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takabayashi
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Berlin
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Vielleser

Bewertungen

Insgesamt 166 Bewertungen
Bewertung vom 18.03.2021
Toskanisches Vermächtnis / Nico Doyle Bd.1
Trinchieri, Camilla

Toskanisches Vermächtnis / Nico Doyle Bd.1


ausgezeichnet

Spannender Toskanakrimi in gemächlichlichem Tempo - ein echter Cosy Krimi mit viel Lokalkolorit

Nico Doyle, New Yorker Ex-Cop mit italienischen Wurzeln ist nach dem Tod seiner Frau Rita und seinem unfreiwilligen Aussscheiden aus dem NYPD ins Chianti übergesiedelt, der Heimat seiner Frau, in der auch ihre Verwandten leben, die jetzt alles sind, was er noch an Familie hat. Er beginnt sich allmählich dort einzuleben und eine tägliche Routine zu entwickeln. Da wird durch einen streunenden Hund sein Weg zu einer Leiche gelenkt.

Eigentlich wollte er mit Polizeiarbeit nichts mehr zu tun haben, kann aber dem anhaltenden Werben des ermittelnden Maresciallo dei Carabinieri bei der Aufklärung mitzuwirken letztendlich nicht widerstehen. Der Maresciallo hat in seinem Leben bisher erst an einem Mordfall gearbeitet, weiß um Nicos Vorgeschichte und kann jede Hilfe gebrauchen, die er bekommen kann.

Bei den Ermittlungen kommen Ereignisse von vor 22 Jahren zutage, die auch Nicos Familie betreffen. Alle Dorfbewohner scheinen mehr zu wissen, als sie zugeben.

Die Ermittlungen gehen eher gemächlich voran, die Autorin lässt sich viel Zeit, uns mit den wesentlichen Charakteren bekannt zu machen, die alle anschaulich gezeichnet werden. Außerdem kommen Weine und die italienische Küche nicht zu kurz, was mir gefällt und viel zum Lokalkolorit beiträgt, tendenziell ein bisschen wie bei Martin Walkers Bruno.

Gegen Ende nimmt der Roman spannungsmäßig kräftig an Fahrt auf und liefert eine unerwartete Auflösung. Gut lesbarer, flüssiger Schreibstil, Einblicke ins ländliche, jedoch vom Tourismus geprägte, italienische Dorfleben, gute Charakterisierungen der Hauptfiguren, Schlemmerei und weinselige Abende, viel Lokalkolorit und Atmosphäre, etwas Humor, auch etwas Melancholie und Tiefgang, ein mysteriöser, spannender Fall, Familiengeheimnisse und ein überraschender Täter - was will man mehr von einem Regionalkrimi?

Ich habe diesen Roman mit großem Vergnügen gelesen und kann ihn allen Cosy-Fans bedingungslos empfehelen. Auf Englisch gibt es schon einen zweiten Band und man kann sich also auf eine Fortsetzubg freuen.

