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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
ElliP
Wohnort: 
Hessen

Bewertungen

Insgesamt 144 Bewertungen
Bewertung vom 09.01.2022
Ein fliegender Vogel blickt nie zurück
Ryu, Shiva

Ein fliegender Vogel blickt nie zurück


sehr gut

Ein Quelle der Inspiration, Meditation und Wegfindung
Shiva Ryu ist ein großartiger Geschichtenerzähler! Angeregt durch eigene Erlebnisse, Begegnungen, Erfahrungen nimmt er in seinem Buch "Ein fliegender Vogel schaut nie zurück" den Leser mit auf eine literarische Reise, schafft es, zu verzaubern, zu unterhalten, zum Nachdenken anzuregen und eventuell auch Positionen zu überdenken und neue Wege aufzuzeigen. Perspektiven werden infrage gestellt, Standpunkte neu bewertet, Alternativen aufgezeigt und bekanntes Terrain verlassen. Basis ist die Wertschätzung allem gegenüber, dem Leben, der Schöpfung und auch sich selbst.
Das Buch ist voller Poesie und Weitblick, der Einband geschmackvoll und hochwertig gestaltet und die schlicht-geheimnisvollen schwarz-weiß Bilder können die Fantasie anregen. Eine Chronologie ist nicht Bedingung, eher bieten die Texte und Bilder Zeit für Muße, zum Blättern, zum Verweilen an unterschiedlichen Stellen, die den Leser fesseln und faszinieren. Kein Psycho-Ratgeber, der schnell sondieren und helfen möchte, sondern ein Wegweiser, der Fragen aufwerfen, der die Sinnsuche initiieren, der mich auf meinem Weg zu mir selbst begleiten kann.

Bewertung vom 04.01.2022
Die Flüchtigen
Damasio, Alain

Die Flüchtigen


sehr gut

Ein Koloss von einem Roman, ein richtiges Schwergewicht von über 800 Seiten, das vielseitig und vielschichtig eine Unmenge an Themen vereint - Dystopie, Liebe, Abenteuer, Krimi, Gesellschaftsroman und -kritik. Als Leser wird man gefordert und belohnt, lässt man sich denn mit Zeit und Aufmerksamkeit auf diesen Akt des Lesens ein, ungewöhnlich, teilweise grotesk und brutal, aber auch poetisch und zart, originell und ungewöhnlich, immer wieder mit neuen Herausforderungen, Wortschöpfungen, Wortspielen, Einführung neuer Akzente und Satzzeichen.
Frankreich 2040: Eine Welt der Überwachung, der Kontrolle und Digitalisierung, die an die Matrix-Verfilmungen oder Orwells 1984 erinnert. Der Mensch ist nicht frei, sondern wird vom Staat und dem Großunternehmen ORANGE kontrolliert. Im Mittelpunkt steht eine zerstörte Familie, ein Ehepaar, dessen vierjährige Tochter vor einiger Zeit auf unerklärliche Weise verschwunden ist. Dieses Verschwinden wird zum Politikum, als es mit der Existenz von einer neuen Spezies, den Flüchtigen, in Zusammenhang gebracht wird. Und jetzt beginnt das Abenteuer - lebt Tishka noch? Glauben die Eltern an ihr Überleben? Wer oder was sind die Flüchtigen? Eine Task-Force versucht mit aller Macht mehr über die Flüchtigen herauszufinden, das Geheimnis zu lösen und das Mädchen zu finden. Von einer eher privaten Angelegenheit aus entsteht eine ganze Welle, die die Politiker und das bestehende System in Frage stellt und Kampf und Revolution nach sich zieht. Die Welt und herrschende Ordnung sind in Gefahr - können die Rebellen sich retten und ihre Ideale von Freiheit, Selbstbestimmtheit und einer neu definierten Menschlichkeit umsetzen?
Die Leseempfehlung ist für Leser, die sich gerne herausfordern und einlassen auf das Abenteuer des Lesens, denn hier verlangt der Akt des Lesens größte Aufmerksamkeit und Konzentration und eine Vorliebe für Gedankenexperimente und Sprachspiele sind hilfreich. Noam Chomsky und John Searle hätten vermutlich ihre wahre Freude daran!

