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gaby2707

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Insgesamt 1956 Bewertungen
Bewertung vom 17.12.2024
Das Glaskind
Gregg, Stefanie

Das Glaskind


ausgezeichnet

Eine Geschichte, die unter die Haut geht

Schon als Kind hat Ärztin Dr. Maya Bonin ihrer Mutter viel Arbeit mit ihrem jüngeren Bruder Tobias abgenommen. Tobi ist Autist und von klein auf der Augenstern von Mutter Doris, die aber mit der Aufgabe total überfordert ist. Also kümmert sich Maya. Nun hat Maya ihren eigenen Beruf auf einer Frühgeborenenstation in einem Hamburger Klinikum, lebt in einer Beziehung mit Nicholas und wird völlig aus ihrem Alltag gerissen, als ihr Vater Johannes sie bittet nach einem schweren Unfall der Mutter die Pflege von Tobias zu übernehmen. Natürlich lässt Maya alles stehn und liegen, lässt sich von ihrer Arbeit freistellen und fährt sofort nach München um Tobi beizustehen. Mit dem Einzug in ihr Elternhaus kommen all die nicht gewollten Verletzungen und Erinnerungen an ihre Kindheit, wo sie nicht gesehen wurde, zurück.

Die Geschichte von Maya, dem Glaskind, das neben ihrem pflegebedürftigen Bruder und dem Nesthäkchen Merlin weder von der Mutter noch von ihrem Vater richtig wahrgenommen wird, hat mich tief berührt.
Ich trete 1991 in Mayas Leben, kurz bevor Tobias geboren wird. Da ist ihre Welt noch heile. Aber schon als ihre Mutter mit dem kleinen Baby nachhause kommt, wird Mayas Hilfe eingefordert. Und das bleibt so, bis sie als junge Frau nach Hamburg zieht um dort Medizin zu studieren.
Autorin Stefanie Gregg versteht es meisterhaft das Geschehen in der Gegenwart, aus der Vergangenheit und auch aus den Gedanken Mayas miteinander zu verknüpfen und daraus eine sehr emotionale Geschichte zu kreieren. Eine Geschichte, die bestimmt in der ein oder anderen Familie noch heute vorkommt. Durch die bildhaften Beschreibungen kann ich mir die Personen, mit denen ich es hier zu tun habe, sehr gut vorstellen Und vor allem ihre Gefühle kommen sehr gut bei mir an. Was nicht immer leicht zu lesen ist.
Mir hat Maya immer wenn ihre Bedürfnisse nicht gesehen oder einfach weggewischt wurden, unendlich leid getan. Was das kleine Mädchen in ihrer Kindheit und Jugend alles aufpacken musste – einfach unbeschreiblich. Ein Wunder, dass aus ihr so eine taffe und wunderbare Frau geworden ist. Die aber auch ihre Wunden zurückbehalten hat. Der Ausblick in die Zukunft Mayas hat mir sehr gut gefallen und mich zufrieden mit dem Ausgang zurück gelassen.

Ein schwieriges Thema, das Stefanie Gregg gekonnt in eine absolut lesenswerte Familiengeschichte umgesetzt hat. Mich hat die Geschichte gefesselt, sehr berührt und trotz all der Widrigkeiten sehr gut unterhalten. Ein Buch, das eine breite Aufmerksamkeit verdient hat.

Bewertung vom 15.12.2024
Voodoo an der Ruhr
Heimann, Klaus

Voodoo an der Ruhr


ausgezeichnet

Ungewohnte Zauberkräfte im Ruhrgebiet

Oberkommissarin Theodora „Thea“ Terschüren, wegen ihrer roten Haarpracht von den meisten Kollegen beim Kommissariat 11 der Kripo in Essen „Möhrchen“ genannt, wird zur Leiche eines jungen schwarzen Mannes gerufen, der mit verdrehten Gliedern im Treppenabgang zur U-Bahn Haltestelle in der Nähe der Essener Philharmonie liegt, gerufen. Es ist gar nicht so einfach seine Identität und die Todesursache festzustellen.
Zur gleichen Zeit bearbeiten Möhrchen und ihr Mann Erich den Fall einer jungen Prostituierten, die tot in der Nähe des Mühlheimer Wasserbahnhofs angelegt wurde.
In Nigeria, in den Slums von Benin-City, wird die 15-jährige Fayola von einer schwarzen und eine weißen Frau angesprochen, die sie mit Geld und Versprechungen nach Europa locken und mit einem Zauber abhängig machen. Hier verschwindet die junge Frau in einem Bordell.
Ganz schön viel Arbeit für Möhrchen, ihren Mann Erich und Korkmaz Kurt, den jungen Kommissar mit türkischen Wurzeln, der neben seiner Polizeiarbeit auch noch einen Imbisswagen betreibt.

