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Ste

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Insgesamt 208 Bewertungen
Bewertung vom 15.06.2022
Frische Wunden
Nähle, Kirsten

Frische Wunden


ausgezeichnet

Ein spannender Krimi mit toll ausgestalteten Figuren

Inhalt: Würzburg. Die Leiche einer jungen Frau wird im Stadtwald gefunden – zugedeckt mit einer Babydecke. Nach der Obduktion steht fest: Die junge Frau hat vor Kurzem entbunden. Doch von ihrem Baby fehlt jede Spur. Für die Kommissare Victoria Stahl und Daniel Freund beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit – in einem Fall, der sie emotional fordern wird.

Persönliche Meinung: „Frische Wunden“ von Kirsten Nähle ist der Abschluss der Krimi-Trilogie um die Würzburger Kommissare Stahl und Freund. Da die Handlung von „Frische Wunden“ in sich abgeschlossen ist, kann man den Krimi auch ohne Kenntnis der Vorgänger lesen. Noch größer ist das Lesevergnügen aber, wenn man die Reihe chronologisch liest: Wie bereits in „Zwölf Sünden“ und „Vertraute Qualen“ spielen auch im dritten Band die Gefühlswelt und das Privatleben der beiden Ermittlerfiguren eine große Rolle. Beides entwickelt sich über die Bände hinweg, sodass man sich besser in die Figuren hineinversetzen kann, wenn man die Reihe chronologisch liest. Erzählt wird der Krimi temporeich in vergleichsweise kurzen Kapiteln aus verschiedenen Perspektiven (neben die Ermittlerfiguren Victoria Stahl und Daniel Freund treten Jonas, der Freund der Verstorbenen, und Susanne, die Verlobte von Daniel). Die Figuren sind schön ausgestaltet: Ihre Gefühle, die Sorgen und Ängste, die sie mit sich herumtragen, aber auch ihre Hoffnungen sind lebendig und authentisch gezeichnet, wodurch man unweigerlich mit den Figuren leidet/fühlt. Auch die Handlung von „Frische Wunden“ hat mir sehr gut gefallen: Der Fall ist vertrackt und besitzt emotionalen Tiefgang; die Spannungskurve ist – durch viele potenzielle Täterfiguren, mehrere unerwartete Wendungen und einige clever eingebaute falsche Fährten – hoch. Überraschend ist dementsprechend auch das Ende des Krimis. Interessant fand ich außerdem, dass Kirsten Nähle in „Frische Wunden“ ein gesellschaftlich relevantes Thema diskutiert, mit dem man zu Beginn nicht gerechnet hätte (welches dies ist, kann ich leider nicht verraten, da es die Auflösung der Handlung zu sehr spoilert). Der Schreibstil von Kirsten Nähle lässt sich sehr angenehm und flüssig lesen. Insgesamt ist „Frische Wunden“ ein spannender und wendungsreicher Thriller mit schön ausgestalteten Figuren.

Bewertung vom 02.06.2022
Die Silberkammer in der Chancery Lane / Peter Grant Bd.9 (eBook, ePUB)
Aaronovitch, Ben

Die Silberkammer in der Chancery Lane / Peter Grant Bd.9 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Inhalt: In den Londoner Silver Vaults wird eine Leiche gefunden: ein Mann, dem das Herz brutal herausgerissen worden ist. Die Umstände deuten auf ein magisches Verbrechen hin, sodass Peter Grant, Polizist und Zauberlehrling in Personalunion, zum Tatort gerufen wird. Doch auch für ihn ist der Mord unerklärbar und schnell stellt sich heraus: Auf ein solch starkes Wesen ist Peter noch nie getroffen. Und als hätte er nicht beruflich schon alle Hände voll zu tun, bahnt sich auch eine private Veränderung an…

