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Bellis-Perennis
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Wien

Bewertungen

Insgesamt 1085 Bewertungen
Bewertung vom 31.03.2025
Für mich soll's rote Rosen regnen. Hildegard Knef
Schröder, Christian

Für mich soll's rote Rosen regnen. Hildegard Knef


ausgezeichnet

Christian Schröder, Kulturredakteur beim Berliner Tagesspiegel hat für diese Biografie von Hildegard Knef (1925-2002), die rechtzeitig anlässlich ihres 100. Geburtstag im Dezember 2025 schon im März erscheint, nicht nur ihre Bücher gelesen, sondern auch mit ihr selbst, sowie mit zahlreichen ihrer Weggefährten wie David Cameron, Mario Adorf, Nadja Tiller oder Johannes Mario Simmel Interviews geführt. Diese sind nun in vorliegende Biografie eingflossen.

Schröder teilt das Leben der Knef in vier Abschnitte:

Das Trümmermädchen (1925-1948)
Die Sünderin (1948-1962)
Die Sängerin (1962-1977)
Die Legende (1977-2002)

Das Buch ist mit nicht einmal 150 Seiten ziemlich dünn, enthält aber alle wichtigen Informationen Hildegard Knef. Gut gefällt mir der sachliche Schreibstil, der nicht wertet. Schröder zeigt eine ehrgeizige Frau, die immer wieder neu beginnen muss. Der Text ist durch passende Fotos aufgelockert.

Meine erste persönliche Erinnerung an Hildegard Knef ist das Chanson „Für mich soll’s rote Rosen regnen“, denn meine Großmutter war in Besitz der Schallplatte. Ihr Buch „Der geschenkte Gaul“ habe ich auch gelesen. Manches, was sie dort schreibt, hat Autor Christian Schröder in ein etwas anderes Licht gerückt. Das ist eben der UNterschied zwischen Autobiografie und einer Biografie eines AUßenstehenden.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser Biografie, die eine Frau beschreibt, für die es nicht immer rote Rosen waren, die es geregnet hat, sondern manchmal auch Disteln, 5 Sterne.

Bewertung vom 31.03.2025
Rauch und Asche
Ghosh, Amitav

Rauch und Asche


ausgezeichnet

Ich kannte die Bücher von Autor Amitav Ghosh bislang nicht und habe dieses hier von der Buchhandlung Seeseiten empfohlen bekommen.

Worum geht’s?

Autor Amitav Ghosh ist 1956 in Kalkutta geboren und hat für seine Ibis-Trilogie aufwändige und langjährige Recherchen betrieben, die einen völlig neuen Blick auf die als „Opium-Kriege“ bekannten Handelskonflikt zwischen China und dem Britischen Empire werfen. Völlig unerwartet entdeckt er, dass auch einige seiner Vorfahren im 19. Jahrhundert am Schmuggel von Opium beteiligt waren.

Während er die Trilogie als historische Romane anlegt, ist „Rauch und Asche“ eine Mischung aus Sachbuch, Reisebericht und Essay, das in 18 Kapiteln schlüssig darlegt, wie Großbritannien die Mohnpflanze und das daraus gewonnene Opium für seine Zwecke brutal einsetzt. Dafür spannt er den Bogen bis in die Gegenwart, wenn er über die Opioid-Epidemie und den damit verbundenen Oxycontin-Skandal in den USA schreibt.

Die (Handels)Geschichte der Europäer, seien es die Niederländer, Portugiesen oder eben die Briten, mit China oder Indien, ist gespickt mit Falschinformationen und nicht selten mit Geschichtsfälschung.

Obwohl ich mich intensiv Geschichte beschäftige, kenne ich nur die europäische, in dem Fall, die britische Seite der Historie. Vieles, worüber Amitav Ghosh hier schreibt, war mir nicht wirklich geläufig, hat aber nach kurzem Reflektieren und Nachdenken Hand und Fuß. Durch den anderen Blickwinkel lassen sich die Mengen sowie manche Auswirkungen des Mohnanbaus, der Verarbeitung und des Opiumschmuggels erst so richtig begreifen.

