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Jasika

Bewertungen

Insgesamt 736 Bewertungen
Bewertung vom 25.03.2025
Zipfelmaus und die grandiose Gartenschule
Becker, Uwe

Zipfelmaus und die grandiose Gartenschule


sehr gut

Im Schrebergarten von Frau Bienenstich ist die Aufregung groß: Maulwurf schlägt vor, eine Schule zu gründen, in der alle Gartenbewohner Lesen und Schreiben lernen. Neugierig und voller Tatendrang stürzen sich die Tiere ins Abenteuer und beginnen mit dem Buchstaben A. Doch als sie erfahren, dass es ganze 26 Buchstaben gibt, schwindet der Eifer schlagartig. Wer braucht schon so viele Zeichen? Der Sinn des Ganzen bleibt zunächst unklar – bis der kleine Hund Fango im Garten auftaucht. Dieser hat sein Frauchen verloren, aber an seinem Halsband hängt ein Zettel und plötzlich begreifen die Freunde, wie wichtig es sein kann Wörter zu entziffern. Denn nur so lässt sich herausfinden, woher der kleine Streuner stammt.

Mit viel Witz und einem feinen Gespür für die Eigenheiten seiner tierischen Figuren erzählt Uwe Becker eine charmante Geschichte über Freundschaft, Zusammenhalt und die Freude daran, etwas Neues zu lernen. Besonders Zipfelmaus wächst über sich hinaus und zeigt, dass Wissen manchmal die einzige Möglichkeit ist ein Problem zu lösen.

Die humorvolle Erzählweise, kurze Kapitel und zahlreiche bunte Illustrationen machen das Buch zu einem idealen Begleiter für Kinder ab der zweiten Klasse. Egal ob zum Selberlesen oder als Vorlesegeschichte – hier kommt keine Langeweile auf. Schon die Vorstellung der tierischen Gartenbewohner zu Beginn sorgt für einen schnellen Einstieg und lässt jedes Kind seinen Liebling finden.

Sprachlich überzeugt Uwe Becker mit Leichtigkeit und Humor. Er bringt Kindern spielerisch näher, dass Lesen weit mehr sein kann als nur Schulstoff – es öffnet Türen, schafft neue Möglichkeiten und kann sogar dabei helfen, einen kleinen Hund wieder nach Hause zu bringen.

Fazit:

"Zipfelmaus und die grandiose Gartenschule" ist ein herzerwärmendes und unterhaltsames Abenteuer, das zeigt, wie viel Spaß das Lernen machen kann. Eine liebevoll erzählte Geschichte mit einer wunderbaren Botschaft: Wer lesen kann, findet sich in der Welt besser zurecht – und manchmal hilft es sogar, ein echtes Abenteuer zu bestehen.

Für Leseanfänger ab der zweiten Klasse absolut empfehlenswert. Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 21.03.2025
Im Warten sind wir wundervoll
Inden, Charlotte

Im Warten sind wir wundervoll


gut

Inhalt:

New York, 1948: Luise Adler, ein junges Mädchen aus Deutschland mit goldblondem Haar und stiller Entschlossenheit, betritt amerikanischen Boden in der Hoffnung auf ein neues Leben. Ihr Verlobter Jo hatte sie mit einem letzten Brief vorausgeschickt, doch nun ist er nirgends zu finden. Während die Zeit verrinnt, wird Luises einsames Warten am Flughafen zur Sensation. Zeitungen berichten von der deutschen War Bride, die ihr Glück sucht und zu scheitern droht. Sollte Jo nicht erscheinen, bleibt Luise nur der bittere Weg zurück ins zerstörte Deutschland. Doch die Anteilnahme der New Yorker wächst – Hunderte Männer machen ihr kurzerhand Heiratsanträge, um sie vor dem drohenden Schicksal zu bewahren.

Sieben Jahrzehnte später begibt sich Luises Enkelin Elfie auf eine eigene Reise. Die Vergangenheit ihrer Großmutter lässt sie nicht los, und so fliegt auch sie über den Atlantik – auf der Suche nach der Wahrheit, nach Liebe und einem Platz, an dem sie ankommen kann.

