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SimoneF

Bewertungen

Insgesamt 576 Bewertungen
Bewertung vom 15.12.2025
Der brennende Garten
Ganeshananthan, V. V.

Der brennende Garten


ausgezeichnet

V.V. Ganeshananthan schreibt in „Der brennende Garten“ über den jahrzehntelangen Bürgerkrieg in Sri Lanka. Aus der Sicht von Sashi, einer jungen Frau einer privilegierten Kaste, erlebt man als Leser:in die 1980er Jahre in Jaffna. Sashi ist zu Beginn 16 Jahre alt und lebt zusammen mit ihren Eltern und drei älteren sowie einem jüngeren Bruder. Die Familie ist wohlhabend, gebildet und eher progressiv, das Familienleben ist harmonisch. Die Kinder bereiten sich auf die Universität vor, schätzen Musik und Literatur und möchten Ärzte bzw. Ärztin oder Ingenieur werden. Als der Bürgerkrieg ausbricht, verändert das Sashis Leben radikal, und sie ist plötzlich mitten im Geschehen. Zwei ihrer Brüder schließen sich der LTTE an, und der Nachbarsjunge, in den Sashi verliebt ist, nimmt eine ranghohe Stellung bei den Tamil Tigers ein. Auch wenn Sashi Gewalt verabscheut und mit vielem bei den Tamil Tigers nicht einverstanden ist, findet sie sich doch immer wieder zwischen den Fronten wider.

Eindrucksvoll schildert Ganeshananthan, wie aus normalen jungen Menschen Mitglieder einer Terrormiliz werden. Die wechselseitigen Kriegsverbrechen von Singhalesen, verschiedenen tamilischen Rebellengruppen, den Regierungstruppen Sri Lankas und den indischen Friedenstruppen vertiefen die Gräben und verschärfen das Leid der Zivilbevölkerung. Junge Männer werden von den Rebellen zwangsrekrutiert, wahllose Hinrichtungen sind an der Tagesordnung und Frauen sind sexueller Gewalt ausgesetzt.

Die Autorin erzählt eindringlich und berührend aus der Ich-Perspektive, wobei sie immer wieder den Leser bzw. die Leserin mit „Ich will, dass Du verstehst (…)“ bzw. „Du musst verstehen (…)“ direkt anspricht. Auch wenn ich grundsätzlich nachvollziehen kann, warum sie dies tut, wirkt es aufgrund der Häufigkeit aufgesetzt und von oben herab. Das hat mich beim Lesen leider etwas gestört.

Da immer wieder tamilische Begriffe fallen, wäre ein Glossar wünschenswert gewesen. Auch ein einordnendes Nachwort, bei dem die Autorin darauf eingeht, welche Figuren oder Ereignisse real sind oder fiktiv, hätte ich sehr hilfreich gefunden. Ganeshananthan erwähnt im Nachwort, dass sie ein kompliziertes Verhältnis zu Erklärungen hat. Das ist schade, denn sie hätte zB klarer darstellen können, dass Rajani Thiranagama als reales Vorbild für die Figur Anjali Premachandran diente.

Ungeachtet dieser kleinen Kritikpunkte ist „Der brennende Garten“ ein sehr lesenswertes und bewegendes Buch, das einen jahrzehntelangen Konflikt, der hier im Westen eher am Rande wahrgenommen wurde, in den Mittelpunkt rückt.

