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LichtundSchatten

Bewertungen

Insgesamt 276 Bewertungen
Bewertung vom 05.03.2024
Mami goes Millionär
Mayer, Carmen

Mami goes Millionär


ausgezeichnet

Die meisten sparen auf ihre Rente - statt die finanzielle Unabhängigkeit schon viel früher zu sichern!

Dr. Carmen Mayer wurde Mutter und musste sich ihren Traum vom Haus in München abschminken. Denn dort liegen Preise für ein neues Haus bei über einer Million im Bereich des Normalen.

So beginnt dieses Buch und fesselt einen von Beginn an. Ich habe schon viele dicke Wälzer über Aktien gelesen und nie bekam ich wirklich Lust auf das Thema.

Ganz anders hier. Frau Mayer gelingt eine ganz seltene Umsetzung: sie schreibt fesselnd und spannend zugleich, sie kann obendrein klar und verständlich erklären, auch komplizierte Sachverhalte treffend entzaubern. Nicht Länge der Texte steht im Vordergrund, sondern Kürze der Erkenntnisse.

Es geht auch um Aktien etc., vor allem aber geht es um die Investition in die eigene finanzielle Freiheit, ein Teil des Einkommens sollte in diesen Bereich investiert bzw. gespart werden, um bald seine Früchte zu tragen. Der Begriff des Sparens wird so seiner altmodischen Hülle entkleidet und neu in den Mittelpunkt gestellt.

Wir lernen den Wert unterschiedlicher Lebensbereiche kennen, für die man monatlich etwas vorsehen bzw. zurücklegen sollte. Die eigene Freiheit steht dabei an erster Stelle, ohne jedoch Glück, Vergnügen und Freude außen vor zu lassen. Die Erkenntnis, einen gewissen Betrag monatlich in sich selbst zu investieren, sollte schon in Schulen gelehrt werden.

Sich einen Überblick zu verschaffen, zu sehen, wirklich bin in alle Details zu sehen, was man ausgibt, also ein Haushaltsbuch zu führen, ist zentral. Interessanterweise hatte ich schon vor diesem Buch (endlich) damit begonnen und treffe jetzt sozusagen auf eine Aufgabe, die ich schon erledigt habe.

In Zeiten niedriger Zinsen sind Aktien die lukrativste Anlage, so dass trotzdem ein höherer Zinssatz erreicht werden kann, der sogar in einem Bereich von 10-15% liegen kann. Mit diesem Hebel wird finanzielle Freiheit möglich, es erfordert nichts anderes als echtes Interesse für Firmen, die als Aktiengesellschaften Teile an alle abgeben und uns an ihrem Erfolg teilhaben lassen.

In diesem Buch wird Aktienanalyse auf jene Eckwerte heruntergebrochen, die wichtig sind und eine Einschätzung leicht ermöglichen. Dieses Buch war und ist eine der sinnvollsten Investitionen in die Zukunft. Ein Thema kommt näher, das jeden angehen und begeistern sollte.

Bewertung vom 04.03.2024
Verachtung nach unten
Wendt, Alexander

Verachtung nach unten


ausgezeichnet

Die Bürgergesellschaft soll heute durch eine neue Sinn-Produktion ersetzt werden, die sich in verschiedensten Ausprägungen über uns legt und alles instabiler und diffus hysterischer macht. Was würden wir verlieren, wenn sich dieses neue kollektivistische Denken weiter ausbreitet und die Diskurs- bzw. Handlungshoheit erzielt? „Ihr Glaubenssystem enthält nichts Menschenfreundliches, nichts Befreiendes, nichts, was eine Gesellschaft befrieden könnte.“

„Die neue moralische Klasse, die sich links ausstaffiert, arbeitet in den westlichen Ländern gerade daran, die Früchte der Aufklärung zu vernichten - und das unter dem Banner des Fortschritts.“ Warum erleben wir heute dauernde Anklagen, von BLM über Hass auf Parteien bis hin zu kolonialen Anklagen? Enzensberger hat eine wesentliche Ursache schon 1994 beschrieben: „In der Abenddämmerung der Sozialdemokratie hat dagegen Rousseau noch einmal gesiegt. Sie haben nicht die Produktionsmittel, sondern die Therapie verstaatlicht. Dass der Mensch von Natur aus gut sei, diese merkwürdige Idee hat in der Sozialarbeit ihr letztes Reservat. Pastorale Motive gehen dabei eine seltsame Mischung ein mit angejahrten Milieu- und Sozialisationstheorien und mit einer entkernten Version der Psychoanalyse. Solche Vormünder nehmen in ihrer grenzenlosen Gutmütigkeit den Verirrten jede Verantwortung für ihr Handeln ab.“ („Aussichten auf den Bürgerkrieg“, 1994, S. 37)