Bewertung vom 13.03.2021
Lockvogel
Prammer, Theresa

Lockvogel


ausgezeichnet

Sympathischer und spannender Krimi
Ich mochte schon Theresa Prammers Krimireihe um Carlotta Fiore, die allerdings etwas düsterer war. Hier haben die Protagonisten zwar auch reichlich Probleme, aber die Grundstimmung ist doch eher heiter. Antonia (Toni) ist eine junge Schauspielschülerin, die bei ihrer Großmutter aufgewachsen ist. Die Oma ist inzwischen in eine edle Senoirenresidenz umgezogen, hat aber ihre Ersparnisse (über 300.000 €) und ihren Schmuck in einem Tresor in der Wohnung ihrer Enkelin deponiert. Nur leider hat sich Tonis Freund und Mitbewohner Felix mit diesen Wertsachen davongemacht - sie ist verzweifelt und glaubt an unglückliche Umstände, die Felix dazu veranlasst hätten. Deshalb sucht sie einen Privatdetektiv auf, der nach Felix suchen soll. Edgar Brehm ist ihr als preiswert empfohlen worden, aber auch er ist für Toni viel zu teuer. Da Edgar selbst in einer gewissen Notlage ist und einen großen Auftrag, den er allein nicht schaffen würde, bekommen könnte, schließen die beiden einen Pakt: Edgar sucht nach Felix, aber Toni soll ihm bei dem Auftrag der Frau des berühmten Filmregisseurs Alexander Steiner helfen: und schon ist ein originelles und sympathisches Ermittlerduo geboren!
Bei der jährlichen großen Party des Starregisseurs ist ein Kellner ermordet worden, der allerdings gar kein Kellner ist, sondern ein erfolgloser Drehbuchautor, der gehofft hatte, sein Manuskript an den Mann zu bringen. Aber darum geht es Frau Steiner gar nicht - ihr waren Dokumente zugespielt worden, aus denen hervorgeht, dass ihr Mann junge Schauspielerinnen sexuell belästigt hat und daher zu einem #MeToo-Fall werden könnte.
Es gibt diverse Verdächtige und Handlungsstränge und eine für mich unerwartete Auflösung. Wir lernen die beiden Ermittler gut kennen, der Schreibstil ist flüssig und die Handlung ist spannend. Nebenbei können wir auch noch etwas Atmosphäre am Filmset und in der Schauspielschule schnuppern. Obwohl der Krimi in Wien spielt, gibt es nicht allzu viel Lokalkolorit, was mich aber nicht weiter gestört hat. Ich habe die Lektüre genossen und mich gut unterhalten gefühlt, gegen Ende konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen. Klare Leseempfehlung für alle, die Ihre Krimis eher gewaltlos lieben!

Bewertung vom 25.02.2021
Kim Jiyoung, geboren 1982
Cho, Nam-joo

Kim Jiyoung, geboren 1982


gut

Zwiespältig

Ist es ein Roman? Oder eher eine sozialwissenschaftliche Abhandlung? Etwas von beidem. Zwischendurch gibt es immer wieder Fußnoten, wie in einer wissenschaftlichen Arbeit Angaben zur Herkunft der demographischen Daten, die im Text mitgeteilt werden. Das ist meiner Meinung nach auch die Crux dieses Romans: man erfährt sehr viel über die Situation der Frauen in Südkorea, die so viel anders nicht ist als bei uns vor ca. 70 Jahren, aber das Einzelschicksal von Jiyoung wird so kühl geschildert, dass einen zwar die Fakten erschüttern, die Erzählung einen jedoch emotional nicht packen kann. Das Buch liest sich trotz Fußnoten durchaus flüssig, aber es fehlt der gewisse Hoffnungsschimmer, damit es einem Spaß machen könnte. Jiyoungs Lage ist ziemlich hoffnungslos, die gesellschaftlichen Erwartungen erdrücken sie. Nachdem es ihr tatsächlich gelungen ist zu studieren und schließlich auch einen relativ guten Job zu finden (immer unterstützt von ihrer Mutter, die ihrer Tochter gern ihr eigenes Schicksal ersparen möchte), lernt sie einen netten jungen Mann kennen und heiratet ihn. Aber nun ist auch die Schwiegerfamilie im Spiel, die dringend einen Stammhalter erwartet ... viel früher, als es Jiyoung lieb ist. Als sie schwanger wird, erscheint es für alle logisch, dass sie ihren hart erkämpften Job aufgibt. Das Geld, das ihr Mann nach Hause bringt, reicht hinten und vorne nicht, weshalb sie sich dann schließlich einen schlecht bezahlten Teilzeitjob sucht, der sich mit Kinderversorgung und Haushalt kombinieren lässt. Und dafür hat sie studiert? Sie fühlt sich ständig müde und ausgelaugt und wird depressiv und psychisch krank. Das ist sehr traurig und deprimierend. Sicher ein wichtiges feministisches, und für Korea bahnbrechendes Buch, aber dass es zum Bestseller geworden ist, erstaunt mich.
Für uns als westliche Leser wirkt das alles sehr weit entfernt und exotisch, dabei sind dieselben Denkweisen - wenn auch in abgeschwächter Form - doch auch bei uns immer noch gang und gäbe!

Bewertung vom 25.02.2021
Totentanz im Pulverschnee / Ein Fall für Arno Bussi Bd.3
Fischler, Joe

Totentanz im Pulverschnee / Ein Fall für Arno Bussi Bd.3


sehr gut

Arno Bussis dritter Fall – gewohnt launig und spannend

Arnos Mama hat einen Verehrer, der zwar einen Kurzurlaub für beide gebucht hat, aber Marina Bussi in letzter Minute aufgrund geschäftlicher Verpflichtungen versetzen muss. Tja, da muss der Arno als Lückenbüßer mitfahren, obwohl er lieber in Wien bleiben und mit seiner Triathlon-Partnerin Franzi trainieren möchte.

