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Murksy

Bewertungen

Insgesamt 176 Bewertungen
Bewertung vom 27.01.2020
Das Evangelium der Aale
Svensson, Patrik

Das Evangelium der Aale


ausgezeichnet

Aale? Ausgerechnet diese schlangenartigen, glitschigen Dinger? Ich habe mich ehrlich gesagt nie besonders für diese Tiere interessiert. Ganz im Gegenteil, die auch im Buch beschriebene Szene aus der "Blechtrommel" mit dem Pferdekopf als Köder, hat mich nachhaltig mit einem Ekelgefühl für diese Wesen ausgestattet. Und dieses Buch hat mein Bild nun komplett gewandelt. Mit seiner Sprache und faszinierenden Schreibweise schafft es der Autor, eines der geheimnisvollsten Tiere dieser Erde spannend und interessant zu beschreiben. Ein Tier, das sich Jahrtausende der Wissenschaft entzog. Von der Gottesverehrung der Ägypter über Aristoteles (der fest davon überzeugt war, dass Aale sich nicht fortpflanzen, sondern einfach entstehen), von Sigmund Freud (der in jungen Jahren hoffnungslos versuchte, Geschlechtsorgane der Tiere zu finden) bis zu der modernen Seefahrt, die mit Peilsendern dem Ursprung der Meeresbewohner auf die Schliche kommen wollte. Doch die Aalfrage bleibt ungeklärt. Man weiß, dass die Tiere eine beeindruckende Metamorphose über vier Stadien durchlaufen, von den Meeren den langen Weg bis ins Binnenland suchen und dabei sogar notfalls das Wasser verlassen. Irgendwann, man weiß nicht, was das Signal ist, schwimmen die Aale tausende Kilometer zurück und laichen in den Tiefen des Meeres. In Gefangenschaft hingegen bilden sie weder Geschlechtsorgane aus, noch scheinen sie wirklich zu altern. Ein wahrhaft mystisches Wesen, das der Autor als Sinnbild für Glaube und Metaphysik nimmt und über die Erinnerung an das Aalfischen seinem Vater näher kommt. Genau wie die berühmte Rachel Carson begeht Svensson den Frevel des Vermenschlichens. Doch das ist notwendig, um dem Menschen die Bedeutung der Tier- und Pflanzenarten zu vermitteln. Nur was der Mensch kennt, schützt er. Haustiere sind deshalb die besten Freunde, weil man ihnen menschliche Eigenschaften zuspricht. Der Aal stirbt aus, wie unzählige Arten mit ihm. Der Mensch vergisst, dass er auch nur eine dieser Arten ist und dabei weit kürzer existiert, als diese beeindruckenden Tiere. So wird das Evangelium der Aale zu einer Offenbarung und Mahnung zugleich. Wir wissen noch viel zu wenig über die Geheimnisse und Wunder dieser Erde und sind in Begriff, das alles zu verlieren. Dieses spannende, informative und bewegende Buch bringt uns diese Geheimnisse etwas näher und öffnet die Augen für diese schützenswerte Welt.

Bewertung vom 27.01.2020
Freischwimmen / Cyms Geschichte Bd.1
Baron, Adam

Freischwimmen / Cyms Geschichte Bd.1


ausgezeichnet

Man merkt es dem Autor an, dass er schon einige Bücher geschrieben hat und Kurse in kreativem Schreiben gibt. Adam Baron kann mit Sprache umgehen. Und in diesem Falle schafft er es vorzüglich, schwierige Themen kindgerecht aufzuarbeiten. Da das Thema Tod und Verlust nicht einfach zu verstehen ist, geht die Altersangabe 10 Jahre vollkommen in Ordnung. Da das Buch aus England kommt, wird bei einigen Begriffen die hilfreiche Erläuterung durch Erwachsene notwendig sein. Das Buch ist ohne Melodramatik geschrieben, verfügt über den typisch britischen Humor und entwickelt sich gegen Ende sogar in eine Quasi-Detektivgeschichte, wenn der kleine Held des Buches der Wahrheit näherkommt. Ich habe das Buch mit Begeisterung gelesen und kann es ohne Besorgnis Kindern empfehlen. Ganz im Gegenteil, gerade die Themen Verlust, Tod, Einsamkeit und Wahrheit sind außerordentlich wichtig und die lockere Herangehensweise des Autors vermitteln den Lesern grundlegende Prinzipien, die wir Erwachsene nur allzu gerne vernachlässigen. Wie oft erscheint es uns doch so einfach, die Wahrheit zu verdrängen und den Kindern lieber ein paar Notlügen aufzutischen. Das Buch zeigt wunderbar, was passiert, wenn das Lügenhaus einstürzt. Deshalb als Mahnung und Lehre aus dieser toll erzählten Geschichte: wagt mehr Mut zur Ehrlichkeit, traut euren Kindern zu, die Wahrheit zu verstehen. Denn was sie garantiert nicht verstehen werden, ist ein Leben in Lüge.