Das Buch ist, ob der Fülle von bislang unbekannten Details, nichts für Zwischendurch. Hier ist genaues Lesen erforderlich. Das eine oder andere Mal muss man vielleicht selbst noch ein wenig recherchieren.

Amitav Ghoshs Schreibstil ist, wie ich es mir erwartet habe, blumiger und opulenter als ich es von anderen Sachbüchern gewöhnt bin.

Fazit:

Eine interessante Darlegung, wie man die Geister, die einst die Briten riefen, nun nicht mehr los wird. Gerne ich gebe ich diesem Buch 5 Sterne.

Bewertung vom 31.03.2025
Treue
Saviano, Roberto

Treue


ausgezeichnet

In seinem neuesten Buch über die Mafia „Treue“ gewährt uns Roberto Saviano, einer der besten Kenner der Mafia einen Blick auf ein wenig beachtetes Thema: auf deren Frauen. Dabei meint er nicht nur die Ehefrauen, sondern auch Mütter, Töchter und Geliebte. Allerdings enthält dieses Buch zwar zwölf Geschichten über zwölf Frauen und deren Schicksale, ist aber kein Buch über Frauen als Patinnen, auch wenn das eine oder andere Mal eine Frau für eine kurze Zeitspanne, wenn der eigentliche Clanchef verhindert ist, die Zügel in der Hand hält.

Saviano schreibt über extremes Patriarchat, in dem Frauen keine Rechte sondern nur Pflichten haben, wie zum Beispiel möglichst viele Söhne zu gebären. Und es geht immer um Ehre und Treue. Daher, so der logische Schluss, verdient ein Homosexueller keinen Respekt und kann kein Anführer sein.

Saviano führt stellvertretend für die vielen Frauen, die dem extremen Ehrencodex der Mafia unterworfen einige plakative Beispiel an.

Schon der Einstieg ist fesselnd: Lou, ein notorischer Spieler, setzt seine Ehefrau als Spieleinsatz, verzockt sich (natürlich) und muss die Wettschuld einlösen, also seine Frau, nicht er. Die kontaktiert nach dieser gewalttätigen Nacht ihren Bruder. Das Urteil ist schnell gefällt: Lou ist unzuverlässig, wenn einer seiner eigene Ehefrau verkauft, verkauft er das nächste Mal geschäftliche Interna, also muss der gleich mehrfach treulose Lou weg.

Hier geht es nicht um die Ehre der Frau, sondern um die pure Ehre, um die Eier, um Respekt und um die Macht.

Da ist z. B. Vincenzina Marchese, deren erzwungene Heirat mit einem Vertreter aus einer rivalisierenden Mafiafamilie, den Frieden besiegeln soll. Nun ähnlich dynastisches Denken kennt man aus dem Adel. Berühmtes Beispiel ist die Hochzeit von Napoleon mit Marie Louise, der Tochter des unterlegenen Kaisers von Österreich, die den Freiden sichern soll. Vincenzina wird sich nach mehreren Fehlgeburten erhängen, weil sie ihrem ureigensten Zweck, gesunde Söhne zu gebären, nicht entsprechen kann.

Man kann das Leben der Frauen ganz einfach zusammenfassen:

„Ob Ehefrau, Tochter, Schwester, Geliebte, Freundin, Verwandt: Es gibt keine weibliche Existenz, die nicht von einem Mann abhängt und nicht in einer Beziehung zu einem Mann steht. Solange diese Beziehung besteht - in der Zeit, in der die Frau die Kingheit hinter sich lässt und als erwachsenes Wesen angesehen wird -, besteht die konkrete Gefahr, dass sie zur Beute eines unerwünschten Mannes wird.“ (S. 108)

Manchmal begibt sich eine Ehefrau und Mutter in die Höhle des Löwen, wie Teresa Managò, die nachdem ihr Ehemann ermordet worden ist, sich unter den den Schutz des Mörders stellt, um ihre Kinder zu schützen. Hilft das?