Bewertung vom 15.12.2025
Komm mit, Weihnachtseselchen
Schoenwald, Sophie

Komm mit, Weihnachtseselchen


ausgezeichnet

„Komm mit, Weihnachtseselchen“ ist ein liebevoll illustriertes, warmherziges Kinderbuch, das auf jeder Seite zum Mitmachen anregt. Ob pusten, reiben, zeigen, Mut zusprechen – auf vielfältige Weise können die Kleinsten selbst aktiv Teil der Geschichte werden. Die gewählten Farben sind warm und heimelig, und beim Durchblättern kommt sofort Winterstimmung auf. Die Tiere sind sehr niedlich gezeichnet, ohne übertrieben zu wirken und erzeugen sofort eine freundliche Atmosphäre.
Der Begriff „Weihnachtseselchen“ ist allerdings etwas irreführend: Auch wenn Ochs und Esel einem Stern folgen und in einem Stall ein Lämmchen vorfinden, ist der Bezug zur Weihnachtsgeschichte doch eher lose, da weder Maria, Josef und Jesus noch Engel oder die Heiligen Drei Könige vorkommen. Für die Altersgruppe ab 2 Jahren dürfte das jedoch eher nebensächlich sein.
Fazit: Wer keinen explizit religiösen Bezug sucht, findet mit diesem Buch ein perfektes Winter-Mitmachbuch für die Allerkleinsten!

Bewertung vom 15.12.2025
Im Leben nebenan (MP3-Download)
Sauer, Anne

Im Leben nebenan (MP3-Download)


weniger gut

Wie das eigene Leben wohl verlaufen wäre, wenn man an bestimmten Punkten eine andere Entscheidung getroffen hätte? Während diese Frage gewöhnlich rein hypothetisch bleibt, erwacht die Protagonistin Toni eines Tages plötzlich in einem Haus ihres Heimatdorfes anstatt in ihrer gewohnten Stadtwohnung. An ihrer Seite ist nicht ihr Freund Jakob, sondern ihre Jugendliebe Adam, und neben ihr liegt Hannah, offenbar ihr gemeinsames Baby.

Anne Sauer erzählt kapitelweise abwechselnd von Tonis Leben mit Jakob und der surrealen Situation, in der sich Toni (in diesen Kapiteln Antonia genannt) plötzlich als Mama und Ehefrau von Adam wiederfindet. Während sie als Antonia versucht, ihre Mutterrolle zu finden, unterzieht sich Toni einer Kinderwunschbehandlung, ohne sich wirklich sicher zu sein, ob sie tatsächlich ein Kind möchte oder lediglich versucht, den allgemeinen Erwartungen an sie als Frau gerecht zu werden.

Die Ausgangssituation klang sehr spannend, und so bin ich mit großer Neugier an das Hörbuch herangegangen. Leider konnte mich die Umsetzung der Idee durch die Autorin nicht überzeugen. Die Protagonistin bleibt mir in beiden Szenarien zu passiv und selbstbezogen, geradezu selbstmitleidig. Ich kann keine echte Entwicklung erkennen, und auch eine Kommunikation mit ihren Partnern findet quasi nicht statt. In Antonias Kapiteln geht es zudem großteils darum, dass sich die Protagonistin fragt, wie sie plötzlich in diese Lage geraten ist. Das ist zwar verständlich, hat jedoch mit der Realität nichts zu tun. Viel mehr hätte mich gereizt, darüber zu lesen, wie Toni bzw. Antonia mit den unterschiedlichen Herausforderungen als Mutter bzw. kinderlose Frau umgeht. Welche Chancen und Konfliktpotentiale bieten sich in den jeweiligen Situationen für Beruf, Partnerschaft, Freundschaften? Verläuft das alternative Leben als Mutter und Ehefrau so, wie es sich die kinderlose Toni vielleicht ausmalt, und umgekehrt? Diese Fragen kommen mir zu kurz und der Roman schöpft hier sein Potential leider bei weitem nicht aus.

Das Hörbuch wird von Chantal Busse mit sehr angenehmer Stimme und Geschwindigkeit eingesprochen. Es gelingt ihr gut, die Figuren zu verstimmlichen und ich habe ihr sehr gerne zugehört. Dass mich das Buch an sich nicht überzeugen konnte, lag keinesfalls an der Sprecherin.