Bewertung vom 03.01.2022
Auto
Walker, Christina

Auto


sehr gut

Stillstand, Ruhe, Zurückgezogenheit - es passiert kaum etwas, warten, auf was? Was soll sich ändern? Ist es ein Burnout? Ein Rückzug von der Welt? Ein langsamer Tod?
In unserer bewegten Welt ist diese Lebensweise des Herrn Busch - ein Rückzug in sein stehendes Auto im Hof eines Mehrfamilienhauses - doch sehr ungewöhnlich. Erstaunlich, dass unser Protagonist nicht mehr Abwehr oder gar Übergriffe von Anwohnern oder seiner Familie zu spüren bekommt. Seine Gattin Susanne und auch sein Sohn Matti haben sich eingerichtet, auch wenn sie immer wieder versuchen, ihn aus seinem freiwilligen Exil heraus zu lotsen und in sein / ihr altes Leben wieder einzubeziehen.
Was ist der Sinn des Daseins? Was ist das Ziel? Diese Fragen stellen sich dem Leser automatisch, wenn er das Verhalten des skurrilen Aussteigers Busch betrachtet. Und auch, wenn man diesen Wunsch nach Einsamkeit, Kontaklosigkeit und Regelhaftigkeit nicht teilt, ist es doch beeindruckend zu sehen, mit welcher Energie und Entschlossenheit er seinen neuen Weg durchsetzt. Wird die Familie wieder zueinander finden und werden sie die Barrieren überwinden? Wird Busch die Eigenschaften des von ihm so hochgeschätzten Ameisenvolkes übernehmen können?
Ein kleines, ruhiges Buch, in dem auf der Handlungsebene nicht viel passiert, das aber trotzdem immer wieder zum Nachdenken und Überdenken der eigenen Position anregt. Eine sprachlich sehr ansprechende Erzählung voller poetischer Bilder und origineller und witziger Ideen und außerdem eine Leseempfehlung jenseits von Action und Schnelllebigkeit.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.01.2022
Verraten
Poppe, Grit

Verraten


sehr gut

Die Geschichte zweier Jugendlicher, die aus einem Jugendwerkhof kommen - Sebastian wird von seinem ihm bis dato unbekannten Vater abgeholt, Katja bricht aus und versteckt sich im Auto von S.
Beide kommen sich näher, freunden sich an und während S. zur Schule geht und versucht, sich im neuen Leben zurecht zu finden, muss sich Katja auf dem Dachboden verstecken. Die Stasi wird auf Sebastian aufmerksam und die Probleme vergrößern sich.
Wichtige Themen sind Freundschaft, Vertrauen und Familienbande, aber auch die problematische Lebensrealität für junge Menschen jenseits der Norm in der DDR.
Das Buch ist auf alle Fälle eine Lektüre, die junge Menschen mitnehmen kann, ihnen einen Ausschnitt aus der nahen Vergangenheit zeigt, die zeitlich gesehen nicht weit entfernt ist, aber dennoch extrem fremd und schockierend auf sie wirken wird. Einen Einblick in diese Zeit zu bekommen, kann mit dieser Lektüre auf eine geschickte Art geleistet werden. Die Geschichte von Sebastian und Katja ist sehr spannend, beide erleben unterschiedliche Bedrohungen und müssen sich der Gefahr stellen. Ihr Verhalten regt zum Nachdenken an, nicht immer handeln die beiden nachvollziehbar, klug oder vorausschauend und darüber können Diskussionen entstehen - wie hätte ich reagiert? Auf was hätte ich mich eingelassen? Inwieweit bin ich nur an meinem eigenen Glück, meinem Vorteil interessiert?
Es geht um zeitlose Themen, die in einer bestimmten zeitlichen Situation eingebettet werden: Verantwortung, ethische Werte wie gut und böse, richtig und falsch, Freundschaft und erste Liebe und diese Themen können zum einen bestens unterhalten und zum anderen sicherlich auch zum Nachdenken und Überprüfen der eigenen Rolle und des eigenen Verhaltens anregen.
Eine Leseempfehlung besonders für Jugendliche, die sich für Politik und die Zeit des geteilten Deutschlands interessieren und auch als Klassenlektüre hervorragend geeignet.