Als gehorsamer Sohn fährt er zum Eisfestival nach Maria Schnee, einem Ort, der trotz seines Namens unter notorischem Schneemangel leidet. Aufgrund des milden Winters ist auch das Eis künstlich!

Das Remmidemmi des Festivals geht Arno ziemlich gegen den Strich, es geht zu wie auf dem Ballermann und der Swimmingpool des Sternehotels, auf den er für sein Schwimmtraining gehofft hatte, ist auch gesperrt. Und dann erliegt er auch gleich am ersten Abend den Verlockungen des „Schmarrnkaisers“ und fühlt sich danach sehr unwohl.

In der Nacht meint seine Mutter eine Rangelei zwischen Rosa, der jungen Rezeptionistin und gleichzeitig Eisprinzessin des Festivals, und einem Mann beobachtet zu haben und behauptet steif und fest, dass Rosa entführt worden sei, als sie am nächsten Tag verschwunden bleibt. Sie drängt ihren Sohn, zu ermitteln und der spricht mit vielen, die ihn alle nur belächeln – auch der Dorfpolizist nimmt ihn nicht ernst. Erschwert wird alles durch einen völlig unerwarteten, heftigen Schneeeinbruch, so dass das Dorf seinem Namen alle Ehre macht!

Als dann am Abend die Rosa in der Eislaufshow zu sehen ist, schämen sich Mutter und Sohn ob ihres unbegründeten Verdachts. Nur seltsam, dass sie am zweiten Abend so viel besser eisgelaufen ist als am ersten …

Am nächsten Tag wird Rosas Leiche gefunden und alles ist ganz anders als es scheint. Das erste Drittel des Buches plätschert eher gemächlich dahin, aber dann nimmt die Krimihandlung richtig Fahrt auf: es gibt verwirrend viele Verdächtige, viele „Red Herrings“, und es wird richtig spannend.In gewisser Weise ist fast das ganze Dorf in den Fall verwickelt und viele dunkle Familiengeheimnisse werden aufgedeckt. Ich konnte bis zum Ende nicht erraten, wer der Täter war. Ein netter, humoriger Regionalkrimi mit furiosem Finale. Für mich hat sich beim nunmehr dritten Band der Serie der launige Schreibstil etwas abgenutzt, deswegen ein Punkt Abzug, aber im Großen und Ganzen doch ein unterhaltsames und fesselndes Lesevergnügen.

Bewertung vom 09.02.2021
Sprich mit mir
Boyle, T. C.

Sprich mit mir


sehr gut

Wie viel Kommunikation ist möglich zwischen Mensch und Tier?
Die drei wesentlichen Protagonisten dieses Romans sind Guy Schemerhorn, Psychologie-Professor, der über den Spracherwerb von Schimpansen forscht, Aimee, eine schüchterne, kontaktscheue und etwas ziellose Psychologiestudentin und - last but not least - Sam, ein junger Schimpanse, der von Guy wie ein Mensch aufgezogen wird und Unterricht in Gebärdensprache erhält. Der Roman spielt in den 70er/80er Jahren, als die Verhaltensforschung ihren Höhepunkt erreicht.
Aimee sieht zufällig im Fernsehen eine Rate-Show, bei der Guy mit Sam zu Gast ist und ist auf Anhieb begeistert, noch mehr, als sie dann am nächsten Tag am Schwarzen Brett in der Uni ein Angebot für studentische Hilfskräfte für just dieses Projekt entdeckt. Sie bewirbt sich um den Job und bekommt ihn, denn Sam springt ihr sofort auf den Arm und lässt sie nicht mehr los: Liebe auf den ersten Blick.
Sie zieht bei Guy und Sam ein, bemuttert und unterrichtet Sam und wird Guys Geliebte. Sie leben in einer familienähnlichen Konstellation zusammen. Doch Sam wird mit zunehmendem Alter immer kräftiger und schwerer kontrollierbar - und in der wissenschaftlichen Forschung kippt die Stimmung ein paar Jahre später, man hält den Spracherwerb von Primaten nun für ein Hirngespinst. Sams Besitzer, ein skrupelloser und geldgeiler Professor aus Iowa will Sam zurückhaben, um ihn als Versuchstier zu halten. Guy gibt schließlich nach, denn seine Beziehung zu Sam war letztenendes nur ein Mittel zum Zweck für seine Karriere. Aimee ist entrüstet und fährt selbst mit dem Wagen nach Iowa.
Und Sam, der sich für einen Menschen hält, sitzt verzweifelt in einem scheußlichen Käfig und kann seine Mitgefangenen in den anderen Käfigen nicht als sene Artgenossen erkennen ...
Boyles Thema ist die Beziehung zwischen Mensch und Natur, Mensch und Tier. Der Mensch sieht sich als Krone der Schöpfung und fühlt sich deshalb berechtigt, mit den anderen Lebewesen zu machen was er will, sogar einen Affen wie einen Menschen aufzuziehen und mit ihm qua Gebärdensprache zu kommunizieren, bzw. - weit schlimmer - ihn als Versuchstier zu nutzen. Doch wie weit reicht die Lernfähigkeit unserer nächsten Verwandten? Handelt es sich wirklich um eine echte Kommunikation? Da es sich um ein fiktives Werk handelt, nimmt der Autor sich die Freiheit, in einigen kurzen Kapiteln Sams Perspektive einzunehmen.
Ein teils witziger und unterhaltsamer Roman, teils sehr berührend und traurig, ein Roman, der einen nachdenklich macht.