Persönliche Meinung: „Die Silberkammer in der Chancery Lane“ ist ein Urban-Fantasy-Roman von Ben Aaronovitch. Es handelt sich um den 9. Band der „Die-Flüsse-von-London“-Reihe, die sich um den Polizisten/Zauberlehrling Peter Grant dreht, der in London magische Verbrechen aufklärt. Die Handlung von „Die Silberkammer in der Chancery Lane“ ist in sich abgeschlossen, sodass man mit diesem Band auch quer in die Reihe einsteigen kann. Aufgrund der Beziehungen der Figuren (im 9. Band treten einige alte Bekannte auf) ist es allerdings sinnvoll, die Reihe chronologisch zu lesen. Außerdem entfaltet sich so auch der besondere Charme der Reihe besser. Zu der Handlung selbst will ich nicht zu viel vorwegnehmen: Sie dreht sich, wie der Inhaltsteaser vermuten lässt, um die Aufklärung des Silver-Vaults-Mordes (der, so viel kann ich verraten, nicht der einzige bleiben wird). Spannung entsteht dadurch, dass man lange Zeit nicht weiß, was es mit dem Täter (und seinen Motiven) auf sich hat. Neben krimitypischer Ermittlerarbeit kommt durch magische Artefakte, Zauberei und phantastische Wesen eine schöne Portion Fantasy in die Handlung. Was mir bei den Fantasy-Elementen besonders gut gefallen hat, ist, dass die magische Welt des „Die-Flüsse-von-London“-Universums in „Die Silberkammer in der Chancery Lane“ weiter ausgebaut wird. Sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit erhält die magische Welt eine größere Breite (womit konsequent der im Vorgängerroman eingeschlagene Weg fortgesetzt wird). Das Ende des Romans deutet ebenfalls einige interessante Veränderungen für den Fortgang der Reihe an. Erzählt wird „Die Silberkammer in der Chancery Lane“ aus der Ich-Perspektive von Peter Grant. Peter erzählt mit viel Humor – mal beißend, mal trocken, immer mit selbstironischem Ton. Auch baut er die ein oder andere popkulturelle Referenz ein. Daneben hat Peter ein Faible für Architektur und kommentiert häufig den baulichen Charakter der verschiedenen Handlungsorte, sodass man – neben Krimi und Fantasy – eine kleine Stadtführung durch London erhält. Der Schreibstil von Ben Aaronovitch lässt sich gewohnt flüssig und angenehm lesen. Insgesamt ist „Die Silberkammer in der Chancery Lane“ ein humorvoller und spannender Urban-Fantasy-Krimi, der außerdem die Weichen für kommende Romane stellt.

Bewertung vom 28.05.2022
Schreib oder stirb
Fitzek, Sebastian;Beisenherz, Micky

Schreib oder stirb


sehr gut

Inhalt: Der Literaturagent David Dolla erhält einen Anruf aus einer psychiatrischen Klinik: Carl Vorlau, ein Patient, behauptet, für die Entführung der siebenjährigen Pia verantwortlich zu sein. Er will Dolla erzählen, wo er Pia versteckt hält – unter der Voraussetzung, dass Dolla ihm einen Exklusivvertrag (inklusive einer Millionen Euro Vorschuss) bei einem Verlag verschafft. Falls Dolla ablehnen sollte, werde, so Vorlaus Drohung, niemand Pia finden können. Zugleich müsse sich aber auch Dolla selbst auf drastische Konsequenzen gefasst machen…

Persönliche Meinung: „Schreib oder stirb“ ist ein Thriller, der in Koproduktion von Sebastian Fitzek und Micky Beisenherz entstanden ist. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich bisher noch keinen Fitzek-Thriller gelesen habe

Bewertung vom 28.05.2022
#Antikriegslyrik

#Antikriegslyrik


ausgezeichnet

„#Antikriegslyrik“ versammelt 64 Gedichte, die sich inhaltlich mit dem Krieg in der Ukraine auseinandersetzen. Die Gedichtsammlung geht auf das gleichnamige Social-Media-Projekt von Fabian Leonhard (Lyriker und Verleger) zurück, der unmittelbar nach dem russischen Angriff auf die Ukraine dazu aufrief, Gedichte unter dem Hashtag „Antikriegslyrik“ zu posten. Eine Auswahl dieser geposteten Gedichte findet sich in „#Antikriegslyrik“. Die Gedichte sprechen unterschiedlichste Gefühle an: Es geht um das Finden von Wörtern in einer sprachlos machenden Zeit, Fassungs- und Hilflosigkeit, die seelische Belastung durch den Krieg, das Gefühl des Erschlagenseins oder den Umgang mit den Nachrichten. Auch die Diskrepanz zwischen dem Leben in Deutschland, das weitgehend normal weitergeht, und dem Kriegsgeschehen in der Ukraine spielt in einem Gedicht eine Rolle. Weitere Gedichte beschäftigten sich mit dem Frieden und der Hoffnung auf ein baldiges Ende des Kriegs. Der Ton der Gedichte ist nachdenklich, bedrückt, teilweise auch hoffend – je nach dem, womit sich das jeweilige Gedicht inhaltlich auseinandersetzt. Insgesamt ist „#Antikriegslyrik“ ein vielstimmiges lyrisches Plädoyer für den Frieden und gegen den Krieg.