Sprache und Atmosphäre:

Charlotte Inden verwebt zwei Zeitebenen zu einem Roman, der leise Töne anschlägt und viel Raum für Zwischentöne lässt. Ihre Sprache ist schlicht gehalten, manchmal fast zu zurückhaltend, wodurch der Erzählfluss streckenweise an Spannung verliert. Es fehlt jener Sog, der den Leser mühelos zwischen Vergangenheit und Gegenwart trägt und beide Handlungsstränge zu einem dichten Ganzen verbindet.

Trotz des vielversprechenden Rahmens gelingt es der Autorin nicht immer, die besondere Atmosphäre der Nachkriegszeit einzufangen. Gerade New York als Schauplatz bleibt erstaunlich blass, ebenso die emotionale Wucht von Luises existenzieller Situation. Auch in der Gegenwartsebene bleibt vieles vage – Elfies Suche nach sich selbst und der großen Liebe wirkt aufgesetzt und wenig authentisch.

Figuren und persönliche Eindrücke:

Der Roman lebt von der Idee zweier Frauen, deren Leben durch Jahrzehnte und Schicksalsschläge miteinander verwoben sind. Doch genau hier offenbart sich die größte Schwäche: Beide Protagonistinnen bleiben seltsam farblos. Luises innere Zerrissenheit, ihre Angst und Hoffnung, all das bleibt Behauptung – echte Nähe entsteht kaum. Elfie wiederum agiert oft sprunghaft, ihre Gedankengänge bleiben für den Leser schwer nachvollziehbar.

Besonders bedauerlich ist, dass das spannende historische Thema der War Brides – Frauen, die nach dem Krieg ihren amerikanischen Verlobten folgten – kaum Tiefe erhält. Stattdessen verflacht die Handlung zunehmend und verliert sich in Belanglosigkeiten. Was als emotionale Reise zweier Generationen angelegt ist, entwickelt sich zu einer vorhersehbaren Geschichte ohne große Überraschungen.


Fazit:

Im Warten sind wir wundervoll berührt ein historisch faszinierendes Kapitel, schöpft dessen Potenzial jedoch nicht aus. Figuren und Handlung bleiben blass, und so hinterlässt der Roman den Eindruck einer verpassten Chance. Es fehlt an Tiefe, an emotionaler Wucht und an einer klaren Linie, die beide Zeitebenen überzeugend miteinander verbindet. 3 von 5 Sternen

Bewertung vom 21.03.2025
Die Spiele der Unsterblichen
Avery, Annaliese

Die Spiele der Unsterblichen


sehr gut

Inhalt:


In einer von den Göttern beherrschten Welt entbrennt ein tödlicher Wettkampf um Unsterblichkeit. Ara wird gezwungen, an den brutalen Spielen teilzunehmen – einem Kampf, der ihr alles abverlangt: Stärke, Mut und die Bereitschaft zu töten. Doch Ara verfolgt ein eigenes Ziel. Sie sinnt auf Rache für den Tod ihrer älteren Schwester, die in einem früheren Spiel ihr Leben ließ, und ist fest entschlossen, sich durchzusetzen – koste es, was es wolle. Zwischen Intrigen, tödlichen Prüfungen und göttlichen Machenschaften kreuzen sich ihre Wege mit Hades, dem Gott der Unterwelt. Widerwillig entsteht eine Verbindung zwischen ihnen, die Ara schon bald an ihrem Plan zweifeln lässt. Ist Liebe in einer Welt voller Verrat und Tod überhaupt möglich?



Sprache und Erzählweise:

Annaliese Avery erzählt die Geschichte temporeich und actiongeladen. Die Prüfungen sind brutal, gnadenlos und teils überraschend inszeniert. Gerade diese Szenen entwickeln einen Sog und machen den Reiz des Buches aus – auch wenn die Parallelen zu "Die Tribute von Panem" unübersehbar sind. Aufbau der Spiele, tödliche Herausforderungen und politische Intrigen erinnern deutlich an das bekannte Vorbild.

Dennoch setzt die Autorin mit dem mythologischen Setting eigene Akzente. Die griechischen Götter dienen weniger der exakten Nachbildung, sondern werden frei als Kulisse genutzt – eine spannende Idee, die der Geschichte einen frischen Anstrich verleiht.