Bewertung vom 09.02.2021
Das Windsor-Komplott / Die Fälle Ihrer Majestät Bd.1
Bennett, S J

Das Windsor-Komplott / Die Fälle Ihrer Majestät Bd.1


sehr gut

Richtig netter Cosy-Krimi
Die Queen ermittelt selbst! Das ist nicht ganz neu (in C.C. Benisons Reihe aus den späten Neunzigern ermittelte sie schon sehr erfolgreich mit Hilfe ihres Hausmädchens Jane Bee), wird hier aber sehr modern und aktuell dargestellt.
Die Handlung spielt um den neunzigsten Geburtstag der Queen herum, als der Hofstaat sich gerade in Windsor Castle aufhält, wo es etwas zwangloser zugeht, als im Buckingham Palace. Nach einer von Prince Charles initiierten Abendeinladung von diversen Russen und Rußland-Kennern ist der junge russische Pianist Maksim Brodsky am nächsten Morgen unter seltsamen Umständen tot in seinem Zimmer aufgefunden worden. Nachdem die forensischen Daten einen Selbstmord ausschließen, ist der Geheimdienstchef von einem politisch motivierten Komplott überzeugt und geht so weit, zwei langjährige, geschätzte Angestellte der Queen als russische "Schläfer" zu entlarven. Diese hält das für kompletten Blödsinn und ist not amused. Weshalb sie ihre stellvertretende Privatsekretärin, die junge Rozie, ins Vertrauen zieht, und sie mit einigen Nachforschungen beauftragt ... Was sie herausfindet, muss nun geschickt den Geheimdienstleuten zugetragen werden, damit diese denken, sie hätten es selbst herausgefunden.
Das macht Spaß, ist spannend und liest sich sehr launig und unterhaltsam. Man hat teil an den Gedanken der Queen, auch über ihren Gatten Prinz Philip (der damals "erst" 94 war), ihrer Freude auf den Besuch der "ganz reizenden" Obamas und ihrer Begeisterung für Pferde und Hunde. Hat mir sehr gut gefallen und ist allen Freunden des Cosy-Krimis sehr zu empfehlen.