Andere wie Anna Carino, übernehmen interimistisch die Familiengeschäfte, während ihre Männer in Haft sind. Allerdings gibt es dann auch jene, die dann auspacken, wenn sie von der heimlichen Geliebten erfahren.

Roberto Saviano ist einer, der wohl am besten über die Mafia Bescheid weiß. Mit seinem Buch über den ermordeten Richter und Mafiajäger Giovanni Falcone (1939-1992) hat er weltweites Aufsehen erregt. Der Preis, den er dafür bezahlen muss, ist gewaltig. Seit Jahren lebt er unter Polizeischutz.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem mutigen Buch, das uns Einblicke in weibliche Schicksale der männlich dominierten Welt der Mafia gibt, 5 Sterne-

Bewertung vom 31.03.2025
Höllische Küste / Liv Lammers Bd.9
Weiß, Sabine

Höllische Küste / Liv Lammers Bd.9


ausgezeichnet

In ihrem neunten Fall wird Kommissarin Liv Lammers, obwohl sie im Urlaub auf Sylt ist, zu einem tödlichen Tandemsprung gerufen. Der Tandemmaster hat schwer verletzt überlebt, seine Kundin, die bekannte Hochzeitsplanerin Jaline nicht. Recht schnell ist klar, dass die Leinen des Fallschirms durchgeschnitten worden sind. Nur von wem?

Nahezu gleichzeitig ereignen sich mysteriöse Anschläge auf der Insel. So werden Packungen eines Biomehls mit Glassplittern versetzt und Blumenbeete mit Unkrautvernichtungsmittel besprüht. Soll damit dem überbordenden Tourismus geschadet werden? Schluss mit lustig ist, als die Bremsschläuche von eBikes angeschnitten werden, eine Ärztin mehrere Tag tot in ihrem Appartement liegt und der rappende Hauskeeper-Boy ein für ihn bereit gestelltes, aber vergiftetes Törtchen gerade noch überlebt.

Daher muss Liv, deren Tochter Sanna auf dem Sprung nach Japan ist, ihren Urlaub abbrechen und in die komplexen Ermittlungen einsteigen. Es gibt zahlreiche Verdächtige, wie den eifersüchtigen Ex-Freund von Jaline, der jeden ihrer Schritte überwacht hat? Oder ein Konkurrent der Fallschirmspringer? Oder doch der kauzige Naturschützer?

Viele Spuren werden gelegt, einige versanden sprichwörtlich. Jedenfalls haben Liv Lammers und ihre Kollegen mehr als genug zu tun. Daneben gibt es noch Missstimmung an der Dienststelle, weil sich sowohl Momke als auch Rabia um die freie Stelle der Dienststellenleitung beworben haben und das Thema Hochzeit zieht sich wie ein roter Faden durch den Krimi.

Meine Meinung:

Auch der neunte Fall beschert uns Lesern eine komplexe Handlung, die zum Miträtseln anregt. Wie wir es von Sabine Weiß gewöhnt sind, darf auch das Privatleben der Ermittler nicht fehlen. Dabei steht natürlich jenes von Liv Lammers im Fokus. So fokussiert und straight sie in ihrem Beruf ist, so zaghaft und unsicher ist sie in ihrem Privatleben. Das ist auf Grund der Ereignisse in der Vergangenheit keine Überraschung. Nun hat sie mit Sebastian einen passenden Partner gefunden, der auch von Tochter Sanna akzeptiert wird. Doch das Brimborium um eine Hochzeit scheint ihr unangemessen. Sie lässt sich überreden, während einer Zeugenbefragung Brautkleider probieren, was ist nicht gar so gut finde. Gut gefällt mir das Happy End für ihre Großmutter. Dass ausgerechnet bei dieser Hochzeitsfeier ihre Schwester Annika und Neffe Jan unheilvoll hereinplatzen, ist eine Garantie, dass das letzte Wort im Privatkrieg der Schwestern, den der verstorbene Vater angezettelt hat, seine Fortsetzung findet.