Bewertung vom 18.01.2020
Der Gorilla-Garten / Käthe Bd.1
Veenstra, Simone;Loose, Anke

Der Gorilla-Garten / Käthe Bd.1


ausgezeichnet

Käthe muss umziehen. Weg vom geliebten Landleben bei Oma mit all den Tieren (mit denen Käthe auf ihre ganz spezielle Art kommunizieren kann) und Pflanzen in die große, fremde Stadt. Das kleine Häuschen im Hinterhof soll also jetzt ihr neues Zuhause sein. Zum Glück gibt es in der Nachbarschaft nette Menschen, die ihr den Umzug erleichtern. Aber es gibt natürlich auch die obligatorischen Griesgräme, die keine Kinder mögen und erst so langsam eines besseren belehrt werden müssen.
Das Buch ist sehr liebevoll erzählt, kommt ohne die leider oft zu findenden "Actioneinlagen und Superhelden" aus. Themen wie Verlust, Angst, Unsicherheit werden eingebunden und die kleinen Leser lernen, dass Veränderungen im Leben manchmal sein müssen und nicht zwangsläufig schlecht sind. Die Illustrationen sind nicht übertrieben platznehmend und ergänzen die Geschichte wunderbar. Ob als Selbstlese- oder als Vorlesebuch, die Geschichte funktioniert gut und beschert ein munteres und lehrreiches Lesevergnügen für die kleinen Leseratten.

Bewertung vom 12.01.2020
1794 / Winge und Cardell ermitteln Bd.2
Natt och Dag, Niklas

1794 / Winge und Cardell ermitteln Bd.2


ausgezeichnet

Wie oft wurde das Nietsche-Zitat über den Abgrund, in den wir blicken schon als Vorwort in Thrillern genannt? In diesem Buch nicht, aber noch nie hätte es so gut gepasst. Eine Warnung sei angebracht: dies ist kein Buch für Leicht-Leser oder Zartbesaitete, wer skandinavische Thriller nach dem Schema F bevorzugt, sollte sich auf eine andere Dimension des Grauens einstellen. Denn das Buch ist nicht angenehm zu lesen, erzeugt keine wohlige Spannung, sondern schockiert mit seiner authentischen Schilderung einer düsteren, brutalen und oftmals unmenschlichen Zeit. Der Autor hat wieder brillant recherchiert, verknüpft die realen historischen Ereignisse geschickt mit der fiktiven Geschichte, die mit dem Vorgänger verbunden ist. Man kann das Buch zwar eigenständig lesen, aber erst die Kenntnis des ersten Bandes sorgt für ein Gesamtwerk, das man getrost als meisterlich bezeichnen kann. Mit seinen Worten beschwört der Autor dunkle, stinkende Gassen herauf, lässt den Mief und den Gestank in den Gasthäusern und Hinterhöfen aufleben, dass der Leser nach der Lektüre zwangsweise das Bedürfnis nach einer Dusche verspürt. Nebenbei erfährt man auch einiges über die Vergangenheit Schwedens, das heutzutage oft als sympathisches Sehnsuchtsland wahrgenommen wird. Von den ominösen Kaffeeverboten (die tatsächlich den Alkoholverkauf ankurbeln sollten) bis zur düsteren Rolle, die das Königreich im weltweiten Sklavenhandel spielte, wird dem Leser der historische Hintergrund für einen brutalen Mord geliefert. Dessen verworrene Aufklärung führt durch das Jahr 1794, das der Autor wieder in seiner raffinierten Rückwärtserzählweise durch die Jahreszeiten durchschreitet und dabei die Figuren miteinander in Relation setzt. Wie gesagt, hier muss der Leser aufmerksam der Geschichte folgen, um die Zusammenhänge im Auge zu behalten. Das Buch ist grausam, weil es die Geschichte und die Zeit es erfordern. Der menschliche Horror wird aus den Seelen und Handlungen der Personen geboren, die teilweise aus Gier und Machtfantasien zu herrschen glauben. Andere wiederum versuchen mit aller Härte am Leben zu bleiben. Das führt zu einem Gesamtbild, das stellenweise schwer zu verdauen ist. Niklas Natt och Dag schreibt überragend und beschreibt trefflich, was das Grauen noch verstärkt. Die Erzählweise lässt vielleicht nicht mit den Figuren sympathisieren, aber sämtliche Handlungen erscheinen nachvollziehbar und im Sinne der Personen verständlich. Das verlangt gehobene Erzählkunst. Ein großartiger Historienmix, der in Zusammenhang mit dem Vorgänger "1793" zum Besten gehört, was die schwedische Literatur zu bieten hat.