Bewertung vom 30.12.2021
Und wie geht es eigentlich dir?
Koch, Nele

Und wie geht es eigentlich dir?


sehr gut

Nele Koch gelingt hier ein sehr persönliches Buch mit einem wichtigen Thema, denn oft haben die Angehörigen von (krebs-)kranken Menschen gar keinen Ansprechpartner, sie sind sich selbst in ihrer Not und Sprachlosigkeit überlassen. Diese Lücke wird hier gefüllt.
Im Kern des Heftes, dem wunderschönen Hauptteil, befinden sich emotionale, persönliche Kurztexte, Zitate ergänzt mit passenden, stimmungsvollen Bildern - sehr berührend und wirklich hervorragend gestaltet! Ein ästhetisch und inhaltlich überzeugende Vermittlung der Gedanken von Betroffenen, die Ängste, Hoffnungen, Probleme und widersprüchlichen Emotionen kommen gelungen zum Ausdruck und man kann seinen eigenen Standpunkt überprüfen, findet Parallelen, weiterführende Fragen und möglicherweise auch Antworten.
Die abschließende Zusammenfassung liest sich sehr flüssig und gibt Impulse zum Überdenken des eigenen Verhaltens, ein Kapitel, das noch einmal die Achtsamkeit seinem eigenen Leben und Beziehungen gegenüber thematisiert - Wer bin ich? Wer will ich sein? Wo will ich hin?
Für mich stellt sich die gesamte Lektüre als wichtiger Impulsgeber generell dar, viele Gedanken / Anstöße können sicherlich hilfreich für die meisten Menschen sein, unabhängig von ihrer Verstrickung oder Beziehung zu kranken Freunden und Familienmitgliedern.

Bewertung vom 05.12.2021
Drei Lebende, drei Tote
Jorjoliani, Ruska

Drei Lebende, drei Tote


sehr gut

Ein kurioses Cover, das mich tatsächlich veranlasst hat, genauer hinzuschauen - skurril, minimalistisch, wie ein Stillleben - den Tod vor Augen - der arme Fisch - der glückliche Angler - auf die Perspektive kommt es anscheinend an.
Und so geht es auch weiter im Roman - auf die Perspektive kommt es an - und diese wechselt immer wieder, wir betrachten von Innen, von Außen, reisen in der Zeit in die Vergangenheit und die Zukunft, lernen neue Figuren kennen und erleben eine gewisse Verwirrung in dieser chaotischen Zeit des zweiten und später auch ersten Weltkrieges.
Hauptfigur ist Modesto, ein junger Mann, der durch einen anonymen Brief seine Contenance verliert und seinem aktuellen Leben entflieht. Zurück bleibt die schwangere Frau, die sich mit einem Geliebten trifft, ihren Mann hintergeht und nicht weiß, wessen Kind sie erwartet. Der Gatte seinerseits hat sich seiner Ehefrau entfremdet und trifft sich ebenso mit einer Geliebten.
Später erfahren wir von Modestos Kindheit und Jugend, einem bewunderten und gefürchteten Onkel, dem sanften Vater, der abwesenden, da früh verstorbenen Mutter und den Schrecken des ersten Weltkriegs, teilweise etwas traumartig, nebulös, aber auch extrem intensiv und spannend, so z.B. die Schilderungen von Kriegserlebnissen, Gräueltaten oder das grausame Handeln des autoritären Onkels, der sich wie ein Usurpator aufspielt und seine Gunst bzw. seine Verachtung verteilt.
Der Erzählstil fasziniert, fordert und belohnt, wenn man nicht vorschnell aufgibt. Auch die verschiedenen inhaltlichen Verstrickungen finden zueinander und lassen sich z.T. entwirren - keine leichte Kost, aber das Lesen lohnt trotzdem und die Lektüre bietet ambivalente, exquisite und verstörende Eindrücke.
Seien wir gespannt auf weitere Romane der Autorin Ruska Jorjoliani!