Durch die vielschichtig angelegten Charakter ist dieser Krimi niemals langatmig. Die eigenartigen Zwischenfälle sowie die tote Fallschirmspringerin halten Momke, Rabia und Liv ordentlich auf Trab. Das Match um den vakanten Chefsessel löst die Autorin nach dem Motto „wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte“. Auch da sind Konflikte vorgezeichnet.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Krimi, in dem Autorin Sabine Weiß alle Register zieht, 5 Sterne.

Bewertung vom 28.03.2025
Die Mündung
Pieper, Tim

Die Mündung


ausgezeichnet

Nach einem Prolog, der neugierig macht, schwenken wir unsere Aufmerksamkeit auf Lena Funke, die auf einer kleinen unbewohnten Insel mit einer Vogelbeobachtungsstation eine Auszeit nimmt. Funke ist Kriminalkommissarin und muss den Tod ihrer Schwester Jette, die einem Serienmörder, den man Gezeitenmörder nennt, zum Opfer gefallen ist, verarbeiten. Als nach einer stürmischen Nacht die Leiche eines brutal ermordeten Mannes angespült wird, ist sich Lena sicher, dass es sich hier um den Gezeitenmörder handelt. In der Jackentasche des Toten findet sie Schmuckstücke der ermordeten Frauen. Sie bricht ihre Auszeit ab und stürzt sich in die Arbeit.

Soweit so gut - ein üblicher Kriminalroman, oder?

Nun beginnt ein Thriller, bei dem weder Lena Funke noch der Leser weiß, wem er trauen kann. In der Dienststelle muss sie entdecken, dass es die Leiche, der sie die Schmuckstücke abgenommen haben will, gar nicht existiert. Sie selbst gerät unter Verdacht und es scheint, als hätte sich die ganze Welt gegen Lena und ihre Bemühungen Licht ins Dunkel der Verbrechen zu bringen, verschworen. Sie fühlt sich verfolgt und entwickelt eine Paranoia, die es ihr kaum möglich macht, auch sich selbst und ihrem Gedächtnis zu trauen. Zudem hat Lena kognitive Aussetzer, die sie in die forensische Psychiatrie bringen. Die behandelnde Ärztin dort scheint ebenfalls Teil eines möglichen Komplotts zu sein und wirkt sehr eigenartig. In zahlreichen Sitzungen hebt sich für wenige Momente der Schleier des traumatisierten Geistes, als sich Lena bewusst wird, für mehrere Wochen in der Gewalt des Gezeitenmörders gewesen zu sein.

Wird es Lena Funke gelingen, die Verbrechen aufzuklären?

Meine Meinung:

Dieser Thriller fesselt von der ersten bis zur letzten Seite. Autor Tim Pieper verwendet dafür extra kurze Kapitel, die gemeinsam mit dem hohen Erzähltempo uns kaum Zeit lassen, Atem zu holen.

Wir Leser werden mit zahlreichen unerwarteten Wendungen konfrontiert und Tim Pieper macht es uns nicht leicht, die Ereignisse einzuordnen. Dazu kommt eine Reihe von undurchsichtigen Figuren, wie der Vater von Lena und Jette, dem ich am liebsten den Hals umgedreht hätte. Jette ist nämlich ein hochbegabtes Kind mit Symptomen von Autismus, das der Familie so ziemlich alles abverlangt, weshalb man die ältere Schwester Lena, links liegen lässt und kaum beachtet. Zudem macht der Vater Lena für Jettes Verschwinden verantwortlich. Ein echtes Herzerl also. Auch die Kollegen bei der Polizei sowie ihr Vorgesetzter Bruns agieren stellenweise sehr eigenartig.

Eine höchst dubiose Figur ist die Ärztin, bei der man sich fragen muss, hat sie eine Approbation oder ist sie ein Mitglied eines Geheimdienstes. Ich hatte sofort Oberst Rosa Klebb aus dem James-Bond-Film „Liebesgrüße aus Moskau“ vor Augen.