Bewertung vom 23.05.2022
Das Mädchen und der Totengräber / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.2
Pötzsch, Oliver

Das Mädchen und der Totengräber / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.2


ausgezeichnet

Ein spannender historischer Kriminalroman mit lebhaften Figuren

Inhalt: Wien 1894. Im Kunsthistorischen Museum wird zufällig ein sonderbarer, ja unmöglicher Fund gemacht: Der Leichnam eines anerkannten Ägyptologen – nach altägyptischem Ritus mumifiziert und in einen Sarkophag gebettet. Besonders merkwürdig: Der Professor sollte sich eigentlich auf einer Forschungsreise in Ägypten befinden; schrieb bis vor Kurzem sogar noch Briefe aus Kairo. Mutmaßungen, es könne sich um einen Pharaonenfluch handeln, machen die Runde. Inspektor Leopold von Herzfeldt behält allerdings einen kühlen Kopf und versucht mit Hilfe des Totengräbers Augustin Rothmayer den Fall rational zu klären. Gleichzeitig muss Leopold aber noch in einem weiteren Fall ermitteln: Verteilt in Wien werden bestialisch verstümmelte Leichen junger Männer gefunden, die an die Ripper-Morde erinnern…

Persönliche Meinung: „Das Mädchen und der Totengräber“ ist ein historischer Kriminalroman von Oliver Pötzsch. Es handelt sich um den zweiten Band der Totengräber-Serie. Man kann „Das Mädchen und der Totengräber“ aber auch ohne Kenntnis des Vorgängers lesen: Die Handlung ist in sich abgeschlossen und die Beziehungen zwischen den Figuren werden anschaulich beleuchtet, ohne dass der erste Band gespoilert wird. Erzählt wird der Roman wechselweise aus den Perspektiven von Leopold von Herzfeldt und Julia Wolf, die als Tatortfotografin für die Wiener Polizei arbeitet. Die Figuren sind lebendig ausgestaltet: Julia ist eine starke Figur, die gegen die Konventionen der männerdominierten Welt des 19. Jahrhunderts aufbegehrt; Leopold ein reformorientierter Inspektor, der auch moderne Ermittlungsmethoden nutzt, dafür aber von seinen Kollegen belächelt wird. Der Totengräber August Rothmayer ist kauzig und sehr eigen, hat das Herz aber am rechten Fleck. Schön ausgestaltet und dicht beschrieben ist auch der Handlungsort: Das Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts ist in „Das Mädchen und der Totengräber“ geprägt von einer aufkeimenden technischen Revolution, aber auch von Vorurteilen und stereotypen Denkmustern. Es changiert zwischen Okkultismus und Naturwissenschaft. Die Krimihandlung ist gut durchdacht, fesselnd und besitzt ein überraschendes Ende. Weiterhin ist die Spannungskurve durch die parallele Ermittlung in zwei Fällen konstant hoch. Interessant hierbei sind auch die eingestreuten Informationen zur Ägyptologie, zur Mumifizierung und zum Umgang mit den Mumien im 19. Jahrhundert. Während der Ermittlungen besuchen die Protagonisten zudem einige atmosphärisch beschriebene Handlungsorte (u.a. den Wiener Zentralfriedhof). Neben der Krimihandlung spielt in „Das Mädchen und der Totengräber“ auch die sich verändernde Beziehung zwischen Julia und Leopold eine Rolle. Der Schreibstil von Oliver Pötzsch ist anschaulich und packend, wodurch er sich flüssig lesen lässt. Insgesamt ist „Das Mädchen und der Totengräber“ ein atmosphärischer historischer Kriminalroman mit einer spannenden Handlung und lebendigen Figuren.