Bewertung vom 11.12.2025
Chamäleon (eBook, ePUB)
Sarid, Yishai

Chamäleon (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Shai Tamus ist ein gemäßigt-linker israelischer Journalist, dessen beruflicher Stern seit Jahren im Sinken begriffen ist. Einst wurden seine Artikel vielbeachtet und er war ein gern gesehener Gast in Fernsehstudios, doch inzwischen interessiert sich kaum noch jemand für ihn, jüngere Kollegen haben ihn längst überholt. Auch Shais Kinder führen ein zunehmend eigenes Leben. Gleichzeitig läuft die Karriere seiner Frau als Kuratorin in einer Galerie so richtig an, und der reiche und weltgewandte Galeriebesitzer scheint sie sehr zu beeindrucken. Shai fühlt sich unverstanden und ungerecht behandelt, und entfremdet sich dadurch mehr und mehr von seinem gewohnten intellektuellen Milieu. Immer stärker wendet er sich dem rechten Spektrum um die neue Regierung zu, und als er die Chance erhält, im rechtspopulistischen Channel als Fernsehgast aufzutreten, ergreift er diese.

Shai ist ein Opportunist, der bereit ist, für Anerkennung und Aufmerksamkeit seine Überzeugungen zu verkaufen. Er lässt sich einflüstern, was er zu schreiben und vor den Kameras zu sagen hat und dürstet danach, von den Mächtigen wahrgenommen zu werden. Als Protagonist war er mir alles andere als sympathisch, da ihm Charakterstärke und Rückgrat fehlen, doch er wirkt sehr menschlich. Shais Verhalten zeigt, wie ein geringes Selbstwertgefühl, verletzter Stolz, gekränkte Eitelkeit und der Glaube, vom Leben benachteiligt zu werden, dazu führen, dass sich Menschen extremen Parteien zuwenden und sich von starken Führungspersönlichkeiten angezogen fühlen. Auch wenn „Chamäleon“ natürlich in erster Linie besonders auf die aktuelle politische und gesellschaftliche Lage in Israel Bezug nimmt, zeigen sich hier generelle Mechanismen, die sich auf andere Situationen und Länder übertragen lassen.

Es werden zwar keine Namen genannt, doch es ist offensichtlich, welche politischen Personen im Roman gemeint sind. Auch Kanal 14 ist deutlich erkennbar. Yishai Sarid kritisiert mit klaren Worten die aktuelle israelische Regierung und beschreibt, wie Journalisten instrumentalisiert und zur Marionette degradiert werden. Sehr lesenswert!

Bewertung vom 30.11.2025
Und mir bleibt der hässliche Hund
Hörner, Franziska

Und mir bleibt der hässliche Hund


sehr gut

Felix (16) verliert bei einem Verkehrsunfall von einem Moment auf den anderen seine Eltern und seine Schwester. Lediglich Bolt, der Familienhund, mit dem Felix bisher nie etwas anfangen konnte, überlebt. Um mit der Situation fertigzuwerden, beginnt Felix schließlich eine Therapie, wo er im Wartezimmer auf den gleichaltrigen Mo trifft. Die beiden freunden sich an und lernen durch Zufall Marie kennen, die in einer Drogerie jobbt. Gemeinsam verbringen sie den Sommer, und Mo und Felix beginnen, sich in Challenges ihren Ängsten zu stellen.

Franziska Hörner gelingt es, ein schwieriges Thema rund um Ängste, Trauer und Verlust hoffnungsvoll und leicht zu erzählen. Felix und Mo beschließen, auf eigene Faust eine Art Konfrontationstherapie zu machen, um ihre Ängste und Panikattacken zu überwinden – das ist nicht ohne Risiko. Zum Glück begleitet sie dabei Marie, die warmherzig und besonnen alles im Blick hat. Ganz nebenbei entwickelt sich noch eine einfühlsam erzählte, zarte Liebesgeschichte.