Bewertung vom 01.01.2021
Teatime mit Lilibet
Holden, Wendy

Teatime mit Lilibet


sehr gut

Ein Leben für die Königskinder
Marion Crawford macht in Edinburgh eine Ausbildung zur Lehrerin, eigentlich mit dem erklärten Ziel, unterprivilegierten, armen Kindern eine Schulbildung zukommen zu lassen. Sie gehört zur ersten Generation von Frauen, die eine Berufsausbildung machen. Die Leiterin ihres Instituts überredet sie jedoch, eine Stelle als Gouvernante bei der Herzogsfamilie York anzunehmen, mit dem Argument, dass auch solche privilegierten Kinder Lehrer brauchen, die ihnen das Leben der "normalen" Leute nahebringen. Marion ist 22 als sie die Stelle antritt und man schreibt das Jahr 1932. Eigentlich sollte es erst nur ein Probemonat sein, aber im Endefekt bleibt Marion 16 Jahre bei der Familie, aus der inzwischen die Königsfamilie geworden ist.
Sie bemüht sich, ihren beiden Schützlingen Elizabeth und Margaret Einblick in das Leben außerhalb der Paläste zu geben, fährt mit ihnen U-Bahn, geht in öffentliche Schwimmbäder und zu Woolworth. Ihr Unterrichtsprogramm wird oft von - in ihren Augen überflüssigen - Veranstaltungen des Hofprotokolls gestört und unterbrochen. Aber sie hat die beiden Mädchen ins Herz geschlossen, liebt sie, als wären sie ihre eigenen Kinder und hat ihr Privatleben für ihren Job mehr oder weniger aufgegeben. Mehrfach will sie kündigen, wird aber von der "Queen Mum" immer wieder daran gehindert. Denn obwohl die Mädchen sehr an ihr hängen, wird sie letzlich doch als Domestikin behandelt.
Als sie das (gutbezahlte) Angebot erhält, ein Buch über die Prinzessinnen zu schreiben, tut sie es entgegen dem ausdrücklichen Verbot der Königin und wird danach von der königlichen Familie geächtet.
Gerade wenn man auch "The Crown" gesehen hat, fügt das Buch noch einige informative Facetten hinzu, ist aber insgesamt für mich doch etwas zu langatmig und repetitiv, eine Kürzung und Straffung hätte gut getan.

Bewertung vom 29.11.2020
Die Djurkovic und ihr Metzger
Raab, Thomas

Die Djurkovic und ihr Metzger


sehr gut

Spannend und witzig!
Anfangs tat ich mich recht schwer mit dieser Lektüre: Verwirrend viele unbekannte und skurrile Protagonisten (ich bin Metzger-Neuling), unterschiedliche Zeitebenen und Orte, verschiedene Textformen und Schreibstile, teilweise starker Dialekt - da musste ich mich erst einmal einlesen, bin dann aber doch ganz gut hineingekommen und fand es immer witziger und spannemder, zum Ende hin super spannend und auch die einzelnen Puzzle-Teile fügten sich dann zu einem sinnvollen Ganzen zusammen.
Metzgers langjährige Lebensgefährtin Danjela Durkovic, die er nun nach 13 Jahren auch ehelichen wollte, lässt ihn während der Trauung am Altar stehen und verschwindet. Metzger fällt in ein tiefes Loch, beginnt sich dann allmählich doch darüber Gedanken zu machen, ob hinter ihrem Verschwinden nicht etwas anderes stecken könnte. Danjela ist von ihrer Vergangenheit eingeholt worden, die etwas anders aussieht, als sie von ihr immer dargestellt worden war.
Ich will vom Inhalt nicht mehr verraten, aber reizvoll ist auch der Schreibstil: Funkprotokolle, von Leuten, die sich mit Vogelnamen anspreche, ein Anruf bei einer Mobilfunkhotline inklusive Warteschleife, dann wieder Passagen im Stil eines Drehbuches, herrliche, knappe und witzige Dialoge, z.B. beim Anzugkauf in der Umkleidekabine, völlig absurde Situationen, z.B. mit dem Zirkuselefanten bei einer Promi-Party, wo der Metzger zum Youtube-Star avanciert. Satire, rabenschwarzer Humor, liebenswerte Protagonisten, Geselschaftskritik und ein veritabler, spannender Kriminalfall. Sehr unterhaltsam!