In „Voodoo an der Ruhr“ nimmt mich Autor Klaus Heimann mit in die Welt der Prostitution, des Menschenhandels und der Geisterbeschwörung. Es ist eine sehr leise, aber eindringliche Geschichte, die hier erzählt wird und ich habe mich gleich gefragt, wie die einzelnen Themen zusammen hängen könnten. Eine unterschwellige Spannung macht sich ab der ersten Seite breit, steigt kontinuierlich an und hält sich bis zur Auflösung ganz weit oben.
Wie ich es aus dem ersten Krimi „Mörderjagd an der Ruhr“ kenne, steht hier die Polizeiarbeit wieder eindeutig an erster Stelle. Durch die Dialoge bin ich noch näher dran an den Ermittlungen und auch an den anderen Protagonisten mit ihren Ecken und Kanten, die sie richtig menschlich machen.
Thea und Erich sind sowohl im Kommissariat als auch zuhause ein eingespieltes Team, dem ich sehr gerne folge. Auch Kurt hat sich gut ins Team eingefügt. Nur muss er schauen, dass er seine privaten Probleme besser in den Griff bekommt. Wenn ich an ihn denke, meine ich immer noch den Geruch von altem Frittenfett in der Nase zu haben. Ich mag es sehr, wenn ich die Kommissare auch in ihrem Leben außerhalb der Arbeit kennenlernen kann. So spielen das Private, sowohl von Thea und Erich, als auch von Kurt immer wieder eine kleine Rolle.
Autor Klaus Heimann schafft es mich ab der ersten Seite in die Geschichte, die mich durch den afrikanischen Zauber noch mehr interessiert, hinein zu ziehen. Seine aussagekräftigen Bilder, die er in den verschiedensten Situationen zeichnet, habe ich schnell im Kopf. Wenn ich mir vorstelle, dass es solche Machenschaften unter dem Radar der Polizei immer noch geben könnte, bekomme ich Gänsehaut. Gerade wie hier mit blutjungen Frauen umgesprungen wird, ist für mich unbegreiflich und einfach schrecklich.
Einige Ausdrücke, die ich aus dem Ruhrgebiet kenne, fließen hier und da ein und geben dem Fall den ruhrpöttischen Anstrich.
Die Fälle selbst sind sehr detailliert ausgearbeitet und gut vorstellbar inszeniert. Ich hatte immer wieder Gänsehaut, gerade wenn es um die Rituale der afrikanischen Menschen ging. Und ich habe mich gefreut, dass Möhrchen mal wieder unkonventionelle Wege um ans Ziel zu kommen.

Für mich war dies der 2. Krimi, den ich von Klaus Heimann gelesen habe und der sich ohne Fragen offen zu lassen nachvollziehbar aufgeklärt hat. Er hat mir spannende Lesestunden beschert und mich mit einem für mich neuen, sehr interessanten Thema bekannt gemacht. Vor allem hat er mich sehr gut unterhalten.

Bewertung vom 14.12.2024
Es rappelt in der Kiste
Krüger, Thomas

Es rappelt in der Kiste


ausgezeichnet

Hier ist nichts mit Ruhe auf dem Friedhof

Als Konrad Leisegang, der seit vielen Jahren auf dem Kölner Melaten-Friedhof als Friedhofsgärtner arbeitet, beim abräumen eines alten Grabes eine zweite Leiche unter der ersten findet, ist es mit der Friedhofsruhe erst mal vorbei.
Zur gleichen Zeit bricht ein Passagier im Flugzeug von Bogotá nach Frankfurt tot zusammen. Herzinfarkt? Aber warum wird er von zwei zwielichtigen Personen beobachtet?
Kräftig unterstützt von dem aufgeweckten 10-jährigen Schüler Martin Schmitz macht sich Konrad an die Aufklärung der beiden Fälle, die irgendwie zusammen zu hängen scheinen.

