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xyz
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Willich

Bewertungen

Insgesamt 106 Bewertungen
Bewertung vom 15.01.2022
Der fürsorgliche Mr Cave
Haig, Matt

Der fürsorgliche Mr Cave


sehr gut

Seelenqualen

Matt Haigs Protagonist Terence Cave, ein kultivierter und feinsinniger Mensch, hat bereits seine Mutter durch Suizid und seine Ehefrau während eines Raubüberfalls im eigenen Antiquitätengeschäft verloren.
Die Geschichte beginnt mit dem tragischen Tod seines heranwachsenden Sohnes Reuben.
Alles Denken und Handeln dreht sich von nun an nur noch um den scheinbaren Schutz seiner einzig verbliebenen Tochter Bryony im Teenager-Alter …

Beim Lesen ist es schwer auszuhalten, wie sich der besorgte Vater immer tiefer und tiefer in eine Spirale von Verlustängsten hineinschraubt.
Haig beschreibt die Gefühle und Gedankengänge des angstdurchtränkten Vaters so treffend, dass ich während des Lesens selber Gefühle von Angst und Beklemmung am Rande des Unerträglichen verspürte. Dennoch hatte ich das Bedürfnis, mit ihm seine seelischen Qualen zu durchleiden, also weiterzulesen, was dann gegen Ende des Buches mit einigen unerwarteten Wendungen, fast wie bei einem Krimi, belohnt wurde.

Es ist ein Buch …
… über Angst, Angst und Angst.
… darüber, wie sich Denk- und Handlungsmuster sowie vermeintliche Schicksalsschläge von Generation zu Generation zu wiederholen scheinen.
… darüber, dass jeder, unabhängig von sozialer Herkunft und Bildung zu allem fähig ist.
… über das Menschsein an sich und unsere seelischen Abgründe.
… über den Sinn des Lebens.

Bewertung vom 31.10.2021
Stell dir vor ...
Hopkins, Rob

Stell dir vor ...


ausgezeichnet

Gestaltungskraft

Was für ein Buch : Das ist ein Brett ! Nicht nur haptisch, sondern auch inhaltlich.
Rob Hopkins Sachbuch „STELL DIR VOR…MIT MUT UND FANTASIE DIE WELT VERÄNDERN“ könnte man sogar kompostieren, sollte man aber nicht.
Das schwarze Cover mutet an wie ein Blick durch ein Schlüsselloch in eine lebendige neue Welt. Ausschnitthaft wird in den Kreisflächen ein Linolschnitt des Autors, der auch Künstler ist, freigelegt. Hier finden wir bereits einen ersten Hinweis auf den künstlerischen Denkansatz des Werkes.

In diesem Buch passiert echtes Querdenken im ursprünglichen Sinne : Beobachten, analysieren, die Ursachen erkennen, unkonventionelle und wirklich neue Lösungswege ( viele Wege, nicht einen einzigen für richtig erklärten Weg ) aufzeigen, ausprobieren, tätig werden.

Die Kernbotschaft des Buches zur gesellschaftlichen Veränderung und Lösung auch der großen Probleme unserer Welt, wie beispielsweise der Klimakatastrophe, ist das Zulassen sowie die Schärfung unserer Vorstellungskraft und unserer Fantasie. Hier ist vielleicht sogar die englische Bezeichnung „Imagination“ treffender : Die Kraft der vorgestellten Bilder und Geschichten einer lebenswerten Zukunft.
An einigen Orten hat die Zukunft bereits begonnen, dies belegt Hopkins überzeugend anhand von zahlreichen Beispielen aus aller Welt.

Konsequent, kraftvoll, inspirierend, mutmachend, visionär.

Kein Buch für Jammerer und Schwarzseher, sondern eines für Macher und Macherinnen oder solche, die es werden wollen.

Bewertung vom 22.10.2021
Wut und Böse
Hoeder, Ciani-Sophia

Wut und Böse


gut

Wütend und dann ?

Während der Leseprobe hatte ich den Eindruck, die Autorin des Buches "WUT UND BÖSE" agiere in ihrer Herangehensweise an das Thema eher wissenschaftlich, obwohl sie Journalistin ist. Ciani-Sophia Hoeder beschreibt persönliche Erfahrungen, beleuchtet das Thema Wut hinsichtlich Ethymologie, Kulturgeschichte, Soziologie, Psychologie und Medizin. Die Bandbreite der Aspekte von Wut ist zwar sehr spannend, aber ihre Schlußfolgerungen scheinen mir zu eindimensional betrachtet.

Es ist sicher richtig, daß Frauen viel häufiger als Männer ihr Gefühl von Wut und Ärger nicht wahrnehmen oder gar unterdrücken. Sicher ist es auch richtig, daß wütende Frauen als hysterisch oder zickig erlebt und bezeichnet werden.
Nicht erwähnt wird im Buch, wie wütende Männer wirken. Diese genießen auch keinen besonders guten Ruf, gelten sie doch im Allgemeinen als Choleriker oder Machos.