Was der Handlung jedoch fehlt, ist Tiefe in der Figurenzeichnung. Ara bleibt über weite Strecken eine Getriebene, deren innere Konflikte nur angerissen werden. Auch die Entwicklung der Beziehung zu Hades wirkt stellenweise sprunghaft. Gerade weil die Geschichte von Liebe und Rache lebt, hätte ich mir mehr Raum für leise Töne und emotionale Zwischentöne gewünscht. Manche Szenen rauschen zu schnell vorbei, sodass die Beweggründe der Figuren blass bleiben.



Persönlicher Eindruck:

„Die Spiele der Unsterblichen“ hat meine Erwartungen angenehm überrascht. Statt einer reinen Ara-Hades-Lovestory entfaltet sich ein düsteres Abenteuer, das trotz seiner bekannten Elemente durchaus fesselt. Die Liebesgeschichte bleibt angenehm dosiert und drängt sich nie in den Vordergrund. Besonders gelungen finde ich den Umgang mit der Mythologie – nicht als bloße Nacherzählung, sondern als kreatives Fundament.

Dennoch bleibt ein zwiespältiger Eindruck zurück. Der ständige Wechsel zwischen Action und Gefühl lässt die Geschichte stellenweise gehetzt wirken. Einige Entwicklungen hätten mehr Zeit gebraucht, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Das teils offene Ende wirft zudem die Frage auf, ob ein Folgeband geplant ist – Stoff für eine Fortsetzung wäre jedenfalls vorhanden.



Fazit:

Ein solides Buch mit Tempo, Spannung und einer interessanten Mischung aus Mythologie und dystopischer Arena. Leserinnen und Leser, die "Die Tribute von Panem" mochten, werden sich hier schnell zurechtfinden. Wer allerdings große emotionale Tiefe oder eine vielschichtige Figurenentwicklung erwartet, könnte enttäuscht werden. 3,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 19.03.2025
Snø - Ohne jeden Zeugen: Ein Fall für Snø
Lindell, Unni

Snø - Ohne jeden Zeugen: Ein Fall für Snø


sehr gut

Zum Inhalt:

Ein heißer Sommer in Norwegen. Als die Studentin Sonja beim Blumengießen einen Schatten im Nachbarhaus bemerkt, alarmiert sie die Polizei. Die junge Beamtin Lydia Winther, genannt Snø, nimmt den Hinweis auf – doch zunächst scheint alles harmlos. Dennoch lässt sie der Vorfall nicht los. Als Sonja plötzlich spurlos verschwindet, wird aus dem Routineeinsatz ein gefährlicher Fall. Snø stößt bei ihren Ermittlungen auf eine Spur, die bis in die höchsten Kreise der norwegischen Ölindustrie reicht. Immer mehr Menschen, die in der Branche arbeiteten, gelten als vermisst oder tot. Snø ist überzeugt: Es gibt einen Zusammenhang. Doch je tiefer sie gräbt, desto mehr bringt sie sich selbst in Lebensgefahr.



Sprache und Erzählweise:

Unni Lindell setzt in ihrem Krimi auf eine temporeiche, dichte Erzählstruktur. Kurze Kapitel und ständige Perspektivwechsel sorgen für einen schnellen Lesefluss und halten die Spannung konstant hoch. Neben Snø kommen auch andere Figuren zu Wort – die vermisste Studentin, Nachbarn, Kollegen und sogar die Täterseite. Dadurch erhält die Handlung zusätzliche Facetten und der Leser Einblicke in unterschiedliche Blickwinkel.

Stilistisch bleibt Lindell klar und präzise, ohne sich in Details zu verlieren. Besonders gelungen ist die Darstellung der jungen Ermittlerin: Snø wirkt authentisch, verletzlich und gleichzeitig entschlossen. Ihr Innenleben und die persönlichen Abgründe werden geschickt angedeutet, ohne dabei zu viel zu verraten. Gerade dieser Aspekt macht neugierig auf weitere Fälle mit ihr.

Stärken:

Lindell gelingt es, mit wenigen Sätzen Atmosphäre zu schaffen – die norwegische Sommerhitze, das scheinbar friedliche Wohnviertel und die dunklen Schatten der Ölindustrie werden bildhaft eingefangen. Der Bezug zum norwegischen Ölgeschäft verleiht der Geschichte zudem eine besondere Brisanz und Aktualität.

