verklärt, aber ein Buch, das das wahre Leben abbildet und Hoffnung sät.