Was haben Flüchtlinge und heimatorientierte Bürger bei uns gemeinsam? Sie suchen vor allem eine stabile, gewohnte Umgebung! Alexander Wendt schildert zu Beginn einen Ort in Portugal, in dem Auswanderer in Europa ankommen und sich weiter entwickeln wollen. In der Siedlung Cola de Vapor, der Dampfbucht. Das Abstrakte unserer Diskussion wird damit in Konkretes verwandelt, die tatsächlichen Probleme erfasst und verstanden. Anschauen was ist und verstehen lernen, Sozialdemokraten könnten sich an diese Aussage erinnern und daran denken: „Alles, was den Westen wertvoll macht, steht auf dem Spiel: die Idee des Bürgers, die Rationalität, das Prinzip von Rede und Gegenrede, die offene Entwicklung.“

Der schönste Satz des ganzen Buches steht gleich am Anfang: „Tief ist der Schacht, in dem linke Ideen liegen.“ Waren sie früher noch von der Idee beseelt, bessere Verhältnisse für alle zu schaffen, so sind Linke, die heute in der Hülle ihrer alten Ideen weiter-arbeiten, von ganz anderen Dingen durchdrungen. Ihre Sinnproduktion greift zu allem, was sich heute dazu eignet, die ganze Welt zu beglücken. „Dieses Buch handelt von Kräften, die in ihrem Moraldünkel Schwächere von oben belehren und and den Rand der Gesellschaft drängen, und das in sozialer und kultureller Hinsicht.“ Du bist rechts? Schweig und fühle Schuld!

So geht es dem Autor als er seine Konkretionsforschung bei Tadzio Müller betreibt, Trumpisten und Rechte sind dort nicht willkommen. Das Gespräch mit diesem Klimaaktivisten (um den Hals eine Verschlusskette mit der Aufschrift Slave) vermittelt das ganze Können Wendt’s in schönster Transparenz, ebenso das Gespräch mit Ackner oder Stegemann (aufstehen Bewegung). Die Lücken und das emotionale Können dieser Personen zerfließt in eine Analyse, die unsere letzte Vergangenheit bestens erklärt. Die Bewohner der Brennpunkte mussten sich von denen der besseren Viertel erklären lassen, warum ein Zustrom von Menschen aus dem arabischen Raum ein Segen sei. Wer dagegen ist, sei ängstlich, zynisch, eine trübe Tasse. Der Süddeutsche Beobachter titelte sogar von „wunderlichen Nicht-n….n“.

Wir lesen in den Kapiteln dieses Buches vom Zentrum der Sinnproduktion, den dort ansäßigen Wohlgesinnten in die Außenbezirke und zurück, die Wanderungen des Alexander Wendt bestechen durch überraschende Wendungen und Querverweise, sie machen mehr als deutlich, wo Probleme und Möglichkeiten liegen. „Selbst verstocke Dörfler zeigen sich Zuzüglern aus Schwarzafrika gegenüber meist toleranter als Wohlgesinnte (z.B. im Prenzlauer Berg), wenn Unbefugte in ihren Herrschaftsbereich eindringen.“

Die Wohlgesinnten hätte auch ein Buchtitel sein können, ihre moralische Verachtung der Peripherie zeigt sich aktuell in massenhaften Demonstrationen gegen alle, die ihre Gesinnung nicht teilen. Ihre Versatzstücke früherer linker Politik glänzen zwar noch, aber der matte Abglanz verrät doch religiöse Züge, die per eigener Sinnenmacht in Schuldige und Opfer teilt, ja permanent nach neuen Symbolen dieser Deutungsmacht sucht.

Wer Deutschland in den 2020ern verstehen will, wirklich tiefergehend und erhellend, liegt mit diesem Buch genau richtig. Ein feiner, vorsichtiger Aufzeichner der Befindlichkeiten sucht weniger nach Schuld als nach guten Lösungen, nach einem besseren Miteinander, das täglich leider immer mehr abbröckelt.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.03.2024
Ist das euer Ernst?!
Hahne, Peter

Ist das euer Ernst?!


ausgezeichnet

Statt Fakten gibt es heute fast ausschließlich eine andere, süßlich klingende Kost: Haltung und Moral. Politiker schwadronieren auf gute Art und Weise, sie überreizen die Toleranz ihrer Bürger, denen sie eigentlich zu Wahrheit, Vernunft und Sachlichkeit verpflichtet wären. Die eine Hand nimmt das Steuergeld und schaufelt es vor allem in die eigenen Taschen und Interessen. Gut dazustehen in der Welt ist wichtiger, als der Rentnerin zu helfen, die in der Stadt nach Pfandfalschen sammelt.

Deutschland hat eine von Franz Werfel 1946 veröffentlichte Vision (Roman „Stern des Ungeborenen“) erfüllt: „„Zwischen Weltkrieg II und Weltkrieg III drängten sich die Deutschen an die Spitze der Humanität und Allgüte. Und sie nahmen das, was sie unter Humanität und Güte verstanden, äußerst ernst. Sie hatten doch seit Jahrhunderten danach gelechzt, beliebt zu sein. Und Humanität schien ihnen jetzt der bessere Weg zu diesem Ziel. Sie fanden diesen Weg sogar weit bequemer als Heroismus und Rassenwahn. So wurden die Deutschen die Erfinder der Ethik der selbstlosen Zudringlichkeit.“

Wer nach außen großzügig auftritt, muss nach innen Grenzen ziehen. „Deutlichste Botschaft aus allen Umfragen der letzten Monate: Das Volk fühlt sich verachtet.“ Peter Hahne redet Klartext und spart kein brisantes Thema aus. „Die schwurbelnden Verfassungsschützer wittern überall Staatsfeinde.“ Diese Staatsfeinde wenden sich entsetzt ab und werden umgehend beobachtet, auch unterhalb strafrechtlicher Aussagen soll es schwerer werden, Kritik zu üben und die Politiker zu durchlüften. Selbst Witze über Minister dürfen nicht mehr gemacht werden, auch wenn diese eigene Freunde und Verwandte im Ministerium unterbringen.