Spannend ist vor allem, wie Snø als junge, noch unerfahrene Polizistin in ein Geflecht aus Macht, Geld und skrupellosen Interessen gerät. Ihre Hartnäckigkeit und ihr Mut, gegen Widerstände eigene Wege zu gehen, machen sie zu einer Figur mit Entwicklungspotential. Gerade ihre Fehler und impulsiven Entscheidungen wirken glaubwürdig und menschlich.

Schwächen:

Trotz der packenden Erzählweise bleiben einige Klischees des Genres nicht aus. Snø geht mehrfach leichtsinnig auf eigene Faust vor und bringt sich so unnötig in Gefahr – ein altbekanntes Motiv in Kriminalromanen. Ebenso stolpern zwei Ermittler unabhängig voneinander über denselben Fehler, was auf Dauer etwas konstruiert wirkt.

Die Auflösung des Falls wirkt solide, aber wenig überraschend. Die Verbindungen zur Ölindustrie bieten zwar einen interessanten Ansatz, werden jedoch zum Ende hin zu schnell abgehandelt.

Persönlicher Eindruck:

„Snø – Ohne jeden Zeugen“ ist ein solider, atmosphärisch dichter Kriminalroman, der vor allem von seiner Protagonistin lebt. Snø ist eine Figur, an der man dranbleiben möchte – unperfekt, eigensinnig, mit Ecken und Kanten. Ihr erster großer Fall weckt Neugier auf mehr und lässt hoffen, dass die Reihe fortgesetzt wird.

Die gesellschaftskritischen Töne rund um die norwegische Ölindustrie verleihen dem Roman zusätzliche Tiefe und Aktualität, auch wenn hier Potenzial verschenkt wurde. Wer skandinavische Krimis mit junger Ermittlerin, hohem Tempo und düsterer Atmosphäre mag, kommt auf seine Kosten.


Fazit:

Ein spannender Reihenauftakt mit einer interessanten Hauptfigur und gutem Tempo – trotz kleiner Schwächen ein unterhaltsamer Krimi mit Potential.

Bewertung: 3,5 von 5 Sternen

Bewertung vom 16.03.2025
Die geheimnisvolle Insel / Schule der Meisterdiebe Bd.3
Arcanjo, J. J.

Die geheimnisvolle Insel / Schule der Meisterdiebe Bd.3


sehr gut

Ein weiteres Schuljahr in Crookhaven beginnt – und diesmal steht für Gabriel und seine Freunde weit mehr auf dem Spiel als nur gute Noten und der Schulpokal. Der dritte Band der Reihe führt die Leser tief in die Welt der Meisterdiebe, in der nicht nur cleveres Denken, sondern auch Mut und Zusammenhalt gefragt sind.


Noch bevor das Schuljahr richtig startet, stehen Gabriel und seine Freunde vor einer heiklen Mission. Sie haben es sich zum Ziel gesetzt, die berüchtigten Namenlosen zu stoppen – eine Untergrundorganisation, die dunkle Machenschaften betreibt und ihnen gefährlich nahekommt. Doch wie soll eine Gruppe von Schülern gegen eine solche Bedrohung bestehen? Ihre einzige Hoffnung ruht auf Maravel, einer Legende unter den Meisterdieben. Doch ihn aufzuspüren, ist eine Herausforderung für sich.

J.J. Arcanjo gelingt es erneut, eine mitreißende Geschichte zu erzählen, die geschickt Abenteuer, Freundschaft und Spannung verbindet. Die Figuren haben sich weiterentwickelt, und ihre Dynamik wirkt noch vertrauter und eingespielter als zuvor. Besonders beeindruckend ist, wie sie sich gegenseitig stützen und über sich hinauswachsen – sei es in ihrem Können oder durch die Herausforderungen, die sie meistern müssen. Dabei kommt der Humor nicht zu kurz, was den besonderen Charme der Reihe ausmacht.


Wie bereits in den Vorgängerbänden verbindet die Geschichte klassische Internatselemente mit Gaunereien. Die Schüler perfektionieren ihre Diebeskünste, messen sich in Wettkämpfen und kämpfen um den prestigeträchtigen Schulpokal. Während der Schulalltag vertraute Strukturen aufweist, sorgt die übergeordnete Handlung für ausreichend Spannung und Abwechslung. Besonders im letzten Drittel nimmt das Tempo spürbar zu, sodass man das Buch kaum aus der Hand legen kann.