Das Buch ist nicht ganz frei von Klischees: So werden deutsche Familien eher emotional unterkühlt dargestellt, im Gegensatz zur überschwänglichen Herzlichkeit arabischer Familien. Während es die deutschen Figuren kaum schaffen, etwas halbwegs Genießbares auf den Tisch zu bringen, schmeckt es bei Mos Familie immer fantastisch. Diese Stereotype haben mich beim Lesen leider gestört.

Aufgrund des ernsten Hintergrunds und der nachdenklichen Grundstimmung halte ich die Altersempfehlung von 13 Jahren aufwärts für sehr passend, zumal auch erste sexuelle Erfahrungen thematisiert werden.

Ich würde dieses Buch vor allem jugendlichen Leser:innen empfehlen, die sich auf eine leise erzählte, ernsthafte Geschichte einlassen möchten.

Bewertung vom 30.11.2025
Das Geheimnis der weißen Weihnacht
Mitchell, Gladys

Das Geheimnis der weißen Weihnacht


weniger gut

Da ich ein großer Fan der Kriminalromane von Agatha Christie, Josephine Tey und Dorothy L. Sayers bin und auch Gladys Mitchell immer wieder zu diesem Kreis gerechnet wird, war ich neugierig auf „Das Geheimnis der weißen Weihnacht“. Für mich war es der erste Roman der Autorin.

Hauptfigur ist die Psychiaterin Mrs Bradley, die wohl in mehreren von Mitchells Romanen ermittelt. Sie verbringt die Weihnachtstage bei ihrem Neffen und dessen Frau in den Cotswolds, wo die beiden seit kurzem ein Gut besitzen. Über die Feiertage werden einige Gäste erwartet. Es kommt zu merkwürdigen Vorfällen, anonyme Briefe tauchen auf, und nach einem heftigen Wintereinbruch gibt es einen Toten. Mrs Bradleys Neugier ist geweckt und sie beginnt, eigene Hypothesen aufzustellen und zu ermitteln.

So vielversprechend die Ausgangslage klingt, wurde ich mit diesem Krimi leider nicht warm. Die Figuren blieben blass und wenig greifbar, die Handlung drehte sich immer wieder im Kreis und wurde zusehends langatmiger, so dass es für mich eine eher zähe Lektüre war und die Spannung auf der Strecke blieb. Die ausgedehnten Beschreibungen von Landschaft, Spaziergängen und einer Treibjagd machten es nicht besser. Auch sprachlich konnte mich Mitchell nicht überzeugen, da sich einige Phrasen immer wieder wiederholen. Von der Leichtigkeit und dem feinen Humor einer Christie oder Sayers ist auch nichts zu spüren.

Ärgerlich fand ich, dass man als Leser:in über den genauen Wortlaut der anonymen Briefe im Dunkeln gelassen wird und so weniger Wissen hat als die Figuren im Buch. Man erfährt lediglich in vagen Andeutungen, worum es geht. Für mein Empfinden sind die Theorien, die Mrs Bradley im Buch verfolgt, teils recht abwegig und auch logisch widersprüchlich. Da der Roman um das Jahr 1950 spielen dürfte (definitiv nach dem Zweiten Weltkrieg), fragte ich mich auch, ob es damals in Bezug auf Gerichtsbarkeit, polizeiliche Ermittlungen, Testamentsvollstreckung und gewisse Rechtsgeschäfte tatsächlich in England so stümperhaft zuging, dass diese Theorien überhaupt eine realistische Grundlage gehabt haben könnten.

Konzeptionell kann Mitchell für mich nicht mit Christie und Sayers mithalten. Mir fehlen ein klarer roter Faden, Rafinesse und eine stringente Handlung. Auch nach Beendigung des Buches konnte mich der Fall in der Rückschau nicht überzeugen.