Sicher ist es richtig, daß Wut ein Motor für Veränderung sein kann.
Wenn die Wut von Frauen sichtbarer und spürbarer wäre, wäre dies tatsächlich der Schlüssel, um Ungerechtigkeiten in unserer Gesellschaft in Balance zu bringen?

Das Glossar am Ende ist hilfreich, da sehr viele „Szene-Begriffe“, z. B. Abkürzungen aus dem englischsprachigen Raum, Verwendung finden.

Das rosa-pinke Cover weist stereotype, auf Harmonie ausgerichtete Farben auf. Hier hätte ich mir eine Farbe gewünscht, die tatsächlich Wut ausdrückt : Rot !

Bewertung vom 18.10.2021
Was bleibt, wenn wir sterben
Brown, Louise

Was bleibt, wenn wir sterben


sehr gut

Trauern und Lachen

Trauern und Lachen, die Sehnsucht nach dem Tod und der Wille zu ( über-) leben sind ganz eng miteinander verwoben. Von dieser Erkenntnis und mehr handelt das autobiographische Sachbuch von Louise Brown, ihres Zeichens Trauerrednerin. Ein Thema, an dem niemand vorbeikommt.

Es ist ein sehr persönliches Buch, in dem Louise Brown den eng nacheinander folgenden frühen Tod ihrer beiden Elternteile verarbeitet. Ihre berufliche Veränderung von der Journalistin zur Trauerrednerin ist unmittelbar mit dem für sie einschneidenden Erlebnis des Verlustes verknüpft.

Die Autorin schreibt sehr einfühlsam und dennoch lege ich das Buch immer wieder zur Seite, die erhoffte Tröstung durch das Buch bleibt aus. Vielleicht liegt es daran, weil man nicht vorgetröstet werden kann, so wie man nicht vorschlafen kann.

Ich werde das Buch zu einem späteren Zeitpunkt nochmal lesen.

Bewertung vom 24.09.2021
The Comfort Book - Gedanken, die mir Hoffnung machen
Haig, Matt

The Comfort Book - Gedanken, die mir Hoffnung machen


ausgezeichnet

Alles, was tröstet

Bereits die ausdrucksstarke grafische Gestaltung des Covers von Matt Haigs „THE COMFORT BOOK“ ist vielversprechend : Ein stilisierter Sonnenuntergang am Meer ! Der Anblick eines solchen läßt wohl kaum jemanden unberührt.
Wie der Untertitel "Gedanken, die mir Hoffnung machen" verrät, ist es ein sehr persönliches Buch.

Haig teilt uns auf vielfältige Art und Weise mit, was ihn während seiner depressiven Lebensphasen getröstet hat. Das kann eine einfache Aufzählung von Lieblingsfilmen oder Büchern sein, aber auch kurze Geschichten und Gedanken mit viel Raum zum Weiterdenken und nachwirken lassen.

Seine Beschreibungen beruhen auf genauen Beobachtungen, die in einer klaren Sprache zu verblüffend einfachen Erkenntnissen führen. Alles in allem einfach, aber nicht trivial. Ja, das tröstet.

Beim ersten Lesen, würde ich empfehlen, das Buch chronologisch durchzugehen, da die Texte inhaltlich aufeinander aufbauen. Danach ist es ein Genuß, immer wieder einzelne Rosinen raus zu picken.

Bewertung vom 16.09.2021
Nichts als Gutes
Slupetzky, Stefan

Nichts als Gutes


ausgezeichnet

Schicht für Schicht

„Einen Menschen, der über das Leben nachgrübelt, statt es zu meistern.“ Was für ein schöner Satz, der vermittels einer fiktiven Grabrede des Bestattungsunternehmers den toten Grabredner zu charakterisieren vermag. Das Werk „Nichts als Gutes“ von Stefan Slupetzky scheint auf den ersten Blick ein Buch über den Tod zu sein, in Wahrheit ist es eines über das Leben und den Menschen.
Der Autor reiht insgesamt 26 erdachte Grabreden aneinander, jeweils begleitet von einem kurzen Einführungstext in das jeweilige Thema. Jede Geschichte endet mit einer Pointe oder einer überraschenden Wende.
Dieses feine Büchlein, gebunden und mit Lesebändchen, ist eine Ode an die kurze Textform, eine Kette kleiner literarischer Perlen, sprachlich brillant, scharfsinnig, tragikomisch, hintergründig, gesellschaftskritisch, absurd, phantasievoll, empathisch, vielschichtig, klug und immer tiefsinnig.