J.J. Arcanjo schafft es, die Geschichte immer wieder mit neuen Wendungen aufzuladen, auch wenn sich einige Abläufe innerhalb der Schule bereits eingespielt haben. Die Konfrontation mit den Namenlosen bringt eine bedrohliche Note ins Spiel, die die Figuren an ihre Grenzen führt und für fesselnde Lesemomente sorgt.


Fazit

„Schule der Meisterdiebe: Die geheimnisvolle Insel“ überzeugt mit einer gelungenen Mischung aus Nervenkitzel, cleveren Plänen und einer eingespielten Freundesgruppe, die für ihre Ziele alles gibt. Die Welt von Crookhaven bleibt faszinierend, und die Handlung nimmt mit jeder Seite mehr Fahrt auf. Wer die ersten beiden Bände mochte, wird auch diesen Teil verschlingen – und nach dem spannenden Finale ungeduldig auf die Fortsetzung warten. Eine klare Empfehlung für alle Fans von Internatsabenteuern mit einer Prise Gaunergenie!

Bewertung vom 16.03.2025
Vor hundert Sommern
Fuchs, Katharina

Vor hundert Sommern


weniger gut

"Sie ahnte, dass es nur diese Geschichte war, die es ihr erlauben würde, das Schweigen über die tiefe Schuld, die sie seit Jahrzehnten mit sich trug, zu brechen. Ob sie am Ende die Kraft haben würde, der Scham zu entkommen und das Schweigen tatsächlich zu beenden, wusste sie nicht." (Zitat S. 135)

Katharina Fuchs gehört zu den Autorinnen, deren Bücher ich bisher gerne gelesen habe. Ihre Romane überzeugen normalerweise durch eine feinfühlige Erzählweise, authentische Figuren und fundiert recherchierte historische Hintergründe. Umso enttäuschender ist es, dass „Vor hundert Sommern“ genau in diesen Punkten schwächelt. Statt eines fesselnden Familiengeheimnisses erwartet den Leser eine Gegenwartsebene, die sich in einer Überfrachtung an Themen verliert und der Geschichte jegliche Dynamik nimmt.

Die historische Handlung ist das stärkere Element des Romans. Die junge Clara lebt im Berlin der 1920er Jahre und betreibt einen Hundesalon. Als sie dem idealistischen Revolutionär Aleksei erlaubt, geheime Treffen in ihrem Hinterzimmer abzuhalten, überschreitet sie unwissentlich eine Grenze und besiegelt damit ihr eigenes Schicksal und das ihrer Familie.

Die Zeit der Weimarer Republik, der zunehmende Extremismus und das fragile gesellschaftliche Gefüge sind atmosphärisch dicht beschrieben. Hier beweist Katharina Fuchs, dass sie ihr Handwerk beherrscht.

Allerdings wird diese erzählerische Stärke durch die Gegenwartsebene ausgebremst. Statt einer klaren Verbindung zur Vergangenheit verliert sich die Geschichte in einer Masse an gesellschaftspolitischen Themen. Veganismus, Klimakrise, Hass und Hetze im Internet, Mobbing, Demos gegen Rechts, Social Media als Berufsfeld, Eisbaden als Trendsport – die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Es wirkt, als hätte die Autorin ein Abziehbild aktueller Debatten erstellt, um dem Roman Modernität zu verleihen. Doch anstatt sich authentisch in die Handlung einzufügen, stehen diese Themen wie Fremdkörper im Text.

Das größte Problem ist dabei nicht einmal die Anzahl der angeschnittenen Themen, sondern ihre Oberflächlichkeit. Nichts davon wird wirklich vertieft oder kritisch beleuchtet – es bleibt bei Schlagworten, die fast schon belehrend auf den Leser wirken. Das eigentliche Familiengeheimnis, das den Roman tragen sollte, gerät dabei völlig in den Hintergrund.

Hinzu kommt ein weiteres Manko: die Figuren. Während Clara in der Vergangenheitsebene glaubwürdig und vielschichtig gezeichnet ist, wirken die Figuren der Gegenwart oft hölzern. Sie sprechen nicht wie echte Menschen, sondern wie Sprachrohre für gesellschaftliche Diskurse. Besonders irritierend ist, dass Lenas Großmutter Elisabeth die Geschichte von Clara in solch exakten Details erzählt, obwohl sie damals noch nicht einmal geboren war. Diese Konstruiertheit zieht sich durch den gesamten Roman.