Für mich war es das erste mal, dass ich mit einem Friedhofsgärtner auf Ermittlungstour gegagen bin. Aber ich muss sagen, ich bin absolut begeistert. Vom Erzählstil des Autors Thomas Krüger, der die Welt im Kosmos Friedhof so genial beschreibt; wo ich die Ruhe beim Lesen spüren konnte und ich jetzt noch meine, kleine Mäusezähnchen an irgendetwas knabbern zu hören. Die Beschreibungen von den verschiedenen Orten des Friedhofs und der Gräber finde ich so interessant, dass ich den Melatenfriedhof bei meinem nächsten Köln-Aufenthalt bestimmt mal besuchen werde. Auch den Humor, der hier immer wieder mitschwingt, finde ich einfach köstlich. Und vor allem, die vielen Menschen, die ich hier kennenlerne. Seien es die „Fröblinger“ Oma Gitti, die sich ungefragt vernachlässigter Gräber widmet, der Köbes, der Paul, der Joschi, der dann plötzlich verschwunden ist und die Bernadette; oder Marlies von Törne mit ihrer Qigong-Seniorengruppe aus dem Wohnstift St. Ursula, die ihre Übungsstunden auf einer Wiese am Friedhof abhalten; Violinistin Amalia Schmitz mit ihrem >sohn Martin, die nicht nur ich ins Herz geschlossen habe und die Frorensiker Benedict Weiss, Josepha Roth und Renata Grabowsik, die hier ganz schön viel zu tun bekommen. Aber auch die Kommissare Heribert Rehbein, der kurz vor seiner Pensionierung steht und Jan-Philipp Freese, die bei den Ermittlungen auf Konrad Leisegang angewiesen sind. Ihn mag ich von allen am allerliebsten und habe ihn mit seiner Shadowhawk immer noch vor Augen. So, wie er sich in seiner Fantasie Geräusche zu Bildern übersetzt, pflege ich die Bilder, die hier beim Lesen in meinem Kopf entstehen in mein Kopfkino ein. Und das hat ganz schön viel Arbeit.
Thomas Krüger hat mich mit seiner Geschichte richtig gefordert. Dauernd springe ich von einem Schauplatz zum nächsten, versuche weitere Tote in den richtigen Kontext zu bringen und bei den vielen Wendungen nicht auf falsche Fährten reinzufallen. Die Auflösung zum Schluss hat mich dann doch überrascht. Aber alle Fäden laufen zusammen und ergeben dann ein großes Ganzes, was mich vollkommen überzeugt hat.

Ein ungewöhnlicher Handlungsort, teilweise originelle Charaktere, spezielle Mordfälle und ein außergewöhnlicher Humor – dieses Gemisch hat mir ein paar sehr unterhaltsame Lesestunden beschert. Sehr zu empfehlen!

Bewertung vom 14.12.2024
Wenn wir ins Gras beißen - Das Buch vom Tod für große und kleine Menschen
Wrede, Eric

Wenn wir ins Gras beißen - Das Buch vom Tod für große und kleine Menschen


ausgezeichnet

Ein tolles Buch – nicht nur für Kinder

Der Tod und die Trauer ist etwas über das in unseren Breiten nicht so gerne gesprochen wird. Dabei gehört es zu unserem Leben doch dazu.
Autor Eric Wrede, der als Bestatter und Trauerbegleiter genau weiß, wovon er schreibt, hat hier ein sehr umfassendes Buch für Kinder ab 5 Jahren erstellt. Schon das Inhaltsverzeichnis zeigt, wie umfangreich das Buch vom Sterben, der Trauer und der Bestattung handelt.
Nachdem im Vorwort die Großen, sprich die Erwachsenen oder Bezugspersonen, angesprochen werden, geht es dann kindgerecht mit den verschiedensten Themen rund um dieses wie ich finde, wichtige Thema los.
Besonders gut gefallen hat mir neben den Themen wie „Warum sterben wir“, „Beim Sterben begleiten“, „Warum sterben nicht nur alte Menschen“ und „Warum trauern wir“, dass auch auf die verschiedenen Formen der Bestattung und die Trauerfeiern in anderen Kulturen eingegangen wird. Auch der Blick ins Bestattungsinstitut hat mir sehr gut gefallen.
Die einzelnen Themen werden durch verschieden lange Texte, ausführliche Besprechungen und kleine Illustrationen von Emily Claire Völker richtig greifbar. In farbig unterlegten Kästchen bekommen die Bezugspersonen kleine Hilfestellungen, wie sie mit den Kindern auf dieses spezielle Thema noch besser eingehen können.
Am Ende des Buches gibt es ein Glossar, wo wichtige Begriffe nochmal ausführlicher erklärt werden. Und mit einem QR-Code komme ich zu einem Download mit Links zu weiterführenden Informationen.
Ein sehr interessantes, umfassendes Buch über das Sterben und die Trauer – nicht nur für Kinder.

Bewertung vom 10.12.2024
Nur Norbert malte blauer
Wood, Dany R.