„Demokratisches Widerstand ist mächtiger als betreutes Denken und ideologischer Mainstream.“ Peter Hahne schreibt mir meinen Ärger von der Seele, in 28 Kapiteln, die sich gewaschen haben - bis hin zur Seite 134, mit der Überschrift: „Wir schaffen das (ab)!“

144 Seiten klare Fakten, sachliche Feststellungen und Analysen, die jeden mitlesenden Politiker erschaudern lassen müssen und ihm vermitteln, was zu tun ist. Ihre Sprach-Kosmetik fällt jedem inzwischen auf: Steuererhöhungen sind Zukunftsinvestitionen, Schulden Sondervermögen, Indoktrinationen sind Narrative, Pleiten nur vorübergehender Produktionsstop. „Allein die Wortschöpfungen aus Habecks Vetternwirtschafts-Ministerium oder Lauterbachs Münchhausen-Ministerium bieten ein Kaleidoskop der Manipulation.“

Peter Hahne schafft einen Zustandsbeschreibung deutscher Dramen und Befindlichkeiten, die jedem klar machen, warum Kirchen heute nicht nur leer, sondern gähnend leer sind. Sein christlicher Glaube vermittelt eine Philosophie, die auch Napoleon nicht verborgen geblieben ist, der folgendes sagte: „Je weiter ich mich nähere, je gründlicher ich forsche, desto schleierhafter wird mir alles; alles bleibt erhaben - von einer Erhabenheit, die überwältigt. Seine Religion ist die Offenbarung einer Intelligenz, die bestimmt nicht die eines Menschen ist. Es gibt darin eine tiefe Originalität, die eine Reihe von bis dahin unbekannten Worten hervorgebracht hat. Jesus borgte sich nichts von unserem Wissen aus. Nirgendwo ausser einzig in ihm selbst lässt sich die Nachahmung oder das Beispiel seines Lebens finden.“

Peter Hahne ist ein unermüdlicher Kämpfer für Vernunft und Aufklärung, die mit der christlichen Religion eine solide, säkulare Basis erhielt und heute keinesfalls mit moralischem Sektierertum und Ausgrenzung Andersgläubiger gemeinsame Sache machen darf. Moral, Masken und Meldung machen - diese drei Facetten aktueller Befindlichkeiten scheinen ihren Höhepunkt erreicht zu haben. Noch nie mussten Politiker so lange Zeit in der Maske sitzen, um sich schminken zu lassen, um ihre Hochmoral in alle Mikrofone zu sprechen, um die Bevölkerung zu ermahnen, streng Meldung zu machen, wenn gegen die Moral verstoßen wird.

12 von 14 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.02.2024
Gibt's das auch in Grün?
Scheidecker, Kerstin;Tölle, Katja

Gibt's das auch in Grün?


sehr gut

„Die Industrie verkauft uns Umweltsünden - und wir kaufen sie.“ Leider ist diese Aussage mehr als wahr. Es kann nicht falsch sein, sich Gedanken über Produkte zu machen, die in ihrer Produktion und dem Transport schädlich sind für Mensch und Umwelt. Produkte bewusst auszuwählen, die Tricks der Industrie zu erkennen, diese Zielsetzung des Buches macht es zu einer hochaktuellen Publikation, die jeder kennen sollte.

Wussten Sie, dass China der weltweit größte Tomatenproduzent ist?, der Tomatenmark exportiert und z.B. Italien das Ganze als italienisch „verpackt“ und weltweit vertreibt!

Wir ahnen viele Probleme, wollen sie aber nicht mehr wissen, weil es so schön bequem ist, das ganze Jahr über z.B. Erdbeeren zu genießen. Sie aus Afrika zu importieren ist aus vielen guten Gründen schlicht unanständig. Auch weil Wasserspeicher in Afrika nur begrenzt vorhanden sind und die Früchte eingeflogen werden müssen.