Bewertung vom 22.05.2022
#kleingedrucktes
Seemann, Selina

#kleingedrucktes


ausgezeichnet

#kleingedrucktes von der Poetry-Slammerin und Autorin Selina Seemann versammelt Tweets, Kurztexte und 25 Gedichte. Geordnet sind die Texte nach den Uhrzeiten ihrer Entstehung in 25 Kapitel (falls ihr euch fragt, warum es dann nicht 24 Kapitel sind: Zeitumstellung

Bewertung vom 19.05.2022
Kaltherz
Faber, Henri

Kaltherz


ausgezeichnet

Ein wahrer Pageturner!

Inhalt: Marie, ein fünfjähriges Mädchen, verschwindet spurlos, als ihre Mutter Clara sie für kurze Zeit allein lässt. Clara und ihr Mann Jakob sind verzweifelt, wollen allerdings nicht an die Öffentlichkeit gehen; der Fall wird zu einem Cold Case. Doch dann übernimmt Kommissarin Kim Lansky, frisch in die Vermisstenabteilung versetzt, den Fall. Sie erkennt ein Indiz, das zuvor übersehen worden ist, und plötzlich besteht wieder Hoffnung, Marie zu finden. Wird Kim Lansky das Rennen gegen die Zeit gewinnen?

Persönliche Meinung: „Kaltherz“ ist ein Thriller von Henri Faber. Mein Inhaltsteaser greift eigentlich viel zu kurz: Der Thriller ist viel komplexer, als die Ausgangslage vermuten lässt. Doch dazu später mehr. Erzählt wird „Kaltherz“ abwechselnd aus verschiedenen Ich-Perspektiven: Kim Lansky, Clara, Jakob und Marie. Während im Lansky-Handlungsstrang die (auch unorthodoxen) Ermittlungen thematisiert werden, stehen bei Clara und Jakob deren Gefühle und Umgang mit dem Verschwinden Maries im Fokus. Der Marie-Strang behandelt, was Marie während ihres Verschwindens erlebt (authentisch fand ich hier den spezifischen Sprech von Marie und ihre kindliche Gedankenwelt). Die Perspektivwechsel führen dazu, dass die Handlung ein schönes Tempo aufweist. Spannend ist außerdem, dass eine Figur unzuverlässig erzählt – welche es ist, verrate ich nicht. :D Zu dem Fall selbst möchte ich ebenfalls nicht zu viel spoilern. Nur: Die Spannungskurve ist sehr hoch. Immer wieder werden Verdachtsmomente gestreut, permanent geschieht etwas Unvorhersehbares. Auch zeigen einige Figuren nicht ihr wahres Gesicht. Die Handlung ist wendungsreich und ein Twist jagt den nächsten – bis zum fulminanten Finale. Nichts ist in „Kaltherz“ so, wie es den Anschein hat. Gleichzeitig ist die Handlung schön komponiert, durchdacht und sehr stimmig. Der anschauliche und mit einer Spur Witz angereicherte Schreibstil von Henri Faber lässt sich angenehm und flüssig lesen. Durch den anschaulichen Schreibstil, die hohe Spannungskurve und die verschiedenen Erzählstränge/Perspektiven ist „Kaltherz“ ein fesselnder Thriller, den man schwer beiseitelegen kann. Kurzum: ein wahrer Pageturner!