Zudem leidet die Geschichte unter einem zähen Erzähltempo. Die Fülle an Themen nimmt ihr die Spannung und sorgt dafür, dass sie streckenweise träge wirkt. Gerade im Mittelteil passiert zu wenig, um die Aufmerksamkeit des Lesers durchgehend zu fesseln. Und wenn schließlich Antworten auf offene Fragen geliefert werden, ist es zu spät, um das Ruder noch herumzureißen.



Fazit:
"Vor hundert Sommern" hätte ein packender und berührender Familienroman sein können, doch die überladene Gegenwartsebene erstickt sein Potenzial.

Statt einer tiefgründigen Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart erfolgt lediglich eine Aneinanderreihung aktueller Themen, die konstruiert und oberflächlich wirken.

Während die historische Erzählung überzeugt, verliert sich der Roman zunehmend in Belanglosigkeiten und langweilt den Leser.

Bewertung vom 09.03.2025
Der Glashund
Conrad, Iris

Der Glashund


gut

Berlin 1942: Die jüdische Kunststudentin Henriette steht vor dem unausweichlichen Schicksal, das ihre Familie bereits ereilt hat – die Deportation in den Osten. Doch im letzten Moment gelingt ihr die Flucht in den Untergrund. Als „Flitzerin“ schlägt sie sich durch ein Berlin, das ihr keine Zuflucht gewähren will, stets in Gefahr, verraten und entdeckt zu werden. An ihrer Seite Benjamin, ein Kommilitone, mit dem sie eine unerwartete Freundschaft und schließlich mehr verbindet. Doch die Schatten der Vergangenheit holen sie ein: Rolf Reinhardt, einst ein Verehrer, nun ein Gestapo-Mann, hat seine ganz eigenen Gründe, Henriette aufzuspüren.

Iris Conrad erzählt mit Der Glashund eine auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte über den Überlebenskampf jüdischer Menschen im Berliner Untergrund während des Nationalsozialismus. Die historische Fundierung des Romans ist spürbar, die akribische Recherche zeigt sich in den vielen Details über Fluchthilfe, Verrat und die ständige Angst der Verfolgten. Doch gerade diese Fülle an historischen Fakten gerät manchmal zum Stolperstein der Erzählung.

Ein lehrreicher, aber streckenweise zäher Roman

Die erste Hälfte des Buches nimmt sich viel Zeit, die Vorgeschichte der Figuren zu entwickeln. Henriettes mutiges, aber riskantes Spiel mit Rolf Reinhardt, das ihn letztlich gegen sie aufbringt, wird ausführlich geschildert. Die eigentliche Flucht beginnt jedoch erst spät, wodurch der eigentliche Kern der Geschichte – das Leben im Untergrund – in der zweiten Hälfte zu kurz kommt. Besonders die Jahre 1944 und 1945, die wohl die dramatischste Phase für Untergetauchte darstellten, werden nur knapp behandelt.

Auch emotional bleibt der Roman hinter seinen Möglichkeiten zurück. Trotz der erschütternden Thematik gelingt es Conrad nicht immer, die existenzielle Bedrohung spürbar zu machen. Die Figuren bleiben auf Distanz, das Mitfiebern fällt schwer. Zudem wirkt die Handlung stellenweise konstruiert – zu viele glückliche Fügungen, zu viele zufällige Begegnungen nehmen der Geschichte an manchen Stellen die Glaubwürdigkeit.

Fazit:

Der Glashund ist ein sorgfältig recherchierter Roman über ein wichtiges Kapitel der deutschen Geschichte. Er vermittelt viel Wissen über das Leben jüdischer Menschen im Untergrund und die komplexen Netzwerke aus Helfern und Verrätern. Doch während die Fakten überzeugen, fehlt es der Geschichte an emotionaler Tiefe und erzählerischer Spannung. Wer sich für die historische Thematik interessiert und einen faktenreichen, aber eher nüchternen Roman erwartet, wird hier fündig. Wer eine packende, fesselnde Erzählweise sucht, könnte enttäuscht sein.