Schön wäre ein Inhaltsverzeichnis gewesen, damit man nicht immer so lange suchen muß, um eine bestimmte Rede erneut zu lesen.

Bewertung vom 13.09.2021
Hey, ich bin der kleine Tod ... aber du kannst auch Frida zu mir sagen
Gröger, Anne

Hey, ich bin der kleine Tod ... aber du kannst auch Frida zu mir sagen


sehr gut

Vom Tod Leben lernen

Anne Gröger erzählt in ihrem Buch „Hey, ich bin der kleine Tod - Aber du kannst auch Frida zu mir sagen“ von Samuel, der die ersten 11 Jahre seines jungen Lebens aufgrund einer Immunkrankheit vorwiegend im Krankenhaus verbracht hat.
Die eigentliche Geschichte beginnt, nachdem er nach einer erfolgreichen Stammzellentransplantation aus dem Krankenhaus entlassen werden kann.
Nun heißt es, obwohl er lieber in seinem vermeintlich sicheren Zimmer bleiben will, all das zu lernen, was für andere Kinder seines Alters selbstverständlich ist.
Mit Hilfe von Frida gelingt es ihm, mehr und mehr herauszufinden, was Leben bedeutet : Nicht nur Tod, Verzweiflung, Angst und Einsamkeit, sondern auch Mut, Versöhnung, Liebe und insbesondere Freundschaft.
Die schönen Illustrationen als Handzeichnungen in Schwarz-Weiß verstärken zudem die Intensität der Geschichte.

Bewertung vom 21.08.2021
Ich hatte nicht immer, was ich wollte, aber alles, was ich brauchte
Lindeblad, Björn Natthiko;Bankler, Caroline;Modiri, Navid

Ich hatte nicht immer, was ich wollte, aber alles, was ich brauchte


gut

Auf der Flucht oder auf der Suche ?

Das biographische Buch "Ich hatte nicht immer, was ich wollte, aber alles, was ich brauchte“ handelt von der Entwicklung des schwedischen Diplom-Kaufmannes Björn Lindeblad zu einem buddhistischen Mönch namens "Natthiko".
Wir erfahren viel über sein Leben als Waldmönch in Thailand, als Mönch in England und in anderen Regionen der Welt, bis er beschließt, sein Mönchdasein zu beenden und wieder nach Hause in Schweden zurechtzukommen. Mir gefällt die Offenheit und Ehrlichkeit des Ich-Erzählers Natthiko, dennoch konnte ich die Beweggründe nie richtig nachvollziehen, wenn er mal wieder beschlossen hatte, den Ort zu wechseln. So kam er mir vor wie ein ewig Suchender, der erst am Ende seines Lebens das findet, wonach er sich gesehnt, sich aber lange selbst verwehrt hat. Das Buch ist zwar gespickt mit buddhistischen Weisheiten, aber ich hatte das Gefühl, es sind nicht wirklich seine eigenen Gedanken.
Erst im Nachwort des Buches wird mir bewußt, daß der Ich-Erzähler Natthiko gar nicht der Autor des Buches ist, sondern Caroline Bankler, ihres Zeichens Autorin, Produzentin und Projektmanagerin, das Werk verfaßt hat. Vielleicht rührt meine Unzufriedenheit daher.

Bewertung vom 25.07.2021
Evie und die Macht der Tiere
Haig, Matt

Evie und die Macht der Tiere


ausgezeichnet

Die den Tieren zuhört

Das gebundene Kinderbuch von Matt Haig wurde durch und durch liebevoll gestaltet. Bereits das Titelbild gibt einen Vorgeschmack auf weitere wunderschöne Illustrationen, die im Inneren des Werkes folgen werden. Die schwarz-weißen Handzeichnungen, vielfach auch ganzseitig oder über zwei Seiten verlaufend, begleiten die Geschichte anschaulich. Vorweg tritt beim Öffnen des Buches ein überraschend dekoratives Vorsatzpapier voller Kaninchen in Erscheinung.

Matt Haig erzählt mit feinem Humor eine spannende Geschichte um Evie und ihre besondere Verbindung zu den Tieren, zu allen Tieren, nicht nur solchen mit einem weichen Fell !
Über die eigentliche Geschichte hinaus ist es ein Buch über Naturverbundenheit, über Freiheit und über Empathie, über Freundschaft und über Macht.
Leicht zu verstehen, aber mit einer Tiefe, die der Lesende selbst bestimmen kann. Ich würde das Buch nicht nur Kindern, sondern auch Jugendlichen und junggebliebenen Erwachsenen empfehlen.
Zudem können die Leserinnen und Leser ganz nebenbei allerlei Wissenswertes über die unterschiedlichsten Tierarten aufnehmen. So macht das Buch auf leise Art deutlich, wie wichtig Artenvielfalt und ein achtsamer Umgang mit unserem Planeten ist.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.