Bewertung vom 15.05.2022
Zwischeneinander
Strefford, Catherine

Zwischeneinander


ausgezeichnet

Ein emotionaler Liebes-/Coming of Age-Roman mit lebendigen Figuren

Im Mittelpunkt des Jugendromans „Zwischeneinander“ von Catherine Strefford steht Richie, einer der beiden Protagonisten von „Nur kurz leben“. Um sich an „Zwischeneinander“ erfreuen zu können, muss man nicht zwangsläufig „Nur kurz Leben“ gelesen haben: Beide Romane besitzen eine eigenständige, in sich abgeschlossene Handlung. Allerdings gibt es in „Zwischeneinander“ kleine Easter Eggs, die man nur erkennt, wenn man auch „Nur kurz Leben“ gelesen hat. „Zwischeneinander“ setzt sich aus drei Teilen zusammen und erzählt zwei Liebesgeschichten. Der erste Teil (ca. 110 Seiten) spielt kurz vor „Nur kurz leben“. Dieser Teil handelt von der Beziehung zwischen Richie und Maximilian, kurz Maxi genannt. Die Beziehung zwischen den beiden ist eigentlich perfekt: Sie ist rein, liebevoll und beruht auf gegenseitigem Respekt. Allerdings hat Richie mit selbstzerstörerischen Gedanken zu kämpfen und gerät immer wieder in Gedankenschleifen, was sich mit der Zeit auf die Beziehung auswirkt. Teil 2 (ca. 100 Seiten) behandelt die zweite Liebesgeschichte. Zu dieser möchte ich gar nicht zu viel spoilern. Nur: Hier wird der Ursprung der selbstzerstörerischen Gedanken Richies erzählt. Neben der Liebesgeschichte besitzt dieser Part auch einen schönen Coming of Age-Anteil. Teil 3 (ca. 20 Seiten) spielt nach „Nur kurz leben“. Hier werden der Handlungsbogen und die (noch) offenen Fragen zu einem stimmigen Ende geführt. In allen Teilen tritt eine auktoriale Erzählinstanz auf. Weiterhin besticht „Zwischeneinander“ durch eine einfühlsame Figurenausgestaltung. Die Figuren sind sowohl lebendig als auch authentisch gezeichnet. Dabei besitzen sie auch Ecken und Kanten und haben – wie man besonders an Richie sieht – mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen. Neben Richie ist eine meiner Lieblingsfiguren Stella. Stella ist die beste Freundin von Richie und steht ihm immer bei. Dabei ist sie humorvoll und empathisch. Gleichzeitig ist sie aber auch diejenige, die Richie einen kleinen Schubs gibt, ihn zu seinem Glück zwingt, sollte er mal zaudern. Die Handlungen der drei Teile sind sowohl alltagsnah und realistisch als auch emotional. Man fährt geradezu eine Achterbahn der Gefühle: Auf Situationen der größten Glückseligkeit folgen Ernüchterung, Trauer oder Enttäuschung – und umgekehrt. Der Schreibstil von Catherine Strefford ist angenehm und lässt sich sehr flüssig lesen. Insgesamt ist „Zwischeneinander“ ein sehr emotionaler, einfühlsamer Liebes-/Coming of Age-Roman, der durch lebendig ausgestaltete Figuren besticht.

Bewertung vom 11.05.2022
Als hätte jemals ein Vogel verlangt, dass man ihm ein Haus baut
Malcovati, Marie

Als hätte jemals ein Vogel verlangt, dass man ihm ein Haus baut


ausgezeichnet

Ein tiefgründer Roman mit einem interessanten Figurengeflecht

Inhalt: Die hochschwangere Iona steht vor dem Haus von Tahvo, ihrem Vater, den sie noch nie getroffen hat. Doch auf ihr Klingeln reagiert niemand. Kurzerhand bricht sie in das Haus ein. Allerdings bleibt der Einbruch nicht lange unbemerkt: Tine, eine Nachbarin, die eine besondere Beziehung zu Tahvo hat, wird bei Iona vorstellig. Da Tahvo verschwunden bleibt, begeben sich die beiden auf Spurensuche. Und ehe sie es sich versehen, schließt sich eine dritte Frau der Suche an…

Persönliche Meinung: „Als hätte jemals ein Vogel verlangt, dass man ihm ein Haus baut“ ist ein Roman von Marie Malcovati. Erzählt wird die Handlung von einem auktorialen Erzähler, der wechselweise Leben und Gedankenwelt der drei weiblichen Figuren (Iona, Tine und Karolin), die Tahvos Verbleib nachspüren, beleuchtet. Gerade zu Beginn der Handlung ist die Beziehung der drei suchenden Frauen, die gewissermaßen eine Schicksalsgemeinschaft bilden, eher durch rivalisierende Gedanken geprägt. Einziger gemeinsamer Bezugspunkt ist zunächst allein die Suche nach Tahvo, der Abdrücke in jedem der drei Leben hinterlassen hat. Je weiter der (unfreiwillige) Road-Trip jedoch voranschreitet, desto stärker entwickeln sich Sympathien zwischen den dreien. Was Iona, Tine und Karolin bewegt, was genau sie antreibt, bleibt anfangs eher offen und wird erst sukzessiv deutlich: Nach und nach, in Vergangenheitssequenzen, werden die Hintergrundgeschichten der drei weiblichen Figuren erzählt, wodurch sich eine latente Spannung durch den Roman zieht. Tahvo, gewissermaßen das Ziel der Handlung, ist im Vergleich zu den Protagonistinnen schemenhaft gezeichnet. Er agiert fast nur in den Vergangenheitssequenzen und bleibt – bis zuletzt – in einem diffusen Licht. Nicht Tahvo ist Kern des Romans, sondern die Lebenslinien von Iona, Tine und Karolin, die sich an einem bestimmten Punkt mit Tahvos Linie überschnitten. Auch der Erzählstil von Marie Malcovati hat mir sehr gut gefallen. Er ist immer klar und deutlich, zugleich poetisch und psychologisch-sezierend. So werden vergangene und gegenwärtige Problemlagen der Figuren geöffnet, innere Konflikte ausgefochten, Brüche im Leben thematisiert und traumatische Ereignisse behandelt. Dabei finden sich immer wieder tiefgründige Gedanken, die auch jenseits der Denke der einzelnen Figuren Relevanz besitzen. Insgesamt ist „Als hätte jemals ein Vogel verlangt, dass man ihm ein Haus baut“ ein sprachlich schöner, tiefgründiger Roman mit einem interessanten Figurengeflecht.