Nur Norbert malte blauer


ausgezeichnet

Tödlicher Malkurs auf Brandners Terrasse

Oma Käthe kann es nicht fassen. Gerade jetzt, wo die Bed & Breakfast Pension, die sie zusammen mit ihrem Nachbarn dem Brandner Karl-Heinz aufgebaut hat, endlich mal ausgebucht ist, lässt der sie im Stich. Ihr Schwiegersohn, Dorfpolizist und selbsternannter Oberkommissar Jupp Backes, ist sowieso der Meinung, dass sie die Pension aufgeben und zu ihrem Lover Hinnerk Rasmussen nach Sylt ziehen sollte. Dann hätte er nämlich endlich seine Ruhe – vor den lärmenden Gästen der Pension und vor allem vor ihr. Aber nein, sein krimineller Spürsinn wird geweckt, als Oma und ein Gast des Malkurses, der derzeit auf der Terrasse der Pension stattfindet, Karl-Heinz in seinem Gartenhäuschen finden. Erhängt. Dorfarzt Dr. Kunz plädiert auf Selbstmord, obwohl er seinen Patienten für vollkommen gesund hält. Doch Jupp lässt nicht locker, lässt Karl-Heinz obduzieren und sein Freund, Gerichtsmediziner Kurti Altmeier stellt fest, dass er ermordet wurde. Jupps einzige Sorge ist nun, dass ihm die Saarbrigger Kripo den Fall wegnimmt.
Außerdem gibt es Ärger im Hause Backes. Eva hat sich von ihrem Freund Sandro getrennt, ist spontan aus Berlin in Hirschweiler zu Besuch und wird bei einer Freundin übernachten, was Mama Inge gar nicht gefällt. Nach einem kurzen, heftigen Gespräch hängt der Haussegen so was von schief. Wie Jupp den Familienfrieden dann wieder herstellt, ist schon eine Schau.
Auch Ex-Kommissar Hinnerk Rasmussen, der neue Freund von Oma Käthe von Sylt bietet sich an, bei den Ermittlungen behilflich zu sein. Nur das kann Jupp ja auf gar keinen Fall zulassen.

Ich habe Jupp Backes, seiner Frau Inge und Oma Käthe bisher bei allen Fällen über die Schulter geschaut. Und auch dieser hier ist Autor Dany R. Wood ausgesprochen gut gelungen. Wenn ich wählen müsste, ist dies für mich sogar der bisher beste Fall aus seiner Feder. Der Fall selbst ist so gut konstruiert, mit so vielen Personen, von denen eine noch interessanter ist wie die andere. Mit alten Bekannten wie dem Gerichtsmediziner Kurti Altmeier, der Hasenkasten-Doris, dem Presley-Günther und eine meiner Lieblinge: dat Müllersch Marianne. Ich habe sie alle im Laufe der Jahre richtig ins Herz geschlossen und freue mich immer, wenn ich sie wiederlesen kann.
Hier nun geht es um den toten Nachbarn Karl-Heinz Brandner, den ich schon aus seiner luftigen FKK-Zeit kenne und von dem ich mich nun leider verabschieden muss. Bis da der Täter gefunden ist, das dauert. Und vor allen sind die Befragungen, die selbst vor Oma Käthe nicht halt machen, sehr interessant. Da hat jeder der Teilnehmer am Malkurs, sei es der Veranstalter Vincent Mühlbauer, Ex-Oberstudienrätin Anneliese Meisele, Rüdiger Eschenbach und seine Frau Ulrike, die unbedingt die neue Bürgermeisterin von Hirschweiler werden will, Dagmar und Norbert Essers aus Köln, Klaudia Fuchs-Spengler oder Aktmodel Laura-Jane Hoffmann irgendwas zu verbergen. Was da alles ans Tageslicht kommt, das solltet ihr unbedingt selbst lesen.
Die Dialoge sind auch hier vom Allerfeinsten und ich habe mein Grinsen kaum aus dem Gesicht bekommen. Was der Jupp da manchmal raus haut, hat schon einen ganz eigenen Humor. Durch den saarländischen Dialekt, den hier manche sprechen, kommt aus das lokale Flair richtig gut rüber.
Der Spannungsbogen baut sich ganz langsam auf und ich hatte immer wieder andere Verdächtige auf meiner Liste. Aber als es dann zur Auflösung kommt, war ich doch überrascht. Damit hätte ich so nicht gerechnet. Aber da hatte Jupp halt wieder den richtigen Riecher.

Ein interessanter Fall, spannende Ermittlungen, jede Menge Verdächtige, ein grandioser Humor und zum Schluss eine unerwartete Wendung – genau das ist es, was mich an dieser Reihe um den Hirschweiler Polizisten Jupp Backes und seiner Familie so fasziniert. Ich freue mich heute schon, wenn es wieder heißt: Familie Backes ermittelt.