Bewertung vom 03.12.2021
Das Geschenk
Bronsky, Alina

Das Geschenk


sehr gut

Das passende kleine Geschenk zur Vorweihnachtszeit - ein kurzweiliges Lesevergnügen, unterhaltsam, anregend, sprachlich amüsant. Eine Geschichte, die von Sein und Schein handelt, von Freundschaft und Liebe, von Respekt und Zuneigung. Es geht um das Offensichtliche, das sich teilweise als etwas ganz anderes entpuppt, um Erwartungen, die nicht erfüllt werden, um ein Weihnachtsfest, das so anders ist als erwartet.
Zwei Paare in den späten 50-ern beschließen nach Jahren, Weihnachten wieder einmal gemeinsam zu feiern, ein Fest, das mit vielen Erwartungen und Hoffnungen verknüpft ist. Die Kinder sind aus dem Haus, alte Traditionen und Verpflichtungen können über Bord geworfen werden und man kann sich neu orientieren. Aber an die Geschichte von damals kann eben doch nicht einfach angeknüpft werden, man ist sich fremd geworden, erkennt den alten Freund nicht mehr. Außerdem stehen immer wieder Vergleiche im Raum, wie hat man selbst das Leben bewältigt? Was hat man erreicht? Wer ist erfolgreicher? Attraktiver? Wer vom Alter weniger gezeichnet? Wer hat das Glück gepachtet? Solche Überlegungen und Betrachtungen können aber nicht zielführend sein, ein schales Gefühl bleibt zurück und die Frage nach einem erfüllten, glücklichen Leben gibt dem Buch eine tiefere Ebene als ursprünglich vermutet.
Im Vergleich zu Alina Bronskys anderen Romanen wie „Spiegelkind“, „Scherbenpark“ oder „Baba Dunjas letzte Liebe“ ist diese Erzählung leichter und harmloser, aber der bittere Kern ist doch auszumachen. Schade, dass die Erzählung so schnell schon beendet ist, ich hätte doch gerne noch erfahren, wie es mit den beiden Paaren und Neujahr weitergeht.

Bewertung vom 27.11.2021
Love. Alles was du liebst
Doyle, Roddy

Love. Alles was du liebst


ausgezeichnet

Zwei Männer, eine lange Nacht und das ganze Leben - Zwei Männer, eine lange Nacht und das ganze Leben -
Dave, zu Besuch bei seinem kranken Vater in Dublin, trifft seinen alten Schulfreund Joe und gemeinsam ziehen die beiden 60-Jährigen durch die Kneipen, trinken zu viel, reden zu viel, knüpfen an, bleiben sich fremd und es geht um das ganz große Thema: die Liebe in all ihren Facetten - Frauen, Lust, Begierde, Sehnsucht nach der einen großen Liebe, die eine Lebensbeziehung, aber auch die Liebe zu den Eltern, zu den eigenen Kindern und die Liebe zum Freund werden angesprochen.
Joe hat viel zu erzählen, hat er sich doch gerade von seiner Frau getrennt und ist mit seiner Jugendliebe zusammengekommen. Aber so einfach wie es scheint, ist es nicht, er möchte erklären, für Verständnis werben, aber immer wieder tauchen Missverständnisse auf.
Bei diesen Erzählungen schweifen Daves Gedanken ab und der Leser taucht auch in seine Biographie ein, die erste Freundin, die plötzliche Trennung, seine große Liebe, die Beziehung zu seinem Vater.
Hören sich die beiden überhaupt zu? Wollen sie einander verstehen? Beide vom Teufel und vom Alkohol geritten, verlieren wir den Überblick, was wahr und was Wunschdenken ist. Können wir den Erzählungen trauen? Gibt es die objektive Wahrheit? Geht es überhaupt darum?
Sprachlich sehr geschickt und unterhaltsam führt uns Roddy Doyle durch den Abend und auch durch die Jugend und das Leben der beiden, denn schon damals saßen sie immer wieder in Irish Pubs, um Mädchen kennenzulernen, aufzureißen, über Gott und die Welt zu sprechen und wir gucken ihnen beim Erwachsenwerden zu. Rasant, originell, voller Situationskomik, Lebensklugheit und Sprachwitz - ein anspruchsvolles Lesevergnügen zum Mitdenken und Ausbuchstabieren.