Bewertung vom 20.11.2025
Fräulein Hedwig
Poschenrieder, Christoph

Fräulein Hedwig


ausgezeichnet

Christoph Poschenrieder begibt sich auf Spurensuche im Leben seiner Großtante Hedwig, Jahrgang 1884. Wenig ist zunächst bekannt über die Frau, die zeitlebens alleinstehend blieb, überaus fromm war und bereits als junge Frau zunehmend nervenkrank wurde. Als die Nationalsozialisten an die Macht kommen, wird dies für Hedwig lebensbedrohlich.
Poschenrieder stützt sich bei seiner Recherche vor allem auf die Aufzeichnungen von Hedwigs Schwester Marie und Briefe. Da diese vor allem die frühen Jahre abdecken, bleibt ein großer Teil von Hedwigs Leben im Dunkeln bzw. spekulativ. Der Autor macht jedoch stets kenntlich, wo er sich auf Quellen bezieht und wo er behutsam eigene Vermutungen anstellt.
An Hedwigs Leben wird deutlich, welchen enormen Einfluss damals die Kirche besaß, sowohl als gesellschaftlich als auch in Bezug auf die persönliche Entwicklung insbesondere junger Frauen. Kirchliche Moralvorstellungen trugen massiv zur systematischen Unterdrückung von Frauen bei und waren Teil der patriarchalen Strukturen. Generell hatten Mädchen zurückzustecken und, wenn nötig, zum Familieneinkommen beizutragen, um den männlichen Geschwistern ein Studium zu ermöglichen. Das wurde als so selbstverständlich wahrgenommen, dass den Brüdern später nicht einmal in den Sinn kam, sich dankbar zu zeigen und sich ihrerseits um die Schwestern zu kümmern. Hedwig steht so exemplarisch für viele Frauen ihrer Generation, die qua Geschlecht in besonderem Maße fremdbestimmt und in den Möglichkeiten, die sich ihnen boten, benachteiligt waren.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Buches ist Hedwigs sich mit den Jahren verschlimmernde psychische Erkrankung, die sich während des Nationalsozialismus zu einem großen Risiko entwickelt. Auch hier wird an Hedwigs Beispiel der menschenverachtende Umgang der Nazis mit Nervenkranken deutlich.
Man spürt, wie nahe Christoph Poschenrieder das Schicksal von Hedwig geht, und sein feinfühliger, ruhiger und nachdenklicher Schreibstil gefiel mir auf Anhieb. Gerade die sachliche, um Authentizität bemühte Herangehensweise hat mich mehr berührt als dies ein historischer Roman gekonnt hätte.

Bewertung vom 17.11.2025
Unser wilder Hof
Schüle, Geraldine

Unser wilder Hof


gut

Ich bin eher zufällig über dieses Buch gestolpert und kannte Geraldine Schüles Social-Media-Account bisher nicht. Parallel zur Lektüre habe ich mir jedoch die Reels, Bilder und Story-Highlights auf Instagram angesehen.

Geraldine und Patrick leben seit zwei Jahren mit ihren beiden Kleinkindern auf einem unsanierten, baufälligen Hof in Süddeutschland, ohne warmes Wasser (bis auf einen Boiler in der Dusche), ohne Heizung, in provisorisch hergerichteten Räumen. Neben dem Mammutprojekt der Sanierung, das überhaupt nur möglich ist, weil Patrick Zimmermann und Architekt ist, betreiben sie Landwirtschaft und versuchen, so autark wie möglich zu leben. Und, nicht zu vergessen: Sie sind als Content Creatoren eben auch Unternehmer, die sich durch Klicks und bezahlte Werbepartnerschaften finanzieren. So sympathisch und authentisch Account und Buch auch auf mich wirken, schwingt bei mir immer ein leises Misstrauen gegen inszenierten und werbefinanzierten Content mit.

Geraldine schreibt vor allem über ihren und Patricks gemeinsamen Lebensweg von der Jugendfreundschaft über gemeinsame abenteuerliche Reisen bis hin zur Ehe, und ihre ungewöhnlichen Wohnmodelle: Vor dem Hofprojekt lebten sie jahrelang auf 20qm in einem umgebauten Zirkuswagen.