Abseits politischer Haarspaltereien einfach sachlich über Notwendiges zu berichten, mit dieser klaren Herangehensweise werden aus den Tipps und Hintergrundinformationen nutzbringende vernünftige Informationen: zum Beispiel, welche Putzmittel im Haushalt tatsächlich benötigt werden und wie diese einzusetzen sind. (Diese Putzmittel brauchen Sie wirklich. S. 194-197)

Die Themen bzw. Gliederungspunkte des Buches sind: 1. Zu weit gereist 2. Kampf ums Wasser 3. Tierisch schlechtes Gewissen 4. Soja und Co 5. Kosmetik 6. Mikroplastik aus der Tube 7. Waschmittel 8. Putzmittel 9. Fashion untragbar 10. Ökostrom

Weniger gut gefällt mir das Buch dort, wo es wieder aktivistisch oder Ideologie-getrieben wird, z.B. auf Seite 245, wo zu Streiks etc. aufgerufen und sogar empfohlen wird, für sog. Klimaschädlinge gar nicht mehr zu arbeiten. Das Anliegen hat ein solches Vorgehen gar nicht nötig, es ist jedem vernunftbegabten Wesen sowieso eingängig und klar. Die Problematik von Atomkraftwerken wird zudem nicht diskutiert, obwohl fast alle Länder um Deutschland darauf setzen und den deutschen Sonderweg stützen müssen, mit der Folge überproportional hoher Strompreise.

Ich nutze das Buch primär dort, wo es sinnvoll und sachlich agiert, sobald Angst- oder Drohelemente einfließen, überlese ich. Mir wird immer klarer, dass wir alle einen runden Tisch bräuchten, an dem wieder sachlich diskutiert werden kann und wo angstinduziertes Gehabe ausgeblendet wird. Mit Grünen Aktivisten ist heute nahezu kein vernünftiges Gespräch mehr möglich, die Nähe zu Sekten wird immer dramatischer.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.02.2024
Menschen überzeugen, die Recht haben wollen
Braun, Marie-Theres

Menschen überzeugen, die Recht haben wollen


ausgezeichnet

Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel. Diese Aussage, vermutlich von Maslow, vermittelt unsere heutige Diskussionskultur in ihren alternativlosen Verläufen leider viel zu oft. Wie wäre ein besseres Miteinander möglich? Dieses lesenswerte Buch trägt zusammen, was wirklich helfen könnte. Man sollte immer im Gespräch bleiben, hinhören, nachfragen und daran interessiert, eine gemeinsame Lösung zu finden.

Dazu werden kooperative Techniken erläutert (1. Teil), gefolgt von 2. wichtigen Persönlichkeitsmerkmalen und 3. Hinweisen zur besseren Online-Kommunikation.
Insgesamt ein hervorragendes Buch zur Wieder-Vergegenwärtigung jener Facetten eines Gesprächs, das munter hin- und her fließt und bei dem keiner gewinnen will außer der Lust gemeinsam mehr zu verstehen und zu wissen.

Rhetorik war im alten Griechenland eine der grundlegenden Künste und lebte vor allem vom Hineinversetzen in das Gegenüber. Eine der Standardregeln war und ist „4. Paraphrasieren - der kontrollierte Dialog“ , d.h. in jeder Diskussion fasst man das vom anderen gesagte nochmals kurz zusammen, man versetzt sich so in ihn hinein und kann gleichzeitig kontrollieren, ob man ihn richtig verstanden hat.

Es stimmt, im Internet findet durchaus sinnvolle Kommunikation statt, man tauscht sich aus und beleidigt sich leider oft schneller. Trotzdem macht es Sinn, dort zu sein und sprechen, d.h. argumentieren zu üben, anderen anzuhören, um vor allem auch außerhalb der eigenen Bubble klüger zu werden.

Es ist eines der zentralen Probleme der Jetzt-Zeit: Ausgrenzung und Diffamierungen drohen unsere Gesellschaft zu spalten. Mit diesem Buch kann dagegen gearbeitet und wieder zu einem sinnvollen Miteinander gekommen werden. Sehr, sehr lesenswert - mit direktem Anwendungsbezug.

Bewertung vom 20.02.2024
Wählermärkte
Korte, Karl-Rudolf

Wählermärkte


gut

Als ersten Satz lese ich: „Der Markt ist kein Modellgeber der Demokratie.“ Prof. Korte korrigiert von dieser Metaebene in die soziale Marktwirtschaft und am besten sei der Wochenmarkt als Vergleichsmaßstab zu betrachten. Weil dort Gespräche stattfinden würden. Er sei ein gelerntes Forum der Begegnung und des Austauschs, ein Modellgeber für Demokratie. Aktuell höre ich dort allerdings nur Hinweise auf zu hohe Preise und eine hohe Unzufriedenheit mit ideologisch motivierten Politikern. Auch sehe ich, dass immer weniger Menschen auf die romantischen Wochenmärkte in Innenstädten gehen, sondern beim Discounter einkaufen müssen.

Im Buch erfahren wir Grundlegendes zur Wähler und Wahlforschung, Zielgruppen, Motivationen usw. - sehr gut und verständlich aufbereitet. Dem Deutschen ist alles Polarisierende fremd, er strebt zum mittigen Ausgleich, so könne man ganz allgemein sagen. Faktoren für die Wahlentscheidung sind u.a.:

Parteipräferenzen
Wirtschaftliche Faktoren
Soziale und demographische Faktoren
Medienpräsenz
Aktuelle Ereignisse
Regierungspolitik

Mir fehlen hier kulturell-religiöse Aspekte, die m.E. heute ganz wesentlich zu Wahlentscheidungen beitragen.