Bewertung vom 08.05.2022
Jetzt greifen sie uns alle an / Bloom Bd.3
Oppel, Kenneth

Jetzt greifen sie uns alle an / Bloom Bd.3


ausgezeichnet

Ein sehr gelungener Abschluss der Trilogie

Vorab: „Bloom – Jetzt greifen sie uns alle an“ ist der finale Band der „Bloom“-Trilogie. Da die Handlung der drei Bände aufeinander aufbaut, sollten sie chronologisch gelesen werden. Die Rezension beinhaltet daher auch Spoiler zu den ersten beiden Bänden.

Inhalt: Die Kryptogenen sind auf der Erde gelandet. Die endgültige Kolonisierung steht kurz bevor. Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer: Nicht jedes kryptogene Wesen zielt auf eine Invasion. Im Gegenteil: Eine Gruppe von Rebellen möchte das kryptogene Herrschaftssystem stürzen und damit die beginnende Invasion beenden. Um die Erde zu retten, müssen Seth, Anaya und Petra mit den rebellischen Kryptogenen zusammenarbeiten – ob die drei wollen oder nicht.

Persönliche Meinung: „Bloom – Jetzt greifen sie uns alle an“ ist ein Jugendbuch von Kenneth Oppel. Anders als die ersten beiden Bände, die eher in Richtung Dystopie tendieren, ist der dritte Band mit dem Auftritt der Kryptogenen, ihren Raumschiffen, Waffen und technischen Gadgets stärker ein Sci-Fi-Roman (Die Sci-Fi-Elemente sind interessant und haben mir richtig gut gefallen – mehr kann ich ohne Spoiler nicht sagen). Erzählt wird der dritte Band – wie bereits die Vorgänger – aus den personalen Erzählperspektiven von Anaya, Petra und Seth, die sowohl menschliche als auch kryptogene DNA in sich tragen. Jede der drei Figuren steht anders zu ihrer hybriden DNA: Während Petra lieber vollständig menschlich wäre, möchte Seth seine kryptogenen Fähigkeiten nicht missen. Anaya hingegen versucht die goldene Mitte zwischen menschlicher und kryptogener Identität zu finden. Diese Identitätskonflikte, die in allen drei Bänden angelegt sind, werden im dritten Band zugspitzt, wodurch die Handlung an Spannung gewinnt. Die Entwicklung, die die Figuren über die drei Bände hinweg erfahren, wird im Abschlussband außerdem zu einem schönen Ende geführt. Auch der Handlungsbogen, der stimmig an die Vorgängerbände anschließt, hat mir sehr gut gefallen. Für Spannung beim Lesen sorgt, dass man sich nicht 100%ig sicher sein kann, welche Figuren auf welcher Seite steht. Auch gibt es die ein oder andere unerwartete Wendung, sodass der Fortgang der Handlung überraschend und schwer zu erahnen ist. Der Schreibstil von Kenneth Oppel ist angenehm und flüssig zu lesen. Insgesamt ist „Bloom – Jetzt greifen sie uns alle an“ ein spannender Sci-Fi-Roman, der die „Bloom“-Trilogie sehr gelungen und stimmig abschließt.