Bewertung vom 09.12.2024
O du fiese Weihnachtszeit
Kleinknecht, Markus

O du fiese Weihnachtszeit


ausgezeichnet

12 makaber-böse Geschichten aus Hamburg...

… hat Autor Markus Kleinknecht in dieser weihnachtlichen Anthologie zusammengestellt.
Da geht es um eine missglückte Bescherung vom Weihnachtsmann; den alten Peet, fliegende Tannenbäume und das Schiff Uwe; Paula und Leon, die in einem Dunkelraum auf Gernot treffen; Karl Magnus und Marie, die einen Nachmittag im Gruselkabinett verbringen; Konrad Maybach, der mit Willi auf eine alternative Stadtführung geht und andere skurrile Ereignisse, die genau in diese Vorweihnachtszeit passen.
Da es 12 Kurzgeschichten zwischen 5 und 28 Seiten sind, kann man sie sehr gut jeden 2. Tag als kriminellen Weihnachtskalender nutzen. Hier werde ich nicht in besinnliche, friedliche und weihnachtliche Stimmung versetzt. Nein, hier wird es gruselig, spannend, böse, makaber und kurios. Bei einer Geschichte hatte ich anschließend eine richtige Gänsehaut. Dass alle Geschichten irgendwie zusammenhängen, hat es für mich noch interessanter gemacht.
Für diejenigen, die sich in Hamburg auskennen, dürfte der Lesespaß nochmal ein größerer sein. Aber auch ich hatte ein paar sehr unterhaltsame Lesestunden, die ich jedem – egal ob Weihnachtsfan oder nicht - absolut empfehlen kann.

Bewertung vom 07.12.2024
Der Spieler (Dühnfort 10)
Löhnig, Inge

Der Spieler (Dühnfort 10)


ausgezeichnet

Endlich ist Tino Dühnfort wieder da

Die norwegische Polizei bittet KHK Konstantin „Tino“ Dühnfort, der jetzt als Fallanalytiker arbeitet, um Amtshilfe. Am Fagerstrand in der Nähe von Oslo wurde das Würzburger Ehepaar Wolfram und Mathilde Springer ertrunken aufgefunden. Am Unfallort findet man ein Schatzplättchen aus dem Brettspiel Fikal, obwohl das Ehepaar keine Gesellschaftsspiele spielte. Alles wirkt wie eine Inszenierung. War es wirklich ein Unfall oder steckt hier mehr dahinter? Als Dühnfort auf weitere Todesfälle mit ähnlichen Anzeichen stößt, die zuständigen Ermittler aber die Fälle nicht wieder aufrollen wollen, beginnt er selbst zu ermitteln. Womit er sich natürlich einigen Ärger einhandelt und nicht nur er sich anschließend fragt, ob der Wechsel vom K11 zur OFA nicht ein Fehler war.
Außerdem hängt bei Tino und Gina der Haussegen schief. Ihre Mietwohnung wurde gekündigt und sie können sich nicht einigen, wo und wie sie in Zukunft leben wollen und in welche Schule ihre Tochter Chiara demnächst gehen soll.
Ganz schön viel, was Tino da gerade schultern muss.

„Der Spieler“ ist der 10. Band der Kommissar-Dühnfort-Reihe aus der Feder der Bestsellerautorin Inge Löhnig. Ich verfolge den sympathischen und zielstrebigen Kriminalhauptkommissar nun schon seit seinem ersten Fall im Süden von München und habe ihn in den letzten vier Jahren richtig vermisst. Aber nun ist er zurück und in der Abteilung für Operative Fallanalyse OFA nur noch beratend tätig, was ihn aber auch in andere bayerische Städte führt. Trotzdem ist es ihm richtig anzumerken, wie sehr er seine Ermittlertätigkeit vermisst, obwohl er sich selbst das noch nicht eingestehen will. Aber auch hier hat er das richtige Gespür und erkennt schnell, dass es nicht nur um den einen Fall des ertrunkenen Ehepaares in Norwegen geht.
Gleich am Anfang gibt es drei verschiedene Handlungsstränge. Gerade den mit der jungen Jasmin, die auf einer gepachteten Wiese in Schönham im Rottal in einer Jurte ein ganz einfaches Leben führt, fand ich sehr interessant. Nur war mir lange nicht klar, wie die einzelnen Geschichten zusammen hängen. Doch ganz langsam nähern sie sich an und verbinden sich zum Ende hin zu einem großen Ganzen.
Der Schreibstil von Inge Löhnig ist wie immer sehr flüssig, die Spannung steigt gleich am Anfang an und hält sich konstant hoch bis zum Schluss.
Sie hat mich auch hier wieder sehr schnell in die einzelnen Fälle hinein gezogen und die haben mich bis zum Schluss nicht mehr losgelassen. Es war für mich ziemlich schwierig, das Buch mal aus der Hand zu legen und eine kleine Pause zu machen.
Ich mag es sehr, wenn ich neben den Kriminalfällen auch immer wieder etwas Privates von den Ermittlern erfahre. In diesem Fall haben es Tino und seine Gina Angelucci, die weiterhin in der Abteilung für Cold Cases arbeitet, nicht ganz so leicht und der Haussegen hängt teilweise ganz schön schief. Wie im richtigen Leben halt. Und die Mischung aus Arbeit und Privatem passt auch hier wieder perfekt.
Ich habe Tino auch bei diesen Fällen und seinem Privatleben sehr gerne über die Schulter geschaut. Und ich hoffe, dass ich nicht wieder so lange auf einen neuen Fall für ihn oder auch seiner Gina warten muss.
Allen, die gerne gut erzählte Krimis mögen, kann ich die Kommissar-Dühnfort-Reihe sehr empfehlen. Und da jeder Fall in sich abgeschlossen ist, muss man auch nicht unbedingt mit Bd. 1 beginnen. Lohnen würde es sich auf jeden Fall.