Tim Pieper legt zahlreiche Spuren, die immer wieder in Sackgassen enden, bis der Thriller in einem fulminanten Showdown endet, den man so nicht erwartet hätte. Außer, man kennt den Autor aus früheren Büchern, dann kann man ahnen, was sich hinter der Geschichte möglicherweise verbirgt.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Thriller 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 23.03.2025
Das große Promi-Sterben
Thiel, Sebastian

Das große Promi-Sterben


ausgezeichnet

„Lewwer duad üs Slaav“

In diesem dritten Band dieser Reihe bekommt es Oberkommissarin Lene Cornelsen nicht nur mit ihrem Ex-Mann Hendrik, der nun eine Folge der aktuellen Staffel der Reality-Show „Trash Island - Das große Promi-Sterben“ auf der Insel Sylt managt, sondern auch mit den unheimlichen Gongern, den Sagengestalten aus dem 17. Jahrhundert, zu tun.

Statt leichter Sommerkost und Zickenkrieg im TV wird eine Kandidatin, Shirin Engler, trotz lückenloser Überwachungskameras und Waffen tragenden Security-Mitarbeitern vor laufender Kamera direkt vom Set entführt. Um die Frau zu retten, muss sich ausgerechnet Lene auf ein perfides Ratespiel einlassen, bei dem nun ganz Deutschland vor den Bildschirmen sitzt und zusieht. Der Wettlauf um Shirins Leben gerät im Kompetenzgerangel nicht nur einmal beinahe ins Stocken.

Lange ist nicht klar, welches Spiel Lenes Ex-Mann und Ex-Polizist Hendrik, hier verfolgt, zumal er mit Hauptkommissar Helge „Android“ Mathissen, dem ziemlich humorlosen Chef von Lene, gut bekannt zu sein scheint.

Wird Lene das Rätsel um die Gonger lösen können? Unterstützung erhält sie wieder von ihrem Vater, dem Münchener Journalisten Michi und Victor, dem dänischen Archäologen, der im ersten Fall ihr Hauptverdächtiger war.

Meine Meinung:

Gleich vorweg, diese Art von Fernsehprogramm ist so gar nicht meines. Allerdings habe ich die Mechanismen, die hinter dieser Sendung stecken, recht bald durchschaut.

Gut gefallen haben die Ausflüge in das historische Sild (Sylt) des 17. Jahrhunderts, in dem Teile von Norddeutschland unter dänischer Herrschaft und Willkür standen. Die wohl bekannteste Sage ist jene von Pidder Lüng, die auch hier geschildert wird.

Schmunzeln musste ich wieder über Helge „Android“ Mathissen, der allerdings situationsbedingt den einen oder anderen menschliche Zug zeigt.

Das verheißt für kommende Fälle noch reichlich Spannung.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser gelungenen Fortsetzung 5 Sterne.

Bewertung vom 23.03.2025
Die letzten Tage (eBook, ePUB)
Prinz, Martin

Die letzten Tage (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Es war eine Zeit, in der Niedertracht und Bosheit keine Befehle mehr brauchten, um aus Mitbürgern und Kollegen Täter zu machen.“

Dieses Buch, das nach einem Tatsachenbericht verfasst ist, führt uns in das Frühjahr von 1945: Während die nationalsozialistische Propaganda den „Endsieg“ und den Einsatz von Wunderwaffen propagiert sowie Durchhalteparolen verkündet, ahnen viele Österreicherinnen und Österreicher, dass der Zweite Weltkrieg und die nationalsozialistische Gewaltherrschaft bald zu Ende sein würde. Doch für ein Tal am Fuße von Rax und Schneeberg bäumt sich die Schreckensherrschaft noch einmal auf.

Kreisleiter Johann Braun, ehemaliger Bäckergehilfe und fanatischer Nazi der ersten Stunde errichtet gemeinsam mit Johann Wallner und Josef Weninger ein Terrorregime innerhalb eines Unrechtsstaates, das in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges Jagd auf Menschen macht. In den Tagen des April 1945 hat dieses „Standgericht von eigenen Gnaden“ scheinbar willkürlich 24 Personen, darunter zahlreiche Frauen, verhaftet, abgeurteilt und hingerichtet. Es stellt sich im Nachhinein heraus, dass Braun mit einigen der Ermordeten eine persönliche Rechnung offen zu haben schien.