Bewertung vom 09.03.2025
Hoffnung der Frauen / Die Berghebamme Bd.1
Winterberg, Linda

Hoffnung der Frauen / Die Berghebamme Bd.1


sehr gut

Oberbayern, Ende des 19. Jahrhunderts: Maria, eine junge, talentierte Hebamme, kehrt nach ihrer Ausbildung in München in ihr Heimatdorf zurück – doch statt eines warmen Empfangs erwartet sie Ablehnung und Misstrauen. Als uneheliches Kind hatte sie es dort nie leicht, und nun soll sie auch noch die alteingesessene Hebamme Alma ablösen, die mit ihren überholten Methoden stur an der Vergangenheit festhält. Während Alma die Dorfgemeinschaft gegen Maria aufbringt, kämpft diese nicht nur für den medizinischen Fortschritt, sondern auch gegen das tödliche Kindbettfieber, das viele Frauen das Leben kostet. Und als wäre das nicht genug, muss sie sich ihren eigenen Gefühlen für Jugendfreund Max stellen – einen verheirateten Mann, dessen Frau mit schweren Schwangerschaftskomplikationen zu kämpfen hat.


Linda Winterberg zeichnet ein intensives Bild des Hebammenwesens in einer Epoche, in der medizinisches Wissen oft noch gegen Aberglauben und veraltete Traditionen ankämpfen musste. Besonders eindrucksvoll ist, wie Maria trotz aller Widerstände an ihrer Überzeugung festhält und für die Gesundheit der Frauen kämpft – selbst dann, wenn die Dorfgemeinschaft sie misstrauisch beäugt. Ihr Mut und ihre Entschlossenheit machen sie zu einer faszinierenden Protagonistin, die man gerne begleitet. Gleichzeitig zeigt der Roman eindrucksvoll, wie abhängig Frauen damals von den Entscheidungen anderer waren – sei es von den Dorfältesten, den Männern oder den Hebammen, die oft mit unbegründeten Ängsten und fragwürdigen Methoden über Leben und Tod entschieden.


Winterbergs Schreibstil ist einfühlsam und atmosphärisch. Die raue Bergwelt Oberbayerns, die einfachen Lebensverhältnisse und der starke Gemeinschaftszusammenhalt werden lebendig eingefangen. Besonders berührend sind die Szenen rund um die Geburten – von der Freude über neues Leben bis hin zu den dramatischen Momenten, in denen jede Entscheidung schwer wiegt. Allerdings fehlt es an manchen Stellen an Spannungsspitzen, die das Geschehen noch packender hätten machen können. Die Konflikte sind greifbar, doch manche Wendungen verlaufen recht vorhersehbar, sodass die Geschichte stellenweise etwas gemächlicher wirkt.


Fazit

„Die Berghebamme – Hoffnung der Frauen“ ist ein bewegender Auftakt einer historischen Trilogie, der die harte Realität des Hebammenberufs mit einer emotionalen, persönlichen Geschichte verbindet. Maria ist eine starke Protagonistin, die für ihre Ideale kämpft, und die Einblicke in die damalige Geburtshilfe sind authentisch und fesselnd. Auch wenn die Handlung gelegentlich etwas ruhig verläuft, überzeugt sie mit stimmungsvoller Atmosphäre und tiefgehenden Figuren. Ein empfehlenswerter Roman für alle, die historische Geschichten über mutige Frauen und gesellschaftliche Veränderungen lieben – und gespannt auf Marias weiteren Weg sind.

Bewertung vom 28.02.2025
Gesund mit Visite - Bluthochdruck
Visite

Gesund mit Visite - Bluthochdruck


ausgezeichnet

Bluthochdruck ist eine der häufigsten Volkskrankheiten – und doch wird er oft unterschätzt. Dabei kann er schwerwiegende Folgen haben, von Herzinfarkt bis Schlaganfall. Das Buch "Gesund mit Visite – Bluthochdruck" bietet einen kompakten 142seitigen Leitfaden, um die eigene Gesundheit in den Griff zu bekommen und den Blutdruck nachhaltig zu senken.

Das Buch gliedert sich in drei große Bereiche: zunächst eine Einführung ins Thema Bluthochdruck, dann ein umfangreicher Rezeptteil und schließlich Tipps zu Bewegung und seelischem Wohlbefinden. Besonders positiv fällt auf, dass die Informationen kurz, prägnant und anschaulich aufbereitet sind – ideal für Leser, die sich einen schnellen Überblick verschaffen wollen.