Bewertung vom 20.11.2021
Das Archiv der Träume
Machado, Carmen Maria

Das Archiv der Träume


sehr gut

Das Traumhaus der Finsternis
Was für ein Buch! Roman? Biographie? Autofiktion? Eine Mischung aus alledem, eine Achterbahnfahrt, rasant, ein Fluss voller Geheimnisse, dunkler Bilder, Märchenmotive, Filmausschnitte, Popvideos, philosophischer Gedankengänge - die Lektüre ist ein fesselnder Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann.
Eine traumatische Beziehung wird geschildert: die reizvollen, vielversprechenden Anfängen des ersten Verliebtseins, die Phase der Ernüchterung und der ersten Vorboten der Gewalt und Entfremdung, das katastrophale Ende - die schreckliche Abhängigkeit der Autorin von ihrer ehemaligen Geliebten, die Demütigungen, die physische Gewalt und der Psychoterror, von dem sie sich kaum befreien kann und der sie zu einem unselbstständigen, abhängigen, verunsicherten Menschen macht.
Originell erzählt, voller überraschender Vergleiche und Parallelen aus Kunst und Kultur beschreibt die Autorin die reale Beziehung zu ihrer damaligen Partnerin en Detail und man kann nur immer wieder den Kopf schütteln, wozu Menschen in der Lage sind - egal ob hetero oder lesbisch - die Struktur in diesen toxischen Beziehungen ist die gleiche, aufgebaut auf einer ungleichen, zerstörenden Partnerschaft, einem Täter und einem Opfer, auch wenn beide nicht glücklich und erfüllt sind und beide Hilfe und psychologischen Beistand bräuchten.
Eine mutige, persönliche Lektüre, die es schafft, auf ein Tabuthema aufmerksam zu machen, ein dichter, verstörender Blick auf die verwundete Psyche der Autorin.

Bewertung vom 07.11.2021
Wenn ich wiederkomme
Balzano, Marco

Wenn ich wiederkomme


sehr gut

Eine Familie im Zusammenbruch
Die Italienkrankheit

Erst verlässt die Mutter Manuela die Familie in Rumänien und geht als illegale Arbeitskraft nach Italien, um finanziell für ein gesichertes Einkommen und eine gute Schule für die beiden Kinder Manuel und Angelika zu sorgen. Später verabschiedet sich auch noch der Vater, um als Fernfahrer in der Fremde zu arbeiten. Die beiden Jugendlichen werden nun von den Großeltern liebevoll aufgezogen, aber diese sind alt und können nur bedingt die Eltern ersetzen.
Der Roman handelt von den Auswirkungen des Verlusts der Kinder, von der Einsamkeit, der Sehnsucht nach Familie und Gemeinschaft, aber auch dem Überlebenswillen, dem Wunsch der Mutter, den eigenen Kinder mehr bieten zu können und für ein glückliches, erfülltes Leben zu sorgen.
Aber wir ahnen bereits, dass Glück nicht käuflich ist und sich die Probleme häufen werden. Wie gehen die beiden Geschwister mit der traumatischen Erfahrung um? Kann der materielle Zugewinn das Fehlen der Eltern ersetzen? Wo beginnt Verantwortung? Wer lädt Schuld auf sich? Und ist ein gemeinsames Leben danach noch möglich?

Die unterschiedlichen Erzählperspektiven lassen den Erzähler die Figuren kennenlernen. Besonders gelungen ist Maro Balzano die Darstellung des jugendlichen Manuels; diese Sicht und Erzählweise lässt uns in die Psyche des Jungen mit all den Widersprüchen und Wünschen eines Heranwachsenden eintauchen und er wächst uns schnell ans Herz. Fremder dagegen bleiben Mutter und Tochter und ihr Handeln ist nicht immer nachvollziehbar.
Aber dennoch: Alle haben mein Mitgefühl, es gibt nur Verlierer in dieser materiellen Welt.
Der Autor thematisiert die Problematik der Menschen, die im Ausland illegal arbeiten (müssen), um Geld nach Hause schicken und damit eine ganze Familie ernähren zu können. So viele unterbezahlte, häufig illegale, d.h. nicht angemeldete Arbeitsstellen - Putzfrauen, private Altenpflegerinnen, Bauarbeiter, Erntehelfer - für die keine einheimischen Arbeitskräfte gefunden werden. Menschen, die unter unwürdigen Bedingungen existieren und immer nur in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft leben.
Insgesamt ein lohnenswertes und wichtiges Thema, das bis jetzt leider kaum in der Literatur vorkommt - vermutlich, weil zu viele in unserer Welt von diesem System profitieren.