Fast die Hälfte aller Wähler hat 2021 per Briefwahl abgestimmt, ein Verhalten, das Korte eher kritisch sieht: „Die Urnenwahl sichert die Grundsätze der Allgemeinheit und des Geheimen.“ Um dies sicherzustellen, müsste der Zeitraum der Briefwahl deutlich verkürzt werden.

Der deutsche Wähler ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern deutlich sicherheits- und stabilitätsorientierter, fasst Korte zusammen und skizziert die aktuelle Parteienentwicklung bis hin zum neuen BSW.

Wir leben in einem Zeitalter des Gewissheitsschwunds und müssen auch in Deutschland mit geänderten Parteienlandschaften leben lernen. „Als Unmutsaufsauger profitiert die AfD von diffusen Ängsten der Entgrenzung und Entsicherung, wie sie mit der Modernisierung von Gesellschaften einhergehen. Das Unbehagen richtet sich gegen kulturelle Entfremdung.“ Ich würde hier allerdings nicht von diffusen Ängsten, sondern sehr konkreten Tatsachen reden, die man beobachten kann. Aber eben auch ausführlich studieren sollte, wie z.B. Frauen im Islam behandelt werden. Ilhan Arsel, ein türkischer Verfassungsrechtler, hat hier ein wichtiges Buch geschrieben: „Frauen sind Eure Äcker.“

Dass die AfD mit Fake-News vorgeht, wäre mir zudem neu. Sie sei ein populistischer Volksbelauscher, schreibt Korte. Ist das nicht jede Partei? Korte bleibt in diesem Bereich so vage wie alle Altparteien, nur keine Diskussion über kulturell-religiöse Unpässlichkeiten. Hier stochert dieses Buch im Nebel, schade, denn es war in weiten Teilen lesbar, hier wird es schwammig und ausgrenzend.

Man lese zum Beispiel das laut: „Die Dynamik der AfD ist schwer einzuschätzen. Aber viele Wähler finden sich auch dort, weil dort offenbar alles ausgesprochen wird, was sie selbst bedrückt und weil sie gleichermaßen auch alles verstehen, was dort propagiert wird. Diese Erfolgsformel von Populisten muss man nicht imitieren, aber strukturell verstehen.“ Am Ende setzt Korte sogar diesen Satz: „Es gibt viele Auswege, um den Durchmarsch von Demokratieverächtern zu verhindern.“

Mein Gefühl ist, dass der Wochenmarkt keine gute Metapher für Demokratieausformung ist. Dort scheinen nur noch die oberen Gesellschaftsschichten mit hohem Einkommen zu verkehren, die weniger von der Inflation betroffen sind. Und die sich weitgehend einig sind in ihrem Demokratieverständnis bzw. der Ausgrenzung von Demokratieverächtern wie oben von Korte skizziert. Vielleicht sollte das nächste Buch nicht den Wochenmarkt-Diskussionskreis zum Vorbild nehmen, sondern Menschen, die beim Discounter einkaufen müssen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.02.2024
Das Ausrufezeichen. Eine rebellische Geschichte
Hazrat, Florence

Das Ausrufezeichen. Eine rebellische Geschichte


ausgezeichnet

Lärmstange, Macho, Brüller - so könnte man das Ausrufezeichen nennen. „Es ist aufbrausend und maßlos, ein emotionaler Verstärker.“ In England werden Kinder, die es bei Klassenarbeiten zu häufig verwenden, schlechter bewertet.

Wie also sollte man umgehen mit einem Zeichen, das fettig und schwer verdaulich scheint und das wir nicht wirklich benötigen? Es schreit nach Aufmerksamkeit und Protest, es drückt Bemerkenswertes aus, sogar Gefährliches oder Provokatives, Witziges, Überraschendes, es bringt unsere Gedanken in Bewegung, in Aufregung und lässt es in unseren Ohren und Augen und Mündern explodieren. Das Ausrufezeichen macht uns nervös, wir lieben es ebenso wie wir es verachten.

Das Buch von Florence Hazra! möchte das wenig geliebte Zeichen erlösen und ihm seine Sinnhaftigkeit zurückgeben. Wir unternehmen eine Tour durch die Gesch!chte. Tatsächlich wurde das umgedreht i auch von Rishi Sunak, dem englischen Premier verwendet. Sein Plakat mit der Aufschrift: „Ready for Rish! hat eine ganz besondere Ausstrahlung. Ebenso das En Marche! der ersten Macron Kampagne aus Frankreich.
Später nutzte er das einfach „Avec vous“ und dann das „Nous tous“.

Angela Merkel ließ das „Wir schaffen das“ ganz einfach durch die Presse verstärken, die nahezu alle in gehorsamer Pflichtschuldigkeit hinter diesen simplen Satz das Ausrufezeichen setzten. „Vielleicht hätte der Satz etwas weniger Aufmerksamkeit erregt und wäre weniger repräsentativ für die Spaltung der Gesellschaft geworden, hätte man Merkels unaufgeregter Aussage kein ! angeheftet.“

Das Buch macht Spaß, auch als Bewerter von Logos. Jeb Bush hatte seinen Vornamen schlicht mit einem Ausrufezeichen dramatisiert, in einer alten, bekannten Schrift, der Baskerville. „Die Jahreszahl sei zu klein, das ! In Relation zum Namen Jeb zu groß. Es besticht weder mit proportionaler Harmonie noch mit verblüffenden Kontrasten. Es ist etwas langweilig, und das strahlt unfreiwillig auf den Besitzer zurück.“ Tatsächlich konnte hier die Wort-Bild-Marke keinen Überschwang entfachen, weil die Person es auch gar nicht ausstrahlte - ein deplatzierte Ausrufezeichen mithin.