Der Rezeptteil nimmt jedoch einen Großteil des Buches ein. Wer sich tiefergehende medizinische Informationen oder eine detaillierte Erklärung der Ursachen von Bluthochdruck erhofft, könnte daher etwas enttäuscht sein.
Dafür überzeugen die Rezepte: Sie sind abwechslungsreich, alltagstauglich und lecker.

Der letzte Abschnitt widmet sich sanften Bewegungsformen, die jeder in seinen Alltag integrieren kann, sowie einfachen Maßnahmen zur Stressbewältigung. Ein hilfreiches Kapitel, das zeigt, wie eng Körper und Geist miteinander verbunden sind.


Obwohl ich noch keine 50 bin, betrifft mich das Thema Bluthochdruck bereits – vor allem durch anhaltenden Stress, der als Risikofaktor gilt. Das Buch bietet mir viele Anregungen, besonders in Bezug auf Ernährung und Salzreduktion. Einige Tipps klingen einfach, sind im Alltag aber nicht immer leicht umzusetzen. Dennoch schärft die Lektüre das Bewusstsein dafür, wie man durch kleine Veränderungen langfristig profitieren kann.


Fazit

Wer einen leicht verständlichen, praxisnahen Ratgeber sucht, ist mit diesem Buch gut beraten. Die Kombination aus fundiertem Wissen, alltagstauglichen Rezepten und umsetzbaren Bewegungstipps macht es zu einem wertvollen Begleiter für alle, die aktiv etwas für ihre Gesundheit tun wollen. Wer jedoch tiefere medizinische Einblicke erwartet, wird sich möglicherweise mehr Hintergrundinformationen wünschen.

Bewertung vom 27.02.2025
Goldene Zeiten / Die Münchner Ärztinnen Bd.2
Bach, Ina

Goldene Zeiten / Die Münchner Ärztinnen Bd.2


sehr gut

Mit "Goldene Zeiten. Die Münchner Ärztinnen" setzt Ina Bach ihre historische Romanreihe auf überzeugende Weise fort und entführt ihre Leserinnen und Leser erneut in das Jahr 1902. Der Roman folgt den drei jungen Frauen Lulu, Elsa und Fanny, die trotz aller gesellschaftlicher und politischer Hindernisse nicht von ihrem Traum lassen wollen, Ärztinnen zu werden. Der Autorin gelingt es, das historische Geschehen mit den persönlichen Schicksalen ihrer Protagonistinnen zu verweben und dabei ein fesselndes Bild einer Zeit zu zeichnen, in der Frauen noch immer gegen die Konventionen der Gesellschaft ankämpfen mussten.

Ina Bach lässt die Figuren lebendig werden und verleiht ihnen Tiefe. Lulu, Elsa und Fanny tragen jede auf ihre Weise ihre persönlichen Lasten, sei es in Form von familiären Erwartungen, persönlichen Verlusten oder gesellschaftlicher Ablehnung. Ihre unterschiedlichen Schicksale bieten einen interessanten Blick auf die damaligen Verhältnisse und schaffen es, den Leser emotional zu fesseln. Besonders bemerkenswert ist die starke Ausarbeitung der Frauenfiguren, die in ihrem Bestreben nach Bildung und Unabhängigkeit über sich hinauswachsen.

Die historische Recherche ist gut umgesetzt, und die politischen sowie sozialen Barrieren, die den Frauen den Weg versperren, sind klar nachvollziehbar. Besonders spannend sind die Einblicke in die damaligen gesellschaftlichen Normen und das Streben nach Anerkennung.

Trotz der vielen positiven Aspekte gibt es auch Momente, in denen die Erzählung sich ein wenig in Details verliert und der Erzählfluss an einigen Stellen langsamer wird. In diesen Abschnitten fühlt sich die Handlung etwas gedehnt an. Diese Längen bremsen die Spannung ein wenig und verhindern, dass der Roman durchgehend mit der gleichen Intensität wie der erste Band fesselt.

Nichtsdestotrotz hat mir das Buch insgesamt sehr gut gefallen. Es bietet eine gelungene Mischung aus persönlichen Schicksalen und Zeitgeschichte, und die Protagonistinnen sind nach wie vor faszinierende Charaktere, deren Entwicklung man gerne folgt. "Goldene Zeiten. Die Münchner Ärztinnen" ist eine unterhaltsame und aufschlussreiche Lektüre, die neugierig auf den finalen Band macht.