Bewertung vom 28.11.2019
Freefall - Die Wahrheit ist dein Tod
Barry, Jessica

Freefall - Die Wahrheit ist dein Tod


sehr gut

Ein kleines Flugzeug stürzt in den Bergen ab, der Pilot stirbt, eine junge Frau überlebt. Sie berichtet aus ihrer Sicht und nimmt den Leser mit auf eine dramatische Flucht vor einem mysteriösen Verfolger. Der Leser wird durch die Erzählung der Flüchtenden nach und nach deren Leben und die Geheimisse rund um den Absturz kennenlernen. Die zweite Perspektive wird von der Mutter der Frau erzählt. Diese erfährt von dem vermeintlichen Tod der Tochter und macht sich auf Spurensuche nach einem Leben, von dem sie so gut wie nichts weiß. Diese doppelte Handlung sorgt für Spannung und treibt den Leser zum Umblättern ohne Pause. Immer mehr erfährt der Leser von der Tochter und leidet mit der Mutter mit, der sich nach und nach das Bild einer Unbekannten offenbart, die sie zur Welt gebracht hat. Mehr soll von der Handlung nicht erzählt werden, um nichts von der Spannung zu nehmen. Das Buch ist flüssig erzählt, und das sich immer mehr vervollständigende Puzzle lässt den Leser nicht los. Natürlich ist die Grundgeschichte nicht vollkommen neu. Ähnliche Geschichten kennt der erfahrene Thrillerfan. Trotzdem lohnt sich das Lesen auf jeden Fall. Etwas Punktabzug gibt es für die eine oder andere Logiklücke oder allzu naive Handlungsweise der Hauptpersonen. Etwas plump ist auch die Verfolgerrolle geraten, scheint er doch manchmal geradezu hellseherische Fähigkeiten bei der Jagd auf die Frau zu entwickeln. Das ist nicht immer glaubhaft gelungen. Aber wie gesagt, ein gutes Debut, das man schon beim Lesen als Verfilmung vor sich sieht.

Bewertung vom 12.11.2019
Missing Boy
Fox, Candice

Missing Boy


ausgezeichnet

Eines der ungewöhnlichsten Krimiduos geht in die dritte Runde. Der Ex-Cop und der Pädophilie beschuldigte Ted Conkaffey und seine Chefin, die verurteilte Mörderin Amanda Pharrell arbeiten seit einem Jahr als Detektive zusammen. Diese merkwürdige Zweckgemeinschaft wird nun von einer Frau beauftragt, das Verschwinden ihres 8 jährigen Sohnes aufzuklären. Die Mutter war mit ihrem Sohn in einem Hotel untergebracht. Während sie und ein paar andere Eltern den Abend in feucht-fröhlicher Runde ausklingen ließen, waren die Kinder in einem Zimmer zusammen. Doch am zweiten Abend verschwand eines der Kinder spurlos, weder Kameras noch Gäste des Hotels können der Polizei helfen. Nun sollen die zwei Ermittler der Sache auf den Grund gehen. Ted, der gerade sehnsüchtig den Besuch seiner kleinen Tochter erwartet, versucht den Fall mit seinem Privatleben zu koordinieren, während Amanda mit ihrer "Hau-drauf"-Mentalität für neue Feindschaften sorgt. Der Fall wird immer komplizierter, auch weil die Polizei mit Amanda nichts zu tun haben will. Und wäre das nicht schon genug Zündstoff, sorgen auch mehrere Verdächtige für ein undurchschaubares Geflecht. Wo ist der Junge? Wie konnte er aus dem Hotel verschwinden? Rätsel über Rätsel und jede Menge Hochspannung.
Fox schreibt immer besser. Wer die Vorgängerromane (auch zu empfehlen ist die Hades-Trilogie) nicht kennt, sollte die unbedingt lesen. Natürlich funktioniert dieser grandiose Roman auch eigenständig, aber das ganze Vergnügen hat der Krimifan erst, wenn er die Vorgeschichte der beiden "Helden" gelesen hat. Allerdings sollte man die vor dem dritten Teil lesen, weil der Band zu viele Spoiler enthält. Wer sich also was Gutes tun will, liest alle drei Bände. Versprochen: es lohnt sich! Fox wurde für ihre Romane nicht ohne Grund mehrfach ausgezeichnet. Allerfeinste Krimikost aus 'down under'