Anschließend setzen sich die drei Männer ab, werden aber in Radstadt aufgespürt. 1947 macht man ihnen de Prozess. Keiner von ihnen zeigt auch nur den Ansatz von Reue. Dafür verlangen sie alle jene juristischen Kunstkniffe bis zum erhofften Freispruch, die sie jenen Personen verweigert haben, die sie selbst verurteilt und ermordet haben.

So verweisen die Anwälte darauf, dass der Tag der Hinrichtung, der Pfingstmontag, ein katholischer Feiertag, sei, an dem aus religiösen Gründen kein Urteil vollstreckt werden dürfe. Auch die seelischen Qualen der Verurteilten, den sie erleiden müssen, weil die Hinrichtung durch ein von ihnen gestelltes Wiederaufnahmeverfahren, zunächst ausgesetzt worden ist, führen sie ins Treffen. So viel Chuzpe muss man erst einmal haben! Wer von ihnen hat sich um die seelischen und körperlichen Qualen der von dem Trio Ermordeten gekümmert?

Die Urteile werden am frühen Morgen des 15. Mai 1948 vollstreckt.

Meine Meinung:

Es ist dem dem pensionierten Juristen Dr. Alois Kermer (1913-2006) zu verdanken, dass dieses Buch entstehen konnte. Er hat als Zeitzeuge diese Tage des Terrors miterlebt. Ab 1993 hat er begonnen, diese Verbrechen für die Schwarzataler Chronik zu beforschen. Denn der Name einer Frau fehlt auf allen Listen und Gedenktafeln: Marie Landskorn. Kermer wird mit deren Tochter, Leopoldine Landskorn, Ende der 1990er Jahre sprechen. Die sterblichen Überreste einer Frau, die 1952 gefunden werden, können nicht eindeutig Maria Landskorn zugeordnet werden. Mögliche Zeugen sind bereits verstorben, andere können oder wollen sich nicht mehr erinnern.

Das Typoskript der Ereignisse landet 2014 bei Autor Martin Prinz. Der Leiter des Standesamtes von Reichenau an der Rax, Hermann Scherzer, hat es seinerzeit von Dr. Kermer erhalten. Neun Jahre später beginnt Martin Prinz mit seinen Nachforschungen ...

Das Buch listet Zahlen, Daten und Fakten penibel auf. Die Selbstgefälligkeit mit der Braun & Co. ihre Taten vor Gericht schildern, ist den Verhandlungsschriften und Gerichtsprotokollen zu entnehmen, die Martin Prinz hier ausgiebig zitiert und ist nur schwer auszuhalten. Man habe ja nur Befehle befolgt - dieser Satz wird nach wie vor als Rechtfertigung von ehemaligen und neuen Anhängern des NS-Regimes verwendet.

Das Buch ist nicht leicht zu lesen, denn Martin Prinz verzichtet zur Gänze auf die direkte Rede. Der Autor erzählt das Ungeheuerliche, das Monströse nüchtern und den Tatsachen verpflichtet.

Einige Namen, der von diesem selbst ernannten Standgericht ermordeten Personen, wie die Schwestern Olga (1918-1945) und Elisabeth Waissnix (1917-1945) oder dem Gendarmen Oskar Wammerl (1907-1945) sind mir aus anderen Büchern bekannt.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem aufwühlenden und wütend machenden Zeitdokument, das nicht einfach zu lesen ist, 5 Sterne.