Natürlich kennt jeder heute das „Make America great again!" Was könnte hier anders dahinter stehen als ein Auslautrufezeichen. Wussten Sie, dass Clinton und Reagan diese Aussage ebenfalls nutzen, allerdings ohne den Brüller! Trump’s Zeichen strotze vor Grafikdesign Fehlern - war aber trotzdem erfolgreich. Es bringt mich immer wieder zu der schönen Aussage: „Regeln im Leben sind Krücken für kreativ Lahme.“

Als jemandem, der ein Leben lang im Grafikdesign-Gewerbe tätig war, hat mir das Buch viel Neues, Überraschendes, auch Bekanntes vermittelt, höchst vergnüglich und spannend zu lesen, ein Geschichtsbuch vor allem, das mir als Buchliebhaber ganz besonders gut gefällt, weil es einen roten Beschnitt hat und von außen einfach wunderschön aufgemacht ist.

„Grammatikregeln sind weder unendlich noch universell. Sie sind historisch, sie dienen uns zu einer Zeit, in der wir über bestimmte Technologien verfügen, die einen bestimmten Zweck erfüllen. Wir wachsen aus ihnen heraus wie aus Kleidungsstücken und ersetzen sie dann.“ Das Ausrufezeichen aber wird immer dazu gehören, ein langer Strich und ein harter Punkt als ein Symbol für Wundern, Wunder, Wunderbar, ich habe es schon immer gemocht.

Wenn ich das Buch verkehrt herum, also mit der Beschnittkante nach außen, in ein Regal meiner Bibliothek stelle, wirkt es als Ausrufezeichen und Erinnerungsanker. Ich habe es inzwischen tatsächlich schon zweimal gelesen, mit großem Gewinn!

Für mich vor allem auch ein Unterwegs-Dabei-Buch:

Format: 12x19
Dicke: 2 cm
Seitenzahl: 222

Bewertung vom 17.02.2024
Die infantile Gesellschaft. Wege aus der selbstverschuldeten Unreife. AKTUALISIERTE AUSGABE
Kissler, Alexander

Die infantile Gesellschaft. Wege aus der selbstverschuldeten Unreife. AKTUALISIERTE AUSGABE


ausgezeichnet

Enzensberger hat 1994 formuliert: „In der Abenddämmerung der Sozialdemokratie hat dagegen Rousseau noch einmal gesiegt. Sie haben nicht die Produktionsmittel, sondern die Therapie verstaatlicht. Dass der Mensch von Natur aus gut sei, diese merkwürdige Idee hat in der Sozialarbeit ihr letztes Reservat. Pastorale Motive gehen dabei eine seltsame Mischung ein mit angejahrten Milieu- und Sozialisationstheorien und mit einer entkernten Version der Psychoanalyse. Solche Vormünder nehmen in ihrer grenzenlosen Gutmütigkeit den Verirrten jede Verantwortung für ihr Handeln ab.“ („Aussichten auf den Bürgerkrieg“, 1994, S. 37)

Alexander Kissler beschreibt in diesem spannenden Buch zu Beginn die Erziehungskonzepte Rousseaus, einem Vordenker heutiger infantiler Verhaltensweisen in Politik, Wirtschaft und unserem Zusammenleben. Wumms, Doppelwumms, der Kanzler spricht heute eine Sprache, die sich an unmündige Kinder wendet. Nicht nur leichte Sprache, nein in Comic Blasen reden Politiker mit ihren Bürgern, die sich merkwürdig vorkommen müssen ob den lustigen Figuren, die sie unterhalten, vom Sandmännchen bis zum Kanzler und zur Tagesschau.

„Die Leichte ist die auf ihren Nutzwert reduzierte Sprache.“, schreibt Alexander Kessler und fühlt mit Bürgern, die sich in einer „Alles ist easy Gesellschaft“ als Verirrte auch vorschreiben lassen sollen, was sie zu denken haben. Habeck schreibt in seinen Büchern von Mitbürgern, bei denen gewisse Sachverhalte auf „denkunmöglich“ zu stellen sind.

„Natürlich diskutiert man in Berlin, wo sonst, unter der Überschrift „Sustainable Pee:radise über öffentlich Toiletten als transformative Kraft für sozio-ökologischen Wandel.“ In Berlin gelten Schmutz und Unzuverlässigkeit inzwischen als Kulturerbe, böse Zungen behaupten, das Wappentier sei nicht der Bär, sondern das Murmeltier. Denn der tägliche Schlendrian gehört dazu, wenig wird pünktlich fertig oder entspricht einem gelernten preußischen Verständnis. Die Clan- und Clubs- Stadt treibt ab, ein einziger Kindergarten des Irrsinns.