Bewertung vom 06.12.2024
Mord im Himmelreich
Winkelmann, Andreas

Mord im Himmelreich


ausgezeichnet

Mal ganz was anderes von Andreas Winkelmann

Björn Kupernikus, ehemaliger Schauspieler, der sich selbst als vagabundierender Privatier bezeichnet, hat es sich früh am Morgen auf dem idyllischen Campingplatz Himmelreich vor seinem Wohnwagen Otto gerade gemütlich gemacht, da wird er durch einen Schrei einer weiß gewandeten Frau auf ein Stand-up-Paddling-Board auf dem Templiner See aufmerksam gemacht. Das treibt mit einem kleinen weiß-braun-schwarz-gescheckten Hund immer mehr auf den See hinaus. Wagemutig stürzt sich Kupernikus in die Fluten und bringt Board und Hund ans Ufer. Erst da bemerkt er, dass unter dem Board ein Mann angeschnallt ist. Tot. Der kriminalistische Spürsinn von Kupernikus, der immer mal einen Kommissar spielen wollte, ist geweckt. Zusammen mit der Künstlerin Annabelle Schäfer, die im Nachbarort lebt und sehr viel über die Gegend weiß, macht er sich auf die Suche nach Pinguins Herrchen, so hat er den kleinen Hund genannt, und er will den Mörder des Mannes unter dem SuP finden.

„Mord im Himmelreich“ ist der erste Band einer humorvollen Wohlfühlkrimi-Reihe rund um Verbrechen auf dem schönen Campingplatz Himmelreich in der Nähe von Potsdam und den passionierten Camper und Hobby-Tatort-Kommissar Björn Kupernikus und die reizende Künstlerin Annabelle Schäfer.
Ich habe schon einige Thriller gelesen und war skeptisch, ob er auch das Genre Cosy Crime beherrscht. Und ich muss sagen, ja, und das ausgesprochen gut. Ich hatte während des Lesens ein Dauergrinsen im Gesicht. Die Dialoge zwischen Kupernikus und Annabelle sind einfach köstlich. Genau so wie die Gedanken, die sich Kupernikus macht und seine Wortspielereien. Oder das Gespräch mit einem Herrn auf der Toilette. Ich kenne jetzt die Herkunft des Sprichworts „über den grünen Klee leben“ und weiß was Gottesbscheißerle sind. Durch die bildhaften Beschreibungen habe ich das Gefühl mich auf dem Campingplatz und rund um Caputh schon richtig gut auszukennen. Durch den Berliner Dialekt, der hier und da durch einen der Ortsbewohner einfließt, kommt das lokale Flair sehr gut heraus.
Thiago, das Mädchen für alles auf dem Campingplatz, der etwas schusselige HK Edgar Fass, Lothar Decker, der eine Bürgerwehr gegründet hat, Ralle und die rote Luzie und auch die Camper, die ich im Himmelreich kennenlerne, sind alle so detailliert und bunt mit ihren kleinen und etwas größeren Marotten beschrieben, dass ich sie sehr schnell vor Augen hatte und sie in mein Kopfkino einbauen konnte.
In der hinteren Buchklappe finde ich eine Karte des Campingplatzes und der Umgebung, auf der ich mich sehr gut zurecht finden kann.
Richtig süß finde ich den kleinen Hund auf dem Board, der jedes neue Kapitel einleitet.
Ich habe mich beim lesen der Geschichte köstlich amüsiert, bin sehr gerne in den Camping-Kosmos eingetaucht und habe mir meine eigenen Gedanken über dem Toten unter dem SuP-Board machen können. Aber auch die Immobilienbranche wird unter die Lupe genommen, was aber die positive Gesamtstimmung der Geschichte keinesfalls drückt.
Überrascht wurde ich dann von der Auflösung des Falles. Die kam mir zum Ende hin ein bisserl zu schnell und überraschend. Trotzdem gut nachvollziehbar und ohne Fragen bei mir hinterlassen zu haben.