Bewertung vom 22.03.2025
Das Schweigen der Kegelrobben / Thies Detlefsen Bd.13
Koch, Krischan

Das Schweigen der Kegelrobben / Thies Detlefsen Bd.13


ausgezeichnet

Auf Amrum findet ein Treffen jener Gruppe von Allergikern, die 1998 als Jugendliche zur Erholung auf die Insel geschickt worden sind, statt. KHK Nicole Stappenbeck ist eine davon. Die früheren Treffen hat sie ausgelassen und reist auch zu diesem mit mehr als gemischten Gefühlen an. Ihre Intuition trügt nicht, den gleich zu Beginn wird Oliver, ein Investmentbanker, der fast alle der Gruppe um viel Geld gebracht hat, vermisst. Dennoch geben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihren Erinnerungen hin, die nicht in allen Fällen gute sind. Als dann Alex, der selbstverliebte Beau, tot über der Klomuschel hängt, rücken Thies Dethlefsen und die Praktikantin vom BKA Judith Foerster an, um den Todesfall zu untersuchen. Schnell ist klar, dass hier jemand nachgeholfen hat. Blöderweise ist Nicole die vermutlich Letzte, die Alex lebend gesehen hat.

Und Alex wird nicht der einzige Tote bleiben ...

Meine Meinung:

Wie wir es von Krischan Koch gewöhnt sind, legt er zahlreiche Spuren, von denen einige diesmal sprichwörtlich versanden. Mit der Praktikantin Judith Foerster bringt der Krimiautor mit dem Faible für Kinofilme und Hardrock eine neue Figur ins Spiel. Wird Judith bleiben? Es scheint, dass sich zwischen ihr und Nicole ein kleiner Zickenkrieg anbahnt. Auch Thies ist von Judiths Ermittlungsansätzen nicht ganz erbaut. Judith selbst hat eine Abneigung gegen Inseln, das Meer und vor allem gegen Kegelrobben. Warum, stellt sich im Laufe der Ermittlungen heraus.

Neben Judith ist auch Kuddel, der Sohn von Hündin Susi neu hier. Der Welpe ist ein würdiger Nachfolger seiner Schokolade liebenden Mutter, die vor kurzem das Zeitliche gesegnet hat.

Natürlich mischen die liebgewonnenen, skurrilen Gestalten wie der Schimmelreiter oder Antje aus Fredenbüll wieder mit. Obwohl Krischan Koch seinen Humor spielen lässt, widmet er sich einem ernsten Thema: Welche Traumata unüberlegte Aktionen und dumme Streiche von 15-jährigen in manchen Menschen hinterlassen. Die Rückblenden in das Jahr 1998 zeigen genau dieses. Hier wird nicht nur die mollige Melanie gemobbt - mit fatalen Folgen.

Gut gefallen haben mir wieder die aus diversen Filmen „geborgten“ Namen und Szenen. Auf Amrum schweigen nicht die Lämmer (obwohl es hier auch Schafe gibt), sondern die Kegelrobben.

Im Anhang findet sich die übliche Playlist sowie einige Rezepte.

Fazit:

Diese turbulente Fortsetzung habe ich gerne gelesen und gebe ihr 5 Sterne.

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Bewertung vom 20.03.2025
Stumme Zypressen / Commissario Luca Bd.4 (eBook, ePUB)
Riva, Paolo

Stumme Zypressen / Commissario Luca Bd.4 (eBook, ePUB)


sehr gut

Der vierte Fall für Commissario Luca hat einen Hauch von einem Spaghetti-Western. Wieso?

Ein schwarz gekleideter Mann trifft mitten in der Nacht mit Auto und Anhänger in Montegiardino ein und mietet ein Zimmer bei der betagten Signora Carlotta. Schweigsam wie weiland Charles Bronson, aber ohne Mundharmonika, dreht er auf dem Dorfplatz seine Runden. Sofort machen die wildesten Gerüchte die Runde.

Die Dorfgemeinschaft ist in heller Aufregung als wenig später zwei Gänse tot im Garten liegen und ein deutscher Wanderer, der eine Ähnlichkeit mit dem Fremden hat, die über die schwarze Funktionskleidung hinaus geht, wird angeschossen.

Selbstverständlich macht man den schweigsamen Fremden dafür verantwortlich. Sogar eine Bürgerwehr wird aufgestellt. Als Luca gemeinsam mit seiner alten Freundin Aurora, der Vice-Questorin, den Namen des Mannes durch den Polizeicomputer jagt, entdecken sie, dass auch die Vice-Questorin keinen Zugriff erhält auf seine Akte erhält.