37% der Bevölkerung bestätigen, dass Duzen eine Firma unsympathischer macht. Trotzdem treibt diese Unsitte immer neue Blüten und kaltes Duzen könnte für 5% Minuswachstum verantwortlich sein, so der Rezensent hier. „Der geduzte Konsument ist der dressierte Kunde“, schreibt Alexander Kessler. Einer, dem man jede Verantwortung abnimmt, wenn er treu und brav den Vorgaben jener folgt, die es doch gut mit ihm meinen. Er fühlt sich heftig umarmt von Politik, Fernsehen und Unternehmen, die ihm doch nur das Beste wollen, aber die Luft zum freien Atmen nehmen. In Werbeanzeigen nimmt er inzwischen fremde Gesichter als eigene wahr, die ihm die Zukunft in bunten Farben malen.

Ich habe mich mit diesem Buch köstlich amüsiert auf der einen Seite und war bitter gestimmt auf der anderen. Totalitäre Handlungsweisen stufen Bürger zu Kindern ab und reden auch so mit ihnen. Ich fühle, die Sozialdemokratie und grünes Weltmoralbessertum geht seinem glühenden Sonnenuntergang entgegen, es kennt vermutlich keinen Aufgang mehr.

Alexander Kissler lässt den infantilen Menschen hinter uns und gibt den Weg vor: "Der reife Mensch richtet sich nicht ein in Untergängen, denn er traut sich und anderen etwas zu...er braucht weder einen Dolmetscher noch einen Lautsprecher für sein Herz." Der reife Mensch braucht kein Demokratiefördergesetz, er denkt und vergleicht selbst, er ist in der Lage mit praktischer Vernunft zu leben. Dem Politiker-Kabarett und einer kindgerechten Sprache kann er nichts mehr abgewinnen.

Bewertung vom 24.01.2024
Die größte Revolution aller Zeiten
Friedrich, Marc;Kössler, Florian

Die größte Revolution aller Zeiten


ausgezeichnet

Eigentlich müsste der Buchtitel lauten: was man schon immer über die Geschichte der Menschheit, die Wirtschaft und vor allem dem Geld wissen wollte und wie Bitcoin die Währungen revolutioniert.

Marc Friedrich versteht es sowohl mündlich als auch schriftlich komplizierte Sachverhalte verständlich darzustellen, er legt mit diesem Buch eine Grundierung dessen vor, was jeder heute zu diesem Thema wissen sollte.

Die Vernunft sagt einem, dass die Rettung ganzer Volkswirtschaften und das endlose Drucken von Geld zu großen Problemen führen muss und wird. Und wenn heute Laien unsere Wirtschaft befeuern mit ideologischen Träumen, dann wird es höchst gefährlich.

Die Währung des Bitcoin steht erst am Anfang. Niemand kann seine Zukunft kennen. Sehr wahrscheinlich aber ist, dass sein Nutzen einen dramatischen Wertanstieg beinhalten wird als ein zentrales, zensurresistentes und digitales Zahlungssystem, das Transaktionen sicher und transparent ermöglicht.

Der Bitcoin kann mithin als Wertaufbewahrungsmittel, Tauschmittel und zur Diversifizierung von Anlageportfolios dienen. Seit seiner Erfindung steigt die Nachfrage konstant an.

Künstliche Intelligenz und Bitcoins sind heute die disruptivsten Kräfte.“ Mithin Entwicklungen, die höchste Chancen beinhalten und Antworten geben auf aktuelle negative Entwicklungen.

Das Internet wuchs in seiner Bedeutung mit der Menge seiner Nutzer, bei Bitcoin wird es ähnlich sein. Mit schwindendem Vertrauen in klassische Währungen, leider abhängig von irrenden Politikern, steigt die Zahl der Käufer und Anwender, Bitcoin dürfte aktuell eine der besten Wertanlagen sein.

„Bitcoin ist seit 2010 der am besten verformende Vermögenswert und stieg pro Jahr im Durchschnitt um 155,6 Prozent seit 2011.“ Nasdaq zum Vergleich: +16,5 %, DAX: + 9,6%.

Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich. Diese Aussage wird höchst nachvollziehbar belegt, wenn man die aktuelle Inflationsentwicklung mit jener der 70er Jahre vergleicht. „Bitcoin ist aufgrund seiner Limitierung die perfekte Absicherung gegen Geldmengenausweitung, Inflation und Wertaufbewahrungsmittel in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit.“

Bitcoin ist vor allem auch ein Mittel gegen repressive, sozialistische Systeme, deren Einschränkungen die Freiheit des Einzelnen nicht ausweiten oder gerechter machen, sondern meist einschränken. Sicherheit reduziert sich dann auf das Niveau von Menschen und Politikern, die bei anderen gewisse Ansichten und Wünsche auf denkunmöglich stellen wollen, damit z.B. eine Insolvenz zum vergnüglichen Nichtstun wird.