Bewertung vom 23.11.2020
Ada
Berkel, Christian

Ada


gut

Authentische Schilderung der Nachkriegsgeneration in West-Berlin
Dies war mein erstes Buch von Christian Berkel und der Autor versteht es, eine unterhaltsame und fesselnde Geschichte zu erzählen. Dass es sich bei diesem Roman um den zweiten Band einer Trilogie handelt, war mir vor der Lektüre nicht bewusst, aber ich kam auch ohne die Kenntnis des ersten Bandes problemlos in die Geschichte hinein. Ich bin ein paar Jahre jünger als die fiktive Ada, aber in vielem decken sich ihre Erlebnisse einer westberliner Nachkriegsjugend mit meinen. Besonders eindrückliche Ereignisse waren der Mauerbau, das Stones-Konzert in der Waldbühne, die Ermordung von Benno Ohnesorg während der Demos anlässlich des Schah-Besuchs, die Studentenrevolte und Woodstock (dort war ich zwar nicht, aber trotzdem gehört das irgendwie zur kollektiven Erinnerung).
Die gesamte Familie durchläuft die typische Entwicklung im Wirtschaftswunderland, man kommt allmählich zu Geld und hat einen - ziemlich spießigen - Freundeskreis, mit dem man regelmäßig zusammenkommt. Die Mutter ist Jüdin und war deshalb mit ihrer Tochter aus Deutschland geflohen: erst nach Paris, dann nach Argentinien. Als sie mit der neunjährigen Ada nach Berlin zurückkehrt, ist es für das kleine Mädchen sehr schwierig, sich dort zu Hause zu fühlen. Dann heiratet die Mutter Adas Vater (wobei die tatsächliche Vaterschaft ein Rätsel bleibt), einen Arzt mit eher nicht ganz reiner Weste während der Nazizeit. Die Mutter, Sala, erzieht ihre Kinder katholisch, das jüdische Erbe wird ausgespart. Überhaupt wird in der Familie über viele Themen nicht gesprochen und Ada beginnt, sich zur Rebellin zu entwickeln.
Das ist gut lesbar und interessant, allerdings bin ich trotzdem mit Ada nicht richtig warm geworden. Das mag zum einen daran liegen dass ein Mann in der Ich-Form als Frau erzählt, was manchmal nicht so ganz hinhaut, zum anderen daran, dass ich Adas Aktionen und Reaktionen nicht immer ganz nachvollziehbar fand.
Fazit: Eine unterhaltsame Lektüre, die Erinnerungen weckt und zum Nachdenken anregt.

Bewertung vom 12.11.2020
Funkenmord / Kommissar Kluftinger Bd.11
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Funkenmord / Kommissar Kluftinger Bd.11


gut

Unterhaltsam, nicht übermäßig spannend und zum Teil ärgerlich!
Ich habe das Gefühl, für Kluftinger wäre es allmählich an der Zeit, abzutreten - Vorruhestand oder ähnliches!
Dieser Band beginnt da, wo der letzte mit einem Cliffhanger aufgehört hatte: Klufti will seinen ersten Fall, der seiner Karriere sehr förderlich war, noch einmal aufrollen will, denn inzwischen zweifelt er daran, dass damals vor 35 Jahren der wirkliche Täter bestraft wurde. Mit Hilfe seiner Kollegen ermittelt er weiter in diesem Fall und findet schließlich auch den Mörder der jungen Lehrerin, der auch falsche Beweise beim damaligen Liebhaber von Karin Kruse plaziert hatte, um diesem den Mord anzuhängen. Der Kollege Strobl kam ja im letzten Band zu Tode und wird von einer etwas schnoddrigen jungen Kollegin namens Lucy Beer ersetzt, was beim hauptsächlich männlichen Team zuerst eine Abwehrhaltung auslöst. Richie Maier denkt sich täglich immer lächerlichere Rituale aus, um des toten Kollegen zu gedenken.
Es war in dieser Reihe schon immer so, dass Kluftis Privatleben einen sehr großen Raum einnahm, aber in diesem Band tritt die Krimihandlung stark hinter das Private zurück. Und allmählich begann der Kommissar, dem ich früher immer eine große Sympathie entgegenbrachte, mich zu nerven mit seinem Geiz (Thermomix), seiner Boshaftigkeit (Langhammers Hund), seinem rudimentären mit Deutsch durchsetzten Englisch (Mails an den japanischen Schwiegervater seines Sohns), seiner gar nicht so latenten Frauenfeindlichkeit und generell seinen dümmlichen Gedankengängen. Ich schätze, Klufti müsste so ca zwischen 55 und 60 sein - kann jemand, der ja ein gewisses Bildungsniveau haben müsste, in der heutigen Zeit noch so ticken, sogar in Altusried? Das hat mir den Spaß ein wenig verdorben, auch wenn das Buch trotzdem recht unterhaltsam war. Ich bin eigentlich ein recht loyaler Leser, aber ich kann mir vorstellen, dass ich den nächsten Band nicht mehr lesen werde. Nur noch etwas für in der Wolle gefärbte Fans!