Bewertung vom 31.10.2019
Ein Schweinebär im Schlafanzug
Langer, Andreas;Pop, Katalin Eva

Ein Schweinebär im Schlafanzug


sehr gut

Jule ist mit ihren 10 Jahren schon gefühlt erwachsen. Umso mehr hat sie mit ihrem kleinen Bruder Mitleid, der etwas tollpatschig beim Essen ist und somit von Mama und Papa immer wieder als Schweinebär tituliert wird. In diesem Fall wird der schmuddelige Schimpfname zum bösen Omen. Denn eines Tages geht der Vater in das Kinderzimmer und findet dort tatsächlich einen Schweinebären. Wie mit einem Zauber belegt hat sich der Sohn in dieses Wesen verwandelt, das von den genervten Eltern heraufbeschworen wurde. Jule findet den kleinen Gast sogar richtig niedlich und wird ab diesem Tag einige spannende Abenteuer mit ihrem verwandelten Bruder erleben.
Herrliches Vor- und Mitlesebuch, dass nebenbei auch die Eltern ermahnt, etwas mehr Geduld mit den kleinen "Schmutzfinken" zu haben. Die Geschichte ist gut verständlich, die Illustrationen kindgerecht einfach gehalten. Abgerundet wird das Ganze durch Mitmachseiten. Hier können die Kinder Rätsel lösen (manche recht knifflig für junge Kinder) und die Zeichnungen ausmalen. Hier setzt mein einziger Kritikpunkt an. Wohl wissend, dass das Buch im Selbstverlag erscheint, wäre eine großformatige Ausgabe für die Kinder besser gewesen. Dann könnten sie sämtliche Bilder, die leider alle farblos gestaltet sind, nachmalen. Das vorliegende Buch ist leider sehr klein. Vor allem jüngere Kinder neigen ja eher zu großflächigem Ausmalen. Positiv ist hierbei, dass die Mitmachseiten auf der homepage des Autors als pdf vorliegen. Nachschub für die Kleinen ist also verfügbar. Zum Suchbild: besser wären gleich große Bilder gewesen, das erleichtert das Vergleichen und Suchen der Fehler.
Alles in allem ein tolles Kinderbuch, das wie gesagt ein größeres Format verdient hätte.

Bewertung vom 26.10.2019
In den Klauen des Falken
Kallentoft, Mons;Karolina, Anna

In den Klauen des Falken


gut

Zack Herry ist im fünften Buch der Reihe immer noch auf der Suche nach seiner Identität. Die brennende Frage, wer seine Familie ist, muss aber zurückgestellt werden, als ein junges Mädchen in einer U-Bahnstation ein Massaker anrichtet und Zack das Mädchen erschießen muss. Und als ob das seine Welt nicht schon genug beschäftigen würde, wird eine brutal zugerichtete Leiche gefunden. Dies ist der Auftakt zu einer actionreichen und blutigen Jagd.
Nun ja, ich versuche möglichst wenig vom Inhalt preiszugeben. Schließlich gibt es Fans, die sehnsüchtig auf den neuen Band gewartet haben. Für meinen Geschmack allerdings ist das Buch zu unglaubwürdig und zu sehr mit Klischees behaftet. Zack hat mehr Sex als James Bond und scheint auch nicht allzu wählerisch zu sein, was seine Partnerinnen betrifft. Dass er auch noch ab und zu den Drogen verfällt und Kontakte ins kriminelle Milieu hat, scheint bei heutigen Thrillern fast schon zum Standard zu gehören. Der krude Mix aus Drogensumpf und Terrorismus wird abgerundet durch übliche Schemata: Einzelkämpferhandlungen der Polizisten, übertriebener Action mit so manchen Logiklücken und Brutalität (in diesem Fall muss mal wieder der oft zitierte Blutadler herhalten). Dass unser "Held" auch noch seinen kriminellen Freund in die Ermittlungen einbezieht versteht sich von selbst. Man kann nur hoffen, dass weder in Schweden noch sonst wo solche Polizisten ihren Dienst versehen und dabei auch noch von der Obrigkeit gedeckt werden. Um sich schießende blinde Polizisten, die auch noch in Außeneinsätzen teilnehmen steigern das Ganze teilweise ins Lachhafte. Unser (natürlich) motorradfahrender Zack (und es ist natürlich eine Hayabusa!) schwankt in dieser Melange immer wieder zwischen besorgtem Gewissen und rachesüchtigen Mordgedanken. Ähnlich geht es auch mir als Leser. Die Grundstory ist gut aufgebaut, raffinierte Wendungen machen das Ganze reizvoll. Doch die genannten Kritikpunkte lassen das Actionrührstück leider etwas ausarten. Zuviel des Guten, leider.