Das Buch ist unterhaltsam und kurzweilig geschrieben, wenn auch eher einfach im Stil. Das macht sich vor allem an den wiedergegebenen Dialogen bemerkbar, die recht platt klingen.

Die Energie und Zuversicht der beiden ist wirklich beeindruckend, und wo andere (und ganz sicher auch ich) vor allem Risiken sehen, sehen die beiden Chancen. Nur mit dieser Lebenseinstellung ist ein Projekt wie die Sanierung des denkmalgeschützten Hofs überhaupt machbar, der bei Kauf nicht nur statisch ein Desaster war, sondern auch völlig vermüllt. Mir bleibt beim Lesen und auch beim Anblick der Videos oft nur, den Kopf zu schütteln, wenn ich lese und sehe, wie ein Kleinkind bei staubigen Arbeiten oder dem Entrümpeln von völlig zugemüllten Räumen ungeschützt mitten im Dreck sitzt oder in der Rückentrage dabei ist. Abgesehen vom Feinstaub, Schimmelsporen, Krankheitserregern aus Tierkot (Mäuse, Ratten) ist bei Sanierung immer mit Schadstoffen wie Asbest, Mineralfasern, PCB oder PCP zu rechnen. Das gilt auch für alte Öfen wie die Küchenhexe. Die Unbedarftheit der Eltern ist in meinen Augen extrem riskant.

Was kann man als Leser:in Positives aus diesem Buch mitnehmen? Dass es wichtig ist, an die Realisierung seiner Träume zu glauben, Vertrauen die eigenen Fähigkeiten zu haben, und dass nicht immer alles perfekt sein muss, um glücklich zu sein.

Für Fans von Geraldine, die noch mehr über sie und ihre Familie erfahren möchten, bestimmt ganz interessant. Ansonsten ein Buch, das man nicht gelesen haben muss. Geraldine und Patrick haben sich sicherlich ein ungewöhnliches Projekt vorgenommen, stehen allerdings auch noch ziemlich an Anfang. Ob sie dieses wirklich meistern, wird erst die Zeit zeigen. Für meinen Geschmack kommt dieses Buch ein paar Jahre zu früh: Die Aussagekraft wäre wesentlich überzeugender, wenn sie die Sanierung bereits zum großen Teil erfolgreich abgeschlossen hätten.

Bewertung vom 15.11.2025
Abenteuer-Express (Band 4) - Gefahr im Mitternachtsexpress
Leonard, Maya G.;Sedgman, Sam