Ein absoluter Wohlfühl-Camping-Krimi, der mir einige sehr amüsante Lesestunden beschert hat. Vor allem habe ich wieder Menschen wie Björn und Annabelle kennengelernt, von denen ich gerne noch viel mehr erfahren würde. Und natürlich will ich auch Pinguin wiederlesen.

Bewertung vom 02.12.2024
Die Gewalt des Sturms
Johannsen, Anna;Bergsma, Elke

Die Gewalt des Sturms


ausgezeichnet

Zwei taffe Ermittlerinnen im Einsatz

HK Lina Lübbers sitzt noch beim Frühstück, als sie von der Polizeisekretärin zu einem Mordfall in einer Anwaltskanzlei geschickt wird. Hier wurde der Inhaber Klaas Stoever an einem Stuhl fixiert, ausgeraubt und ermordet. Nur wenig später wird ihre Kollegin Kea Siefken zu einem abgelegenen Feldweg gerufen, wo Keno de Vries, Inhaber einer kleinen Spedition, bei seiner morgendlichen Joggingrunde überfahren zurückgelassen wurde. Es stellt sich aber schnell heraus, dass dies kein Unfall war. Je weiter die Ermittlungen fortschreiten, desto mehr Ungereimtheiten treten auf und um so deutlicher wird es, dass beide Fälle zusammen zu hängen scheinen. Ein Puzzlestein fügt sich zum anderen und ergibt schließlich ein recht aussagekräftiges Bild.
OK Hauke Behrends, der als Informant beim niederländischen de Jong Clan eingeschleust wurde, gerät langsam aber sicher an seine Belastungsgrenze und muss aufpassen, dass er nicht enttarnt wird. Und hat Lina wirklich denjenigen im Kommissariat gefunden, der interne Mitteilungen an ein niederländisches Drogenkartell weiter gibt?

„Die Gewalt des Sturms“ ist der 2. Bd. der Reihe mit Fällen für Lina Lübbers und Kea Siefken der Kripo im niedersächsischen Aurich in Ostfriesland von Anna Johannsen und Elke Bergsma.
Diesmal arbeiten Lina und Kea mit ihren Teams jeweils an einem eigenen Fall. Schnell kristallisiert sich aber heraus, dass die beiden Fälle zusammenhängen. Hier kommt auch der niederländische de-Jong-Clan wieder ins Spiel, der seine Drogengeschäfte immer mehr auch nach Deutschland auslagern. Durch die grenzüberschreitenden Amtshilfe der niederländischen Kollegen Arie van Dijk kommt es zwar zur Festnahme einiger Täter. Die Hintermänner aber bleiben vorerst noch im Dunkeln. Das facht natürlich meine Neugier auf Bd. 3 so richtig an.
Die Geschehnisse werden jeweils in der Gegenwart aus der Perspektive von Lina und Kea wiedergegeben. Hier gefallen mir besonders die vielen Dialoge, die die Geschichte und die Ermittlungen richtig greifbar machen. Außerdem kommen so die Gedanken und Gefühle der Beiden viel besser bei mir an. Dazu trägt auch die eindringliche und bildhafte Erzählweise der Autorinnen bei.
Die Spannung steigt anfangs nur gemächlich an, steigert sich dann aber rasant um sich bis zum Schluss sehr weit oben zu halten.
Da die Kriminalfälle in sich abgeschlossen sind, können die Bände auch ohne Vorkenntnisse gelesen werden. Aber um die Protagonisten von Anfang an kennenzulernen und dem roten Faden des Maulwurfs folgen zu können, wäre es schon angeraten mit Bd. 1 zu beginnen.
Ich habe mich z.B. gefreut, dass ich hier neben den Kommissarinnen und ihren Teams auch Linas Freund Steffen, der in Barbesitzer Beene in Aurich seine große Liebe gefunden hat, wiederlese. Und auch Lina scheint ja mit Jana ihr Glück gefunden zu haben.

Auch der 2. Bd. der Reihe hat mich für sich eingenommen und begeistert. Und ich freue mich jetzt schon auf den 3. Teil der Geschichte.