Ist er ein Mitarbeiter des Geheimdienstes oder eine Person in einem Zeugenschutzprogramm?

Meine Meinung:

Dieser 4- Fall für Commissario Luca beginnt eher gemächlich, mit dem täglichen Kleinkram eines Dorfpolizisten wie dem Abstrafen von Schnellfahrern oder den Streitigkeiten zwischen Nachbarn über zu lautes Krähen eines Hahnes mit dem Namen Gaius Iulius Caesar, um sich zu einem veritablen Kriminalfall auswächst.

Wir begegnen zahlreichen Personen, die das Leben in der schönen Toskana schon in den vorherigen Krimis, bereichert haben. Nicht zu vergessen die „Nachrichtendienste“ Maria und Fabio.

Sehr gut ist wieder das Dolce far niente des Dorfes herausgearbeitet, wenn es nicht gerade durch lärmende Hähne, tote Gänse und unheimliche Fremde gestört wird. Auch die kulinarischen Genüsse dürfen nicht fehlen.

Fazit:

Ein eher ruhiger Krimi in einer schönen Ecke Italiens, dem ich gerne 4 Sterne gebe.

Bewertung vom 20.03.2025
Der Schmuckpalast - Camille und der Glanz von Gold (eBook, ePUB)
Bast, Eva-Maria

Der Schmuckpalast - Camille und der Glanz von Gold (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Dieser zweite Teil der Familien-Saga rund um die Schmuckdynastie Cartier beschäftigt sich mit den Jahren 1873 - 1893. Das Unternehmen zählt zwar nicht zu den ersten Häusern am Platz, hat aber durch das umsichtige Wirtschaften von Louis-François Cartier einen guten Stand unter den Juwelieren von Paris. Dies ist vor allem dem diskreten Umgang mit den Kundinnen und Kunden, die zum großen Teil aus verarmten Adeligen sind, die ihre Juwelen verkaufen müssen, geschuldet.

1873 übernimmt nun Sohn Alfred Cartier die Firma, nicht gratis, sondern zu einem Ratenkauf. Alfreds Schwester Camille liefert zahlreiche Entwürfe, die von den hauseigenen Goldschmieden zu erstklassigen Schmuckstücken verarbeitet werden. Camilles Ehemann Prosper Lecomte arbeitet als Buchhalter im Familienunternehmen, während Alfreds Ehefrau Alice mit ihrer Rolle als Mutter kämpft.

Meine Meinung:

Auch dieser zweite Teil der Reihe ist ein gelungener historischer Roman, der Fakten und Fiktion sehr gut miteinander verbindet. Hier hat unter anderem Francesca Cartier Bricknells Aufarbeitung der Familiengeschichte wertvolle Hinweise gegeben.

Wie es sich für einen Roman gehört, werden zahlreiche Ereignisse geschildert, die sich so oder so ähnlich zugetragen haben- Glück und Leid liegen immer wieder eng beieinander. So wirft der frühe Tod von Jeanne, dem Kind von Camillie und Prosper dunkle Schatten auf die Familie sowie wirtschaftliche Schwierigkeiten, die nicht ausschließlich durch äußere Umstände verursacht werden.

Ein wichtiger Bestandteil des Erfolges dieser Familie ist dem Umstand geschuldet, dass die Frauen der Dynastie ihre eigenen Ideen und Kreativität einbringen dürfen. Zwar werden die Töchter in der Erbfolge nicht berücksichtigt, da es Söhne gibt, trotzdem ist die Familie Cartier ihrer Zeit weit voraus.

Geschickt flicht Eva Maria Bast neben den gesellschaftlichen Ereignissen auch den Ideenreichtum der weiblichen Familienmitglieder ein, der unter anderem zu einer Kooperation mit dem Couturier Charles Frederick Worth führen wird. Eine andere Zusammenarbeit, nämlich jene mit dem Uhrmacher Baudet wird für Cartier ein neues, Erfolg versprechendes Standbein sein. Dazu dann mehr im dritten Teil der Familien-Saga.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung, der ich gerne 5 Sterne gebe.