Abenteuer-Express (Band 4) - Gefahr im Mitternachtsexpress


ausgezeichnet

Als treue Fans der Abenteuer-Express-Reihe konnten mein Sohn (11) und ich es kaum erwarten, den vierten Band in Händen zu halten: „Gefahr im Mitternachtsexpress“ entführt die jungen Leserinnen und Leser auf den Brocken in den Harz, wo Henry und sein Onkel Nat diesmal undercover im Einsatz sind, um den mysteriösen Tod von Alexander Kratzenstein aufzuklären. Welche Rolle spielt hierbei ein geheimnisvoller Fluch? Ist Alexander eines natürlichen Todes gestorben oder trachtete ihm jemand nach dem Leben?
Wie immer bei den Krimis von Maja Leonard und Sam Sedgman hat man es nicht nur mit einem spannenden Kriminalfall zu tun, der in bester Agatha-Christie-Manier bis zum Schluss hochspannend bleibt, sondern lernt nebenbei auch noch Interessantes über Land und Leute. Da das Ziel der Reise diesmal Deutschland ist, dürfte manches schon bekannt sein, aber spannende Infos zum Brocken als Abhörposten während des Kalten Krieges sind sicher auch deutschen Kids neu. Auch Goethes Faust kommt zu Ehren. Manches Klischee brachte uns beim Lesen zum Schmunzeln, wenn etwa Käsespätzle oder selbstredend Schweinebraten mit Sauerkraut und Kartoffeln gegessen werden (woher das Autorenduo allerdings zu wissen glaubt, dass man Sauerkraut hierzulande mit Roggensamen serviert, blieb uns verborgen).
Ein Highlight sind wie immer die detailreichen und sehr liebevoll gestalteten Zeichnungen, die das Geschehen wunderbar in Bilder fassen. Leider wird, wie bereits in den Vorgängerbänden, in den Zeichnungen Henry wiederholt als „Harrison“, dem Namen aus dem englischen Original, bezeichnet.
Auf Burg Kratzenstein freundet sich Henry mit anderen Kindern an, mit denen er gemeinsam in abenteuerliche Situationen gerät. Im Gegensatz zu den Vorgängerbänden arbeiten Henry und sein Onkel Nat hier nicht eng als Team zusammen, und Henry, der seine Tarnung nicht offenbaren darf, ist stärker auf sich allein gestellt. Zudem spielt die Handlung im Wesentlichen auf Burg Kratzenstein, Züge wie der Eurostar oder der namensgebende Mitternachtsexpress haben diesmal eher eine untergeordnete Rolle. Im Gegenzug bietet der vierte Band am meisten Action und spannende Wendungen sowie ganz neue Facetten bei einer Hauptfigur.

Wir hatten wieder viel Spaß, mit Henry mitzurätseln und mitzufiebern, und freuen uns schon auf weitere abenteuerliche Reisen!

Bewertung vom 15.11.2025
Der Rache Glanz
Ventura, Maud

Der Rache Glanz


ausgezeichnet

Für Cléo Louvant ist schon als Kind klar: Sie ist zu Höherem berufen. Von Jugend an setzt sie alles daran, eines Tages als Sängerin berühmt zu werden, und es steht für sie außer Frage, dass sie dieses Ziel auch erreichen wird. Unbedingter Wille, Gnadenlosigkeit gegen sich und andere, Ehrgeiz und Perfektionismus sind ihre Triebfedern, und je höher sie klettert, desto unberechenbarer und herablassender wird ihr Verhalten gegenüber den Menschen in ihrem Umfeld.

Wie schon bei „Mein Mann“ ist auch hier die Protagonistin eine obsessive und narzisstische Person, die alles andere als sympathisch ist, aber zutiefst faszinierend, und beim Lesen begleitet einen stets ein Gefühl einer gewissen Beklemmung angesichts der Figur, die immer stärker außer Kontrolle gerät.

Maud Ventura zeigt eindrucksvoll die Maschinerie hinter der Musikindustrie, die das Leben der Künstler:innen durchtaktet und auf maximalen Gewinn ausgerichtet ist. Der Preis für die Berühmtheit ist hoch und grenzt an Selbstaufgabe, es zählt lediglich die wirkungsvolle und werbeträchtige Inszenierung in den Sozialen Medien und der öffentlichen Wahrnehmung.

„Mein Mann“ war letztes Jahr eines meiner absoluten Highlights, und auch der „Der Rache Glanz“ habe ich mit großer Begeisterung gelesen, wenn es für mich auch nicht ganz an den Debütroman heranreicht. Das lag zum einen daran, dass ich bereit von Anfang eine Ahnung hatte, wie die Geschichte enden würde (auch aufgrund des etwas unglücklich gewählten deutschen Titels), und das Ende auf mich gleichzeitig weniger glaubhaft wirkte als bei „Mein Mann“.

Nichtsdestotrotz ist „Der Rache Glanz“ ein Roman, den ich mit großen Vergnügen gelesen habe, weil ich den Schreibstil von Maud Ventura liebe und die Art und Weise, wie sie ihre Protagonistinnen konstruiert. Ich hoffe schon jetzt auf weitere Werke von ihr und empfehle sowohl „Mein Mann“ als auch „Der Rache Glanz“ uneingeschränkt weiter!