Bewertung vom 02.12.2024
STARCK und der erste Tag
Jaschinski, Christian

STARCK und der erste Tag


ausgezeichnet

Hier ist wirkich nichts wie es scheint

Nach 5 Jahren wird der ehemalige Oberstaatsanwalt Andreas Starck aus der JVA Düsseldorf entlassen. Sein erster Weg führt ihn zum Friedhof zum Grab seiner Frau Daniela, die vor 5 Jahren ei einem Autounfall starb. Und dann will er nichts weiter als seine Tochter Greta wiedersehen. Doch das Jugendamt stellt sich quer und legt ihm mehr als einen Stein in den Weg. Doch Starck gibt nicht auf und beginnt, seinen letzten Fall, der ihm alles genommen hat, neu aufzurollen. Unterstützt wird er dabei von KHK Jan-Hendrik Steinbeck, der sich nach kurzem Zögern auf seine Seite stellt. Und auch in seinem einzigen Freund im Knast Duncan Carry hat er Jemanden, mit dem er seine Fragen, die immer wieder auftauchen, besprechen kann. Als er bemerkt, dass er beschattet wird, beginnt ein Katz- und-Maus-Spiel. Noch mehr Verwirrung entsteht, als er herausfindet, dass sein verstorbener Vater irgendetwas mit einer Züricher Bank zu tun hatte, die in seinen damaligen Ermittlungen eine große Rolle gespielt hat.
Wird er seine Unschuld beweisen können?

„Starck und der erste Tag“ ist der 1. Bd. der neuen Thriller-Trilogie von Autor Christian Jaschinski. Und bereits an diesem ersten Tag, seiner Entlassung, hat er mich in die Geschichte hinein gezogen und bis zum Schluss nicht mehr losgelassen. Er legt mir hier einen zumeist unaufgeregten, leisen und doch sehr spannenden, intensiven und teilweise mysteriösen Thriller vor. Er zieht mich hinein in ein Dickicht aus Lügen, Intrigen, Drohungen, Bestechung, Mord, Falschaussagen und Korruption. Und er sogt dafür, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen kann.
Ich lerne Starcks Mutter Susanne kennen, bei der er mangels eigener Wohnung vorerst unterkommt. Seine Schwiegereltern Maja und Benedikt Behrenburg, die für ihn nur Hass und Verachtung übrig haben und ihm die Schuld an Danielas Tod geben. Diese Begegnung und die suche nach seiner Tochter geben der Geschichte einen sehr emotionalen Anstrich, der mir persönlich sehr gut gefällt. Sie haben meinen Eindruck zu dem mir sehr sympathischen Andreas Starck noch verstärkt. Die neugierige Nachbarin Moira St. John-Smythe und ihren Sohn KHK Jobst Stukenbröker, vor vielen Jahren der beste Freund von Starck, der jetzt einen Einbruch bei Starcks Mutter nur halbherzig untersucht, werden sicher nicht meine Freunde werden. Duncan Carry lerne ich bereits an dem Tag kennen, als sich die beiden Männer das erste mal begegnen und der für Starck zu einem engen Vertrauten wird. Und den „Waran“, der sich unauffällig immer wieder an Starcks Spuren heftet. Sogar den cholerischen Staatsanwalt Dr. Henning Plöger kann ich mir gut vorstellen. Sie alle sind dank der bildhaften Beschreibungen sehr gut ausgearbeitet und vorstellbar und machen mit ihren Stärken und Schwächen die Geschichte zu einem rundum gelungenen Ganzen.
Kurze Kapitel lassen die Seiten nur so dahin fliegen. Immer wieder springt Starck mit seinen Gedanken auch zurück in die Vergangenheit, was manches aus der heutigen Sicht offensichtlicher erscheinen lässt. Und auch der Autor selbst kommt in einem kurzen Satz selbst vor. Was mir bei dem vielen Negativen, was ich hier lesen muss, ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat.
Bei den Kapiteln um das Bankwesen, um Wirtschaftskriminalität, um die Mafia und um einen „Geheimbund“, in dem es um eine Uhr geht, hatte ich etwas Schwierigkeiten hinein zu kommen. Aber ich denke, dass ich da in Bd. 2 und 3 noch mehr dazu erfahre.
Ein äußerst spannender und interessanter Auftakt zur Trilogie, der mich in Atem gehalten hat, mit unvorhersehbaren Wendungen auf die ich absolut nicht vorbereitet war. Ich will nun unbedingt wissen, wie´s weiter geht. Ob es Starck gelingt sein Ansehen wieder herzustellen und vor allem seine Tochter Greta zurück zu bekommen. Es muss noch so Vieles aufgeklärt werden und die sehr kurze Vorschau auf Bd. 2 und 3 facht meine Neugier so richtig an.