Kryptowährungen erleichtern den globalen Online-Handel vorbei an komplexen Währungsumrechnungen, an denen sich heute noch viele, vor allem auch spekulativ bereichern. Eine bekannte Onlinebank nimmt z.B. eine 3-%ige Währungsumrechnungsgebühr, die einfach in einen schlechteren Umrechnungskurs gegossen wird, der erst später, am Jahresende, offen liegt. Beim eigentlichen Umrechnen einer Summe steht aber als Gebühr = 0. Wer den WechselKurs mit dem aktuellen Kurs vergleicht, bemerkt die Raffinesse sofort.

Bitcoin wird das vereinfachen und auf fair stellen. Es scheint eine große Chance. Politiker und die ihnen verpflichteten Zentralbanken tendieren zum endlosen Gelddrucken, zur Inflation. Bitcoin nimmt ihnen diese Mittel aus der Hand und stellt sie auf demokratisch.

Bis heute gibt es mehr finanzielle als digitale Analphabeten. Das Geldsystem geht den meisten über ihren Verstand. Dieses Buch von Marc Friedrich ist ein Lichtblick und bringt Zusammenhänge auf den Punkt, die uns normalerweise verborgen bleiben.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.01.2024
Durchs irre Germanistan
Broder, Henryk M.;Mohr, Reinhard

Durchs irre Germanistan


ausgezeichnet

Zur vierten Auflage, 2024:

Es war letztes Jahr schon mein Lieblingsbuch und mit den neuen Inhalten der 4. Auflage wird es noch besser. Man kann sich die aktuelle politische Lage nur noch mit viel Glauben schön reden und erfährt in diesem Buch die mehr oder weniger nackte Wahrheit - auf sarkastisch, humorvolle Art und Weise. Hass gibt es in diesem Buch nicht, dafür liebevolle Einseifungen für Minderleister.

Der grünrote Sinkflug flattert gelb durch die Lüfte - ein schmerzhafter Zusammenprall von Ideologie und Wirklichkeit. Die öffentlich rechtlichen Medien assistieren noch, aber schon gibt es Kommentatoren, die Front machen dagegen und den einen oder anderen Schuss der Vernunft abgeben.

Ab Seite 222 gibt es neue, zusätzliche Kapitel:
Nicht mehr mein Land, Clash of Civilizations im Oerstufenzentrum Anna Freud, Die zehn Glaubenssätze der Lauchbourgeioisie, Notlage auf Vorrat, Und morgen digitalisieren wir die Vulkaneifel, Wo liegt eigentlich der globale Süden?, Atemlos durch die Nacht, Größenwahn der Riesenzwerge, So wird der Betriff der Zivilgesellschaft ad absurdum geführt.

Aus den Glaubenssätzen der Lauchbourgeoisie gefällt mir das am besten: „Die neoliberale Schuldenbremse ist Gift für unser Land, denn mehr Schulden bedeuten mehr Zukunft!“

Ich behaupte, wer dieses Buch über Monate täglich hört und wieder hört oder liest, kann sich befreien aus dem Narrativ der Angstmacher und Vorschriftenbücher, er atmet besser und ruhiger, er ist immunisiert gegen den aktuell grassierenden therapeutischen Wahn und alle Erzählungen, die Hass säen wollen gegen andere, ohne sachliche Argumente anzuführen.

Meine Rezension zur ersten Auflage 2023:

Ich habe dieses Buch inzwischen einmal gelesen und dreimal gehört. Es ist die gekonnte Durchlüftung einer irren Republik, deren woker Einheits-Schmalz so zum Kochen gebracht wird.

Was ich immer schon dachte, wenn ich aus Versehendas Morgenmagazin einschalte, die Ideen fließen von hier ab wie von mir selbst gedacht, nur viel gekonnter in Szene gesetzt und mit treffenden Vergleichen unterfüttert.

Ich würde mir wünschen, dass dieses Buch in Fortsetzungen im Anhang zum heute Journal oder der Tagesschau gelesen wird. Denn die Vernunft kann langfristig nicht aufgehalten werden. Der König früher hatte dafür die Hofnarren, heute allerdings sind Comedians dazu da, die Regierenden abzusichern.

Gestern Abend interviewte Frau Slomka den Bundeskanzler mit Augenklappe, die Satire hat längst in die Realität Einzug gehalten. Ganz sanft befragte sie den Rekonvaleszenten und irgendwie mit einem tränenden Auge. Ein vergesslicher älterer weißer Herr hat das bestimmt verdient!

Ich kann mir vorstellen, wie Herr Bruder die Augenklappe in dieses Buch aufgenommen hätte. Das Besondere ist ein hintergründiger Humor, der einem Zugang verschafft zu Verbindungen, die sonst im Dunklen geblieben wären.

Beim Lesen und hören beobachte ich mich selbst und stelle fest: Lächeln, laut und leise, Dankbarkeit für die Analysen, gut, dass es noch aufrechte, vernunftbetonte Ansichten gibt.

Besonders gefallen haben mir die Ausführungen über Frank Walter Steinmeier und Frau Wissler sowie Frau Hayali. Das Sturmgeschütz der Demokratie und früherer Arbeitgeber von Herrn Broder, Der Spiegel, wird ebenso treffend charakterisiert.

Statt den täglichen Nachrichten dieses Buch hören, dieses Kontra dem Zeitgeist ist mehr als man verlangen kann, eine Aufmunterung, die hoffen lässt.